Jenny Saville
Wer ist Jenny Saville?
Jenny Saville (*7.5.1970, Cambridge, England) ist eine englische Malerin der Gegenwart (→ Zeitgenössische Kunst). Sie ist bekannt für monumentale Bilder meist weiblicher Personen, in denen sie Körperlichkeit und Schönheitsideale – auch Schönheitsoperationen – reflektiert. Jenny Saville hält den Rekord für das teuerste verkaufte Kunstwerk einer lebenden Künstlerin mit £ 9,5 Mio. incl. Aufgeld für das Gemälde „Propped“.1
Jenny Saville ist mit dem Künstler Paul McPhail liiert; sie lebt und arbeitet teils auf Sizilien, Italien, und in London, wo sie an der Slade School of Art einen Lehrauftrag für figürliche Malerei hat.
„Es macht mir Spaß, zu sehen, wie eine Farbe in eine andere übergeht oder Formen entstehen – etwas aus dem Nichts zu erschaffen.“ (Jenny Saville)
Kindheit
Jenny Saville wurde am 7. Mai 1970 in Cambridge (GB) geboren. Ein begehbarer Schrank wurde zu ihrem ersten künstlerischen Rückzugsort.
Im Sommer 1987/88 reiste sie durch Europa, die Türkei und Syrien.
Ausbildung
Von 1988 bis 1992 studierte Jenny Saville an der Glasgow School of Art. Ihre erste Ausstellungsbeteiligungen fand 1989 bei „Self Portraits“ in der Burrell Collection, Glasgow, und „British Portrait Competition“ in der National Portrait Gallery in London statt. Die Kunststudentin erhielt von der Royal Academy den British Institute Award for Painting.
1990 wurden ihre ersten Arbeiten in der Ausstellung „Contemporary ’90“ im Royal Collage of Art gezeigt. Weitere Teilnehmer:innen waren unter anderem Peter Doig und Cecily Brown. Jenny Saville erhielt den Lord Provost Prize for Contemporary Art, Glasgow.
Als Saville David Sylvester kennenlernte, entfaltete sie mit ihm einen regen Diskurs über Kunst, der zu gemeinsamen Ausstellungsbesuchen führte. Das Sammlerpaar Susan Kasen Summer und Robert D. Summer lud Saville 1991 als Artist in Residence für zunächst sechs, dann neun Monate ins ländliche Connecticut ein. An der Cincinnati University in Ohio vertiefte sie in Vorlesungen zu Women’s Studies ihr Interesse an feministischen Themen. Gleichzeitig nahm sie an einem Diskussionsforum zur aktuellen Stellung der Malerei in der Kunst teil und zog zeitweilig in Betracht, nicht mehr zu malen, um sich vermehrt mit Fotografie und Installation zu beschäftigen. Der Anblick dicker Frauen weckte ihre Faszination für unförmiges, weißes Fleisch. Auch die Künstlerin Cindy Sherman beeinflusste die Malerin.
Während eines Aufenthalts in New York begann sich die Malerin mit plastischer Chirurgie zu beschäftigen und konnte bei Schönheitsoperationen, durchgeführt von Barry Martin Weintraub, zusehen. Saville schaute bei plastisch-chirurgischen Operationen über dessen Schulter und fotografierte auch dabei. So erlangte die Künstlerin ein besseres Verständnis vom menschlichen Körper und sie erkannte, dass die Chirurgie vielfältige Möglichkeiten hat, den menschlichen Körper zu manipulieren. Ebenso verbesserte sie ihr Wissen über Psychologie und erfuhr durch Beobachtung, welche psychologischen Probleme nach einer Operation auftreten können. Daraufhin experimentierte Jenny Saville mit ihrem Körper, den sie gegen Plexiglas gepresst abfotografierte. Während eines Fotoshootings für die „British Vogue“ begegnete sie dem berühmten englischen Modefotografen Glen Luchford. Die beiden beschlossen, zusammen an diesen fotografischen Experimenten weiterzuarbeiten.
