Max Liebermann (Berlin 20.7.1847–8.2.1935 Berlin) war ein Maler und Druckgrafiker des Naturliamus und des Impressionismus, der in Auseinanderetzung mit der Schule von Barbizon, der Haager Schule und den Alten Meistern Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Realisten heranreifte. Während der 1890er Jahre wandte er sich, bei aller Skepsis der Farbzerteilung, der helleren und lockeren Malweise der Impressionisten zu und begründeten den Impressionismus in Deutschland. Berühmt wurde Max Liebermann für die „Sonnenflecken“, d.h. die Beobachtung von Sonnenlicht, das durch Lauben oder Bäume auf den Weg fällt und dabei Lichteffekte hinterlässt. Heute gilt Liebermann neben Max Slevogt und Lovis Corinth zum Dreigestirn des deutschen Impressionismus.
Max Liebermann kam am 20. Juli 1847 als zweiter Sohn des jüdischen Textilunternehmers Louis Liebermann und seiner Ehefrau Philippine (geb. Haller) in der Burgerstraße 29 in Berlin zur Welt. Während seiner Kindheit steigen die Liebermann zu einer wohlhabenden Fabrikanten- und Kaufmannsfamilie auf. Max Liebermann war das zweite von insgesamt vier Kindern des Paares. 1851 kam sein Bruder Felix (1851–1925) zur Welt; zu ihm hatte Liebermann zeitlebens eine innige Beziehung. Im selben Jahr zog die Familie mit dem älteren Bruder Georg (1844–1926) und der erstgeborenen Schwester Anna (1843–1933) in die Behrendstraße um. Max Liebermann wurde preußisch sparsam und streng sowie „treu dem Glauben der Väter, in der jüdischen Religion“, so der 19-jährige Künstler, erzogen.
Max Liebermann besuchte eine humanistische Kleinkinderschule. Bereits als Neunjähriger begann Max Liebermann 1856 in seiner unmittelbaren Umgebung, zuhause, in der Schule und im Zoologischen Garten zu zeichnen. Ab 1857 besuchte er das Realgymnasium in der Dorotheenstraße und ab 1863 das Friedrich Werderschen Gymnasium. Zu Ostern 1866 bestand Max Liebermann das Abitur nur mit Mühe und – zum Leidwesen seines Vaters – mit einer 6 in Mathematik. Er schrieb sich an der Philosophischen Fakultät an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin für das Fach Chemie ein, ohne je eine Vorlesung zu besuchen. Im Januar 1868 wurde Liebermann wegen „Studienunfleiß“ exmatrikuliert.
Im Jahr 1859 hatte Liebermanns Vater das prominent gelegene Haus am Pariser Platz Nr. 7, unmittelbar neben dem Brandenburger Tor, erworben. Die Mutter besuchte in Begleitung ihres Sohns das Atelier von Antoine Volkmar (1827–1867), der das Zeichentalent Liebermanns entdeckte.
Als der angesehen und erfolgreiche Berliner Marler Carl Steffeck (1818–1890) 1862 Zeichnungen des 15-jährigen Liebermann sah, riet dieser den Eltern des Jungen, dessen Talent zu fördern. Der Wunsch Max Liebermanns, Maler zu werden, stieß jedoch bei seinem Vater auf Unverständnis.
Zweimal pro Woche besuchte Max Liebermann den Zeichenunterricht bei Steffeck und Eduard Holbein (1807–1875). Er zeigte sich tief beeindruckt von den Reden Ferdinand Lassalles, der den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ 1863 mitbegründete. Aus diesem ging 1869 die „Sozialdemokratische Arbeiterpartei“ hervor. Im Alter berichtete der Maler, dass ihn die politischen Ideale Lassalles mehr beeindruckt hätten als Bismarck oder Wilhelm II.
Erste Porträts von seinem Bruder Felix und seinem Sprachlehrer Heinrich Joachimsohn entstanden 1865/66. In diesen Jahren begann Max Liebermann, Skizzenbücher mit Zeichnungen nach Werken von Tizian, Ingres und Adolph von Menzel zu füllen. Ab Frühjahr 1866 belegte Liebermann zwar das Fach Chemie, anstelle sich auf das Studium zu konzentrierten, widmete sich Max Liebermann der Malerei und führte für seinen Lehrer Steffeck weiter Malaufträge aus.
Zwischen November 1866 und 1868 setzte Max Liebermann seinen Wunsch, Maler zu werden, gegen den Willen seines Vaters durch. Er ging für zwei Jahre als Schüler und Mitarbeiter in das Atelier von Carl Steffeck. Dieser unterwies ihn im Zeichnen: vormittags nach dem lebenden Modell, nachmittags nach Gips und abends nach dem Akt. Im Atelier von Steffeck lernte Liebermann auch den Kunsthistoriker Wilhelm Bode kennen, der zum Aktstudium kam.
Nachdem Max Lieberman Anfang 1868 wegen „Studienunfleiß“ exmatrikuliert worden war, gestattete ihm sein Vater ein Kunststudium in Weimar. Dennoch betrachtete Liebermanns Vater den Berufswunsch als familiäres Unglück.
