Otto Wagner
Wer war Otto Wagner?
Otto Wagner (Wien 13.7.1841–11.4.1918 Wien) zählt zu den weltweit bedeutendsten Architekten an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Seine Bauten – darunter die Wiener Stadtbahn, die Postsparkasse und die Kirche am Steinhof – sind Meilensteine auf dem Weg vom Historismus zum Jugendstil.
Wagner war ein Visionär: Er hatte erkannt, dass die auf die Vergangenheit fixierte Architektur des Historismus in Widerspruch zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dynamik seiner Zeit stand. Als Antwort darauf entwarf er eine strahlende, rationale Zukunftsarchitektur, die auf Zweck, Material und Konstruktion beruhte. Zweifellos steht die rekonstruierte Fassade für das Depeschenbüro der Zeitung „Die Zeit“ (1902), ehemals Kärntnerstraße/Ecke Annagasse, 1010, für Wagners Modernität. Der Professor an der Akademie der bildenden Künste und Oberbaurat verwendete dafür Aluminium, das als völlig neuer Baustoff eine neue Ästhetik versprach. Fünf Lampen und der riesige Schriftzug in Jugendstil-Lettern prägen den ersten Eindruck. Während die Fassade noch dekorativ gestaltet wirkt, war der Ausstellungsraum im Mezzanin höchst zurückhaltend gestaltet. Die dort aufgestellten beiden Tische haben Untergestelle aus vernickelten Messingrohren, deren Stangen durch „Knoten“ miteinander verbunden sind. Ihre reduziert-praktische Form findet sich auch bei spanischen Tischen des 17. Jahrhunderts, ihr Material war gänzlich modern.
Otto Wagner nannte den Stil, den er selbst bis etwa 1887 ausübte, die „freie Renaissance“. Doch nun strebte er nach einer Verbindung von Schönheit und Zweckmäßigkeit, denn „etwas Unpraktisches kann nicht schön sein“ (Moderne Architektur, 1896). Als Generalplaner war er in den 1890er-Jahren für die Umgestaltung Wiens mitverantwortlich (1892/93 Generalregulierungsplan, 1894–1900 Bau der Stadtbahn, 1894 & 1896–1899 Donaukanalbauten) und mit den beiden Mietshäusern an der Linken Wienzeile, der Kirche am Steinhof sowie der k. k. Österreichischen Postsparkasse schuf er Ikonen der Wiener Jugendstilarchitektur. Von 1899 bis 1905 war er Mitglied der Wiener Secession. Möbelentwürfe folgen in ihrer schlichten Gestaltung und Funktionalität dem Motto des Architekten getreu: „Artis sola domina necessitas“ (Die einzige Herrin der Kunst ist die Notwendigkeit)
Als Adolf Loos die Einrichtung des Café Museums konzipierte (1899), trat Wagner für eine „freie Renaissance“ ein. Otto Wagner leitete seinen „Nutz-Stil“ von Gottfried Sempers Definition eines Produktes ab. In seiner Antrittsrede als Professor an der Wiener Akademie begrub er die Stilfreiheit mit folgenden Worten:
„Kunst und Künstler sollen und müssen ihre Zeit repräsentieren. Im Durchpeitschen aller Stilrichtungen, wie es die letzten Jahrzehnte mit sich brachten, kann das Heil für die Zukunft nicht liegen. […] Der Realismus unserer Zeit muss das werdende Kunstwerk durchdringen.“ (Otto Wagner)
Die radikalen Entwürfe des „Weltstadtarchitekten“ waren ein Befreiungsschlag für die Vertreter der Moderne wie den Wiener Secessionisten, für die Hüter der Tradition dagegen blanke Provokation. Auch aus diesem Grund blieben viele von Wagners Projekten unausgeführt, so auch seine Planungen für das Stadtmuseum am Karlsplatz oder auch städtebauliche Überformungen ganzer Bezirke von Wien.
Schüler von Otto Wagner
- Josef Hoffmann
- Joseph Maria Olbrich: Baugeschichte der Wiener Secession