Peter Paul Rubens (1577–1640) zog auf mannigfaltige Weise Inspirationen aus Kunstwerken der Antike, der Renaissance aber auch aus Bildern seiner Zeitgenossen. Während Rubens‘ 50jähriger Schaffenszeit beschäftigte er sich aber auch kontinuierlich mit seinem eigenen Werk und wandelte Kompositionen immer wieder ab. Neben dem reichen Bestand an Gemälden des flämischen Barockmalers im Kunsthistorischen Museums bringen die Kuratoren Gerlinde Gruber, Stefan Weppelmann sowie Jochen Sander auch antike Skulpturen (meist in Form von Gipskopien), Gemälde von Tizian, Jacopo Tintoretto, Federico Barocci, Michiel Coxcie nach Wien. An diesen schulte Peter Paul Rubens seine Ausdrucksmöglichkeiten, erweiterte an ihnen sein Figurenrepertoire und ließ sich zu neuen Bildlösungen inspirieren.
Österreich / Wien: Kunsthistorisches Museum
17.10.2017 - 21.1.2018
Deutschland / Frankfurt: Städel Museum
8.2. - 21.5.2018
verlängert bis 3.6.2018
Rund um einzelne Werke – darunter beispielsweise der „Ecce Homo“ aus der Eremitage oder der „Prometheus“ (Gemeinschaftsarbeit mit Frans Snyders, 1611–1618) aus Philadelphia – bauen die Kuratorinnen und Kuratoren mit Hilfe von Zeichnungen, Druckgrafiken, Skulpturen, Gemälden und Ölskizzen kompositionell-ikonografische Cluster, in denen das visuelle Gedächtnis des Künstlers nachvollzogen wird. Das Publikum ist gefordert, den verschlungenen Wegen der Posen, Haltungen, Körperauffassungen zu folgen, was bei Rubens allerdings selten einfach in Form von 1:1 Übernahmen geschieht. Genaues Schauen und Lesen sind in dieser etwas dicht gehängten Ausstellung also anzuraten. Dass zwei Rubens-Gemälde im eigens eingerichteten Ausstellungsshop als „Dekorationen“ an den Wänden hängen, mag man als Paradoxon hinnehmen. Rubens, der Malerstar und Schöpfer bombastischer Kompositionen, hält es aus!
Als junger Künstler kopierte Peter Paul Rubens nach Druckgraphiken altdeutscher Meister und übte so das Zeichnen, wie er selbst erzählte. Dies stellte eine gängige Ausbildungspraxis für einen Künstler der Spätrenaissance dar: Sein Interesse weckten Druckgrafiken wie Tobias Stimmers (1539−1584) Bibelillustrationen (1576, Privatsammlung), Barthel Behams (1502–1540) „Schlacht des Titus Gracchus“ bzw. „Schlachtenszene mit 18 nackten Kriegern“ (1528, Kupferstiche, Städel) oder der Serie „Totentanz“ (vor 1600) von Hans Holbein d. J. (1497–1543). Eine der frühesten Zeichnungen von Rubens, „Vier Studien nackter Frauen“ (um 1595, Louvre), belegt diese Vorgangsweise, denn drei der vier Frauenakte stammen aus Stimmers Bibelillustrationen. Eine weitere Federzeichnung aus der National Gallery of Art in Washington zeigt einen „Kampf nackter Männer“ (um 1598/1600) und eine höchst modern anmutende, weil experimentelle Kompositionsmethode: Rubens kopierte Barthel Behams Kupferstiche, zerschnitt die Figurengruppen und gruppierte sie auf einem neuen Blatt um.
Peter Paul Rubens empfand die Jahre in Italien ebenfalls als intensive Lehrzeit, obwohl er bereits als Meister in der Lukasgilde von Antwerpen geführt wurde. Zwischen 1600 und Ende 1608 hielt er sich in Ober- und Mittelitalien auf. Er arbeitete zwar für Vincenzo I. Gonzaga, war jedoch nicht ausschließlich an den Hof in Mantua gebunden, sondern reiste nach Venedig, Florenz, Genua und Rom, wo er einerseits neue Auftraggeber kennenlernte und andererseits berühmte Vorbilder kopieren konnte. Darüber hinaus sandte ihn Gonzaga nach Madrid, wo er auch die berühmte Tizian-Sammlung der spanischen Könige studieren konnte. Skizzenblätter wie jenes aus dem verlorenen Skizzenbuch in Berlin zeigen Figurenstudien nach Raffael und Holbein. Rubens arbeitete mit einer Mischung aus italienischen und deutschen Meistern, aus deren Werken er sein Figurenrepertoire zusammensetzte.
