Das Musée d’Orsay programmiert für 2018 Ausstellungen rund um die eigenen Hauptwerke: Die wichtigste Ausstellung ist dem frühen Werk von Pablo Picasso gewidmet. Gemeinsam mit dem Picasso Museum Paris werden die Blaue und die Rosa Periode vorgestellt (ab 18.9.2018). Ein Monat später eröffnet „Renoir: Vater und Sohn. Malerei und Kino“, für die die Vater-Sohn-Beziehung – auch die künstlerische – der Renoirs aufgearbeitet wird. (ab 17.10.).
Im Frühjahr und Sommer 2018 stehen noch ein Überblick über den „Symbolismus in der Kunst der baltischen Staaten“ (ab 10.4.) und „In Farbe: Polychrome Skulptur in Frankreich 1850–1910“ auf dem Programm (ab 11.6.)
Im Musée de l’Orangerie wird das Spätwerk von Claude Monet mit der Malerei des Amerikanischen Abstrakten Expressionismus konfrontiert (ab 13.4) und Paula Rego‘s „Les contes cruels“ mit ihren Vorbildern der Jahrhundertwende vorgestellt (ab 17.10.).
Anfang der 1890er Jahre erklärte Claude Monet einem Freund, dass er über die flüchtige Zeichnung hinausgelangen und in seinem Schaffen „tiefer in die Dinge“ eindringen wollte. Ziel wäre nun, dass „man es länger mit einem dieser Bilder aushält“. Offenbar hatte Claude Monet sich die Frage gestellt, was ein Bild sein sollte und orientierte sich neu, hin auf eine Wirklichkeit jenseits der optischen. Waren die Jahre des Impressionismus davon geprägt, die farbige Erscheinung der Dinge – so ephemer sie auch sein möge – in der Malerei einzufangen, so veränderte sich sein Zugang um 1880 in den „weißen Bildern“. Nun thematisierte er die Atmosphäre und gelangte über Serien zu Variationen gleicher Motive. Wiederum zehn Jahre späte wollte er „tiefer in die Dinge“ eindringen, das Gesehene transzendieren. Das subjektive Erleben der Betrachterinnen und Betrachter rückte ins Zentrum des Interesses, weniger die Gartenwelt aus Giverny, die noch immer den Anlass der Bilder bot. In den Gemälden aus Giverny, die zwischen den späten 1890ern und seinem Tod entstanden sind, verflüchtigt sich der gebaute und so intensiv gepflegte Garten zu einem Schauspiel von Spiegelungen. 1900 präsentierte Monet eine Serie der Japanischen Brücke, 1909 folgt eine weitere mit Uferszenen – anfangs noch mit der Böschung, später nur noch die Spiegelung und Lilien. Die großformatigen Seerosenbilder umschließen zunehmend das Publikum und lässt es in Farbnebel eintauchen. Im Musée de l’Orangerie sind einige Werke panoramaartig installiert, wodurch das Schauen an sich das Thema der Bilder wird.
Im Jahr 1955 erwarb Alfred Barr eines von Monets großen „Seerosen“-Bildern (W1992) für die Sammlung des Museum of Modern Art in New York. Während der 50er Jahre befanden sich die großen „Dekorationen“ noch im Atelier Monets in Giverny, begannen aber bereits immer mehr die Aufmerksamkeit von Sammlern und Museumsleitern auf sich zu ziehen. Claude Monets Kunst wurde als „Übergang zwischen dem Naturalismus zu Beginn des Impressionismus und der modernen Schule der extremen Abstraktion“ in New York präsentiert. Daher stellte man Monets „Seerosen“ neben Jackson Pollocks „Autumn Rhythm. Nr. 30“ (1950) auf. Es ist also kein Zufall, dass Monets Spätwerk und die Gemälde der Amerikanischen Abstrakten Expressionisten gleichzeitig ins Museum kamen. Gleichzeitig wurde auch der Begriff „Abstrakter Impressionismus“ geprägt.
Die Ausstellung im Musée de l’Orangerie konzentriert sich auf genau diesen Moment. Mit einer Auswahl von einigen der späten Monet Gemälde und etwa zwanzig Werken amerikanischer Maler wie Mark Rothko, Clyfford Still, Barnett Newman, Morris Louis, Philipp Guston, Joan Mitchell.
Kuratiert von Cécile Debray, Chefkuratorin und Direktorin des Musée de l'Orangerie.
Die Unabhängigkeit der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen wurde nach Ende des Ersten Weltkriegs ausgerufen. Die Ausstellung zum baltischen Symbolismus von den 1890ern bis zum Ende der 1920er findet im Rahmen der 100. Wiederkehr der Proklamation statt. Indem baltische Künstler Elemente der Populärkultur, Folklore und lokalen Legenden wie auch die heimische Landschaft verarbeiteten, schufen sie einen genuin nordeuropäischen Symbolismus. Mit Ausnahme des international bekannten lettischen Malers und Komponisten Mikalojus Konstantinas Čiurlionis (1875–1911) ist der Großteil dieser Künstler im Ausland unbekannt und wird erstmals in Westeuropa präsentiert.
Kuratiert von Rodolphe Rapetti und Beatrice Avanzi, Kuratorin am Musée d'Orsay.