Max Liebermann ging im Frühjahr 1868 an die Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar. Der wohnte gegenüber vom Gothehaus am Frauenplan. Zuerst besuchte er die Vorklasse bei Paul Thumann, danach die Malklasse von Ferdinand Pauwels (1830–1904). Pauwels war ein Vertreter der belgischen Historienmalerei, die in Deutschland sehr geschätzt wurde. Max Liebermann tat sich oft schwer mit den ihm gestellten Themen aus Geschichte und Mythologie. Seine Lehrer glaubte, er wäre nicht sonderlich begabt. Daher lebte Liebermann in Weimar sehr zurückgezogen und entdeckt in dieser Zeit die Klassiker der deutschen Literatur, allen voran Wolfgang von Goethe und Gemälde von Rembrandt van Rijn (1606–1669). Aus Perspektive des Vaters war sein Sohn eine gescheiterte Existenz. Sein älterer Bruder, so der Vater während einer schweren Typhuserkrankung, sollte sich nach seinem Ableben um Max kümmern.
Im Juli 1870 brach der Deutsch-Französische Krieg aus. Aufgrund eines schlecht verheilten Armbruchs blieb Max Liebermann vom Kriegsdienst verschont. Er beteiligte sich von August bis Oktober dennoch als freiwilliger Krankenpfleger des Johanniterordens an der Schlacht und Belagerung von Metz.
Als 1871 der junge Landschaftsmaler Theodor Hagen (1849–1919) als Lehrer an die Weimarer Kunstschule kam, hatte er kurz zuvor Erfahrungen in Barbizon gesammelt und konnte diese neuen Tendenzen der französischen Freiluftmalerei vermitteln. Max Liebermann schloss sich ihm an und begleitete Hagen zu Pfingsten 1871 nach Düsseldorf. Er fand Zutritt zum Atelier des ungarischen Malers Mihály Munkácsy (1844–1900) und sah dort das Gemälde „Die Charpiezupferinnen“, eine realistische Alltagsszene Wolle zupfender Frauen, dessen Realismus Liebermann stark beeindruckte. Erste Reise in die Niederlande: Amsterdam und Scheveningen. Im Spätherbst 1871 begann er, unter dem Eindruck des Erlebten, sein erstes große Bild – „Die Gänserupferinnen“ – zu malen. Als Munkáczy Weimar besuchte, lobte er Liebermanns Malerei.
Liebermann stellte im Mai 1872 „Die Gänserupferinnen“ in Hamburg und dann in Berlin aus. Die ungeschönte Wiedergabe der Wirklichkeit löste Aufruhr aus. Die Kritiker bezeichneten es als garstig, gewöhnlich und stumpf. Dennoch kauften es die Kunsthändler Bourgeois und Bock sofort für 1.000 Taler. Der Berliner Unternehmer Bethel Henry Strousberg erwarb das Bild. Rudolf Lepke, Berlins größter Kunsthändler, bot Max Liebermann in Weimar einen Vertrag für alle weiteren Bilder an.
Von Juli bis August 1872 hielt sich Max Liebermann zum ersten Mal länger in Holland auf. Der Maler wohnte zweitweise in einem kleinen Dorf zwischen Leiden und Katweijk. Dort malte er die „Korbflechter“. In Amsterdam entstanden Studien für die „Gemüseputzerinnen“. Zurück in Weimar führte Max Lieberman im Herbst 1872 das Bild „Die Gemüseputzerinnen“ aus. Es zeigt bereits die für Liebermann charakteristische, unpathetische Schlichtheit in der Darstellung des Menschen und seiner Arbeit. Er debütierte im September damit auf der Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste in Berlin (1.9.–3.11.1872, Nr. 534). Adolph von Menzel sah das Gemälde und wollte den jungen Maler baldmöglichst kennenlernen. Der bekannte Münchner Kritiker Adolf Rosenberg hingegen war entsetzte über die „abschreckende Hässlichkeit in unverhülltester Abscheulichkeit“.
Vom Erlös des Bildes fuhr Max Liebermann 1873 über Straßburg nach Paris. Im Salon sah er erstmals Werke der Maler von Fontainebleau, Jean-François Millet (1814–1875) und François Daubigny, sowie von Gustave Courbet (1819–1877) und Thédule Ribot (1839–1916). Danach besuchte er die Weltausstellung in Wien, wo er den Historienmaler Hans Makart (1840–1884) kennenlernte.
Ende des Jahres 1873 übersiedelte Max Liebermann nach Paris und mietete sich in der Rue Larochefoucault (Montmartre) ein Atelier. Im Winter 1875/76 bezog Liebermann ein neues Atelier in Paris: Boulevard de Clichy 75.
Die Pariser Jahre (1873–1878) bedeuteten für Max Liebermann eine Phase der Kämpfe und tiefer Depressionen. Der Versuch eines Bekannten, ihn in den Kreis um Edouard Manet einzuführen, scheiterte, da die französischen Maler alle Deutschen mieden. Liebermann besuchte die legendäre erste Ausstellung der Impressionisten im Atelier von Nadar nicht (→ Erste Impressionisten-Ausstellung 1874). Stattdessen entdeckte er im Louvre die niederländischen Meister des 17. Jahrhunderts und kopierte die „Bohèmienne“ von Frans Hals. Im Mai stellte Liebermann „Die Gänserupferinnen“ im Salon aus. Trotz der deutschfeindlichen Stimmung wurde Max Liebermanns Bild lobend hervorgehoben.
Den Sommer 1874 verbrachte Liebermann Carl Fredrik Hill, Mihály Munkácsy und László Paál in Barbizon, um in der Nähe des von ihm verehrten Jean-François Millet zu arbeiten. Er lernte Millet zwar nicht persönlich kennen, aber dessen Bilder von der Arbeit des einfachen Menschen auf dem Land hinterließen einen nachhaltigen Eindruck. Angeregt durch Millet, begann der Berliner Maler in Barbizon „Die Kartoffelernte in Barbizon“, ein Motiv aus der Weimarer Zeit, zu malen. Er schuf auch weitere Studien arbeitender Menschen. Im Frühjahr 1875, kurz nach dem Tod von Millet (20.1.), hielt sich Max Liebermann erneut kurz in Barbizon auf.
