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Paula Modersohn-Becker: Biografie Lebenslauf und Werke der berühmten deutschen Malerin

Portrait der Künstlerin Paula Modersohn-Becker in der Veranda ihres Hauses, Detail, 1901, Foto: Atelier Schaub, Hamburg (Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen)

Portrait der Künstlerin Paula Modersohn-Becker in der Veranda ihres Hauses, Detail, 1901, Foto: Atelier Schaub, Hamburg (Paula-Modersohn-Becker-Stiftung, Bremen)

Paula Modersohn-Becker (8.2.1876–20.11.1907) gilt als eine Wegbereiterin der Klassischen Moderne und des Expressionismus in Deutschland. Mit ihrem kompromisslosen Werk wandte sie sich von der stimmungsvollen Landschaftsmalerei der Worpsweder Künstlerkolonie – und damit auch vom Werk ihres Ehemanns Otto Modersohn (1865–1943) – ab, um sich der „Einfachheit“ der Formen zu widmen. Inspirationen dafür fand sie in ägyptischen Mumienporträts, der Malerei der Klassischen Moderne in Paris. In weniger als 14 Jahren Arbeit schuf Paula Modersohn-Becker 750 Gemälde, etwa 1.000 Zeichnungen und 13 Radierungen.

Kindheit

Hermine Paula Becker kam am 8. Februar 1876 als drittes von sieben Kindern des Bau- und Betriebsinspektors der Berlin-Dresdner Bahn Carl Woldemar Becker (1841–1901) und dessen Ehefrau Mathilde Becker (1852–1926) in Dresden zur Welt. Die Familie übersiedelte 1888 nach Bremen, wo sie sich am literarischen und künstlerischen Leben der Stadt beteiligte.

Ausbildung

Mit 16 Jahren hielt sich Paula Becker sieben Monate in England bei ihrer Tante väterlicherseits auf (1892). Hier erhielt sie ersten Zeichenunterricht nach Gipsmodellen in der St. John's Wood Art School. Auf Wunsch des Vaters besuchte Paula Becker das Lehrerinnenseminar in Bremen (1893–1895). Ihr Interesse für Kunst wurde beim gleichzeitigen Mal- und Zeichenunterricht bei dem Bremer Maler Bernhard Wiegandt gestillt.

Nach Abschluss der Lehrerinnenausbildung durfte sich Paula Becker ab April/Mai 1896 an einem Kurs der Zeichen- und Malschule des „Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin“ einschreiben. Im Oktober begann sie eine eineinhalbjährige Ausbildung (Porträt, Akt, Landschaft), welche sie mit der finanziellen Unterstützung der Verwandtschaft antreten konnte. Im Herbst 1897 besuchte sie erstmals die Künstlerkolonie Worpswede und stellte auf der Ausstellung der Malschule in Berlin erstmals mit aus. Der Besuch von Galerien und Ausstellungen wie der „Internationalen Kunst-Ausstellung“ in Dresden 1897 brachte ihr die internationale Avantgarde näher. Nach Abschluss ihres Studiums in Berlin (Mai 1898) zog Paula Becker im September 1898 nach Worpswede, wo sie vom Figurenmaler Fritz Mackensen unterrichtet wurde. In diesen Jahren entstanden vor allem lebensgroße, schonungslos naturalistische Zeichnungen.

Reisen nach Paris – Malen in Worpswede

Zur Fortbildung hielt sich Paula Modersohn-Becker zwischen 1900 und ihrem frühen Tod 1907 vier Mal in Paris auf. Zum ersten Mal reiste sie 1900 in die Kunstmetropole an der Seine. Hier traf sie Clara Westhoff, die an der von Auguste Rodin eingerichteten Bildhauerschule arbeitete. Paula Becker schrieb sich an der privaten Académie Colarossi bei Gustave Courtois, Raphael Collin und Louis-Auguste Giradot ein, zudem besuchte sie die kostenlosen Anatomiestunden an der École des Beaux-Arts.