Rubens kommt aus der manieristischen Tradition der niederländischen Schule, in der eine Fortbildungsreise nach Italien schon im 16. Jahrhundert als obligat galt (siehe: Jan van Scorel und Pieter Bruegel der Ältere). Tizian (um 1488−1576) zählte für Peter Paul Rubens wohl lebenslang zu den ganz Großen, denn er kopierte dessen Werke vor allem ab den 1620er Jahren: Nach dem „Ecce Homo“ wiederholte Rubens dessen „Venus und Adonis“ (1555–1560, The J. Paul Getty Museum, Los Angeles) und setzte die Szene in gedrehter Fassung um (um 1630, The Metropolitan Museum of Art, New York). Die Wiener „Danaë“ Um 1554) ist eine Urahnin der liegenden Schlafenden bei Rubens.
Eines der bedeutendsten Gemälde des Kunsthistorischen Museums, Tizians „Ecce homo“ (1543 datiert), war Rubens wahrscheinlich während seines Italienaufenthalts nicht zugänglich bzw. das Gemälde an sich wenig bekannt. Als es in den 1620er Jahren vom Duke of Buckingham erworben wurde, gelangte es quasi an das Licht der Öffentlichkeit. Peter Paul Rubens hatte Ende der 1620er in London Zugang zum monumentalen Gemälde und kopierte die mittlere Partie: Der flämische Barockmaler interessierte sich für die Zuschauergruppe rund um das weißgekleidete Mädchen, das traditionell als Tochter Tizians identifiziert wird. Darüber hinaus sammelte Rubens offensichtlich auch Kopien von anderen Künstlern, die er in der Folge selbst überarbeitete, wie verschiedene Blätter (Paris, Louvre; Washington, National Gallery of Art; London, Victoria and Albert Museum) belegen.
Mitte der 1630er Jahre lernte Rubens Tizians „Venusfest“ (1518/19, Prado) vermutlich in einem Nachstich kennen und kopierte es (um 1635, Nationalmuseum, Stockholm), bevor er sich offensichtlich 1636/37 an die Wiener Fassung des gleichen Themas machte: Die spielenden und einander küssenden Eroten im Bildvordergrund erinnern an den berühmten Venezianer. Auch die Lichtstimmung hat einiges dem Vorbild zu verdanken. Mit 3,5 Metern ist es allerdings doppelt so breit wie Tizians nahezu quadratische Fassung. Ausstellung und Katalog zeigen den restauratorischen Befund der Anstückelungen der Leinwand. Und auch beim berühmten „Pelzchen“ (1636/38) bezog sich Rubens auf Tizian: Dessen „Mädchen im Pelz“ (um 1535) befindet sich ebenfalls in Wien. Rubens hatte es 1629 noch in der Sammlung des englischen Königs Charles I. gesehen und für seine eigene Sammlung kopiert. Das Porträt seiner zweiten Ehefrau Hélène (oder Helena) Fourment erscheint als Venus Pudica, als keusche Venus, auch wenn die Dame des Hauses nur in einen Nerz gehüllt ist.
„Das Urteil des Paris“ (vor 1600?, London, The National Gallery of Art, London) zählt zu den frühesten Gemälden des Peter Paul Rubens. Eine vielleicht um 1601 zu datierende Ölskizze aus der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste in Wien könnte eine Vorstudie dafür sein. Es zeigt, wie sehr Rubens sich knapp nach Beendigung seiner Lehre noch auf das Figurenideal von Otto van Veen (um 1556−1629) bezog. Dessen „Amazonen und Skythen“ (1597/99, Kunsthistorisches Museum) nehmen kompositionell und in den Posen das „Parisurteil“ vorweg.
Am Ende der Ausstellung im Kunsthistorischen Museum hängt noch die späteste Version der „Urteils des Paris“ (um 1639) aus dem Prado. Hier zeigt sich Rubens‘ Spätwerk als eine lockere, im Kolorit deutlich aufgehellte Malerei, die handelnden Figuren als Fries aufgereiht, die Damen üppig. Ob es sich bei der Darstellung der Aphrodite/Venus um ein verstecktes Porträt von Hélène Fourment, Rubens‘ zweiter, sehr jugendlicher Ehefrau, handelt, wirkt im Augenvergleich durchaus nachvollziehbar.