Den Sommer 1875 verbrachte er in Holland, das in den folgenden Jahren für die Motivsuche Liebermanns vorherrschend blieb. Er wohnte in Zandvoort im Haus eines Zimmermanns, wo er die beiden „Zimmermannwerkstätten“ malte. Im nahegelegenen Haarlem besuchte er fast täglich im Frans-Hals-Museum die Bilder des niederländischen Meisters (1580/85–1666). In Amsterdam malte er die „Kleinkinderschule“, die in der malerischen Behandlung das Studium der Werke Frans Hals‘ verrät.
Max Liebermann beendete das monumentale Werk der „Arbeiter im Rübenfeld“ (1876), das noch in der Tradition von Rembrandt und Munkácsy steht. Die in tonigen Farben ausgeführte Komposition wurde in Frankreich gut und in Deutschland schlecht aufgenommen. In seiner Heimat erhielt der Maler den Spottnamen „Apostel der Hässlichkeit“.
Sommer 1876: Liebermann verlebte einen längeren und entscheidenden Aufenthalt in Holland! Der Maler fand die Motive für einige seiner wichtigsten Bilder und kopierte nach Frans Hals in Haarlem: Figuren aus Schützenstücken und einige Frauenköpfe aus einem Regentenbild. Liebermann entdeckte das Bürgerwaisenhaus und war von den Trachten der Waisenmädchen fasziniert. Die Vorsteherin verbot jedoch anfangs das Malen im Waisenhaus. Liebermann traf den Radierer William Unger, den er aus Weimar kannte, und der ihn dem Inhaber der bekannten Amsterdamer Kunsthandlung Frans Buffa & Zoonen vorstellte. Da dieser Regent des katholischen Waisenhauses war, konnte er eine Erlaubnis zum Malen erwirken. Max Liebermann stellte seine Staffelei zur Überraschung seiner holländischen Kollegen mitten zwischen seinen Modellen auf und malte zahlreiche Freilichtstudien vom Innenhof und den Mädchen. Im katholischen Waisenhaus entstand auch eine Studie während der „Nähstunde“, die er i8m Winter 1876/77 zu einer lichterfüllten Komposition ausbaute. Zurück in Paris arbeitete Max Liebermann die „Nähschule – Arbeitssaal im Amsterdamer Waisenhaus“ in einer leicht veränderten Fassung aus. Liebermann nutzt eine deutlich impressionistischere Auffassung des Lichts.
Zudem lernte Liebermann den späteren Direktor der Amsterdamer Kunstakademie, August Allebé, kennen, mit dem er auf Motivsuche durch Amsterdam streifte, u. a. durch das Judenviertel und die Portugiesische Synagoge.
Im Frühjahr 1878 fuhr Max Liebermann nach Berlin, wo er sich ein Bein brach und daher ein halbes Jahr bleiben musste. Zur Erholung reiste er nach Gastein, weiter nach Tirol und Venedig. Dort zeigte er sich von Carpaccio und Bellini beeindruckt. In Venedig lernte er einige Münchner Maler kennen, darunter Franz von Lenbach (1836–1904), der ihn überredete, nach München zu kommen.
Max Liebermann stellte im Herbst 1878 drei Bilder auf der Ausstellung der Akademie der Künste zu Berlin aus. Dort wurde sein Ruf als „Elendsmaler“ noch bekräftigt. Dennoch übersiedelte der Künstler im Dezember 1878 nach München, wo er ein Atelier in der Landwehrstraße mietete.
In München begann Liebermann das Gemälde „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“, seinem ersten Bild mit christlichem Thema und sein erstes Historienbild. Er schickte „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ im folgenden Jahr, auf die „3. Internationale Kunstausstellung“ in München (Juli 1879), wo es aufgrund seiner vermeintlichen „Hässlichkeit“ einen Kunstskandal auslöste. Stein des Anstoßes war die Darstellung Jesu als „schmutziger Straßenjunge“. Die Jury hielt es für ein Meisterwerk (Franz von Lenbach, Friedrich von Kaulbach, Heinrich von Zügel), während es Prinzregent Luitpold bei der Eröffnung entfernen lassen wollte, und das bayerische Abgeordnetenhaus verurteilte das Bild als „gemein, niedrig und blasphemisch“. Die schmachvollen Urteile in der Kunstpresse lösten eine antijüdische Debatte aus. Wilhelm Leibl besuchte Max Liebermann in dessen Atelier, um ihm seine Bewunderung auszudrücken. Daraufhin folgte Liebermann Wilhelm Leibl (1844–1900) im Sommer 1879 in das Dachauer Moos nach Etzenhausen. Dort versuchte er, die Stimmung von Sonnenflecken wiederzugeben.
Die Bilder mit Amsterdamer Motiven begründeten den Ruhm Liebermanns in den folgenden Jahren. Im Frühsommer 1880 reiste Max Liebermann in das holländische Dorf Dongen (Provinz Brabant), wo er Studien für „Schusterwerkstatt“ und die „Stopfende Alte am Fenster“ machte. In Amsterdam traf er sich mit einem Freund im Rembrandthotel am Rembrandtplein. Durch ein Fenster am Flur entdeckte er den Garten des katholischen Altmännerhauses an der Nieuwe Heerengracht. Da sich Liebermann besonders für die Wiedergabe von Sonne und Licht interessierte, faszinierten ihn die unter einem Laubdach in der Sonne sitzenden alten Männer. Die Studien nutzte er im Münchner Atelier zur Vollendung des „Altmännerhauses“, in dem er erstmals Sonnenflecken als einfarbige, malerische Mittel nutzte. Damit hatte Max Liebermann seinen Stil gefunden.
