Welche Künstlerinnen und Künstler starben vor ihrem 40. Geburtstag? Hier eine Auswahl von 19 bedeutenden Malerinnen und Malern sowie einer Objektkünstlerin, die trotz ihres frühen Ablebens die Kunstgeschichte entschieden mitprägten!
Der Wiener Aquarellist Carl Schindler ist vermutlich der am wenigsten bekannte Künstler dieser Liste – und auch der am jüngsten verstorbene! Der Schüler des Biedermeiermalers Peter Fendi ist in Österreich auch als „Schlachten-Schindler“ bekannt, um ihn vom gleichnamigen Schindler unterscheiden zu können. Das Wunderkind arbeitete sich vor allem am Soldaten und seinen Erlebnissen ab, von der Rekrutierung über die Verpflegung, selten der Kriegseinsatz.
→ Das Wiener Aquarell (Albertina 2018)
Der deutsche Romantiker war einer der Mitbegründer der Künstlergruppe „Lukasbund“, der gegen die Ausbildung an der Wiener Akademie opponierte. 1810 wanderten die Mitglieder nach Rom, wo sie als „nazareni“ (Nazarener) verspottet wurden. Zu Franz Pforrs Leisternen zählten Maler der Frührenaissance wie Frau Angelico, Albrecht Dürer oder auch die Altniederländer (Jan van Eyck). Seine Bilder sind malerisch als „naiv“ (anti-klassizistisch, anti-akademisch) einzustufen, allerdings inhaltlich anspruchsvoll und intellektuell. Wie viele Künstler dieser Liste verstarb Franz Pforr im Alter von 24 Jahren an der Tuberkulose.
→ Romantik
Als Autodidakt und unabhängiger Street-Art-Künstler eroberte Jean-Michel Basquiat Ende 1970er Jahre gemeinsam mit seinen Freunden unter dem Namen SAMO („same old shit“) die Straßen von New York. Basquiat wurde der erste afroamerikanische Kunst-Star der 80er Jahre, nachdem er 1980 seine erste Ausstellung präsentiert hatte. Schnell fand er Anschluss an die Kunstwelt. Andy Warhol und er malten gemeinsam. Mit nur 27 Jahren starb Jean-Michel Basquiat an einer Überdosis.
→ Jean-Michel Basquiat „Untitled“ bricht Rekorde
→ Jean-Michel Basquiat in Basel
→ Jean-Michel Basquiat „Untitled“ bricht Rekorde
Man weiß nur wenig darüber, was Masaccio vor dem Jahr 1421 machte. Der Florentiner Maler revolutionierte die spätgotische Malerei, indem er in nur sieben Jahren die Linearperspektive und Lichtmodellierung einführte. Zu seinen bekanntesten Werken zählt das Fresko „Vertreibung aus dem Paradies“ in der Carmine Kirche in Florenz (um 1427).
Was wäre die Wiener Moderne ohne Egon Schiele und dessen von Eros und Thanatos durchzogenes Werk? Der Wiener Maler setzte der Goldenen Periode von Gustav Klimt ein jähes Ende, indem er sich selbst und seine hauptsächlich weiblichen Modelle in wenig repräsentative Posen zwängte. Trotz vieler Skandale, die sein Leben und seine Kunst begleiteten, gelang es Egon Schiele noch zu Lebzeiten zu Anerkennung und Ruhm zu gelangen. Obwohl er von einem Einsatz an der Front im Ersten Weltkrieg verschont wurde, verstarb Egon Schiele am 31. Oktober 1918 in Wien an der Spanischen Grippe.
→ Egon Schiele. Gezeichnete Bilder
→ Egon Schiele im Belvedere (Belvedere 2018)
Dass Frédéric Bazille am 28. November 1870 in der Schlacht von Beaune-la-Rolande fiel, traf die zukünftigen Impressionisten hart. Pierre-Auguste Renoir hatte – genauso wie Claude Monet – seinem Freund nicht nur in finanzieller Hinsicht viel zu verdanken, denn gemeinsam arbeiteten sie an der Frage, wie man Figurenmalerei im prallen Sonnenlicht meistern könnte. Der Pleinair-Maler Bazille schuf Ende der 1860er Jahre einige bedeutende Gruppenbildnisse, in denen er die Wirkung des Sonnenlichtes untersuchte und damit den Impressionismus vorbereiten half.