Ende Juni 1900 kehrte die Kunststudentin wieder nach Worpswede zurück, wo sie sich am 12. September mit Otto Modersohn verlobte. In diesem Jahr schuf Paula Modersohn-Becker hauptsächlich Landschaften. Die Hochzeit folgte am 25. Mai 1901. Anfang des Jahres hatte sich Paula Becker noch in Berlin aufgehalten, um kochen zu lernen, wie es sich ihre Eltern gewünscht hatten. Bis Anfang Februar 1903 hielt sich Paula Modersohn-Becker in Worpswede auf. Nun beschäftigte sie sich hauptsächlich mit Figurengruppen vor einer Landschaft. Manchmal malte sie neben Otto Modersohn vor dem selben Motiv.

Die zweite Paris-Reise fand zwischen dem 8./9. Februar und dem 18. März 1903 statt. Auch diesmal belegte Paula Modersohn-Becke Aktzeichnen an der Académie Colarossi. Gemeinsame Ausstellungsbesuche mit dem Ehepaar Rilke und tägliches Zeichnen im Louvre vervollständigten den Tagesablauf. Während ihres zweiten Paris-Aufenthalts wandte sich Paul Modersohn-Becker neben Rembrandt van Rijn und Paolo Veronese vor allem der Antike: wichtige Einflüsse empfing sie von den so genannten Tanagra-Figuren und Fayum-Porträts. Zurück in Worpswede entstanden Bildnisse und Mutter-und-Kind-Darstellungen.

1904 zog sich Paula Modersohn-Becker weitgehend von den Worpsweder Malerkollegen zurück. Die dritte Paris-Reise brachte für sie wichtige Impulse. Vom 14. Februar bis zum 7. April 1905 malte die junge Deutsche Akte in der Académie Julian. Die Pariser Avantgarde studierte sie sowohl bei Atelierbesuchen wie auf Ausstellungen, darunter die Eröffnung des Salons des Indépendants mit Werken von Henri Matisse, den Künstlern des Fauvismus sowie Retrospektiven mit Gemälden von Georges Seurat und Vincent van Gogh. In der Folge entdeckte Paula Modersohn-Becker das Stillleben für sich. Erste Kontakte mit dem Ehepaar Osthaus und dem Museum Folkwang Ende des Jahres 1905 führten Paula Modersohn-Becker mit rezent entstehenden Sammlungen der Moderne in Deutschland zusammen.

Der vierte Aufenthalt in Paris dauerte von 23. Februar 1906 bis März 1907. Anfangs stand die Abreise unter keinem guten Stern: Paula Modersohn-Becker wollte sich von Otto Modersohn trennen. Einerseits hatten ihre Freunde, darunter Rainer Maria Rilke, ihr Mut gemacht, sich als Malerin zu behaupten. Andererseits sah sie im Herbst 1906 ein, dass sie sich als Künstlerin finanziell nicht alleine über Wasser halten könnte. Besuche von Ausstellungen (Courbet, Manet, Redon, Denis, Bonnard, Vallotton, Vuillard) und Anatomie- bzw. Aktkursen an der École des Beaux-Arts brachten sie in diesen Monaten weiter. Paula Modersohn-Becker besuchte auch die Enthüllung von Auguste Rodins „Denker“ vor dem Panthéon. Noch wichtiger aber war ihre Bekanntschaft mti dem deutschen Bildhauer Bernhard Hoetger, der sie in ihren künstlerischen Ambitionen als einer der Ersten bestärkte. In diesem Jahr malte Paula Modersohn-Becker eine Reihe von Selbstporträts, die zu den außergewöhnlichsten Darstellungen einer Künstlerin im frühen 20. Jahrhundert gehören.

Im September 1906 änderte Paula Modersohn-Becker ihre Ansicht über die Trennung von Otto Modersohn und bat ihren Mann, zu ihr nach Paris zu kommen. Otto Modersohn traf Ende Oktober in Paris ein, um mit Paula gemeinsam den Winter in Frankreich zu verbringen.