Max Liebermann feierte 1881 seinen Durchbruch am Pariser Salon mit „Altmännerhaus in Amsterdam“ und „Stopfende Alte am Fenster“ (Mai). Er wurde mit einer ehrenvollen Erwähnung ausgezeichnet – als erster deutscher Künstler nach dem Krieg (!). Der Sammler Léon Maître kaufte beide Bilder. Dennoch fand dieser Erfolg in Deutschland keinen Widerhall.
Während der Sommermonate 1881 hielt sich Max Liebermann wieder in Dongen auf und malte vor dem Motiv die „Schusterwerkstatt“. Auf der 6. Ausstellung der Vereinigung Haager Maler, „Hollandsche Teekenmaatschappij“, sprach ihn Jozef Israëls (1827–1911) auf das „Altmännerhaus“ an. Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft. Israels wies Liebermann auf Rembrandt als bedeutendsten holländischen Meister des „Goldenen Zeitalters“ hin.
Max Liebermann malte im Garten im Herbst/Winter 1881 des Münchner Ateliers die „Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus“. Mit „Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus“ und „Schusterwerkstatt“ konnte Max Liebermann des Vorjahreserfolg am Salon de Paris wiederholen (Mai 1882). Der Sänger und Kunstsammler Jean Baptiste Faure kaufte beide Bilder für 5.000 Francs. Liebermann wurde zum Mitglied von „Cercle des XV“ in Paris ernannt (gegr. Von Jules Bastien-Lepage und Alfred Stevens). Anfang August reiste er auf Empfehlung on Jozef Israëls für drei Monate nach Holland, wo er im Dorf Zweelo (Drenthe) Quartier nahm. Er malte in einem Apfelbaumgarten vor der Natur das Bild „Die Bleiche“, ein Bekenntnis zur Freilichtmalerei.
Im Jahr 1883 stellte Max Liebermann sein berühmtes Bild „Die große Bleiche – Die Rasenbleiche“ im Salon aus (Mai). Diesmal blieb das Werk unverkauft. Mit der „Schusterwerkstatt“ gelang Max Liebermann endlich auch der Durchbruch in Deutschland (Nr. 1182). Auf der Ausstellung im Münchner Glaspalast erhielt er erstmals eine öffentliche Anerkennung für das Bild. Im Sommer 1883 malte Max Liebermann in München den „Münchner Biergarten“ (Garten des Augustinerkellers) und öffnete sich mit den kräftigen Farben stärker für den französischen Impressionismus mit der Farbteilung. Er präsentierte es im folgenden Jahr auf dem Salon in Paris. Das Bild wurde sein bisher größter Erfolg, während es in Deutschland kritisiert wurde.
Nach seiner Rückkehr nach München heiratete Max Liebermann am 14. September 1884 Martha Marckwald (1858–1943) aus einer alten jüdischen Familie in Berlin und die Schwester seiner Schwägerin. Am 19. August 1885 kam ihre Tochter Henriette Käthe, genannt Käthe, zur Welt (1885–1951). Die Hochzeitsreise führte das Paar über Braunschweig und Wiesbaden nach Holland. Besuch von Josef Israels und dessen Frau in Scheveningen. Die Maler reisten gemeinsam weiter nach Laren bei Hilversum (dem Barbizon Hollands), wo Anton Mauve lebte. Weiter ging es nach Delden und Oele (Overijssel). In Haarlem zeigte Max Liebermann seiner Frau die Gemälde von Frans Hals. Die Reise muss sehr produktiv gewesen sein. Viele Skizzen, Zeichnungen und Ölstudien verarbeitete der Maler später zu wichtigen Gemälden, darunter die „Netzflickerinnen“, der „Schweinemarkt in Haarlem“. Eine erste Ansicht der Jodenbreestraat im Judenviertel von Amsterdam entstand. Rückkehr nach Berlin, wo sie In den Zelten 11 eine Wohnung mieteten. Max Liebermann ließ sich im Garten ein Atelierhaus bauen. Später mietete er sich ein zweites in der Königin-August-Straße am Landwehrkanal.
Im Frühjahr 1885 stellte sich Max Liebermann mit „Am Backofen“ in der Galerie Gurlitt der Berliner Öffentlichkeit vor und wurde vernichtend kritisiert. Die Berliner Kunstszene war von akademischen Malern dominiert. Liebermann fühlte sich in der Hauptstadt künstlerisch isoliert. Dennoch wurde er auf Fürsprache von Anton von Werner in den von Carl Steffeck gegründeten Verein Bildender Künstler aufgenommen. Er verkehrte mit Max Klinger (1857–1920), Adolph von Menzel (1815–1905) und vielen anderen. Zudem wurde er in dieser Zeit mit dem Ehepaar Carl und Felicie Bernstein bekannt, das mit Charles Ephrussi verwandt war und eine großartige Impressionisten-Sammlung sein Eigen nannte.
Zur feierliche Eröffnung des neuen Ausstellungsgebäudes der Königlichen Akademie der Künste am Lehrter Bahnhof in Berlin (1886) präsentierte die „Internationale Jubiläumsausstellung“ 2.820 Exponate, darunter drei Werke von Max Liebermann: „Tischgebet“, „Studie zu den Amsterdamer Waisenmädchen“ und das „Altmännerhaus“. Das Publikum reagierte positiv auf das „Tischgebet“.