Innerhalb von nur neun Jahren als Maler entwickelte Georges Seurat eine neue Malmethode, die den Impressionismus ablöste und schulbildend wurde. Der Begründer des Pointillismus führte zwischen 1884 und 1886 das Gemälde „Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte” (The Art Institute of Chicago) aus und übersäte es mit Myriaden von winzigen Punkten in den Primärfarben. Auf Basis der neuesten Erkenntnisse der Optik und der Wahrnehmung entwickelte er eine Malerei, die auf der Leinwand die Farben zerlegt und im Kopf zusammengesetzt wird. Als er an der Grippe oder einer Gehirnhautentzündung verstorben war, entdeckten seine Freunde erst, dass er kurz zuvor geheiratet hatte und Vater geworden war.
→ Georges Seurat, Erfinder des Pointillismus
→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus
In den knapp 14 Jahren, in denen die Malerin Paula Modersohn-Becker künstlerisch tätig war, schuf sie 750 Gemälde, etwa 1000 Zeichnungen und 13 Radierungen. Nachdem sie ihre Ausbildung in Berlin abgeschlossen hatte, reiste Paula Becker erstmals 1897 nach Worpswede. Hier lernte sie ihren späteren Ehemann, den Maler Otto Mosersohn, kennen. Vier Aufenthalte in Paris brachten die Malerin mit der Pariser Avantgarde aber auch den Sammlungsbeständen des Louvre (ägyptische Mumienmasken) in Kontakt. Paula Modersohn-Becker widmete sich der Darstellung von Bäuerinnen und Kindern. Ihre Bilder zeigen stark vereinfachte Figuren und einen breiten Pinselstrich, was sie zur Speerspitze der Avantgarde in Deutschland machte. Nach der Geburt ihrer Tochter Mathilde verstarb die Ausnahmekünstlerin an einer Embolie.
Obschon Giorgione zu seinen Lebzeiten berühmt und hochgeschätzt von Kollegen war, ist heute von seinem Werk äußerst wenig erhalten. Der venezianische Hochrenaissancemaler dürfte die Ölmalerei (mit Harz) in der Lagunenstadt eingeführt haben. Mit einigermaßen großer Sicherheit können Giorgione nur fünf Gemälde zugeschrieben werden. Sein Zeitgenosse Tizian, so darf man vermuten, hätte vielleicht nicht die außergewöhnliche Karriere erlebt, wenn Giorgione nicht im Alter von 32 Jahren an der Pest verstorben wäre.
Keith Haring ist bis heute dafür berühmt, Kunst für Alle hergestellt zu haben. In den frühen 1980er Jahren bemalte er die New Yorker U-Bahn mit seinen graffitiartigen Wandgemälden. Nach seinem Durchbruch 1982 wurde Haring in der ganzen Welt eingeladen, großformatige Wandbilder zu gestalten. Häufig führte er diese Arbeiten gemeinsam mit Kindern aus. 1986 eröffnete Keith Haring den Pop Shop, wo man von ihm gestaltete Waren erwerben konnte. Nur ein Jahr später wurde bei dem New Yorker Künstler AIDS diagnostiziert. Bevor er starb, arbeitete Keith Haring so viel wie nur möglich und gründete die Keith Haring Foundation. Deren Ziel ist es, Kenntnisse über AIDS zu vermitteln und Kunst in das Leben von Kindern zu bringen.
→ Keith Haring: Poster für den guten Zweck!