Es folgten 1992 die Auszeichnungen mit der Newberry Medal und dem Elizabeth Greenshields Foundation Award. Clare Henry nahm Werke von ihr in der Ausstellung „Critic’s Choice“ in der Cooling Gallery in London auf, wo Charles Saatchi das Gemälde „Branded“ sah. Das Werk „Propped“ wurde auf dem Cover von „The Times Saturday Review“ abgebildet. Saatchi begann, die bereits verkauften Werke aus ihrer Ausstellung zum Diplomabschluss im großen Stil zurückzukaufen und bot ihr einen Vertrag über anderthalb Jahre an. Er erwarb Savilles Werke im Voraus und stellte ihr Atelier und Arbeitsmaterial zur Verfügung. Zudem gab er eine Werkgruppe in Auftrag, die später in seiner Galerie gezeigt wurde. 1994 löste sich Jenny Saville von ihrem Gönner.
Nach ihrem Abschluss an der Glasgow School of Art studierte Saville von 1992 bis 1993 an der Slade School of Art. Im Jahr 1993 wurde ihr der Elizabeth Greenshields Foundation Award zum zweiten Mal verliehen.
Werke
Die Ausstellung „Young British Artists III“ (1994/95) eröffnete in der Saatchi Gallery in London. Es war die erste Gruppenausstellung, in der Jenny Saville mit einem Werk vertreten war. Ihr Vertrag mit Saatchi wurde daraufhin um drei Jahre verlängert.
Die Malerin wurde von der Kult-Band „Manic Street Preachers“ kontaktiert, die das Gemälde „Strategy“ (1993/94) auf dem Cover ihres neuen Albums „The Holy Bible“ abbilden wollte. Saville begann an den Gemälden „Shift“ und „Hybrid“ für die Ausstellung „Sensation“ zu arbeiten, sowie an „Hyphen“, „Fulcrum“ und „Ruben’s Flap“, die drei Jahre später in der „Territories“-Ausstellung in der Gagosian Gallery, New York, gezeigt wurden. 1994 löste sich Jenny von ihrem Gönner.
Ende 1995 bezog Jenny Saville ein Atelier in der Wharf Road, London, und arbeitete dort und in New York. Der Dokumentarfilm „Flesh & Blood“ von Nicola Black kam heraus. Es folgten mehrere Ausstellungen im New Yorker „Pace Mc Gill“, im Stockholmer Museum of Kalmar 1997 und in der Londoner Royal Academy of Arts.
Jenny Saville und Glen Luchford präsentierten 1996 ihr gemeinsames Projekt unter dem Titel „Jenny Saville and Glen Luchford: A Collaboration“ in der Pace MacGill Gallery in New York. Saville kehrte daraufhin nach London zurück, wo sie sich am Hunterian Museum weiter mit Anatomie beschäftigte und am Royal College of Surgeons operativen Eingriffen beiwohnte. Das Archiv eines pensionierten plastischen Chirurgen wurde ihr geschenkweise überlassen
In der Royal Academy in London fand 1997 unter dem Titel „Sensation“ eine legendäre und kontroverse Ausstellung der Sammlung von Charles Saatchi statt, die Werke von Jenny Saville zusammen mit Arbeiten von Damien Hirst, Chris Ofili, Tracey Emin, Gary Hume, Jake und Dinos Chapman, Marcus Harvey und anderen „Young British Artists“ zeigte. Das Publikum und die Presse betitelten die Ausstellung als skandalös, was zu Vandalismus der Besucher führte. Savilles Arbeiten blieben verschont. Die Ausstellung verzeichnete nach ihrer dreimonatigen Dauer über 350.000 Besucher:innen: Auf der Eröffnung lernte Saville Larry Gagosian kennen, der sie einlud, ihre Werke in New York zu zeigen. Die Gagosian Gallery übernahm daraufhin die exklusive Vertretung der Künstlerin. Die Ausstellung „Sensation“ reiste weiter in den Hamburger Bahnhof, Berlin, und in das Brooklyn Museum in New York (1999).
Savilles fotografische „Closed Contact“-Serie (1998) wurde im Dokumentarfilm „Vile Bodies“ (1997) gezeigt, in dem weitere zeitgenössische Fotografen wie Sally Mann, Andres Serrano, John Coplans und Joel-Peter Witkin vorgestellt werden. Die Serie regte zur Ausstellung „The Ugly Show“ im Bracknell Arts Center in Leeds an, in der auch Fotografien von Saville zu sehen waren.
Die erste Einzelausstellung Savilles in den USA, „Jenny Saville: Territories“, wurde 1999 in derselben Woche in der Gagosian Gallery in New York eröffnet, wo unter anderem die Gemälde „Fulcrum“, „Ruben’s Flap“ und „Hyphen“ ausgestellt waren. Saville erhielt den U.S. Art Critic’s Prize for the Best Show in a Commercial Gallery.