Während seine Familie in Homburg die Sommerfrische verbrachte, reiste Max Liebermann im Sommer 1886 für sechs Wochen in die Malerkolonie nach Laren (Holland). Der Maler Jan Veth (1864–1925) machte ihn auf das Motiv der Flachsspinner aufmerksam. Liebermann malte zahlreiche Einzelstudien und fertigte Skizzen an, die er im Herbst zur ersten Fassung von „Die Flachsscheuer in Laren“ verarbeitete. Dieses Gemälde gilt als der Beginn des stimmungsvollen Naturalismus im Werk von Max Liebermann. Als er es 1887 am Pariser Salon (Mai) vorstellte, feierte der Maler damit einen großen Erfolg. Emil Heilbutt (alias Herman Helferich) schrieb den ersten Aufsatz über Max Liebermann: „Studie über den Naturalismus und Max Liebermann“ (in: Kunst für Alle, 1887).
Auch wenn viele das Gemälde als „abstoßend“ empfanden, drehte sich doch die Stimmung zugunsten Liebermanns. Auf der „Internationalen Kunstausstellung“ in München erhielt Max Liebermann 1888 für „Die Flachsscheuer“ die Kleine Goldene Medaille. In der Akademie-Ausstellung in Berlin erhielt er für das Genrebild „Stille Arbeit“ von Kaiser Wilhelm II. die Kleine Goldene Medaille. Wilhelm Bode bezeichnete Max Liebermann in einem Artikel der „Kölnischen Zeitung“ als den Impulsgeber und Wegbereiter der neuen deutschen Kunst. Ihm gelang es, die „Flachsscheuer“ als Geschenk für die Nationalgalerie Berlin zu erhalten. Das Dresdner Kupferstichkabinett kaufte erstmals 16 Zeichnungen des Malers.
Den Sommer 1887 verbrachte Max Liebermann wieder in Zandvoort und Katwijk. Dort machte er Studien nach am Strand sitzenden, Netze flickenden Frauen. Im Winter 1887 begann er mit dem Bild „Netzflickerinnen“, das er aus Krankheitsgründen jedoch erst 1888/89 vollenden konnte. Die Galerie Gurlitt in Berlin stellte „Die Netzflickerinnen“ im Februar 1889 aus. Dass er den Erfolg nicht gepachtet hatte, musste der Künstler im folgenden Jahr zur Kenntnis nehmen, als seine „Frau mit Ziegen“ (1890) wieder kritisiert wurde. In Paris wurde Liebermann dennoch zum korrespondierenden Mitglied gewählt.
Im Frühjahr wurde Liebermann in die Internationale Jury der Pariser Weltausstellung gewählt. Obwohl sich das Deutsche Reich offiziell nicht an der Weltausstellung beteiligte, organisierte Liebermann mit Gotthardt Kuehl und einem weiteren Kollegen eine deutsche Abteilung. Die unabhängige deutsche Kunstabteilung wurde zur nationalen Debatte, dennoch gelang es Liebermann und Gotthardt Kuehl 40 Künstler für die Ausstellung zu gewinnen, darunter Menzel, Wilhelm Leibl und Fritz von Uhde (1848–1911). Er selbst stellte sechs Bilder aus: „Altmännerhaus“, „Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus“, „Flachsscheuer in Laren“ und „Netzflickerinnen“. Über Bode erfuhr Alfred Lichtwark von den „Netzflickerinnen“ und erwarb das Bild für 1.000 Mark für die Hamburger Kunsthalle. Liebermann erhielt eine Ehrenmedaille und wurde zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt. Die preußische Regierung verbot Max Liebermann jedoch, die Auszeichnung anzunehmen (1896 gestattet).
Sommer 1889 Max Liebermann hielt sich erneut in Holland auf. Dort malte er im kommunalen Altersheim von Leiden das „Stevenstift in Leiden“.
Alfred Lichtwark versuchte Max Liebermann 1890 für den Aufbau seiner „Sammlung von Bildern aus Hamburg“ zu gewinnen. Der Hamburger Museumsmann vermittelte den renommierten Liebermann seinen ersten offiziellen Porträtauftrag: Er malte den Hamburger Bürgermeister Carl Friedrich Petersen im Stil von Frans Hals. Vorstudien und Zeichnungen dafür entstanden im Frühjahr, das Porträt entstand im Berliner Atelier (Hamburger Kunsthalle), vollendet wurde es in Hamburg. Die Familie Petersen war – ob der ungeschönten und wenig repräsentativen Darstellung – entsetzt und verbot die öffentliche Präsentation.
Der zunehmende Erfolg und die Anerkennung Liebermanns zeigte sich Anfang der 1890er Jahre deutlich: Der Münchner Kunstverein zeigte im Januar 1891 eine große Liebermann-Ausstellung. Im Mai des Jahres stellte er vier Gemälde auf der „Internationalen Ausstellung“ der Berliner Akademie aus. Im Sommer stellte er in der „III. Münchner Jahresausstellung“ die Gemälde „Frau mit Ziegen“ und „Schweinemarkt in Haarlem“ mit großem Erfolg vor. Der Berliner Maler erhielt die Große Goldene Medaille und „Frau mit Ziegen“ wurde für die Neue Pinakothek angekauft.
Im Jahr 1892 ernannte die Société Nationale des Beaux-Arts in Paris Liebermann zum Mitglied und die Hollandsche Teekenmaatschappij in Den Haag den Malern zum Ehrenmitglied.