→ Keith Haring: Werke und Leben (Albertina 2018)
Schon als 21-jähriger reichte Théodore Géricault ein monumentales Gemälde zum Salon ein: „Kürassier“ sicherte seinem Schöpfer eine Goldmedaille. Sein nächster großer Erfolg war gleichzeitig sein Hauptwerk, nämlich „Das Floß der Medusa“, das er 1819 am Salon präsentierte. Jedoch dürfte die Arbeit an diesem gigantischen Werk einen Zusammenbruch verursacht haben. Am Ende seines Lebens widmete er sich noch Bildnissen von psychisch kranken Menschen, deren Funktion bis heute umstritten ist.
Marietta Robusti, die Tochter der berühmten Manieristen aus Venedig, Jacopo Tintoretto (1518–1594), galt den Zeitgenossen als Wunderkind. Um ihren berühmten Vater leichter begleiten zu können, soll Marietta Robust bis zum Alter von 15 Jahren in Knabenkleidung herumgelaufen sein. Sie war das Lieblingskind ihres Vaters und dürfte seit ihrer Jugend in der Werkstatt ihres Vaters beschäftigt gewesen sein. Ihre Porträts von wohlhabenden Venezianern waren sehr geschätzt. Angeblich soll Tintoretto die Einladung von Kaiser Maximilian II. und König Philipp II. von Spanien, als Hofmaler nach Wien bzw. Madrid zu gehen, ihretwegen abgelehnt haben. 1578 arrangierte Tintoretto die Hochzeit von Marietta mit dem wohlhabenden Juwelier Mario Augusti. Allerdings musste das Ehepaar versprechen, den Haushalt des Künstler-Vaters nie zu verlassen. Im Alter von 34/35 Jahren starb Marietta Robusti, oder La Tintoretto, im Kindbett. Vier Jahre danach folgte ihr Vater, weshalb Historiker mutmaßen, dass der Verlust seiner Tochter den berühmten Maler in eine tiefe Depression gestürzt hätte. Beide sind Seite an Seite in der Kirche Madonna dell’Orto bestattet.
1939 entkam Eva Hesse der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, ihre Mutter nahm sich jedoch das Leben. Nachdem sie u.a. bei Josef Albers an der Yale University studiert hatte, schuf Hesse skulpturale Arbeiten, in denen sie ungebräuchliche Materialien einsetzte. Gerade als sie ihren Durchbruch geschafft hatte, wurde in den späten 1960er Jahren bei Eva Hesse ein Gehirntumor diagnostiziert, der sie innerhalb eines Jahres tötete.
Der französische Konzeptkünstler und Träger des Schwarzen Gürtels, Yves Klein, begann sein künstlerisches Werk als 18-jähriger mit dem Signieren des blauen Himmels. Heute ist er vor allem für seine monochromen Gemälde (Blau, Rosa, Gold) berühmt. Darüber hinaus formulierte er provokante Ausstellungstitel wie „Monochrome Vorschläge: Blaue Periode“ oder „Das Leere“ (leere Galerie mit frisch gestrichenen Wänden). Mit nur 34 Jahren erlag Yves Klein einem Herzinfarkt, dem dritten innerhalb von zwei Monaten.
→ Yves Klein. Blaue Revolution
Während seines ganzen Lebens litt Amedeo Modigliani an der Tuberkulose, was höchstwahrscheinlich auch zu seinem extensiven Drogen- und Alkoholmissbrauch führte. Der Porträtist und Maler weiblicher Akte provoziert so manchen Kunstskandal in Paris. Als er an einer tuberkulösen Meningitis starb, stürzte sich seine Geliebte und Muse, die Malerin Jeanne Hébuterne, aus dem Fenster.