Peter Paul Rubens Arbeitsweise verdeutlicht den weiten Horizont eines Malers im frühen 16. Jahrhundert: Der Kupferstich von Marcantonio Raimondi nach Raffael (um 1511/20, Frankfurt am Main, Städel Museum) wie auch zeitgenössische Malerei (beispielsweise von Johann Rottenhammer) flossen gleichermaßen in die Bildkomposition ein. Doch am bedeutendsten scheint zu sein, dass Rubens für die Rückenfigur des Paris den sogenannten „Torso Belvedere“ von Apollonios von Athen zitiert. Beide eigenhändigen Zeichnungen, die Rubens in Rom um 1601/02 vom Torso Belvedere schuf, sind in der Ausstellung „Peter Paul Rubens. Kraft der Verwandlung“ zu sehen.
Auf der Vorderseite des New Yorker Blattes hat Rubens in den 1620er Jahren noch eine „Studie für den Augustineraltar“ gezeichnet. Dass Gruber und Wepelmann in diesem Bereich der Schau diesen Ball aufnimmt und zwei Modelli aus dem Städel sowie der Gemäldegalerie in Berlin ergänzen, ist zweifellos der zweiten Station der Ausstellung und Weppelmanns früherem Arbeitgeber geschuldet. Angesichts des gleich um die Ecke hängenden Gemäldes „Die vier Paradiesflüsse“, neuerlich eine Adaption der Torso Belvedere durch den Nil (links unten) und der ohnedies dichten Werkabfolge ein etwas ausgeuferter „Sidestep“.
Liegende Frauenakte gehören seit der venezianischen Hochrenaissance zum „Standardrepertoire“ mitteleuropäischer Kunst. Tizians „Danaë“ (um 1554) im Kunsthistorischen Museum ist nur eines der vielen Bilder, die der berühmte Venezianer vor allem für den spanischen Hof in Madrid geschaffen hat. Als Mythologien verbrämte Erotika erfreuten sich die Darstellungen offensichtlich größter Beliebtheit und sind entsprechend häufig auch im Werk Rubens‘ anzutreffen. Als explizite und daher auch weitläufig verbotene Darstellungen sind Agostino Carraccis (1557–1602) Serie „Lascivie“ (1590–1595) anzusprechen. „Satyr und Nymphe“ (Städel Museum) ist ein geradezu braves Beispiel, für das Carracci die Schlafende mit einem Satyr ergänzt, der gerade selbst Hand an sich legt. Im Werk von Rubens spielt Voyeurismus nicht nur eine Rolle für die Windungen der Frauenleiber. Der Maler thematisiert die Lust am heimlichen Schauen geradezu, egal ob es sich um „Cimon und Efigenia“ (um 1617, gemeinsam mit Frans Snyders, 1579−1657, und Jan Wildens, 1586−1653) oder „Der Einsiedler und die schlafende Angelica“ (1628/29, beide Kunsthistorisches Museum) handelt.
Zu den besonders prächtigen Werken des Flamen gehört zweifellos die „Venus frigida“ (1614) aus dem Königlichen Museum für Schöne Künste in Antwerpen. Das Bildthema geht zurück auf den Ausspruch des antiken Autor Terenz „Sine Cerere et Baccho friget Venus [Ohne Ceres und Bacchus friert Venus]“, also ohne Essen und Trinken leidet die Liebe. Rubens kombiniert die Figurengruppe, bestehend aus der zusammengekauerte Venus, dem sich unter ihrem Schleier notdürftig schützenden Amor und einem Satyrn mit einem Füllhorn, in einer weiten Landschaft, die auf die Landschaften der 1630er Jahre vorausweist.
Zu den wichtigsten Aufgaben des jungen Rubens‘ gehörte die Erfassung der Anatomie des menschlichen Körpers. Unzählige Aktfiguren sind auch in seinem reifen Werk zu finden, seit der Hochrenaissance bildete das Aktstudium die Grundlage der künstlerischen Ausbildung. Eine wichtige Hilfe bot Willem Danielz. van Tetrodes (um 1530–nach 1587) „Muskelmann“ (um 1562/67, Kunsthistorisches Museum), der als sogenannter „Écorché [Enthäuteter]“ alle Muskelpartien anzeigt. Seine eigenen Studien danach ließ Rubens durch den Antwerpener Kupferstecher Paulus Pontius (1603–1658) reproduzieren und als Anatomiestudien verkaufen.