Vielleicht war es das gestiegene Selbstbewusstsein, gepaart mit dem wachsenden 1892 Gründung der „Vereinigung der XI“ gemeinsam mit Walter Leistikow, um sich von der offiziellen akademischen Kunstrichtung in Berlin aber auch dem Kunstbetrieb abzugrenzen. Weitere Mitglieder neben Liebermann waren die Maler Franz Skrabina, Ludwig von Hofmann, Hans Herrmann, George Mosson, Friedrich Stahl, Jacob Alberts, Konrad Alexander Müller-Kurzwelly, Hugo Schnars-Alquist. Bis zur Gründung der Berliner Secession 1898 war Liebermann der führende Maler auf den Jahresausstellungen der „XI“. Deren erste Ausstellung fand ab 3. April 1892 in der Galerie Eduard Schulte statt. Max Liebermann präsentierte erstmals drei Porträts, darunter das Bildnis des Hamburger Bürgermeisters Petersen. In der Berliner Akademieausstellung zeigte er „Netzflickerinnen“ und die „Frau mit Ziegen“.
Nach der Erkrankung seiner Mutter im Mai 1892, übersiedelte Max Liebermann mit seiner Familie nach Wannsee. Im September, nachdem sie verstorben war, zog der Maler mit seiner Familie in das Haus des Vaters am Pariser Platz. Er tauschte mit Carl Bernstein dessen Porträt gegen ein Stillleben von Edouard Manet, womit er seine eigene Impressionisten-Sammlung begründete.
Eine Reise nach Italien im Jahr 1893 führte Liebermann nach Mailand, Pavia, Bergamo und Florenz. Wegen der Erkrankung seiner Tochter hielt er sich einige Wochen in Rosenheim auf, wo er „Biergarten in Brannenburg“ und die „Allee in Rosenheim“ malte. In diesen Gemälden zeigte Max Liebermann eine beginnende Auseinandersetzung mit dem französischen Impressionismus. Im Herbst kaufte der französische Staat den „Biergarten“ für das Palais Luxembourg, und die Berliner Nationalgalerie schickte die „Flachsscheuer“ zur Weltausstellung nach Chicago.
Im Mai 1894 starb Liebermanns Vaters, wodurch der Maler ein Millionenvermögen erbte. Die „Gänserupferinnen“ gelangten als ein Vermächtnis des Vaters in die Berliner Nationalgalerie. Auf der „III. Internationalen Kunstausstellung“ (6.3.–3.6.1894) im Wiener Künstlerhaus erhielt Max Liebermann die Große Goldene Medaille für „Frau mit Ziegen“.
In der zweiten Hälfte der 1890er Jahre stieg Max Liebermann zu einem der berühmtesten und am häufigsten ausgezeichneten Künstler Europas auf.
Für die „I. Internationale Kunstausstellung“ der „Biennale von Venedig“ 1895 wurde er als Mitglied des deutschen Auswahlkomitees benannt. Im September erhielt er selbst dort den 1. Preis für das Pastellporträt von Gerhart Hauptmann (10.000 Lire), den er für notleidende Künstler stiftete. Liebermann schloss mit dem Berliner Kunsthändler Hermann Pächter einen Vertrag über den Verkauf seiner Werke. Liebermann wandte sich der Porträtmalerei zu und interessierte sich nun für das Motiv sich bewegender (nackter) Körper im Licht, wie „Badende Knaben“, oder das Licht-Schatten-Spiel, wie bei der „Allee in Overveen“.
Im Jahr 1896 wurde Liebermann neuerlich zum Ritter der Ehrenlegion ernannt, die er diesmal annehmen durfte. Er stellte im Salon Meissonier in Paris „Badende Knaben“ aus, das Edgar Degas bewunderte. Im Frühjahr oder Sommer reiste Max Liebermann mit Hugo von Tschudi (seit Februar 1896 Direktor der Berliner Nationalgalerie) nach Paris. Sie studierten in der Galerie Durand-Ruel Werke der Impressionisten. Tschudi erwarb den „Wintergarten“ von Manet, und Liebermann kaufte „Madame Manet im Garten von Bellevue“ (1880). Er besuchte Auguste Rodin und traf in London James McNeill Whistler, George Frederic Watts und John Mcallan Swan. Die Nationalgalerie erwarb 23 Zeichnungen von Liebermann.
Die Société Royal Belge des Aquarellistes ernannte Liebermann 1897 zum Ehrenmitglied. In der „Großen Berliner Kunstausstellung“ (ab 1.5.) wurde Max Liebermann mit 31 Bildern und einem Überblick über sein druckgrafisches wie auch zeichnerisches Werk geehrt. Der ersten Gesamtdarstellung seines bisherigen Werks folgte die offizielle Anerkennung, die auch als ein Triumph der modernen Richtung gefeiert wurde. Liebermann erhielt die Große Goldene Medaille und wurde zum Professor der Königlichen Akademie der Künste ernannt. Er übte nie ein Lehramt aus. Den Sommer 1897 verbrachte er in Laren, wo er Studien in Öl und Pastell für den „Schulgang in Laren“ malte.
Das Jahr 1898 – Gründungsjahr der „Berliner Secession“ – begann mit einer weiteren Anerkennung für Max Liebermann: Unter Zustimmung von Anton von Werner wurde er zum Mitglied der Königlichen Akademie der Künste berufen. Das Berliner Kupferstichkabinett erwarb erste Radierungen und eine Farblithografie. Der Künstler schlug gemeinsam mit Adolph von Menzel vor, Käthe Kollwitz für den Zyklus „Ein Weberaufstand“ (1897) die Goldmedaille zu verleihen. Kaiser Wilhelm II. lehnte diese Wahl aber ab. Zudem wurde Walter Leistikows Gemälde „Grunewaldsee“ durch die Jury der Großen Berliner Kunstausstellung abgelehnt. Daher gründete Max Liebermann mit Gleichgesinnten am 2. Mai 1898 die „Berliner Secession“. Zur selben Zeit wurde der Berliner auch zum korrespondierenden Mitglied der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs ernannt.
