Emilie Mediz-Pelikan

Wer war Emilie Mediz-Pelikan?

Emilie Mediz-Pelikan (Vöcklabruck 2.12.1861–19.3.1908 Leubnitz-Neuostra bei Dresden) war eine österreichische Landschaftsmalerin im Spannungsfeld von Realismus, Impressionismus und Symbolismus. Nach einem Studium in Salzburg und München schloss sich Emilie Mediz-Pelikan der Dachauer Künstlerkolonie an. Der Durchbruch gelang der Künstlerin erst kurz nach 1900, als sie in Wien und Dresden ausstellte. Der Künstler Karl Mediz war ihr Ehemann.

Kindheit und Ausbildung

Emilie Pelikan wurde am 2. Dezember 1861 als Tochter eines in Krems tätigen Finanzbeamten in Vöcklabruck, Oberösterreich, geboren. Die zeichnerische Begabung des Mädchens wurde früh erkannt und von der Mutter gefördert.

„Von der Großartigkeit der Natur bezaubert finde ich kaum Worte um genug dieser Eindrücke zu verzeichnen.“1 (Emilie Pelikan, Tagebucheintrag, 9.9.1879)

Im Alter von 21 Jahren wurde von 1883 bis 1890 die letzte Privatschülerin des Landschaftsmalers Albert Zimmermann. Als dieser in Salzburg seine Motive fand (ab 1877/78), begleitete sie ihn dorthin, denn ab 1884 zeigen ihre frühesten bekannten Bilder Motive aus Bayern und dem Salzburger Land. Darüber hinaus kopierte sie in der Pinakothek Werke von Karl Rottmann und Koch. Gleichzeitig interessierte sie sich für die Alten Meister und die Moderne in München.

Dachau & Knokke

Vermutlich ermunterte Zimmermann die junge Pelikan, ihm 1885 nach München zu folgen, als er dorthin berufen wurde. Bis zum Tod Zimmermanns im Jahr 1888 blieb sie, abgesehen von einigen Reisen, bei ihm.

Diese Reisen führten Emilie Pelikan an folgende Orte:

  • 1884: Salzburg, Pass Lueg, Bogenhausen und Biederstein
  • 1885: Hintersee, Freistadt, Starnberg
  • 1886: Brannenburg, Starnberg
  • 1887: Dachaus, Starnberg, Isonzo
  • 1888: Meran, München, Dachau
  • 1889: Paris, München, Knokke
  • 1890: München, Knokke, Paris

Ab 1885 hielt sich Emilie Pelikan vorwiegend in der Künstlerkolonie Dachau auf, wo sie mit Adolf Hölzel und Fritz von Uhde befreundet war. Pelikans frühe Werke sind reizvolle intime Landschaftsausschnitte - darunter Sumpfstudien und Bilder vom Starnberger See - mit den Stimmungswerten der paysage intime der Schule von Barbizon. 1889 und 1890 erfolgten jeweils Aufenthalte in Paris und in der belgischen Künstlerkolonie Knokke. Im August/September 1889 reiste Emilie Mediz-Pelikan für einige Tage nach Paris und schließlich weiter nach Knokke, was „ein Schauspiel von Impressionismus“ in ihren Bildern zur Folge hatte.2 An der belgischen Küste vollzog sich ihr stilistischer Wandel zum Flüchtig-Skizzenhaften, dem Auflösen von Konturen und der atmosphärischen Lichtwirkung. Zu den prägendsten Malern ihrer Zeit gehörten Wilhelm LeiblWilhelm Trübner und Carl Schuch, aber auch Hans Thoma und Fritz von Uhde sowie die französischen Maler der Schule von Barbizon und des Impressionismus. Besonders intensiv setzte sich Pelikan mit dem französischen Impressionismus und speziell mit Claude Monet auseinander. In manchen ihrer Bilder kam sie ihm zuweilen sehr nahe, ohne ihre eigene Handschrift je aufzugeben. Vor allem in ihren Küstenbildern giff die Malerin wiederholt auf Monets vordergrundlosen, unvermittelten Blick hinunter aufs Meer zurück (siehe: "Die Blaue Küste von Duino", 1898, Privatbesitz).

In Dachau hatte sie den aus Wien stammenden Maler Karl Mediz kennengelernt, den sie in Knokke wieder traf. Die beiden verband anfangs eine Brieffreundschaft. Er war es, der die selbstkritische und an sich zweifelnde Emilie Pelikan immer wieder ermutigte weiterzumachen. Sein Einfluss war stabilisierend und festigend für sie, was sich aus ihren Briefen nachvollziehen lässt.

