Wien | Ralph Gleis wird Direktor der Albertina | Kunst, Künstler, Ausstellungen, Kunstgeschichte auf ARTinWORDS
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Wien | Ralph Gleis wird Direktor der Albertina

Ralph Gleis © Foto: David von Becker

Ralph Gleis © Foto: David von Becker

Ralph Gleis (*1973 in Münster, Westfalen) wird ab 1. Januar 2025 Generaldirektor der Albertina.

Der 1973 in Münster geborene Kunsthistoriker. War von 2009 bis 2017 Kurator am Wien Museum. Seit Mai 2017 leitete er die Alte Nationalgalerie in Berlin. Zu seinen wichtigen Leistungen zählt der Abschluss der Sanierung der Friedrichswerderschen Kirche, die er als Dependance und Ausstellungsort für Skulpturen nutzten kann. Seit 2022 ist er Direktor der Alten Nationalgalerie.

Staatssekretärin Andrea Mayer dankt Klaus Albrecht Schröder für seine professionelle 24-jährige Arbeit in der Albertina, die er zu seinem „Lebenswerk“ gemacht hat. Die „Marke Schröder“ und die „Marke Albertina“ wird von der Politikerin sehr enggeführt, darf man an dieser Stelle durchaus anmerken.

Albertina für Alle

Für die Albertina bedeutet die Berufung Gleis‘, „das Tempo etwas zu senken“, wie die Staatssekretärin betont. In Ralph Gleis sieht Meyer jenen Direktor, der diese Herausforderung meistern soll. Die Albertina war für Gleis, wie er erzählt, immer schon ein Ort der Begegnung mit vielfältiger Kunst. Er hat sich zum Ziel gesetzt, neue Impulse zu setzen, die Strahlkraft zu steigern. Die grafische Sammlung von Weltrang bis hin zum weitgefächerten Ausstellungsprogramm nimmt er als Herausforderung mit Zukunftspotenzial wahr – dennoch soll dieses Konzept überprüft werden.

Ausstellungen und Sammlungen

Der lebendige Ausstellungsbetrieb und die Sammlung der Albertina sollen während der Direktion von Ralph Gleis auch weiterhin ein national wie international bedeutendes Museum für das 21. Jahrhundert sein. Gleis will die Forschung ausbauen und die Sammlungsstrategie schärfen; zudem möchte er die Schätze der Sammlung durch epochen- und motivgeschichtliche Ausstellungen aktivieren.

Zukunft der Albertina

Ökologie und Nachhaltigkeit, so der designierte Leiter, sind wichtige Zukunftsforderungen an die Albertina. Länderübergreifende und innerösterreichische Kooperationen sind seine erste Antworten darauf. In langfristig angelegter, wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit internationalen Museen plant Gleis ganze Sammlungsbestände in Blöcken auszutauschen, was den finanziellen Aufwand für beide Institutionen minimiert. Weiters ist er überzeugt, Themen aus dem gegenwärtigen Diskurs abzuleiten. Denn im Verständnis von Gleis muss ein Museum der Gegenwart verbunden sein. In Bezug auf die Dependance Klosterneuburg steht man hingegen, so Gleis auf eine Anfrage, erst am Beginn einer Planung.

Kompetenzzentrum für Kunst auf Papier

Das Profil der Albertina als nationales Kompetenzzentrum für Kunst auf Papier soll geschärft werden. Publikumsnah und inklusiver gestaltet, kann die Albertina, so Ralph Gleis, für Gedankenexperimente geöffnet werden. Dafür fühlt sich der designierte Direktor dem exzellenten Team der Albertina verbunden – und stellt kooperatives Arbeiten in Aussicht.

ARTinWORDS hat mit Ralph Gleis kurz über zwei Kernthemen gesprochen, die für die zukünftige Arbeit an der Albertina wichtig werden: Künstlerinnen und Ökologie bzw. Nachhaltigkeit.

„Künstlerinnen sind heute ein wirklich wichtiger Programmpunkt in allen internationalen Museen“, so Gleis im Gespräch mit ARTinWORDS. „Das erwarte ich auch von der Albertina für die Zukunft. Ich selbst konnte in Berlin eine Ausstellung mitanstoßen, die sich 'Kampf um Sichtbarkeit' nannte. Wir haben die eigene Sammlung in den Fokus genommen und auch erklärt, warum Künstlerinnen nicht zu jeder Zeit entsprechend gewürdigt, ausgestellt und ausgebildet wurden. Das ist wichtig für unser heutiges Verständnis. Ich kann mir vorstellen, dass wir mit diesem Ansatz auch in Wien weitergehen.“

Die erfolgreiche Ausstellung in der Nationalgalerie in Berlin könnte als Blaupause für eine ähnliche Schau in Wien dienen. So manche Entdeckung kann hier zweifellos noch gemacht werden, hat die Wiener Sammlung doch Arbeiten von Diana Scultori. Doch wie hält es der Kunsthistoriker mit dem Verhältnis von Mensch und Natur?

„Das Thema Nachhaltigkeit bewegt uns gerade gesamtgesellschaftlich sehr. Wir hatten in Berlin die Ausstellung 'Wanderlust', die der Lust auf das Wandern nachgespürt ist. Wann hat das begonnen? Es ist gar nicht so lange her. daran merkt man, dass unser Naturverstädnis an die Zerströrung der Natur in der Industrialisierung gekoppelt ist. Solche Themen aufzugreifen und zu bearbeiten, finde ich äußerst reizvoll. Das kann auf verschiedene Arten geschehen und hat auch unterschiedliche Künstler:innen aller Zeiten beschäftigt.“

Auf die Frage, ob er seinen Ansatz als soziokulturell, historisch und nicht formalistisch bezeichnen würde, meinte er: „So könnte man das zusammenfassen.“ Wir dürfen also gespannt sein, wie Ralph Gleis ab 2025 die Albertina führen wird, welche Schwerpunkte er setzt.

Aktuelle Ausstellungen der Albertina

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.