Im Oktober 1898 eröffneten die Vettern Bruno und Paul Cassirer im Oktober ihre Galerie in der Parterrewohnung in der Viktoriastraße 35 – mit einer Ausstellung von Werken Max Liebermanns. Im Sommer davor besuchte er Giovanni Segantini in Maloja. Ebenfalls im Herbst veröffentlichte er in der Kunstzeitschrift „Pan“ einen Beitrag über Edgar Degas. Damit begann Liebermann sein kunstschriftstellerisches Werk.
1899 wurde Max Liebermann zum Präsidenten der „Berliner Secession“ gewählt (1899–1911); Bruno und Paul Cassirer wurden im März mit der Geschäftsführung des Vereins betraut. Die Vereinigung eröffnete den ersten „Deutschen Kunstausstellung der Berliner Secession“ in einem schnell errichteten Pavillon an der Ecke Kant- und Fasanenstraße (20.5.1899). Die Ausstellung war ein gesellschaftliches Ereignis und wurde im Feuilleton begeistert besprochen.
Kurz vor Vollendung seines 60. Geburtstags widmete Karl Scheffler Max Liebermann dessen erste Monografie (1906). Gustav Paulis Monografie „Max Liebermann. Des Meisters Gemälde“ folgte 1911.
1907 fand eine umfangreiche Ausstellung in der „Berliner Secession“ statt: Es waren 52 Gemälde, Studien, Zeichnungen aus dem gesamten Schaffen des Berliner Malers zu sehen. Weitere Ausstellungen in den Kunstvereinen von Frankfurt a. M. und Leipzig folgten.
Im Jahr 1912 beging seinen 65. Geburtstag Max Liebermann. Er wurde zum Mitglied der französischen Académie des Beaux-Arts gewählt (Frühjahr), erhielt die Ehrendoktorwürde der philosophischen Fakultät der Berliner Universität und von der holländischen Königin den Orden von Oranje-Nassau. Im Juni wurde Liebermann in den Senat der Berliner Akademie gewählt. Die Kunstakademien in Brüssel, Mailand, Stockholm und Wien ernannten ihn zum korrespondierenden Mitglied. Die Akademien in Dresden, München und Weimar machten Liebermann zum Ehrenmitglied.
Im Juli 1908 hörte er in Noordwijk vom Tod Walter Leistikows, weshalb Liebermann nach Berlin fuhr, um die „Grabrede“ auf seinen Freund zu halten. Leistikow war der Vermittler zwischen den „Jungen“ – darunter Max Beckmann, Hans Purrmann, Emil Nolde, Wassily Kandinsky und Ernst Barlach – und den „Alten“ in der Berliner Secession; nach seinem Tod stiegen die Spannungen.
27 Einsendungen der jungen Expressionisten wurden 1910 von der Jury der „Berliner Secession“ unter Vorsitz von Max Liebermann zurückgewiesen. Unter der Führung von Max Pechstein verließen die „Jungen“ die Secession und gründeten die „Neue Secession“. Nolde wurde wegen Kritik an Max Liebermann aus der Secession ausgeschlossen.
In der Generalversammlung der „Berliner Secession“ erklärte Max Liebermann, der sich im Vorjahr einer schweren Operation unterziehen musste, seinen Rücktritt (19.1.1911). Liebermann vollzog Ende des Jahres diesen Schritt. Auf Antrag des Radierers Hermann Struck wurde er zum Ehrenpräsidenten gewählt. Da Max Slevogt absagte, schlug Liebermann Lovis Corinth als seinen Nachfolger vor. Corinth wurde auch zum Präsidenten der „Berliner Secession“ gewählt.
1913 entflammten neuerlich Auseinandersetzungen innerhalb der „Berliner Secession“, woraufhin Max Liebermann im März die „Freie Secession“ gründete. Er wurde auch in dieser Künstlervereinigung zum Ehrenpräsidenten gewählt.
Max Liebermann kaufte 1909 eines der letzten freien Grundstücke in der Großen Seestraße am Ufer des Wannsees und ließ sich darauf ein Landhaus mit Atelier erbauen. Der Garten wurde auf den Rat von Alfred Lichtwark straßenseitig als Blumen- und Gemüsegarten und seeseitig als Park mit Laubengang gestaltet (Gartenreformbewegung). Bereits im folgenden Sommer malte er im Haus am Wannsee die ersten zwei Ansichten des Gemüsegartens.
Als Max Liebermann im Sommer 1914 wieder nach Noorwijk fahren wollte, brach der Erste Weltkrieg aus. Damit endeten seine regelmäßigen Hollandreisen, und das Sommerhaus am Wannsee wurde zum wichtigen Rückzugsort des Künstlers. Er malte dort rund 200 Gemälde nach den Motiven aus seinem eigenen Garten. Zusammen mit Ernst Barlach, Max Slevogt und Käthe Kollwitz u.v.m. illustrierte Liebermann Paul Cassirers Zeitschrift „Kriegszeit“ (bis Mai 1916). Erich Hanckes Monografie „Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke“ erschien.
