Emil Schumacher

Wer war Emil Schumacher?

Emil Schumacher (Hagen 29.8.1912–4.10.1999 San José, Ibiza) war ein deutscher Maler und Vertreter des Informel (→ Abstrakter Expressionismus | Informel).

„Bildmaterial und Bildmaterie: Der eine steht am Anfang, das andere am Ende. Das Material bedeutet Inspiration und Widerstand zugleich. Aus dem Wesen, aber auch am Widerstand des Materials formt sich das Bild. Der Charakter des Bildes kann nicht nur der seiner Materialien sein.“1 (Emil Schumacher, 1972)

Kindheit

Emil Schumacher wurde am 29. August 1912 in Hagen, Westfalen, als drittes Kind von Anna und Emil Schumacher geboren. Von 1926 bis 1931 besuchte er die Oberrealschule in Hagen. Als 18-jähriger unternimmt Emil Schumacher 1930 eine vierwöchige Fahrradtour nach Paris.

Ausbildung

Schumacher studierte vom Wintersemester 1931/32 bis zum Ende des Wintersemesters 1933/1934 Werbegrafik an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Dortmund. Er hatte die Absicht, Werbegrafiker zu werden. Während der Studienzeit reist er mehrfach mit dem Fahrrad ins Ausland, unter anderem über den St. Gotthard bis zum Lago Maggiore.

Von 1935 bis 1939 war Emil Schumacher als freier Maler ohne eine Beteiligung an Ausstellungen tätig. Er unternahm, wiederum mit dem Fahrrad, Studienreisen nach Holland und Belgien.

Nationalsozialismus

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten wurde Schumacher wegen des Vorwurfs des „Kulturbolschewismus“ nicht in die Reichskammer der bildenden Künste aufgenommen. In den Kriegsjahren war er Technischer Zeichner in den Akkumulatoren-Werken, einem Hagener Rüstungsbetrieb. 1941 heiratete er Ursula Klapprott; das Paar bekam den Sohn Ulrich. Unmittelbar nach Kriegsende startete Emil Schumacher einen Neubeginn als freier Künstler.

Vom Expressionismus zur Abstraktion

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Schumacher mit kubistischen Landschaften, 1947 hatte er seine erste Einzelausstellung in dem von dem Architekten Rasch eingerichteten „Studio für neue Kunst“ in Wuppertal und wurde Mitbegründer der Künstlervereinigung „junger westen“. 1948 erhielt er den Kunstpreis „junger westen“ der Stadt Recklinghausen, im selben Jahr kaufte das Karl Ernst Osthaus Museum Hagen zwei seiner Bilder, „Stillleben“ und „Stillleben mit Pilzen“, an. Seine figurativen Holzschnitte erinnern an den Stil der „Brücke“-Künstler (→ Die Brücke).

Im Sommer 1950 reiste Emil Schumacher nach Ascona am Lago Maggiore. Im folgenden Jahr besuchte der Maler mit Thomas Grochowiak und Ernst Hermanns Paris. 1951 entstanden auch Schumachers erste ungegenständliche Bilder.

Emil Schumacher und das Informel

Emil Schumacher gilt als explosiver Maler, der eine kraftvolle und unverkennbare Spielart der Nachkriegsabstraktion entwickelte. In den 1950er Jahren entwickelte er Werke, die nur aus der Farbe lebten, ohne jegliches konstruktives Gerüst. Dominierendes Thema seiner Arbeiten sind die Eigenwertigkeit der Farbe und Farbmaterie, wollte der Maler doch die Malerei aus ihrer eigenen Materialität neu bestimmen. Zunehmend interpretierte er Farbe nicht nur als Farbton, sondern als stoffliches Material, das er plastisch formen konnte. Dadurch unterlief er die mimetische, beschreibende Funktion der Farbe, um ihre Körperhaftigkeit zu betonen. In den frühen 1950er Jahren erwies sich Schumacher damit als wegweisender Maler des deutschen Informel.