Die farbige Skulptur des 19. Jahrhunderts gehört zwar zu den revolutionären Erneuerungen der Bildhauerei, ist aber dennoch nur wenig bekannt. Bis zum Klassizismus waren die bevorzugten Materialien der akademischen Bildhauerei Marmor und Metalle, vor allem die verschiedenfarbige Patina der Bronze konnte als „Farbwert“ eingesetzt werden. Als die Polychromie antiker Skulpturen und Gebäude entdeckt wurde, veränderte das die ästhetischen Vorstellungen des Fachpublikums und entzündete eine hitzige Debatte.
Die Frage, ob Farben in der zeitgenössischen Skulptur eingesetzt werden dürfte, überstand die archäologischen Diskurs. Führende Bildhauer wie Charles Cordier begannen sich ab den 1850er Jahren damit zu beschäftigen und sich darin zu spezialisieren. Im Second Empire hatte die farbige Skulptur dank ihres dekorativen Charakters bereits einen festen Platz und entwickelte sich in den 1880ern unter dem Einfluss von Symbolismus und Art Nouveau weiter.
Die Verschiedenheit der eingesetzten Materialien zeugt von den oft ausgefeilten Experimenten, die manchmal zu überraschenden ästhetischen Ergebnissen führten. Gefärbte Wachse und Marmorsorten, zusammengestellte farbige Marmorarten, vergoldete und versilberte Bronze, Glasfluss und emailliertes Steingut prägten den neuen Stil in der französischen Skulptur. Vor allem gegen Ende des Jahrhunderts nahmen die Experimente deutlich zu. Die größte Herausforderung in der Verwendung von Farbe in der Bildhauerei lag im Übrigen im Illusionismus der Repräsentation, wie der Skandal um Degas „Kleine Tänzerin im Alter von 14 Jahren“ belegt. Die führenden Künstler aus diesem Gebiet wurden Henry Cros, Jean-Léon Gérôme, Louis-Ernest Barrias, Jean-Désiré Ringel d'Illzach, Jean Carriès und Paul Gauguin.
Kuratiert von Edouard Papet, Musée d'Orsay
→ Pablo Picasso: Blaue Periode | Pablo Picasso: Rosa Periode
Die erste Zusammenarbeit zwischen dem Musée d’Orsay und dem Musée national Picasso-Paris ist einem großen Projekt gewidmet: der Blauen und der Rosa Periode im Werk von Pablo Picasso. Erstmals werden in Frankreich – und 2019 in der Schweiz – Hauptwerke des jungen Picasso zu sehen sein. Zusagen gibt es u.a. für „Das Leben [La Vie]“ (1903, Cleveland Museum of Art), wobei die Gemälde durch Skulpturen und Druckgrafiken ergänzt werden. Ziel der Ausstellung ist, die Jahre 1900 bis 1906 in der künstlerischen Entwicklung Picassos neu zu bewerten. Er soll mit den Arbeiten seiner Vorläufer und Zeitgenossen, Spanier wie Franzosen, kontextualisiert werden. Wichtige Rollen spielen dabei Casas, Nonell, Casagemas, aber auch Steinlen, Edgar Degas, Henri de Toulouse-Lautrec oder Paul Gauguin.
Kuratiert von Laurent Le Bon, President des Musée national Picasso-Paris in Zusammenarbeit mit Claire Bernardi, Kuratorin, Musée d'Orsay, unterstützt von Stéphanie Molins, Musée national Picasso-Paris und Emilia Philippot, Musée national Picasso-Paris.
Die Ausstellung wird vom 3. Februar bis 26. Mai 2019 in der Fondation Beyeler in Riehen b. Basel zu sehen sein.
Der fruchtbare und manchmal paradoxe künstlerische Dialog zwischen Vater und Sohn, zwischen Pierre-Auguste Renoir und Jean Renoir, ist auch einer zwischen Malerei und Film. Die Berührungspunkte zwischen den Arbeiten des Filmemachers und des Malers gehen über ein Spiel von Einfluss und Übernahme hinaus. Als Jean zum Filmemacher heranwuchs, war sein Vater einer der berühmtesten Maler Frankreichs. Die Ausstellung zeigt die Rolle des Sohnes für die Verbreitung von Renoirs Werk, seine Beziehungen mit dem künstlerischen Milieu und seine Arbeit als Keramiker. Wenn auch Jean Renoir seinen Vater nie gefilmt hat, so saß er doch dem Maler häufig Modell. Die multimediale Ausstellung erforscht die Themen (Rolle des weiblichen Modells) und der Georgrafie (Seine, Montmartre, Midi) für die Werke der beiden Kreativen.
Kuratiert von Sylvie Patry.
→ Paula Rego: Die grausamen Erzählungen
Unter dem Titel „Die grausamen Erzählungen von Paula Rego“ stellt das Musée d’Orangerie etwa 70 Gemälde und Zeichnungen der britischen Künstlerin aus. Der Überblick über ihr Schaffen – von großen Acrylgemälden auf Papier, in denen sie animalische Kinder-Frauen thematisierte, bis zu großen Zyklen in Pastell mit Puppen- und Tiermodellen in ihrem Atelier – wird mit einigen Zeichnungen und Druckgrafiken von Daumier, Goya, Degas und Rabier kontrastiert und ergänzt.
Kuratiert von Cécile Debray, Chefkuratorin und Direktorin des Musée de l'Orangerie.