„Glauben Sie mir mein threuer Freund – ich bin nur ein Weib – gehemmt in allen Schritten – aber diese Fessel fühle ich am schwersten; ich bin nicht befriedigt – ich finde niemand, mit dem ich in raschem Fluge vorwärts eilen könnte. Ich vermisse Sie sehr! Lehren Sie mich manchmal etwas durch Ihre Briefe!
München streitet in erbitterster Weise – man begegnet haarsträubenden Ansichten und mir geziehmt zu schweigen. Aber den Weg, den ich gefunden, den wir mitsammen anfingen zu gehen, werde ich nie wieder verlassen und sollte er noch so rauh und steinig sein – er ist recht und gut! I wie bete ich die Natur an – wie begeistert bin ich doch von ihrem Kinde – der ewigen Kunst!“3 (Emilie Pelikan in einen Brief an Karl Pelikan, der in Paris weilte, 11.11.1888)

Wien & Dresden

Emilie Pelikan und Karl Mediz gingen 1891 gemeinsam nach Wien und heirateten, hatten dort jedoch keinen künstlerischen Erfolg. Das Paar lebte unter misslichen Umständen in Wien und wurde vermutlich von Karls Eltern finanziell unterstützt. Zudem bemalte Emilie in einer Fabrik Holzteller (1 Gulden pro Stück). Theodor von Hörmann besuchte sie (→ Theodor von Hörmann. Impressionist aus Österreich). Am 29. Oktober 1893 brachte Emilie Mediz in Krems an der Donau ihre Tochter Gertrud zur Welt; die spätere Malerin Gertrude Honzatko-Mediz (1893–1975). Das Kind ließ sie bei ihren Eltern in Krems.

Nach einigen Aufenthalten in Dresden übersiedelte das Künstlerehepaar 1894 ganz in die Künstlerkolonie Goppeln bei Dresden. Obwohl Goppeln künstlerische Heimat der Impressionisten war, hatte sich Emilie Mediz-Pelikan von diesem Malstil bereits abgewandt und eine konturverhärtende, linear-graphische und kleinteilige Bildsprache angenommen. Mystische Stimmungswerte und symbolische Bedeutung prägten zunehmend ihre Landschaftsbilder. In Goppeln hoffte das Künstlerpaar, ihren Pleinairismus weiterbetreiben und Erfolg haben zu können.

Von Dresden aus reiste Emilie Mediz-Pelikan mit ihrer Familie an die Adria, wo sie tiefblaue Strandbilder, schwermütige Zypressen, blühende Wiesen und das grelle südliche Licht in ihre Bilder bannte. In ihren Werken findet man folgende Orte: Duino (vgl. Rilke), St. Canzian, Ragusa, Lapad, die Inseln von Lacroma. Den südlichen Destinationen setzte Emilie Bilder der Bergwelt Tirols mit Zirben, Bergwiesen und vereisten Gipfeln entgegen.

Reisekünstlerin

Von Freunden und Förderern ermöglichte Reisen führten Emilie Mediz-Pelikan und Karl Mediz nach Tirol, Italien und an die Adria. Im August 1891 befand sich Emilie Mediz-Pelikan in Duino, am 26. September reiste sie nach Triest, Ende Oktober hielt sie sich in Venedig auf und kehrte am 3. November nach Duino zurück. Das Künstlerpaar folgte 1892 einer Einladung Theodor von Hörmanns nach Tolcsva in Ungarn. Der Architekt Hummel aus Triest finanzierte einen ausgedehnten Aufenthalt in Italien. 1897 kehrte Emilie Mediz-Pelikan erneut nach St. Canzian, im folgenden jahr nach Lapad, Duino, Triest und Ragusa. Im Jahr 1901 wählte Emilie Mediz-Pelikan den Großvenediger als Motiv und Reiseziel, gefolgt 1904 und 1906 von Grawand.

Emilie Mediz-Pelikan wie auch ihr Mann interessierten sich besonders für südliche Landschaften wie die Inseln des adriatischen und ionischen Meeres samt ihrer oftmals bizarren Vegetation. Gleichwohl finden sich in ihrem Werk aber auch Bilder der heimatlichen Bergwelt Tirols, darunter Darstellungen von Bergwiesen, Blumen, Bäumen und Gletschern. Manchmal nutzte Emilie Mediz-Pelikan die hochalpinen Bildelemente, um sie in kontrastreichen Gegenüberstellungen gleichsam hinter- und übereinander zu positionieren. Das Motiv der Blumenwiese steigerte die Malerin um 1900 zu ornamentalen Kompositionen.

Erste Erfolge

Um die Jahrhundertwende gelang Emilie Mediz-Pelikan der künstlerische Durchbruch. Ihr Debüt feierte Emilie Mediz-Pelikan 1888 im Prager Kunstverein. Bereits 1890 hatte Emilie Mediz-Pelikan eine erste Einzelausstellung mit Bildern aus Knokke sur mer, vermittelt durch Wilhelm von Uhde. Das Gemälde „Ginsterfeld“ (1889?, verschollen), in dem sie den Impressionismus rezipierte, brachte der Malerin Aufmerksamkeit und löste heftige Diskussionen aus.