→ Modigliani in der Tate Modern, London
Raffael ging als der „Göttliche“ in die Kunstgeschichte ein. Der Maler und Architekt war bereits mit 17 Jahren fertig ausgebildet und dürfte in Urbino seine erste Werkstatt eröffnet haben. Im Alter von 25 Jahren (1508) wurde er nach Rom berufen, um an einer Ausstattungskampagne der päpstlichen Gemächer mitzuwirken. Sein Fresko „Disputà“ wurde so bewundert, dass daraufhin alle anderen Maler entlassen wurden und Raffael die Leitung der Arbeiten überantwortet wurde. In Fresken wie „Der Schule von Athen“ schuf Raffael ikonische Werke der mittelitalienischen Hochrenaissance, die ihn in den Augen der Zeitgenossen noch vor Michelangelo Buonarroti setzten Ab 1513 beriefen ihn die Päpste zum Architekten von Neu-St. Peter, zum obersten Denkmalpfleger, zum Antiken-Kommissär. Daneben entwarf er Fresken für die Stanzen, die Loggien aber auch private Auftraggeber wie den unermesslich reichen Bankier Agostino Chigi. Entwürfe für Tapisserien für die Sixtinische Kapelle und zählige Madonnen (z. B. Raffael: Sixtinische Madonna) kürten ihn zu einem der verehrtesten Maler auch nachfolgender Generationen. Nach einem kurzen Fieber verstarb Raffael – angeblich – an seinem 37. Geburtstag.
→ Raffaels Zeichnungen zum Sprechen bringen: international besetztes Symposium in der Albertina
Mit nur 21 Jahren erfand der Rokoko-Maler Antoine Watteau nicht nur den Stil, sondern auch die Bildgattung der „Fêtes Galantes“: Junge, höfische Menschen spielen, tanzen, singen im Freien um die Liebe. Er setzte damit einen Gegenpol zum strengen (klassizistischen) Barock und beeinflusste Poesie, Theater und Mode. Es wird überliefert, dass Watteau schon seit Kindesbeinen kränklich gewesen sei. Vielleicht ist die Todesursache in der Tuberkulose zu finden.
→ Antoine Watteau. Der Zeichner
Der einzige Künstler in dieser Liste, der seinem Leben selbst ein Ende setzte, ist Vincent van Gogh. Im Alter von 37 Jahren fügte er sich in Avers-sur-Oise eine tödliche Schusswunde zu. Es dürfte stimmen, dass er während seines Lebens nur ein einziges Bild verkauft hat. In den knapp zehn Jahren seines künstlerischen Wirkens entwickelte er sich autodidaktisch von einem Realisten mit sozialem Anliegen zu einem Impressionisten und Pointillisten. Erst 1888 mit seiner Abreise in den Süden gelangte Vincent van Gogh zu jenen starken Farbkontrasten, die seine Bilder heute so beliebt machen. Der dynamische, für ihn charakteristische Pinselstrich setzt mit der Erkrankung 1889 ein. Im letzten Monat seines Lebens malte Vincent van Gogh noch 70 Gemälde.
→ Vincent van Gogh. Gezeichnete Bilder
Wie alt Pieter Bruegel der Ältere bei seinem Ableben war, ist nicht genau überliefert. Es wird jedoch berichtet, dass der kaum 40-jährige zu den berühmtesten Malern der Niederlande zählte und auch nach seinem Tod nicht vergessen war. Kaiser Rudolph II. wollte in Prag um 1600 die größte Bruegel-Sammlung der Welt zusammentragen, was die 12 (von knapp 40) Gemälde des Meisters im Kunsthistorischen Museum, Wien, sowie den reichen Bestand an Zeichnungen und Druckgrafiken in der Albertina erklärt. Über die Ausbildung Bruegels ist genauso wenig bekannt wie über seine Herkunft. Gesichert ist ein Italienaufenthalt, von dem Pieter Bruegel allerdings erstaunlich wenig für seine Kunst „mitnahm“. 1555 nach Antwerpen zurückgekehrt, arbeitete er anfangs als Entwerfer von Druckgrafiken, bevor er sich mit Gemälden einen Namen machte. Indem er auf die niederländische Tradition aufbaute, begründete er Gattungen wie das Landschaftsbild (Waldeinblicke), das Seestück, die Jahreszeitenserie.
→ Eva Michel: „Bruegel gelang ein neuer Blick auf die Landschaft, ein neuer Realismus“