Die Rückkehr nach Worpswede ist am 31. März 1907. Paula Modersohn-Becker war schwanger und konnte daher nicht mehr so viele Stunden durchgehend an der Staffelei stehen und arbeiten. Am 2. November 1907 brachte sie ihrer Tochter Mathilde zur Welt. Die Geburt war so schwer, dass Paula Modersohn-Becker zur Bettruhe gezwungen war. Am 20. November 1907 durfte sie erstmals wieder aufstehen. Noch am gleichen Tag verstarb Paula Modersohn-Becker im Alter von 31 Jahren an einer Embolie. Otto Modersohn überlieferte, dass ihr letzter Seufzer ein „Wie schade!“ gewesen wäre.

Ehemann

  • Otto Modersohn (1865–1943): 25.5.1901

Kind

  • Mathilde (2.11.1907–26.8.1998): Sozialarbeiterin, gründete 1978 die Paula Modersohn-Becker Stiftung

Künstlerfreunde und Künstlerkollegen

Künstlerische Vorbilder

Literatur über Paula Modersohn-Becker

  • Paula Modersohn-Becker, hg. v. Ingrid Pfeiffer (Ausst.-Kat. Schirn Kunsthalle Frankfurt, 8.10.2021–6.2.2022), München 2021.
  • Ich bin Ich. Paula Modersohn-Becker. Die Selbstbildnisse, hg. v. Frank Schmidt für die Museen Böttcherstraße (Ausst.-Kat. Museen Böttcherstraße, Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen, 15.9.2019–9.2.2020), München 2019.
  • Paula Modersohn-Becker. Zwischen Worpswede und Paris (Ausst.-Kat. Rijksmuseum Twenthe, Enschede, 8.4. – 12.8.2018; Von der Heydt-Museum, Wuppertal, 9.9.2018–6.1.2019), Zwolle 2018.
  • Paula Becker und Otto Modersohn (Ausst.-Kat. Museen Böttcherstraße, Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen, 25.8.2018–6.1.2019), Bremen 2018.
  • Paula Modersohn-Becker. Pionierin der Moderne (Ausst.-Kat. Bucerius Kunstforum, Hamburg, 4.2.–1.5.2017), München 2017.
  • Paula Modersohn-Becker. Pionierin der Moderne (Ausst.-Kat. Kunsthalle Krems, Krems, 14.3.–4.7.2010), Köln 2010.

Beiträge zu Paula Modersohn-Becker auf ARTinWORDS

Biografie von Paula Modersohn-Becker (1876–1907)

  • 8.2.1876

    Am 8. Februar 1876 wurde Minna Hermine Paula Becker als drittes von sieben Kindern des Bau- und Betriebsinspektors der Berlin-Dresdner Bahn Carl Woldemar Becker (1841–1901) und dessen Ehefrau Mathilde Becker (1852–1926) in Dresden geboren.
  • 1886

    Mit zehn Jahren wurde Paula Becker zusammen mit anderen Kindern in der Sandgrube von Hosterwitz bei Dresden beim Spielen verschüttet. Beim dem Unfall kam die 11-jährige Counsine Corta Parizot ums Leben.
  • 1888

    Übersiedlung der Familie nach Bremen, wo sie sich am literarischen und künstlerischen Leben der Stadt rege beteiligte. Heinrich Vogeler, Gustav Pauli unbnd Rudolf Alexander Schröder und Christiane Rassow zählten bald zum Freundskreis. Der Vater schloss sich dem Freundeskreis des Kupferstichkabinetts der Kunsthalle Bremen an.
  • 1892: England und erster Zeichenunterricht

    Paula Becker hielt sich neun Monate in England bei ihrer Tante väterlicherseits, Marie Hill, auf (Mai-Dezember). Erster Zeichenunterricht nach Gipsmodellen in der Londoner St. John's Wood Art School bei dem Lehrer Ward.
  • 1893-1895

    Besuch des Lehrerinnenseminars in Bremen auf Wunsch des Vaters, das sie am 18. September 1895 abschloss. Bei dem Bremer Maler Bernhard Wiegandt nahm sie daneben Mal- und Zeichenunterricht.
  • 1895

    Besuch der ersten Ausstellung der Worpsweder Maler in der Kunsthalle Bremen (April). In einem Brief erwähnte Paula Becker die Künstler Fritz Mackensen, Otto Modersohn (1865–1943) und Heinrich Vogeler.
  • 1896