1898 war sie mit drei Werken auf der „I. Kunstausstellung“ der Wiener Secession vertreten. 1901 zeigten beide Mediz Werke bei der „Internationalen Kunstausstellung“ in Dresden, und 1902 erhielten sie eine Einladung für eine Kollektivausstellung im Hagenbund. Karl Mediz wurde als Mitglied in den Hagenbund aufgenommen, was er bis 1912 blieb. Da die Vereinigung erst Mitte der 1920er Jahre Frauen als außerordentliche Mitglieder akzeptierte, unterblieb eine ebensolche Einladung an Emilie Mediz-Pelikan. 1901 war Karl Mediz als ordentliches Mitglied in die Künstlervereinigung aufgenommen worden, während Emilies Bewerbung abgelehnt worden war. Der Präsidenten des Hagenbundes, Alexander Demetrius Goltz, informierte in einem Brief an Karl Mediz ebendiesen über seine Aufnahme, während seine Ehefrau keine Aufnahme als wirkliches Mitglied erhoffen durfte:

„Was Ihre uns ebenso werthe Frau Gemahlin anlangt, so ist es leider bei den Statutenberathungen nicht möglich gewesen durchzusetzen, dass auch Frauen ordentliche Mitglieder werden können. Es war immer der größte Theil dagegen […]. Man dachte eben daran, dass naturgemäß dann einige der in Wien lebenden Frauenmaler uns keine Ruhe gelassen hätten, und dem wollte man ausweichen. So heißt es also in den Statuten, dass Frauen nur Ehrenmitglieder sein können.“4

1903 richtete der Wiener Hagenbund im Kontext seiner „7. Ausstellung“ einen ersten Überblick über das Schaffen von Emilie Mediz-Pelikan und Karl Mediz aus (Februar). Die gerade entstandene Moderne Galerie erwarb zwei Hauptwerke aus der Ausstellung: Emilie Mediz-Pelikans „Blühende Kastanien“ (1900) und Karl Mediz‘ „Die Eismänner“ (Erwerbung Ks. Joseph I.). Der kommerzielle Erfolg blieb allerdings aus.

In der Dresdner königlichen Hofkunsthandlung Richter zeigte sie 1904 grafische Arbeiten, 1905 und 1906 stellte sie im Berliner Künstlerhaus aus.

„Boecklin, Klinger, Thomas, Worpswede – auch die Mediz gehören in dieser Reihe, die […] an den Grenzen der bürgerlichen Welt sich eine überbürgerliche, poetisch-malerische Schöpfung aufbaut. Aus starken Sinnen heraus greifen sie in das Übersinnliche, ein, nervig und nervös, Symboliker des Alltags, gesunde Farbendichter. Nach all dem ‚Jahrhundertende‘ der letzten Dekadenz scheint in solchen Erscheinungen sich wieder Jahrhundertanfang anzukündigen.“5 (Ludwig Hevesi, 1903)

Tod

Im Alter von 47 Jahren starb Emilie Mediz-Pelikan am 19. März 1908 in Leubnitz-Neuostra bei Dresden völlig unerwartet an einer Herzlähmung.

Karl Mediz konnte den Verlust künstlerisch kaum verschmerzen. Bis zu seinem Tod am 11. Januar 1945 – der Maler hatte kurz zuvor vom Tod eines Freundes im KZ Buchenwald erfahren – entstanden nur noch wenige herausragende Werke in Form von Ölgemälden; stattdessen widmete er sich der Zeichnung. Dresden widmete dem Künstlerpaar Mediz noch 1943 eine große Ausstellung. Danach gerieten beide Künstler in Vergessenheit.

Der künstlerische Nachlass von 1.180 Werken (incl. der grafischen Arbeiten) wurde den Staatlichen Kunstsammlungen zur Verwahrung übergeben und lagerte jahrzehntelang im Gerhard Hauptmann-Museum in Radebeul. Nach dem Tod der einzigen Erbin im Jahr 1975 konnte der Bestand aus der DDR nach Österreich geholt werden.

„Wenn die besten deutschen Maler des letzten Jahrhunderts genannt werden, so dürfen Namen wie Karl Mediz und Emilie Mediz-Pelikan darunter nicht fehlen. Sie sind als die stärksten Vertreter der neuen Naturromantik schlechthin anzusprechen. Sie sind zu Unrecht verkannt und verschollen, und nun muss ihnen ein gebührender Platz im Kunstgeschehen zugestanden werden.“6 (Eduard Jeikner, Dresden 1943)

  1. S. 8.
  2. Ludwig Hevesi, Karl Mediz – Emilie Pelikan, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Leipzig 1903, zit. nach Sophie Geretsegger, Oswald Oberhuber, Wilfried Seipel, Emilie Mediz-Pelikan 1861–1908. Karl Mediz 1868–1945 (Ausst.-Kat., Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien, 24.4.–25.5.1986, Oberösterreichisches Landesmuseum, Landesgalerie, Linz, 23.4.–22.6.1986), Wien 1986, S. 10.
  3. Zit. n. S. 22
  4. Brief von Alexander Demetrius Goltz an Karl Mediz, 16.2.1901, Archiv des Belvedere, Wien, Nachlass Mediz-Pelikan. Zit. n. Therese Backhausen, Ménage à trois. Emilie Mediz-Pelikan – Karl Mediz. Ein Leben für die Kunst, Diss., Universität Salzburg 2008, Bd. 2, S. 33.
  5. S. 1.
  6. Zit. n. S. X.