Das Ideal für dieses Menschenbild fand Rubens interessanterweise nicht in einem besonders trainierten Mann, sondern wieder einmal in der Kunstwelt, vornehmlich der klassisch antiken Skulptur verkörpert: Neben dem „Torso Belvedere“, von dem zu Rubens Zeiten angenommen wurde, er wäre ein Fragment einer Herkules-Statue, gehörte der über drei Meter hohe „Herkules Farnese“ zu den berühmtesten Antiken Roms. Rubens ließ diese Figur in unzähligen Kompositionen einfließen, darunter in den „Hl. Christophorus“ auf der Außenseite des Altars für die Antwerpener Schützengilde. Der modello (um 1609) aus der Alten Pinakothek, München, überträgt den antiken Heros auf eine christliche Kraftfigur.
„Der von Cupido gezähmte Kentaur“ (1.-2. Jh. n.u.Z., Louvre) wie auch der „Laokoon“ (40–20 v.u.Z., Musei Vaticani) oder „Kauernde Venus“ (1. Jh. n.u.Z., Museo Archeologico Nazionale di Napoli) standen ebenfalls für Zeichnungen Modell. Neben der dominanten Umrisslinie fällt hier die Kreuzschraffur besonders auf, mit der Rubens die Volumina der Muskelpartien herauszuarbeiten verstand. Im modello für „Die Blendung Simons“ (um 1609/10, Museo Thyssen-Bornemisza) findet sich der Laokoon eingeflossen oder dem „Ecce homo“ (vor 1612) aus der Eremitage der Kentaure. Der hellenistische „Torso Gaddi“ (2. Jh. v.u.Z.) aus den Uffizien bot mit seiner Torsion offensichtlich eine überzeugende Vorlage für so manche Darstellung des auferstandenen Christus.
Der dramatisch nach hinten stürzende „Prometheus“ (1611/12–1618) ist hingegen nach einem Gemälde von Michiel Coxie (1499–1592), „Der Tod Abels“ (nach 1539, Prado), gearbeitet. Rubens besaß eine Zeichnung des Flämischen Malers, die er überarbeitete (um 1609, Fitzwilliam Museum, Cambridge). Eine Zeichnung im Louvre (um 1610/11) zeigt wie er die Pose leicht verändert übernahm, bevor er die in unterschiedlichen Werken zum Einsatz brachte: „Der Tod des Hippolytus“ (1611–1613, Fitzwilliam Museum, Cambridge) und „Prometheus“ (mit Frans Synders, 1611/12–1618, Philadelphia) hängen nebeneinander – und können auch als Belege der Arbeitsökonomie der Rubens-Werkstatt gelesen werden.
Peter Paul Rubens‘ Kopie der „Grablegung“ nach der „Grablegung“ von Caravaggio (1614) aus der National Gallery of Canada, Ottawa, bildet einen Nukleus, an dem Weppelmann, Gruber und Sander zeigen, wie Rubens seine Bildwelten schuf: Zum einen ist an Hendrik Goltzius‘ „Grablegung“ (1596, Städel Museum) zu erinnern. Rubens kopierte den Kupferstich aus dem zwölfteiligen Passionszyklus noch als Lehrling von Otto van Veen (1596/97, Louvre). Die „Grablegung“ (Musei Vaticani, Rom) von Caravaggio entstand zwischen 1602 und 1604, also während des Italienaufenthalts Rubens‘, für die Oratorianer von Filippo Neri und die Chiesa Nuova. Caravaggios dramatisches Hell-Dunkel, seine Beschreibung der Affekte, seine realistische Umsetzung des heiligen Geschehens. Rubens begeisterte sich als Maler der Gegenreformation für die Direktheit von Caravaggios Schilderung, für die Dramatik der Inszenierung. Unabhängig vom Sujet setzte er immer wieder einmal gefundene formale Lösungen ein, wie die „Verwandlung“ der Grablegung in „Die Entdeckung der Schwangerschaft der Callisto“ (1601/02) aus dem Berliner Kupferstichkabinett beweist. Invention (Phantasie) und Inventar (figuratives Gedächtnis aus der Kunstwelt) verbindet Rubens, so Weppelmann, zu ingeniösen Kompositionen. Die Grablegung nach Caravaggio entwickelte er in der „Grablegung“ (1615/16) in der Courtauld Gallery weiter. Die Körper verlieren dabei etwas an Volumen, das dunkle Grab nimmt einen höheren Stellenwert ein, der schlaff herabhängende Arm Christi verdeutlicht den Tod (und damit indirekt das Wunder der Auferstehung) noch mehr.