Der Kunstsalon Paul Cassirer präsentierte 1915 eine große Ausstellung der Zeichnungen Liebermanns, die anschließend in der Kunsthalle Bremen gezeigt wurde. Aufgrund der Kriegswirren war der Maler wieder gezwungen, den Sommer am Wannsee zu verbringen. Mit dem Gemälde „Die Gartenbank“ begann er im Folgejahr die Reihe der Wannseegärten, um sich während des Kriegs zu beschäftigen.
Die Akademie der Künste in Berlin zeigte aus Anlass von Liebermanns 70. Geburtstag die bisher größte Ausstellung seines Werks mit 191 Gemälden (1917). Er bekam den Roten Adlerorden dritter Klasse verliehen. Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte Max Liebermann hautnah mit, als 1918 die Kämpfe der Novemberrevolution vor seinen Augen auf dem Pariser Platz stattfanden. Im Januar 1919 tobten dort Gefechte zwischen Spartakusgruppen und den Sozialdemokraten. Max Liebermann erlebte die Stadt als „jammervoll“.
Am 1. November 1920 wurde Max Liebermann zum Präsidenten der Preußischen Akademie der Künste berufen. Damit war der Maler (wieder) eine der prägendsten kulturpolitischen Persönlichkeiten der Weimarer Republik. Die Ausstellungen entwickelten sich unter seiner Ägide zu den wichtigsten kulturellen Veranstaltungen in Berlin. Max Liebermann bemühte sich 1924 um die Aufnahme von Heinrich Zille in die Akademie. Er bat das Kölner Wallraf-Richartz-Museum um die Leihgabe „Der Schützengraben“ von Otto Dix für die Akademieausstellung. Die Monografie von Max Friedländer, Direktor des Berliner Kupferstichkabinetts, erschien.
Mit „Hundert Werke des Künstlers“ feierte die Preußische Akademie der Künste den 80. Geburtstag Max Liebermanns (1927). Das zeichnerische Werk und über 80 Pastelle waren in Ausstellungen in den Galerien Paul Cassirer und Bruno Cassirer sowie im Staatlichen Kupferstichkabinett Dresden zu sehen. Liebermann erhielt die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin. Max Liebermann porträtierte den Reichspräsidenten von Hindenburg. Dieser verlieh ihm daraufhin den Orden Pour Le Mérite und den Adlerschild des Reiches.
Im Jahr 1932 erkrankte Max Liebermann schwer. Sein behandelnder Arzt war der berühmte Chirurg Prof. Ferdinand Sauerbruch, den er porträtierte. Liebermann kandidierte nicht mehr für das Amt des Präsidenten der Akademie und wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt.
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler Reichskanzler. Max Liebermann beobachtete die feiernden 25.000 Uniformierten und kommentierte den Fackelzug mit: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ Am 7. Mai 1933 legte Max Liebermann die Ehrenpräsidentschaft zurück und trat aus der Akademie aus. Einzig Oskar Kokoschka stellte sich in einem öffentlichen Brief hinter den Berliner Maler. Im Juni wurde Liebermann Ehrenpräsident des neu gegründeten Kulturbundes Deutscher Juden.
Am 28. Februar 1934 bat er um Unterstützung für den jüdischen Jugendbund „Werkleute“ und deren Siedlung in Palästina. Im November erkrankte der Maler schwer.
Max Liebermann starb am 8. Februar 1935, abends gegen 7 Uhr in seinem Haus am Pariser Platz. Die Akademie lehnte jede öffentliche Ehrung ihres Altpräsidenten ab. Am 11. Februar wurde Liebermann in der Familiengruft auf dem jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee beigesetzt. Neben Familie und Freunde nahmen auch Künstlerkolleg:innen am Begräbnis teil: Bruno Cassirer (Verleger), Max Friedländer (Kunsthistoriker), Georg Kolbe (Bildhauer), Käthe Kollwitz, Hans Purrmann, Ferdinand Sauerbruch (Chirurg) und dessen Sohn. Es kamen keine Vertreter der Öffentlichkeit.
Zur ersten Wiederkehr des Todestags von Max Liebermann im Februar 1936 organisierten Erich Hancke, Franz Landsberger und Max Osborn im Jüdischen Museum in Berlin eine Gedächtnisausstellung für Max Liebermann. Es war nur Juden gestattet, die Schau zu sehen. Käthe Kollwitz setzte sich über das Verbot hinweg.
Im Herbst 1935 zog Martha Liebermann in eine Wohnung im Haus Graf-Spee-Straße 23. Sie wollte Berlin und das Grab ihres Mannes nicht verlassen, obwohl ihre Tochter mit deren Familie 1939 in die USA emigrierte. Nachdem ihr Besitz eingezogen worden war, bemühte sich Martha Liebermann noch 1941 um ein Ausreisevisum in die Schweiz, das sie 50.000 SF kostete. Obschon der Sammler Oskar Reinhart die Summer aufbringen wollte, ließ man Martha Liebermann nicht ausreisen. Bevor sie am 5. März 1943 zur Deportation abgeholt werden konnte, nahm sie eine Überdosis Veronal. Martha Liebermann starb am 10. März 1943.
Max Liebermanns Großvater Kommerzialrat Joseph Liebermann (1783–1860) war aus der Grenzstadt Märkisch Friedland (Westpreußen) nach Berlin übersiedelt. Zusammen mit seinen Brüdern gründete er die Firma Liebermann & Co, die bedruckte Stoffe herstellte und damit handelte. Liebermanns älteste Söhne, Benjamin und Louis, entwickelte sich die Firma zu einem der führenden Unternehmen auf dem Kontinent. Der wirtschaftliche Aufschwung und Höhepunkt der Firma fiel in die Kindheit Max Liebermanns.