    Umzug nach Berlin, wo sie im April/Mai an einem Kurs der Zeichen- und Malschule des „Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin“ teilnahm. Im Sommer Reise nach Hindelang im Allgäu mit Aufenthalt in München, wo Paula Becker die Pinakothek und die Schack-Galerie besuchte. Im Oktober begann sie eine eineinhalbjährige Ausbildung (Porträt, Akt, Landschaft). Zu ihren Lehrern zählten unter anderen Jacob Alberts und Jeanne Bauck.
  • 1897

    Im Februar trat Paula Becker in die Porträtmalklasse der schwedisch-deutschen Malerin Jeanna Bauck ein, die sie nachhaltig prägte. Paula Becker malte überwiegend Porträts. Häufige Besuche von Kunstausstellungen bei Schulte, Gurlitt und Keller & Reiner sowie im Kupferstichkabinett, wo sie u. a. Edvard Munch, Zeichnungen von Michelangelo, Sandro Botticellis Zeichnungen zu Dantes Göttlicher Komödie sah. Entwarf Titelblätter für die Zeitschrift „Jugend“; die jedoch nicht gedruckt wurden. Ende Juli bis Ende August: erster Aufenthalt in Worpswede (gemeinsam mit der Malfreundin Paula Ritter). Anfang Oktober reiste Paula Becker nach Dresden, um die "Internationale Kunst-Ausstellung" mit Werken von Monet, Pissarro, Simon, Sisley, Böcklin, Hodler, Kalckreuth, Leibl, Liebermann, Meunier und den Worpsweder Malern zu sehen. Ende Oktober erste Beteiligung an der Ausstellung der Malschule. Anfang Dezember reiste sie für eine Hochzeit nach Wien, wo Paula Becker die kaiserliche Sammlung (heute: Kunsthistorisches Museum) und die Liechtenstein-Galerie besuchte: Moretto, Tizian, Peter Paul Rubens, Albrecht Dürer, Lucas Cranach, Hans Holbein, Leonardo da Vinci und Anthonis van Dyck beeindruckten sie besonders.
  • 1898

    Fortsetzung ihres Studiums in Berlin. Ausstellungsbesuch im Lichthof des Kunstgewerbemuseums mit Künstlerlithografien (März/April). Besuchte Max Klinger in dessen Leipziger Atelier (April). Ende Mai Abschluss des Studiums. Reise mit ihrem Onkel Wulf von Bültzingslöwen nach Norwegen (Juni/Juli). Übersiedelung nach Worpswede im September, Unterricht bei Fritz Mackensen, lebensgroße Kohle- und Rötelzeichnungen. Beginn der Freundschaft mit Clara Westhoff.
  • Frühjahr 1899

    Paula Becker schuf lebensgroße Zeichnungen und füllte Skizzenbücher mit Landschaften, Figurenstudien und Kompositionsentwürfen. Las viel, v. a Jacobsen und Ibsen. Paula Becker begegnete zum ersten Mal Otto Modersohn persönlich. Otto hatte beobachtet, wie Paula eine alte Frau aus dem Armenhaus an seinem Haus verbei in ihr Atelier führte. Daraufhin lud er sie zu einem Künstlerabend ein. Paula Becker und Otto Modersohn führten ein intensives Kunstgespräch, das sie in den folgenden Monaten und Jahren weiterführten.
  • Sommer-Herbst 1899

    Im August Schweizreise. Der Rückweg führte sie über München, Nürnberg und Leipzig, wo Clara Westhoff bei Klinger arbeitete, sowie nach Dresden zur "Deutschen Kunstausstellung", an der die Worpsweder beteiligt waren. Stellte einige Studien gemeinsam mit Marie Bock und Clara Westhoff in der Bremer Kunsthalle aus (Dezember); vernichtende Kritik Arthur Fitgers.
  • Januar-Juni 1900: erster Paris-Aufenthalt