Einer der schönsten Bildvergleiche in der Ausstellung ist die Gegenüberstellung von Rubens‘ „Verkündigung“ (um 1610, Kunsthistorisches Museum) und Federico Baroccis „Verkündigung“ (1582–1584, Musei Vaticani, Rom). Die für Francesco Maria II della Rovere gefertigte „Verkündigung“ Baroccis aus der Basilika von Loreto zeigt dessen innovativen Umgang mit Farbe, Raum und Licht. Knapp dreißig Jahre nach dessen Entstehung griff Rubens auf dieses Gemälde zurück. In diesen Jahren begann er auch seine Kompositionen in Druckgrafiken verbreitern zu lassen. Die „Verkündigung“ wurde um 1630 von Schelte a Bolswert (Albertina) umgesetzt.
Die beiden Jesuiten-Altäre (um 1615–1628) lassen sich, genauso wie der Ildefonso-Altar (um 1633), nicht „ausräumen“, auch wenn das dazu erhaltenen Skizzen- und Entwurfsmaterial dem stringenten Thema nicht gerecht wird. Im Zentrum des Raumes positionierten Gruber und Weppelmann den „Torso Belvedere“ und deklinierten dort einmal mehr die zeichnerische Aneignung durch. Beachtenswert an den „Wundern des hl. Franz Xaver“ (um 1617/18 → Peter Paul Rubens: Die Wunder des hl. Franz Xaver) ist der Vergleich mit Tintorettos „Werkstatt des Vulkan“ (um 1576/77) aus dem Palazzo Ducale. Der im Vordergrund arbeitende Schmied taucht in Rubens‘ Komposition ebenfalls als Repoussoirfigur auf.
Die beiden Landschaften am Schluss der Ausstellung – immerhin „Gewitterlandschaft mit Philemon und Baucis“ (1620/25–1636) sowie „Landschaft mit dem Schiffbruch des hl. Paulus bei Malta“ (1620–1625, Gemäldegalerie, Berlin) – passen nur mit einer abrupten Wendung ins Bild der Ausstellung. Ab den 1620er Jahren verfügte Rubens über alle Mittel seiner Kunst (auch wenn er lebenslang kopierte und lernte), weshalb er sich vielleicht auch der neuen Gattung Landschaftsbild zuwandte. Ob darin wirklich ein persönliches Statement des alternden Künstlers zu lesen sei, bleibt dahingestellt. Hier malte Rubens allerdings nur für sich selbst, experimentierte mit Formaten und Größen (v.a. „Gewitterlandschaft“) und erprobte ein neues Sujet. Das frisch gereinigte und restaurierte Gemälde „Gewitterlandschaft“ erstrahlt wahrlich in neuem Glanz. „Peter Paul Rubens. Kraft der Verwandlung“ macht einen versatilen Künstler sichtbar, dessen barocke, affektgeladene Kompositionen auf reichlich Studien basieren, einen intellektuellen Maler, der sich wahrlich auf die Schultern der Meister der Renaissance zu stellen wusste.
Kuratiert von Gerlinde Gruber, Kuratorin für flämische Barockmalerei, Kunsthistorisches Museum Wien, Stefan Weppelmann, Direktor der Gemäldegalerie, Kunsthistorisches Museum Wien sowie Jochen Sander, Kurator und Vizedirektor, Städel Museum, Frankfurt.
Das Kunsthistorische Museum besitzt etwa vierzig Gemälde des Meisters und seiner Werkstatt. Dazu zählen farbstarke und figurenreiche Hauptwerke wie die riesigen Altarbilder für die Antwerpener Jesuitenkirche ebenso wie intimere Darstellungen des „Pelzchens“, des „Hauptes der Medusa“ oder Rubens‘ spätes „Selbstbildnis“.
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