Für Städte, Landschaften, Porträts und fast 200 Selbstbildnisse ist Max Beckmann (1884–1950) berühmt. Er rang mit seiner kraftvollen, expressiven, schonungslosen, manchmal auch brutalen Malerei darum, das menschliche Leben, seine Verstrickungen und Abhängigkeiten in Symbolen zu fassen. Vor allem sein Umgang mit Schwarz ist schon vor der Erfindung dieses Wortes existentialistisch. Zu einem solchen Werk scheint die Gattung Stillleben einfach nicht zu passen. Dennoch hat sich Beckmann dieses Themas sein ganzes Leben lang bedient. Umso erstaunlicher ist, dass die Kunsthalle Hamburg und Kuratorin Karin Schick die erste umfassende Stillleben-Schau ausrichten. Die grandiose Auswahl an Werken – vom ersten bekannten Stillleben „Hyazinthen“ (Ende 1905) bis zum „Stillleben mit Cello und Bassgeige“ (1950) – lässt sich sowohl als Reflexionen über die Möglichkeiten der Malerei als auch Beckmanns Weltsicht lesen. Karin Schick gelingt es, mit dieser Überblickschau dem symbolistischen Expressionisten eine neue, interessante Facette abzuringen.
Deutschland / Hamburg: Hamburger Kunsthalle
5.9.2014 - 18.1.2015
Beckmann empfand seine Malerei als eine „Schnittstelle von Empfindung und Geist, von Natur und Abstraktion“1. Immer war er auf der Suche nach Wahrheit, zuerst in Deutschland, dann auf der Flucht vor den Nazis in Amsterdam und schlussendlich in New York und St. Louis. Als Basis seiner hochsymbolischen Gemälde diente ihm immer sinnliches Erleben:
„Alles Zerebrale und Transzendente bindet sich in der Malerei mit einer ununterbrochenen Arbeit des Sehens. Jeder Ton einer Blume, eines Gesichts, eines Baumes, einer Frucht, eines Meeres oder eines Berges wird gierig notiert von der Intensität meiner Sinne, zu denen dann auf mir selbst nicht bewusste Art die Arbeit meines Geistes und letzten Endes die Kraft oder die Schwäche meiner Seele kommt. Dieses ursprüngliche und ewig unveränderliche Kraftzentrum welches Geist und Sinne erst fähig macht persönliche Dinge auszusagen.“2
Rund 70 Gemälde und Aquarelle, die zwischen 1905 und 1950 entstanden sind, zeigen in der Hamburger Ausstellung Beckmanns reicher Umgang mit Farben, Formen und Stofflichkeit. Darüber hinaus war ihm das Stillleben ein (altmeisterliches) Symbol für die Vergänglichkeit.
Eine dänische Vase3, ein silberner Kerzenleuchter4, ein Lampenfuß in Form eines Elefanten aus Keramik5 und eine große weiß-hellrosafarbene Muschel6 in „Stillleben mit Fisch und Muschel“7 (1942) – all diese Objekte hielt Beckmann in spontan entstandenen Gemälden fest. Weder Vorzeichnung noch besondere Arrangements, so erinnerte sich seine Frau, hätten die Kompositionen vorbereitet. Und so finden sich in den anspruchsvollen Bildarchitekturen eine Vielzahl von privaten Objekten, die Beckmann sein gesamtes Leben begleiteten: Ein Peruanisches Steigbügelgefäß mit Schlangenmotiv8 stützt eine Papierblumen („Stillleben mit Fischen und Papierblume“9, 1923). Das Zeremonialgefäß aus dem Kameruner Grasland10 leistet auf einem Tischchen einem Fächer und erneut Blumen Gesellschaft („Stillleben mit Negerplastik“, 1924, Privatbesitz). Wie ein bissiger Hund wirkt das chinesische Räuchergefäß in Form einer Kröte11, das im „Stillleben mit Fingerhut“ (1943, Beck & Eggeling International Fine Art, Düsseldorf) die Betrachter_innen fixiert.
Wenn auch Max Beckmann in den 1920er Jahren das Spiel mit Farben und Formen genoss, so sind seine Stillleben auch ikonografisch interessant. Immer wieder arrangierte er Zeitschriften und Uhren, brennende und erloschene Kerzen, Spiegel und am Ende des Zweiten Weltkriegs sogar Totenköpfe als Symbole der Vergänglichkeit auf den Leinwänden. Hier zeigt sich Max Beckmann als gelehriger Schüler traditioneller, v. a. niederländischer Stilllebenmalerei des Goldenen Zeitalters. Vanitas, Vergänglichkeit und Eitelkeit der Menschen, ist immer wieder das eigentliche Ziel Beckmanns.
Das früheste erhaltene Stillleben ist „Hyazinthen“12 (Ende 1905), eine impressionistische Variation in Weiß. In ihm schien es Beckmann um das Vibrieren des Lichts zu gehen, obwohl er ein Jahr zuvor in Paris die Adepten der impressionistischen Malerei noch für wenig inspiriert gehalten hatte. Er fand in den frühen Jahren Erfüllung in großformatigen Kompositionen voller menschlicher Tragödien und schuf damit eine Verbindung zwischen moderner Malmanier und akademischer Themenwahl. Das Stillleben war in diesem Kontext wenig beachtet. Daher widmete sich der junge Beckmann dem Sujet nur vereinzelt.
Erst nach seinem Kriegseinsatz begann sich Max Beckmann mit „Stillleben mit Katzen“13 (1917) erneut dem Thema zuzuwenden. Wenn das Bild auch eine gewisse Freundlichkeit und Ordentlichkeit ausstrahlt, so verweisen die zu spitzen Bergen aufgetürmte, weiße Tischdecke und die schwarzen Rüben doch auf die Mangelernährung während des Kriegs.
In den Frankfurter Jahren begleiteten Bilder seines Lebensumfelds den sozialen Aufstieg und den Wandel von der Neuen Sachlichkeit zum „Beckmann-Stil“ der 1930er-Jahre. Unter den fast 200 zwischen 1915 und 1933 entstandenen Gemälden befinden sich rund 40 Stillleben mit vier großformatigen Werken. Zu den schönsten Stillleben Beckmanns während seiner Zugehörigkeit zur Neuen Sachlichkeit zählen: „Stillleben mit brennender Kerze“14 (1921), „Stillleben mit Fischen und Papierblume“15, 1923), „Stillleben mit Grammophon und Schwertlilien“16(1924) und „Stillleben mit rosa Muschel“17 (1926). In ihnen verband der Maler eine helle, freundliche Grundstimmung mit präziser, wenn auch nicht harter Schilderung der Objekte und ihrer Oberflächen. Diese erscheinen oft in Komplementärfarben. Die Räumlichkeit zwischen den Gegenständen wirkt gedrängt, die Perspektive oft verstärkt. Beckmann gelangte in den 1920er Jahren zu immer komplexeren Bildarchitekturen, indem er das Gerüst aus Orthogonalen zum Kippen brachte und so den Eindruck von Instabilität hervorrief.
„Blumenstillleben mit Spiegel“18 (1927) lässt bereits den zukünftigen Beckmann erahnen. Die Erweiterung des engen Bildraumes gelang Beckmann mit Hilfe eines Spiegels, der den Raum nach hinten verdoppelt. Diesen Kunstgriff nutzte der Expressionist immer wieder. Zwar ist das Blumenstillleben mit einem weichen Pinselstrich und Formen gemalt, so tritt bereits das Schwarz als dominanter Ton zu den Buntfarben hinzu. Im Vergleich zu ist das „Stillleben mit Strelitzien und gelben Orchideen“19 (1937) bereits von spitzen Formen dominiert. Im „Beckmann-Stil“ ist ebenfalls das „Orchester“20 (1932) mit Saxophon und Banjo gehalten. Überhaupt spielen Musikinstrumente in einigen Stillleben Beckmanns eine wichtige Rolle, vor allem den Jazz liebte er.
Das Ende des Zweiten Weltkriegs fasste Beckmann in seinem „Totenkopfstillleben“21 (1945) sinnträchtig zusammen. Hatte er 1919 noch mit seiner Lithografie-Serie „Die Hölle“ noch Kriegsversehrte, Hungernde, radikalisierte Ideologen, Patrioten, waffenstrotzende Verteidiger, Gewaltorgien zu Papier gebracht, sind es jetzt nur noch die leeren Blicke der scheinbar grinsenden Totenschädel, die die Summe des Krieges bedeuten. Wer hat wohl die bessere Karte gezogen und überlebt?
Wenn der deutsche Maler weder die Gemälde von Pablo Picasso noch Henri Matisse als richtungsweisend anerkannte, so ist er in seinem „Blick auf Menton mit Lilientopf“22 (1940) Matisse am nächsten – sowohl in der Wahl des Sujets, einem Fensterausblick auf einen Hafen, als auch dem Einsatz des Vorhangmusters zur Betonung der Flächigkeit des Gemalten. Hier kündigt sich vielleicht schon die Neubewertung des Ornaments in Beckmanns Werk an, die den Bildern der letzten Jahre in den USA noch einmal eine neue Wendung verlieh. Darunter die in der Ausstellung gezeigten „Große Stillleben mit schwarzer Plastik“23 (1949) und „Stillleben mit Cello und Bassgeige“24 (1950).
1900 bis 1903 war Max Beckmann Schüler an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar, wo erste Selbstbildnisse entstanden und er eine Vorliebe für (Meeres-)Landschaften entwickelte. Zu seinen großen Vorbildern zählten Edvard Munch, Ferdinand Hodler, Paul Cézanne und Vincent van Gogh. Bereits nach drei Jahren verließ Beckmann im August Weimar ohne Abschluss in Richtung Paris. Er verachtete die Heerscharen von Neo-Impressionisten und suchte nach einer „rohen, gewöhnlicheren, vulgäreren Kunst, die nicht verträumte Märchenstimmungen lebt, sondern dem Furchtbaren, Gemeinen, Großartigen, Gewöhnlichen, Grotesk-Banalen im Leben direkten Eingang“25 gewährte. Nach einem halben Jahr an der privaten Académie Colarossi kehrte Beckmann nach Berlin zurück. Mit dem Gemälde „Junge Männer am Meer“ (Berlin 1905, Weimar), das er als erstes Werk seiner Werkliste aufnahm, gewann er 1906 den Villa-Romana-Preis. Zu den bevorzugten Themen dieser Jahre zählten menschliche Dramen, historische wie biblische. In ihnen verband er die offene Malweise des Impressionismus, ohne dessen Kolorismus mit zu übernehmen, mit akademischen Sujets. Er wurde daher in Berlin zum Kreis um Max Liebermann (1847–1935) gezählt. Während um 1910 an verschiedenen Orten die Abstrakte Kunst „erfunden“ wurde (Kandinsky, Augusto Giacometti, Hölzel, Kupka), entschied sich Max Beckmann bewusst für eine figurative, erzählerische Malerei, und machte nicht die Reflexion über die malerischen Mittel zu seinem Inhalt.
Erst die Erfahrung des Ersten Weltkriegs machte aus dem Deutschen jenen Maler, der als Einzelgänger in der Kunstgeschichte seinen Platz gefunden hat. Er hatte sich als Freiwilliger zum Sanitätsdienst gemeldet und erlebte die Schlacht von Tannenberg mit. Im Spätsommer 1915 erlitt er einen Zusammenbruch, 1916 war er zur Spezialbehandlung in Frankfurt beurlaubt und 1917 wurde er entlassen. Während dieser Jahre half ihm das Zeichnen über die grauenvollen Erlebnisse hinweg. Nun stieg er vom weichen Bleistift auf die harte und spitze Rohrfeder und die Radiernadel um. Anfangs (1917) waren es christliche Bildthemen, mit denen er Leid und Tod bannte, und die er mit der übersteigerten Expressivität spätmittelalterlicher Darstellungen (v. a. der altdeutschen Malerei) umsetzte.
Nach den gemalten Kriegsgräuel kehrte Ruhe im Werk des Malers ein. Er selbst meinte 1924 in einem Brief an seinen Galeristen Neumann, er malte „ein Leben. Ein einfach daseiendes Leben. Ohne Gedanken oder Ideen. Erfüllt von Farben und Formen aus der Natur und aus mir selbst. – so schön wie möglich.“26 Diese Haltung machte Max Beckmann zu einem Hauptvertreter der Neuen Sachlichkeit in Deutschland (neben Christian Schad, Georg Schrimpf, Alexander Kanoldt, Anton Räderscheidt). Harmonische Farben zeichnen die Werke dieser Phase aus. Dennoch können die Gruppenszenen ins Skurril-bedrohliche umschlagen, wenn die Ruhe beispielsweise durch eine extrem übersteigerte Perspektive gestört wird.
Im Jahr 1925 hatte sich seine private und berufliche Situation deutlich gewandelt: Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Minna Beckmann-Tube 1924 heiratete er Mathilde „Quappi“ von Kaulbach, die Tochter der „Malerfürsten“ Wilhelm von Kaulbach. Zudem war er im Oktober 1925 als Leiter eines Meisterateliers an die Städelsche Kunstschule in Frankfurt berufen. In den folgenden Jahren löste er sich vom Stilidiom der Neuen Sachlichkeit und erhöhte den Abstraktionsgrad der Farben. Beckmann fand zu seinem persönlichen „Stil“, indem er der Farbe Schwarz eine eminent wichtige Bedeutung zumaß.
Im Mai 1932 begann Max Beckmann die Arbeit an seinem ersten Triptychon: „Abfahrt“ (1932/33).
Da die Schwester von Quappi in Amsterdam lebte, entschied sich das Paar am Tag nach der Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung (18. Juli 1937) in die Niederlande zu übersiedeln. Die Hoffnung, eine Professur in den USA antreten zu können, zerschlug sich am fehlenden Visum. Die zehn Jahre in Amsterdam wurden für Max Beckmann eine Zeit der Isolation und des sozialen Abstiegs. Er malte 280 Ölbilder, etwa ein Drittel seines Werks, in den Amsterdamer Jahren.
Am 8. September 1947 kamen die Beckmanns in New York an. Ein Jahr davor hatte eine große Retrospektive in München den einst verfemten Maler in Deutschland wieder salonfähig gemacht. Die letzten drei Lebensjahre des Herzkranken führten ihn quer durch die Vereinigten Staaten. Die Neue Welt findet sich in seinen späten Werken in den leuchtenden Farben und eine dekorative Attraktivität der Bilder.
Am 12. Februar 1884 wurde Max Beckmann als jüngstes von drei Kindern in Leipzig geboren. Die Eltern waren Antoinette Henriette Bertha und Carl Heinrich Christian Beckmann, ein Getreidegroßhändler.
1895 Umzug der Familie nach Braunschweig. Tod des Vaters.
1898 Internat in Ahlshausen bei Gandersheim.
1900 Gegen den Willen der Familie setzte Beckmann seinen Wunsch durch, Künstler zu werden. Da er die Aufnahmeprüfung an der Dresdner Akademie nicht bestanden hatte, fand er Aufnahme an der Großherzoglich–Sächsischen Kunstschule Weimar. Zur Ausbildung gehörten Antiken– und Naturstudium. Freundschaft mit Ugi Battenberg und Caesar Kunwald.
1902 Er begegnete seiner zukünftigen Ehefrau Minna Tube.
1903 Beckmann und Minna Tube verließen die Kunstschule ohne Abschluss; Abreise nach Paris.
1904 Bis April in Paris, Minna Tube hielt sich in Amsterdam auf. In Paris zeigte sich Beckmann beeindruckt von den Werken Paul Cézannes. Atelier in Berlin–Schöneberg.
1905 Erste Stillleben entstanden, darunter „Hyazinthen“.
1906 Erste Teilnahme an Ausstellungen: 11. und 12. Ausstellung der Berliner Secession; 3. Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Weimar. Beckmann erhielt den Ehrenpreis des Deutschen Künstlerbundes und ein Stipendium für die Villa Romana in Florenz. Tod der Mutter. Heirat mit Minna Tube und Hochzeitsreise nach Paris. Im November Abreise nach Florenz, wo sie bis zum Frühjahr 1907 lebten.
1907 Es entstand das „Selbstbildnis Florenz“ (Hamburger Kunsthalle, 98 x 90 cm, Öl auf Leinwand, Dauerleihgabe aus einer Privatsammlung;). Rückkehr nach Berlin in ein von Minna Tube entworfenes Haus in Hermsdorf.
1908 Beckmann wurde Ordentliches Mitglied der Berliner Secession. Geburt des Sohnes Peter. Minna Beckmann–Tube gab auf Wunsch ihres Mannes das Malen auf und nahm Gesangsunterricht.
1909 Beteiligung an einer Ausstellung im Pariser Salon d’Automne. Erste grafische Arbeiten.
1911 Max Beckmann nahm Kontakt mit dem Berliner Galeristen J. B. Neumann auf, der ab 1912 seine Druckgrafik verlegte.
1912 In der Zeitschrift PAN trugen Beckmann und Franz Marc eine Kontroverse darüber aus, wie eine zeitgemäße Malerei auszusehen hätte. Erste Einzelausstellungen im Magdeburger Kunstverein und im Großherzoglichen Museum Weimar. Begegnung mit dem Hamburger Kaufmann Henry B. Simms, der in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg die umfangreichste Sammlung an Werken Beckmanns aufbaute.
1913 Große Einzelausstellung mit 47 Gemälden im Kunstsalon Paul Cassirer in Berlin. Im Verlag Cassirers erschien im selben Jahr die erste, von Hans Kaiser verfasste Beckmann–Monografie. Beckmann trat aus der Secession aus.
1914 Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Freien Secession. Beckmann arbeitete zwei Monate lang als freiwilliger Krankenpfleger in Ostpreußen. Zurück in Berlin, meldet er sich freiwillig zum Kriegsdienst. Minna Beckmann–Tube hat Engagements an den Opernhäusern in Elberfeld, Dessau und Chemnitz.
1915 Beckmann wurde in Belgien in verschiedenen Lazaretten als Sanitätssoldat eingesetzt; eine Vielzahl an Zeichnungen entstand. Wohl im August erlitt er einen körperlichen und seelischen Zusammenbruch. Im September Arbeit in Straßburg im Kaiserlichen Hygiene–Institut. Im Laufe des Septembers kam Beckmann zur Erholung nach Frankfurt am Main, lebte und arbeitete bei Ugi Battenberg und dessen Frau Fridel. In Berlin hielt er sich nur noch gelegentlich auf.
1917 Entlassung aus dem Militärdienst. Große Einzelausstellung bei J. B. Neumann in Berlin.
1918 Im Sommer erhielt Minna Beckmann–Tube ein mehrjähriges Engagement in Graz, wo Beckmann sie und den Sohn Peter häufig besuchte.
1919 Erste Museumsankäufe nach dem Krieg. Sozialer Aufstieg. Beckmann lehnte die Berufung an die Weimarer Kunstschule als Leiter der Aktklasse ab.
1923 J. B. Neumann ging nach New York und übertrug Günther Franke die Leitung seiner Filiale in München. In Wien begegnete Beckmann der Musikstudentin Mathilde von Kaulbach, Tochter des Münchner Malers Friedrich August von Kaulbach. Eine neue Beckmann–Monografie erschien bei Piper in München. Beckmann schloss Verträge mit Paul Cassirer, Berlin, und Peter Zingler, Frankfurt am Main.
1925 Scheidung von Minna Beckmann–Tube und Heirat mit Mathilde von Kaulbach, genannt Quappi. Hochzeitsreise nach Rom, Neapel und Viareggio. Beckmann vereinbarte mit J. B. Neumann einen Dreijahresvertrag über ein festes Einkommen. Er wurde an die Kunstgewerbeschule beziehungsweise Städelschule in Frankfurt berufen und leitete dort ein Meisteratelier.
1926 Max und Mathilde Beckmann bezogen im Juli eine Wohnung in Frankfurt–Sachsenhausen. Hier malte Beckmann das erste der von ihm selbst so bezeichneten „großen“ Stillleben, „Großes Stillleben mit Musikinstrumenten“.
1927 Erste Einzelausstellung in den USA in J. B. Neumanns New Art Circle in New York. Der Berliner Galerist Alfred Flechtheim wurde in die Vereinbarung mit J. B. Neumann einbezogen. Zwei weitere großformatige Stillleben entstanden: „Großes Stillleben mit Fernrohr“ und „Großes Fisch–Stillleben“.
1928 Umfassende Ausstellung in der Städtischen Kunsthalle Mannheim, unter anderem mit den Bildern „Großes Fisch–Stillleben“, „Stillleben mit brennender Kerze“ und „Stillleben mit Katzen“. Zahlreiche Würdigungen Beckmanns in der Presse. Für das „Große Stillleben mit Fernrohr“ erhielt er die „Goldene Medaille der Stadt Düsseldorf ohne Geldpreis“.
1929 Ausstellung im Frankfurter Kunstverein. Verleihung des Großen Ehrenpreises der Stadt Frankfurt. Beckmann mietete eine Wohnung und ein Atelier in Paris, die er bis 1932 behielt und wo er immer wieder mehrere Wochen verbrachte. Als eines der ersten Bilder in Paris entstand „Stillleben mit Weingläsern und Katze“. Die Städelschule verlieh Beckmann die Amtsbezeichnung Professor.
1930 Retrospektiven in der Kunsthalle Basel und im Kunsthaus Zürich. In Zürich wurden unter anderem „Stillleben mit rosa Muschel“, „Stillleben mit Weingläsern und Katze“ und „Stillleben mit Tulpen“ zum Verkauf angeboten. Beckmann war mit sechs Gemälden im deutschen Pavillon der Biennale in Venedig vertreten. Der Vertrag mit der Städelschule wurde um fünf Jahre verlängert, die Vereinbarung mit J. B. Neumann und Alfred Flechtheim um sieben Jahre. Es entstand ein weiteres großes Stillleben, das „Große Stillleben mit Kerzen und Spiegel“.
1931 Erste Einzelausstellung in Paris.
1932 Alfred Flechtheim kündigte wegen finanzieller Schwierigkeiten die Vereinbarung mit Beckmann auf; dieser ging einen neuen Vertrag mit J. B. Neumann und Günther Franke ein. Beckmann malte das großformatige Gemälde „Orchester“.
1933 Im Februar wurde — mit Orchester als einzigem Stillleben — ein Beckmann–Saal im Kronprinzenpalais der National–Galerie in Berlin eröffnet, der ein halbes Jahr später wieder geschlossen wurde. Im Oberstock des Museums wurden bis 1936 noch einige Gemälde Beckmanns präsentiert. Die Eröffnung einer Ausstellung in Erfurt, die zuvor im Hamburger Kunstverein gezeigt worden war, wurde verboten. Beckmann erhielt die Kündigung der Städelschule. Im Mai zogen Max und Mathilde Beckmann nach Berlin um; das Wohnatelier in Paris wurde aufgegeben. In ersten die Künstler der Moderne diffamierenden Ausstellungen in Stuttgart, Chemnitz, Karlsruhe und Mannheim waren auch Werke Beckmanns zu sehen.
1934 Zu Beckmanns 50. Geburtstag erschien in der Presse nur eine einzige Würdigung (von Erhard Göpel in den Leipziger Neuesten Nachrichten). Der Direktor der Berliner National–Galerie, Eberhard Hanfstaengl, tauschte unter dem Druck der nationalsozialistischen Kulturpolitik Beckmanns Gemälde „Die Barke“ gegen „Stillleben mit großer Glaskugel und Kornähren“ aus. Beckmann dachte erstmals an Emigration. Weitere Ausstellungsbeteiligungen in den USA.
1935 Erster Kontakt mit Curt Valentin, der seit 1934 die Galerie Buchholz in Berlin leitete.
1936 Bei Hildebrand Gurlitt in Hamburg fand die letzte Ausstellung Beckmanns in Deutschland bis 1946 statt. „Stillleben mit Plastik“ mit einem in Bronze ausgeführten Selbstbildnis.
1937 In deutschen Museen beschlagnahmen die Nationalsozialisten 28 Gemälde und über 500 grafische Werke Beckmanns. Am Tag nach Hitlers Eröffnungsrede zur Münchner Ausstellung „Entartete Kunst“ am 18. Juli begaben sich Beckmann und seine Frau ins Exil nach Amsterdam. Es gelang, die in der Berliner Wohnung verbliebenen Gemälde über die Grenze nach Amsterdam zu schaffen. Wenige Monate nach seiner Emigration malte Beckmann das Gemälde „Türkenbundlilien“.
1938/39 Mehrere Einzelausstellungen in der Schweiz und den USA. Urlaube in Südfrankreich und Norditalien.
Oktober 1938-Mai/Juni 1939 Beckmann mietete erneut eine kleine Wohnung in Paris. Letzte Aufenthalte in Südfrankreich und Norditalien. Ein Teil der in Deutschland beschlagnahmten Bilder wurde für Kunsthändler zum Verkauf freigegeben. Im Einvernehmen mit Beckmann erwarben Karl Buchholz und Günther Franke mehrere Gemälde des Künstlers. Einige wurden an Curt Valentin geschickt, der inzwischen in die USA emigriert war und in New York die Buchholz Gallery gegründet hat. Dort fand im selben Jahr eine Einzelausstellung Beckmanns statt.
1940 Beckmann wurde von der Kunstschule des Chicago Art Institute eingeladen, dort zu lehren, erhielt jedoch kein Visum. Als am 15. Mai deutsche Truppen in Amsterdam einmarschierten, verbrannten die Beckmanns ihre Tagebücher. Weitere Einzelausstellung in der Buchholz Gallery Curt Valentin, New York. Beckmann maltt das „Stillleben mit Toilettentisch“.
1941 Beckmanns Sohn Peter, der als Arzt arbeitete, konnte gelegentlich Bilder aus Amsterdam nach Deutschland bringen und verkaufen, ebenso Beckmanns Händler Günther Franke. Dritte Einzelausstellung in der Buchholz Gallery Curt Valentin, New York.
1942 Nach einem Musterungsbefehl der deutschen Wehrmacht wurde Beckmann als dienstuntauglich eingestuft. Einzelausstellung in The Arts Club of Chicago.
1943/44 Verschärfung des Luftkriegs. Im Juni 1944 landeten die Alliierten in der Normandie; die deutschen Besatzungstruppen verließen Holland. Beckmann verspürte zunehmend Herzbeschwerden.
1945 Am 8. Mai zogen die englischen und kanadischen Truppen in Amsterdam ein. Der Kontakt nach Deutschland brach ab; Beckmann war in Amsterdam weitgehend isoliert. Einen Monat vor Kriegsende vollendete er am 10. April das Gemälde „Totenkopfstillleben“. Einzelausstellung im Stedelijk Museum Amsterdam.
1946 Ausstellungen der während der Kriegszeit entstandenen Werke in New York, Boston und San Francisco sowie in München. Beckmann lehnte Berufungen nach München und Darmstadt ab und konnte aufgrund eines Non–Enemy–Papiers in den Niederlanden bleiben. In New York organisierte Curt Valentin eine Beckmann–Ausstellung in der Buchholz Gallery.
1947 Nachdem Beckmann auch eine Berufung nach Berlin abgelehnt hatte, nahm er das Angebot an, die Professur des Malers Philip Guston an der School of Fine Arts at Washington University in Saint Louis zu vertreten. Am 29. August bestiegen die Beckmanns in Rotterdam die Westerdam in Richtung New York. Dort verbrachten sie zehn Tage, bevor sie nach Saint Louis weiterreisten, wo Beckmann im September seine Lehrtätigkeit aufnahm. Einzelausstellungen in Frankfurt am Main, Hamburg, New York, Buffalo und Philadelphia.
1948 Im Mai fand eine umfassende Beckmann–Retrospektive im City Art Museum in Saint Louis statt; sie wurde anschließend in mehreren großen Museen des Landes gezeigt. Kurze Rückkehr nach Amsterdam, um die Wohnung aufzulösen und ein Visum zur Einwanderung in die USA zu beantragen. Beckmann erhielt die Einladung, die Leitung der Landeskunstschule in Hamburg zu übernehmen. In Saint Louis malte er drei Stillleben, darunter 1949 das „Stillleben mit grünem Buch und Rettichen“.
1949 Nach einem Sommerkurs an der Kunstschule der Universität in Boulder, Colorado, zog Beckmann nach New York, wo er an der Brooklyn Museum Art School unterrichtete. Er erhielt erneut das Angebot, den Direktorenposten an der Landeskunstschule in Hamburg zu übernehmen. In New York entstanden 1949 und 1950 die letzten Stillleben, unter anderem „Großes Stillleben mit schwarzer Plastik“ und „Großes Stillleben Interieur (blau)“.
1950 Der Vertrag mit der Brooklyn Museum Art School wurde um sechs Jahre verlängert. Beckmann war mit 14 Gemälden im deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig vertreten. Die Washington University in Saint Louis verlieh ihm die Ehrendoktorwürde. In Deutschland und Amerika fanden mehrere Einzelausstellungen statt. Am 27. Dezember erlitt Max Beckmann bei einem Spaziergang einen Herzinfarkt. Er brach an der Ecke 61st Street und Central Park tot zusammen.
Karin Schick, Hubertus Gaßner (Hrsg.)
Mit Beiträgen von A. Heinze, S. Kelly, B. Küster, K. Schick, U. M. Schneede, H. Schreiber & Ch. Zeiller
Gebundenes Buch, Pappband,
200 Seiten, 23,0 x 28,0 cm,
142 farbige und 42 s/w Abb.
ISBN 978-3-7913-5409-5
Prestel Verlag