    Paula becker reiste in der Neujahrsnacht nach Paris, wo sie mit Clara Westhoff zusammentraf, die an der von Auguste Rodin eingerichteten Bildhauerschule arbeitete. Paula Becker studierte an der privaten Académie Colarossi bei Gustave Courtois, Raphael Collin und Louis-Auguste Giradot, besuchte auch die kostenlosen Anatomiestunden an der École des Beaux-Arts. Paula Becker gewann den concours (Wettbewerb) des Semesters. Sie entdeckte die Gemälde von Paul Cézanne bei Vollard sowie Lucien Simon und Charles Cottet bei Petit. Becker kopierte häufig im Louvre. Lernte Emil Nolde und die Dachauer Malerin Emmi Walther kennen. Besuch der Weltausstellung und des Skulpturenpavillons von Rodin am Pont de l'Alma. Pariser Weltausstellung, zu der Otto Modersohn, Fritz und Hermine Overbeck sowie Marie Bock im Juni anreisten. Während dieses Paris-Besuchs verstarb Helene Modersohn in Worpswede.
  • Ende Juni-Dezember 1900: Veröobung

    Ende Juni Rückkehr nach Worpswede. Wohnung bei Brünjes. Auf Heinrich Vogelers Barkenhoff bildet sich ein Freundschaftskreis, die "Familie", unter anderen mit Carl Hauptmann und Rainer Maria Rilke. Am 12. September verlobte sich Paula Becker mit Otto Modersohn heimlich, da er erst kurz zuvor verwitwet war. Malte in diesem Jahr hauptsächlich Landschaften. Rückkehr nach Worpswede.
  • 25.5.1901: Hochzeit

    Jänner und Februar in Berlin, um, dem Wunsch ihrer Eltern entsprechend, kochen zu lernen. Paula Becker traf dort oft Rainer Maria Rilke. Kurzer Besuch in Dresden und Rückkehr nach Worpswede am 9. März. Hochzeit mit Otto Modersohn (25.5.), der eine dreijährige Tochter namens Elisabeth in die Ehe mitbrachte. Hochzeitsreise nach Berlin, Dresden, Schreiberhau zu Carl Hauptmann, Prag, München und Dachau. Die Malerin behielt ihr Zimmer beim Bauern Brünjes, um es als Atelier zu nutzen. Tod des Vaters (30.11.).
  • 1902

    Paula Modersohn-Becker behielt ihre Wohnräume bei Brünjes gegenüber dem Barkenhoff als Atelier bei. Zeitweise Entfremdung von den Rilkes. In ihren Gemälden beschäftigte sie sich hauptsächlich mit Figurengruppen vor einer Landschaft. Malte neben Otto Modersohn vor dem selben Motiv und gestaltete den Garten, in dem sie häufig Elsbeth malte. Überlegungen zu Farb- und Bildaufbau.
  • 1903: zweiter Paris-Aufenthalt

    Zweite Paris-Reise (8./9.2.–18.3.1903): Aktzeichnen an der Académie Colarossi, gemeinsame Ausstellungsbesuche mit dem Ehepaar Rilke, tägliches Zeichnen im Louvre. Hier wandte sie sich neben Rembrandt und Veronese vor allem der Antike zu. Erwähnte die Tanagra-Figuren, Fayum-Porträts. Nach einem Besuch des Musée du Luxembourg erwähnte sie Manets „Olympia“ und „Der Balkon“ sowie Renoir, Zuloaga, Cottet und Degas. Sah die Sammlung Hayashi mit alt- japanischer Kunst. Besuchte Rodins Atelier, um dessen Aquarelle zu sehen, und seinen Pavillon in Meudon. Der Briefverkehr zwischen Paula Modersohn-Becker und ihrem Mann belegt, wie sehr sie sich in diesen Monaten emanzipierte. Zurück in Worpswede entstanden Bildnisse und Mutter-und-Kind-Darstellungen. Sommer auf Amrum (9.7.–5.8.). Im Winter malte sie nur wenige Bilder, sondern las viel französische Literatur.
  • 1904

    Weitgehender Rückzug von den Worpsweder Malerkollegen. Sommerreise mit Otto Modersohn über Berlin nach Dresden, Kassel und Braunschweig (Rembrandt) (7.–18.7.). Das gemeinsame Malen im Freien mit Otto Modersohn wurde weniger. Zentrales Bildthema wurden 1904/05 in die Landschaft eingebundene Figuren.
  • Frühjahr 1905: dritter Paris-Aufenthalt