1954 beteiligte sich Schumacher an der von Willem Sandberg im Stedelijk Museum, Amsterdam veranstalteten Ausstellung „Deutsche Kunst nach 45“. Dabei wurde zum ersten Mal nach dem Krieg zeitgenössische Kunst aus Deutschland im Ausland gezeigt. Ab 1955 wurde Schumacher durch erste Ausstellungen und Preise bekannt, darunter „Peintres et sculpteurs non-figuratifs en Allemagne d’aujourd-hui“ in Paris, organisiert von René Drouin im Cercle Volney, und der Kunstpreis der Stadt Iserlohn (1955).

Auf der Suche nach neuen bildnerischen Mitteln und Materialien entstanden 1956 die ersten Tastobjekte.

Die Verleihung des Guggenheim Award (National Section) bereits 1958 als auch seine Teilnahme an der „29. Biennale von Venedig“ 1961 dokumentieren seinen internationalen Durchbruch. Im Jahr 1959 war Emil Schumacher Teilnehmer der „documenta II“ in Kassel. 1964 war er mit drei großformatigen Bildern auf der „documenta III“, und im Jahr 1977 auf der „documenta 6“ in Kassel vertreten.

Emil Schumacher als Lehrer

Von 1958 bis 1960 hatte er eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg inne. Zwischen 1961 und 1972 war Emil Schumacher Vorstandsmitglied des Deutschen Künstlerbundes. Von 1966 bis 1977 war er Professor an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe. Für eine Gastprofessur an der Minneapolis School of Art hielt sich Emil Schumacher 1967/68 in den USA auf. Dort schuf er die „Minneapolis Suite“ (1968).

Heute hängen seine Arbeiten zwischen New York und München in vielen wichtigen Museen der Welt. Unter seinen zahlreichen Kunstwerken für den öffentlichen Raum finden sich u. a. großformatige Mosaikarbeiten für die U-Bahn-Station Colosseo in Rom.

Auszeichnungen und Preise

  • 1948: Kunstpreis junger westen der Stadt Recklinghausen
  • 1955: Kunstpreis der Stadt Iserlohn
  • 1956: Konrad-von-Soest-Preis, Münster
  • 1958: Karl-Ernst-Osthaus-Preis, Hagen
  • 1958: Guggenheim Award (National Section), New York
  • 1959: Preis des japanischen Kultusministers anlässlich der V. International Art Exhibition, Tokio
  • 1959: Menzione d´Onore – XI. Premio Lissone
  • 1962: Premio Cardazzo – XXX. Biennale di Venezia
  • 1962: First prize silver medal, Bang Danh-Du
  • 1962: Award – 1st International Arts Exhibition, Saigon
  • 1963: Großer Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
  • 1965: 2. Preis der VI. Exposition Internationale de Gravure, Ljubljana
  • 1966: Prize of the Governor of Tokyo – 5th Internationalen Biennal Exhibition of Prints, Tokio
  • 1974: Ibiza `74, Preis der Stadt Ibiza – Graphik-Biennale 1974
  • 1978: August Macke Preis, Stadt Meschede
  • 1981: Pour le mérite für Wissenschaft und Künste
  • 1982: Rubenspreis der Stadt Siegen
  • 1982: Ehrenring der Stadt Hagen
  • 1983: Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern
  • 1987: Jerg-Ratgeb-Preis der Stadt Reutlingen
  • 1987: Preis der Europäischen Akademie für Bildende Kunst, Trier
  • 1987: Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
  • 1987: Ehrenbürger der Stadt Hagen
  • 1988: Silber-Medaille – 2. Internationale Biennale Bagdad, Irak
  • 1990: Bürger des Ruhrgebiets des Vereins Pro Ruhrgebiet
  • 1991: Grand prix d´honneur, Goldmedaille – XIX. Biennale Internationale de Gravure, Ljubljana
  • 1991: Harry-Graf-Kessler-Preis des Deutschen Künstlerbundes
  • 1992: Verleihung der Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Dortmund
  • 1993: Salle d'honneur der „XX. Biennale Internationale de Gravure“, Ljubljana
  • 2009: Eröffnung des Emil Schumacher Museums in Hagen

Tod

Emil Schumacher starb am 4. Oktober 1999 in San José, Ibiza (Spanien).

  1. Zit. n. Emil Schumacher. Inspiration und Widerstand, Frontispitz.