Die Gagosian Gallery, Los Angeles, zeigte 2000 die komplette Serie der „Closed Contact Photographs“. Die Gemälde „Fulcrum“, „Hyphen“ und „Host“ waren in der Ausstellung „Ant Noises“ in der Saatchi Gallery, London, zu sehen.
Im Frühjahr 2003 eröffnete die Ausstellung „Migrants“ in der Gagosian Gallery in Chelsea, New York. Im Juni beteiligte sich Jenny Saville an der Ausstellung „Pittura 1964–2003. Da Rauschenberg a Murakami“ im Museo Correr anlässlich der 50. Biennale in Venedig. Saville lebt abwechselnd in London und Palermo, wo Werke wie „Stare“, „Red Stare Head IV“, „Red Stare Collage“ und „Rosetta II“ entstanden.
Jenny Savilles erste museale Einzelausstellung fand 2005 im MACRO – Museo d’Arte Contemporanea in Rom statt.
Die Ausstellung „Damien Hirst, David Salle, Jenny Saville. The Bilotti Chapel“ (2006) wurde im Museo Carlo Bilotti, Aranciera di Villa Borghese in Rom gezeigt.
Das Jahr 2007 war von wichtigen Ereignissen geprägt: der Geburt ihres Sohnes und der Aufnahme in die Royal Academy als jüngstes Mitglied. Das Kunstmuseum Luzern präsentierte eine Ausstellung zum Thema Körper mit Werken von Berlinde De Bruyckere, Jenny Saville und Dan Flavin.
Geburt ihrer Tochter (2008). Im folgenden Jahr kehrte Jenny Saville nach England zurück. Sie wählte Oxford als Lebens und Arbeitsort. Die Künstlerin begann die „Reproduction Drawings“, die Bezug auf den Karton Leonardo da Vincis „Madonna mit Kind, hl. Anna und Johannes der Täufer“ in der National Gallery, London, nehmen. Dem folgte Savilles erste Einzelausstellung in London in der Gagosian Gallery mit den 2009 entstandenen großformatigen Papierarbeiten zum Thema Mutterschaft (2010).
Die Einzelausstellung „Continuum“ (2011/12) wurde in der Gagosian Gallery, New York, eröffnet. Das Norton Museum of Art in West Palm Beach, Florida, richtete Jenny Savilles erste amerikanische Museumsausstellung aus, die anschließend im Modern Art Oxford zu sehen war. Parallel dazu wurden zwei Werke im Ashmolean Museum of Art and Archaeology in der Renaissance-Sammlung ausgestellt.
„Jenny Saville. Oxyrhynchus“ (2014) wurde mit neuesten Werken in der Gagosian Gallery London eröffnet. Das Kunsthaus Zürich stellte Egon Schiele und Jenny Saville in einen visuellen Dialog.
„Jenny Saville“ (30.9.2021–27.2.2022) im Museo Novecento, Museo degli Innocenti, Museo di Casa Buonarroti, Museo di Palazzo Vecchio and Museo dell’Opera del Duomo, Florenz: Die Ausstellung stellte Werke von Jenny Saville in einen Dialog mit Kunstwerken der italienischen Renaissance, darunter Skulpturen von Michelangelo Buonarroti.
Stipendien und Auszeichnungen
- 2021: Le Chiavi della Città di Firenze, Florenz, Italien
- 2007: Mitglied der Royal Academy of Arts, London
- 2000: US Art Critics Association: Beste kommerzielle Galerieausstellung (Gagosian), New York, NY
- 1996: Elizabeth Greenshields Foundation Award, Montreal, Kanada
- 1995: Lord Provost’s Award for Contemporary Art, Glasgow, Schottland
- 1993: Elizabeth Greenshields Foundation Award, Montreal, Kanada
- 1992: The Newbery Medal, Glasgow School of Art, Glasgow, Schottland
- 1992: The James Cumming Award, Royal Scottish Academy, Edinburgh, Schottland
- 1992: British Institution Award, Royal Academy of Arts, London
- 1991: Stipendium, University of Cincinnati, Cincinnati, OH
- 1990: John and Mabel Craig Award, Glasgow School of Art, Glasgow, Schottland
Kinder
- 2007: Sohn
- 2008: Tochter