    Dritte Paris-Reise (14.2.–7.4.) Paula Modersohn-Becker malte ein Monat lang Akt in der Académie Julian. Bekanntschaft mit Johan und Ellen Bojer. Atelierbesuche bei den "Nabis" Vuillard und Denis. Sah Skulpturen von Aristide Maillol. Nahm an der Eröffnung des Salons des Indépendants teil, wo Paula Modersohn-Becker Werke von Matisse, den Künstlern des Fauvismus sowie Retrospektiven mit Gemälden von Seurat und Vincent van Gogh sah. Otto Modersohn, Milly Becker sowie Martha und Heinrich Vogeler kamen von 29. März bis 7. April nach Paris. Gemeinsam sahen sie die Gauguin-Sammlung von Gustave Fayet und den Pavillon Rodins in Meudon. Gemeinsame Rückreise nach Worpswede im April.
  • Herbst 1905

    Mitte Oktober unternahm sie gemeinsam mit Heinrich Vogeler eine Reise nach Soest, Münster und Hagen, wo sie das Ehepaar Osthaus und das Museum Folkwang besuchten. Paula Modersohn-Becker widmete sich verstärkt dem Stillleben. Rilke kaufte das Bild "Säugling mit der Hand der Mutter". Traf auf Einladung von Carl Hauptmann den Soziologen Werner Sombart und bei einem Ausflug nach Dresden den Maler Otto Mueller (Jahrhundertausstellung). Kaum zurückgekehrt, plante Paula Modersohn-Becker bereits ihre nächste Reise nach Paris. Sie war der Ehe überdrüssig, litt unter der Kinderlosigkeit; die ehelichen Spannungen nahmen zu.
  • Februar 1906–März 1907: vierter Paris-Aufenthalt

    Die Rückreise Modersohn-Beckers aus Schreiberhau führte sie über Dresden und Berlin. Besuchte in Berlin das Kaiser-Friedrich-Museum und die Jahrhundertausstellung Deutscher Kunst aus der Zeit von 1775–1875 in der Nationalgalerie. Vierte Paris-Reise (23.2.1906–31.3.1907), wollte sich von Otto Modersohn trennen. Sie mietete sich Anfang März im Künstleratelierhof 14, Avenue du Maine ein und besuchte zunächst für einen Monat die Anatomie- und Aktkurse der École des Beaux-Arts, zu denen nun auch Frauen zugelassen waren. Lernte durch Rilke Ellen Key kennen. Besuch von Ausstellungen (Courbet, Manet, Redon, Denis, Bonnard, Vallotton, Vuillard). Ostern in Saint-Malo in der Bretagne, wo sie die farbig bemalten Felsskulpturen de Abbé Fouré bei Rothéneuf sah. Besuchte die Enthüllung von Rodins "Denker" vor dem Panthéon (22.4.). Lernte das Ehepaar Hoetger kennen. Porträtierte Rainer Maria Rilke (13.5.–2.6.) und malte ihr großes Selbstporträt (25.5.1906). Im Juni/Juli schuf sie große Gemälde von liegenden oder stehenden Müttern mit Kind. Besuch von Otto Modersohn (2.8.1906). Mit Hoetgers Aufenthalt in Burs bei Paris (August). Gemeinsamer Atelierbesuch bei Henri Rousseau, der sie zu "Bildnis Lee Hoetger vor Blumengrund" inspirierte. Paula Modersohn-Becker malte eine Reihe von Selbstporträts, die u.a. die Kenntnis afrikanischer Masken aus dem Musée de l'Homme verraten. Im September änderte sie ihre Ansicht über die mögliche Trennung von Otto Modersohn. Ihr Mann kam Ende Oktober zurück nach Paris, um hier über den Winter zu bleiben. Neues Atelier am Boulevard Montparnasse. Mit vier Gemälden nahm Paula Modersohn-Becker an der Gruppenausstellung der Worpsweder Künstler in der Bremer Kunsthalle teil (November), die anschließend bei Gurlitt in Berlin zu sehen war. Sah die Retrospektive Gauguins im Salon d’Automne. Weihnachten reiste das Ehepaar Modersohn-Becker gemeinsam nach Bremen.
  • 1907

