Georg Baselitz
Wer ist Georg Baselitz?
Georg Baselitz (* 23.1.1938, Deutschbaselitz bei Kamenz) ist ein deutscher Maler der Gegenwart (→ Zeitgenössische Kunst).
Kindheit
Georg Baselitz wurde als Hans-Georg Kern am 23. Januar 1938 in Deutschbaselitz bei Kamenzin (Oberlausitz, ehem. DDR, heute: Deutschland) geboren und wuchs dort auch auf. Seine Liebe zur Malerei entdeckte er als Jugendlicher in den Dresdner Kunstsammlungen, vor allem in Auseinandersetzung mit den Bildern von Ferdinand von Rayski (1806–1890) wie auch den Hauptwerken der Alten Meister.
Ausbildung
Die Kunstakademie in Dresden lehnt ihn 1955 als Studenten ab.
Der Maler und Bildhauer Baselitz studierte deshalb ab 1956 in Ost- und West-Berlin Malerei, u.a. bei dem abstrakten Maler Hann Trier. Bereits nach zwei Semestern wurde Baselitz wegen "gesellschaftspolitischer Unreife" von der Hochschule für bildende Künste in Ost-Berlin verwiesen. Ein Jahr später nahm er ein Studium an der Hochschule für bildende Künste in West-Berlin auf. Ab 1961 führte er den Künstlernamen Georg Baselitz, eine Anspielung auf seinen Geburtsort.
Frühe Werke
Nach Baselitz‘ Emigration in die BRD wurde er neben – Gerhard Richter, Jörg Immendorff, Sigmar Polke, Anselm Kiefer – zu einem der bedeutendsten Protagonisten der deutschen Malerei seit den 60er Jahren. Die Galerie Michael Werner in Berlin widmete Baselitz 1963 eine erste Einzelausstellung.
1965 erhielt er ein Stipendium für die Villa Romana in Florenz; dort entstanden die sogenannten „Helden“-Bilder. Sein neoexpressiver Stil und seine unkonformistische Haltung dem Konsum und der deutschen Geschichte gegenüber ließen ihn rasch zu einem skandalumwitterten Künstler werden. Sein Bestehen auf einer äußerst expressiven und realistischen Figurenmalerei musste im Kontext der westdeutschen Nachkriegskunst, die ganz auf Abstraktion fokussiert war, als Provokation verstanden werden. Heute so berühmte Bilder wie „Nackter Mann“ (1963, Privatbesitz USA) und „Die große Nacht im Eimer“ (1962/63, Museum Ludwig, Köln) wurden aus einer Ausstellung entfernt.
Helden
Mitte der 1960er Jahre begann Baselitz‘ rasante Karriere mit skandalisierten Bildern und halluzinierenden „pandämonischen Manifesten“. Er setzte sich selbst in Szene und ließ neue „Helden“ auftreten.
Mit „Helden“ schafft Georg Baselitz zwischen 1965 und 1966 zuerst in Florenz während seines Aufenthalts als Stipendiat in der Villa Romana und später in Westberlin eine in sich geschlossene Werkgruppe aus Gemälden, Zeichnungen und Druckgraphiken. Sie umfasst rätselhafte Porträts, die über die Bildtitel als junge Helden, Rebellen, Partisanen, Hirten und Aufständische aber auch als junge Maler auszumachen sind. Trotz ihrer überzeichneten, massiven Körperlichkeit und ihrer zur Schau gestellten Virilität wirken sie inmitten apokalyptischer Landschaften geschunden und versehrt und alles andere als heroisch. In Melancholie versunken, kommen sie daher wie aus der Zeit gefallene, märchenhafte Riesen, für die es in der Realität keinen Platz gibt – so nah sie uns auch in ihrer Wesenheit bis heute sind.
Zum Zeitpunkt ihrer Entstehung wurden sie als reinste Provokation empfunden, zeigten sie doch einen „Neuen Typ“ von „Helden“, der zum deutschen Wirtschaftswunder der 1960er Jahre einen Anachronismus darstellt, wiewohl diese Jahre uns heute als eine Zeit des Vergessens und Verschweigens immer bewusster werden. Mit Sicherheit geht der „Neue Typ“ des „Helden“ – Alter Ego einer ganzen jüngeren Künstlergeneration – seiner Zeit voraus, nimmt er doch in allen Widersprüchen der Bildsprache das politische Aufbegehren der 68er-Bewegung vorweg.
Warum stellt Baselitz seine Bilder auf den Kopf?
Dieser Prozess gipfelte darin, dass Georg Baselitz ab 1969 seine Bilder auf den Kopf stellt. Nach Rayskis Landschaftsstudie „Wermsdorfer Wald“ malte Baselitz 1969 „Der Wald auf dem Kopf“ ‒ sein erstes Bild, bei dem das Motiv auf dem Kopf steht. Damit nahm er ihm den erkennbar konventionellen Inhalt. Durch das Umdrehen der Werke ist der Betrachter unmittelbar mit Farbe und Form konfrontiert, ohne durch Bildinhalte abgelenkt zu werden, aber auch ohne auf figürliche Motive verzichten zu müssen. Diese Entwicklung lässt sich besonders eindrücklich anhand von Baselitz‘ Zeichnungen nachvollziehen. Auf ihnen tritt deutlich hervor, wie Baselitz seine Ideen intuitiv und ungehemmt entwickelt. Für den Maler stellte dieses Stürzen der Bildmotive einen gangbaren, dritten Weg zwischen Figuration und Abstraktion dar, wie er nicht müde wird zu betonen.
Seine "auf dem Kopf stehenden" Bilder wurden 1970 erstmals in der Galerie Franz Dahlem in Köln gezeigt. Mit ihnen nahm er 1972 auch an der "documenta 5" in Kassel teil. Der Erfolg ermöglichte dem Maler 1975 das unter Denkmalschutz stehende Schloss Derneburg bei Hildesheim zu erwerben (wieder verkauft 2006). Von 1977 bis 1983 hatte Baselitz eine Professur an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe inne.
Baselitz und die deutsche Vergangenheit
Im Jahr 1980 vertrat Georg Baselitz gemeinsam mit Anselm Kiefer die BRD auf der 39. Biennale von Venedig. Beide schöpften aus der Nationalgeschichte, allen voran der NS-Verbrechen, und öffneten damit die Büchse der Pandora. Der Einblick in seine Stasiakte 1995 löste bei Baselitz eine intensive Auseinandersetzung mit seiner Kindheit und Jugend in Deutschbaselitz aus, die in den „Russenbildern“ wie auch der „Remix“-Serie (2005-2010) gipfelte: Er lässt Lenin und Stalin, aber auch Marx und Engels auftreten und verwendete einen dem französischen Pointillismus entlehnten Stil.
Er lehrte als Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und an der Hochschule der Künste Berlin (1983–1988, 1992–2003).
Baselitz und die Bühne
Als Bühnenbildner gab Geor Baselitz sein Operndebüt 1993 mit Harrison Birtwistles Oper „Punch and Judy“ an De Nederlandse Opera in Amsterdam unter der Regie von Pierre Audi. Zudem stattete er u. a. György Ligetis Oper „Le Grand Macabre“ am Theater Chemnitz aus. 2018 wird er den „Parsifal“ in der Bayerischen Staatsoper ausstatten.
Ehrungen
- 1986: Goslarer Kaiserring
- 1999: Ernennung zum Ehrenmitglied der Royal Academy of Arts in London.
- 1999: Rhenus Kunstpreis
- 2004: Praemium Imperiale
- 2005: Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst