Jacopo Sansovino

Wer war Jacopo Sansovino?

Jacopo Sansovino, eigentlich Jacopo Tatti bzw. Jacopo d’Antonio Tatti (Florenz 2.7.1486–27.11.1570 Venedig) war ein italienischer Bildhauer und Architekt der Renaissance. Nach Aufenthalten in Florenz und Rom kam er 1527 nach Venedig, wo er eine zentrale Rolle in der Kunstpolitik der Republik einnahm. Seither ist er vor allem für seine Werke rund um den Markusplatz in Venedig bekannt. Andrea Palladio vertrat im Vorwort zu seinem „Quattro Libri“ die Meinung, dass Sansovinos Biblioteca Marciana das beste seit der Antike errichtete Gebäude sei, und Giorgio Vasari druckte Sansovinos „Vita [Lebensbeschreibung]“ separat.

Kindheit und Ausbildung

Jacopo Sansovino wurde als Jacopo Tatti bzw. Jacopo d’Antonio Tatti in Florenz am 2. Juli 1486 als Sohn eines Matratzenmachers in Florenz geboren.

Um 1501 trat er in die Werkstatt des Andrea Sansovino ein, dessen Namen er später annahm.

Rom und Florenz (1506–1527)

Um 1506 ging Jacopo Sansovino auf Einladung des Giuliano da Sangallo nach Rom, wo er Donato Bramante und Raffael kennenlernte. Sangallo beschäftigte ihn als Mitarbeiter an den Arbeiten am Belvedere des Vatikan. In Rom war Sansovino vor allem als Bildhauer und als Restaurator antiker Statuen tätig. So erregte ein Wachsmodell der „Kreuzabnahme Christi“ für Perugino die Aufmerksamkeit seiner Kollegen.

Im Jahre 1511 kehrte Sansovino nach Florenz zurück und nahm am Wettbewerb um eine für den Mercato nuovo bestimmte Figur statt, ohne jedoch den Auftrag zu erhalten. Bis 1517 teilte er sich ein Atelier mit dem Maler Andrea del Sarto, mit dem er Modelle teilte. Seine erste wichtige Florentiner Arbeit war eine Marmorstatue des „Heiligen Jakobus“ für den Florentiner Dom und eine „Bacchus“-Statue für Giovanni Bartolini (Bargello).

Als Leo X., Papst aus dem Hause Medici, 1515 in Florenz feierlich empfangen wurde, war Jacopo Sansovino wie viele andere Florentiner Künstler an der Festdekoration beteiligt. Als der Papst einen Wettbewerb für die Gestaltung der bis heute roh belassenen Fassade der Basilica di San Lorenzo ausschrieb, unterlag Sansovino gegen Michelangelo Buonarroti, den Projektverantwortlichen. Seine Vorschläge für eine Skulptur, die die Fassade der Kirche schmücken sollte, wurden von Michelangelo abgelehnt, weshalb Sansovino 1518 ihm einen bitteren Protestbrief schrieb.

Zwischen 1518 und 1527 hielt sich Sansovino erneut in Rom auf, wo er neben seiner Tätigkeit als Bildhauer auch als Architekt arbeitete. Aus dieser Zeit stammen die Entwürfe für die Kirchen San Giovanni dei Fiorentini und San Marcello al Corso. Durch den Sacco di Roma, die Plünderung Roms durch die Truppen von Kaiser Karl V., wurde der Bau von San Marcello abgebrochen und Sansovino floh aus Rom. Auf seiner Reise nach Frankreich machte er Station in Venedig, das er bis zu seinem Lebensende, außer für einen Besuch in seiner Heimatstadt Florenz im Jahre 1540, nicht mehr verließ.

Venedig (1527–1570)

Auf Empfehlung von Kardinal Grimani erhielt Jacopo Sansovino 1527 von dem Dogen Andrea Gritti den Auftrag zur Restaurierung der Hauptkuppel von San Marco. Bereits zwei Jahre später wurde er zum Protomaestro oder Proto, zum Chefarchitekten und Superintendenten der Liegenschaften der Prokuratoren von San Marco (also dem obersten Baumeister an San Marco), ernannt (1529). Die Ernennung war mit einem Gehalt von 80 Dukaten und einer Wohnung in der Nähe des Uhrturms in San Marco verbunden. Innerhalb eines Jahres wurde sein Gehalt auf 180 Dukaten pro Jahr angehoben. Dies machte ihn Ende der 1520er Jahre zu einem der einflussreichsten Künstler der Lagunenstadt.

Wichtigste Bauten

Sansovino gestaltete den Chor mit zwei Kanzeln neu. Im gleichen Jahr begann er mit der umfassenden Neugestaltung des Marktplatzes: Umgestaltung und Fertigstellung der Alten Prokuratien, Neubau der Zecca (öffentliche Münzstätte), der Loggetta del Campanile und der Biblioteca Marciana (Libreria di San Marco). Das Gewölbe eines Saales der Libreria stürzte ein, was Sansovino einen Aufenthalt im Gefängnis einbrachte.

Das Hauptwerk von Jacopo Sansovino ist die Markusbibliothek, die Biblioteca Marciana (1537–1588), eines der am reichsten verzierten Renaissancegebäude Venedigs. Sie steht gegenüber dem Dogenpalast auf der anderen Seite der Piazzetta. Der Bau erstreckte sich über 50 Jahre und kostete über 30.000 Dukaten. Mit der Biblioteca Marciana gelang Sansovino, den Venezianer:innen, deren Liebe zum Flächenschmuck legendär ist, die traditionell mit Strenge und Zurückhaltung verbundene Architektursprache des Klassizismus schmackhaft zu machen. Dies ebnete den Weg für die Architektur von Andrea Palladio (1508–1580). Die Jury, bestehend aus Sansovino, Tizian und Pietro Aretino wählte Paolo Veronese als Maler für die Deckengemälde im Inneren (Stiegenhaus).

Jacopo Sansovino brachte sich auch beim Wiederaufbau einer Reihe von Gebäuden, Kirchen, Palästen und institutionellen Gebäuden ein, darunter die Kirchen von San Zulian, San Francesco della Vigna, San Martino, San Geminiano (jetzt zerstört), Santo Spirito in Isola und die Kirche der Incurabili. Zu den Palästen und Gebäuden gehören die Scuola Grande della Misericordia (frühe Pläne), Ca' de Dio, Palazzo Dolfin Manin, Palazzo Corner, Palazzo Moro und die Fabbriche Nuove di Rialto.

Skulpturen und Plastiken

Gleichzeitig bekam Jacopo Sansovino zahlreiche Aufträge für Skulpturen und Reliefs vor allem aus Bronze, die in seiner großen Werkstatt ausgeführt wurden. Kurz nach seiner Ankunft in Venedig begann für den Bildhauer Sansovino eine Phase intensiver Auseinandersetzung mit der Skulptur des Quattrocento und dem Werk Donatellos. Aus dieser Schaffensperiode stammt die Bronze „Johannes der Täufer“ (1530er Jahre, Liechtenstein). Donatellos Skulptur des gleichen Heiligen in der Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari in Venedig mag Sansovino als Inspiration gedient haben.

Sansovino schuf auch die Skulpturen neben dem Campanile sowie verschiedene Statuen und Reliefs für die Basilika von San Marco.

Durch die Freundschaft mit Aretino und mit Tizian erhielt Sansovino Zugang zum venezianischen Patriziat. Sansovino war bis zu seinem Tod der am höchsten angesehene und einflussreichste Architekt und Bildhauer Venedigs.

Tod

Jacopo Sansovino starb am 27. November 1570 in Venedig. Sein Grab befindet sich im Baptisterium des Markusdoms.

Sansovinos wichtigster Nachfolger im Medium der Skulptur war Alessandro Vittoria; ein weiterer Schüler war der Architekt und Bildhauer Danese Cataneo.

Literatur zu Jacopo Sansovino

  • Andrea Bacchi, La scultura a Venezia da Sansovino a Canova, Mailand 2000.
  • Bruce Boucher, The Sculpture of Jacopo Sansovino, 2 Bde., London/New Haven 1991.