    Ende März sahen Paula Modersohn-Becker und ihr Mann noch die Cézanne-Sammlung Pellerins. Rückkehr nach Worpswede (31.3.). Anfang Juli besuchte sie das Ehepaar Hoetger im westfälischen Holthausen. Im Oktober schickte Rilke ihr aus Paris den erbetenen Katalog des Salon dʼAutomne mit der Cézanne-Retrospektive.
  • 1./2.11.1907

    Die Geburt ihrer Tochter Mathilde in der Nach vom 1. zum 2. November 1907 verlief dramatisch. Das Mädchen überlebte, und Paula Modersohn-Becker erholte sich liegend im Wochenbett, umgeben von Reproduktionen der Werke Gauguins und Rodins.
  • 20. November 1907: Tod

    Ihr Bruder Kurt, der als Arzt tätig war, erlaubte Paula Modersohn-Becker am 20. November 1907 zum ersten Mal seit der Geburt wieder aufzustehen. Das Paar lud Freunde ein und beleuchtete das Wohnzimmer festlich. Vor den Augen aller brach Paula Modersohn-Becker zusammen und starb im Alter von 31 Jahren an einer Embolie. Am 23. November 1907 wurde Paula Modersohn-Becker beerdigt.
  • 1907/08

    Mathilde Becker, Paulas Mutter, lud Otto Modersohn und die beiden Kinder ein, gemeinsam mit ihr und ihren Kindern Herma und Kurt zu Cora von Bültzingslöwen nach Pillnitz zu fahren. Sie brachten dort die Weihnachtstage. Im Januar 1908 kehrte Otto Modersohn nach Worpswede zurück, allerdings kehrte er nicht mehr in das gemeinsame Haus zurück. Die in Basel lebende Schwester Paulas, Milly Rohland-Becker, nahm die kleine Mathilde bei sich auf. Mit Heinrich Vogeler ordnete Otto Modersohn den Nachlass von Paula Modersohn-Becker in ihrem Atelier bei Brünjes. Sie brachten die Werke zuerst in Ottos Atelier und dann in die Turnhalle von Worpswede.
  • 1908/09

    Rainer Maria Rilke setzte seiner Freundin mit dem "Requiem für eine Freundin" ein literarisches Denkmal. Im Mai 1908 kehrte das Ehepaar Hoetger aus Paris zurück und wollte den Nachlass der Künstlerin sehen. Sie behaupteten, dass Paula Modersohn-Becker ihnen einen beträchtlichen Teil ihrer letzten Bilder versprochen hätte. Otto Modersohn kann sich nur an ein Bildgeschenk erinnern, übergab den Hoetgers aber in den folgenden Jahren rund 17 Werke. Erste Gedächtnisausstellungen in Bremen, Kunsthalle (Winter 1908/09); Berlin, Kunstsalon Paul Cassirer (Mai 1909); Dresden, Galerie Arnold. Otto Modersohn übersiedelte nach Fischerhude, wo er im April 1909 Louise Breling heiratete.
  • 1911

    Otto Modersohn nahm die vierjährige Mathilde wieder zu sich zurück.
  • 1917

    Die erste Retrospektive zu Paula Modersohn-Beckers Werk und Leben in der Kestnergesellschaft, initiiert von Otto Modersohn und Heinrich Vogeler.
  • 1919

    Gustav Pauli veröffnetlichte die erste Monografie über Paula Modersohn-Becker. Otto Modersohn kritisierte in einem Brief an den Verfasser die Darstellung der gemeinsamen Zeit mit Paula. Das von Bernhard Hoetger erarbeitete Grabmal für Paula Modersohn-Becker wurde auf dem Worpsweder Friedhof aufgestellt.
  • 1927

    Eröffnung des Paula Modersohn-Becker Museums in Bremen als weltweit erstes Museum für eine weibliche Kunstschaffende. Der Bau wurde, wie die gesamte Böttcherstraße von Bernhard Hoetger entworfen.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.