Jorg Hartig (Morchenstern 14.2.1932-23.8.2019 Wien) erfand für seine Acryl-Malerei den Begriff „Realpop“ – in Hommage an und Abgrenzung von der angloamerikanischen Pop Art der 1960er sowie des Realismus (Photorealismus) der 1970er Jahre. Der realistische Pop des Jorg Hartig entwickelte sich seit den 1960er Jahren an Motiven seiner Umwelt: Straßeneisbecher (Serie von 1974), „Buntmetall“, „Formüll I“-Bilder oder „Objektbilder Industrie“ lassen durch ihre beschreibend-metaphorischen Titel bereits anklingen, worum es dem experimentierfreudigen Maler geht: hinterlassene Spuren, Wegwerfgesellschaft und ihr Müll, Autowracks und Straßenschilder – aber auch American Football und schlussendlich Meditationsbilder.
Österreich / Wien: MUSA
9.5. – 19.8.2017
Das Werk des an der Wiener Akademie der bildenden Künste ausgebildeten Malers ist von großen Serien geprägt. Immer wieder setzte er sich in Bildfolgen mit einem Thema auseinander und entwickelte in Variationen Bilder von Dystopien und Dynamik. Mit virtuosem Strich und komplexem Bildaufbau beschäftigt sich der Wiener bereits seit Jahrzehnten, so dass er in der Stadt als der wohl profilierteste Kenner von Acryl gelten kann. Als er 1966 von der Ölmalerei über Dispersionsfarbe zu Acryl wechselte, hatte er sein Medium gefunden. So wie seine Motive erforschte Hartig auch die Materialien und ihre Wirkungen, um Quetschungen, Faltungen oder effektvollen Schwüngen die ideale Form geben zu können. Mitnichten handelt es sich um spontan hingeworfene Pinselstriche oder Farbflächen. Immer war der materialbegeisterte Maler am Tüfteln, wie er sein Konzept am besten auf die Fläche übertragen könnte.
Gleichzeitig mit dem Acryl wandte sich Hartig den zertretenen Eisbechern als Sujets zu (1966), ab Mitte der 1970er Jahre erreichten diese Bilder monumentale Formate. In „Schattenbildern“ und „American Football“ wandte er sich der menschlichen Figur zu – anonym, temporeich. „Auch Abfall ist schön“ betitelte Hartig 1974 ein Gemälde und meinte damit ein Schrott-Auto. In der Wiener Kunstszene der 1970er Jahre war Jorg Hartig mit seinem „Realpop“ eine singuläre Erscheinung (→ Die 70er Jahre: Expansion der Wiener Kunst).
Innere Bilder begannen Anfang der 1980er Jahre wichtig zu werden und kulminierten in der Serie der „Meditationsfenster“. Wer allerdings meint, dass diese Arbeiten den End- und Ruhepol markierten, wurde im Laufe der 1990er Jahre eines besseren belehrt: Soldatenbilder oder Motive von der „Love Parade“ (1999) zeigen, dass sich Jorg Hartig auch mit über sechzig Jahren noch der Aktualität verpflichtet fühlte.
Kurator: Wolfgang Drechsler
1932 Jorg Hartig wurde in Smržovka/Morchenstern, CZ, geboren
1954 Diplom der Akademie der bildenden Künste
1949–1956 Mitglied des Steiermärkischen Kunstvereins
1956–1983 Mitglied des Künstlerbundes Graz
1956–1972 Vorstandsmitglied des Künstlerbundes Graz
1967–1980 Vizepräsident des Bundesverbandes der bildenden Künstler Österreichs (BVÖ)
1971–1975 Präsident des Neuen Hagenbundes
1975 Mitglied der Wiener Secession
1983 Mitglied der Neuen Darmstädter Sezession; Vorstandsmitglied der Wiener Secession
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