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Riehen b. Basel | Fondation Beyeler: Mondrian „Evolution“ vom Symbolismus zur Abstraktion | 2022

Piet Mondrian, Tableau No. I, 1921–1925, Öl auf Leinwand, 75,5 x 65,5 cm (Fondation Beyeler, Riehen / Basel, Sammlung Beyeler © Mondrian / Holtzman Trust, c/o HCR International Warrenton, VA USA, Foto: Robert Bayer, Basel)

Piet Mondrian, Tableau No. I, 1921–1925, Öl auf Leinwand, 75,5 x 65,5 cm (Fondation Beyeler, Riehen / Basel, Sammlung Beyeler © Mondrian / Holtzman Trust, c/o HCR International Warrenton, VA USA, Foto: Robert Bayer, Basel)

Anlässlich seines 150. Geburtstags widmet die Fondation Beyeler dem niederländischen Maler Piet Mondrian (1872–1944) eine umfassende Ausstellung mit Werken aus der eigenen Sammlung sowie wichtigen internationalen Leihgaben. Als einer der bedeutendsten und vielseitigsten Künstler der Avantgarde hat Mondrian die Entwicklung der Malerei von der Figuration zur Abstraktion massgeblich geprägt (→ Abstrakte Kunst). Anhand von 89 Werken aus privaten und öffentlichen Sammlungen in Europa und den USA zeichnet Mondrian Evolution die beeindruckende Wandlung des Künstlers vom Landschaftsmaler des 19.Jahrhunderts zu einem der führenden Protagonisten der Moderne (→ Klassische Moderne).

Mondrians frühes Werk wurde von der niederländischen Landschaftsmalerei des späten 19. Jahrhunderts bestimmt, aber auch Symbolismus und Kubismus waren von großer Bedeutung für ihn. Erst ab Anfang der 1920er Jahre konzentrierte sich der Künstler auf eine komplett gegenstandslose Bildsprache, die sich auf die rechtwinklige Anordnung von schwarzen Linien mit Flächen in Weiß und den drei Grundfarben Blau, Rot und Gelb beschränkt.

Mondrian in der Fondation Beyeler

Die Ausstellung bietet die seltene Gelegenheit, Mondrian, der nicht nur die Kunst des 20. Jahrhunderts, sondern auch weitere Bereiche wie Design, Architektur, Mode und Popkultur wesentlich beeinflusste, auf eine neue Weise zu entdecken und kennenzulernen. Es ist die erste umfangreiche Einzelausstellung des Künstlers in der Schweiz seit 50 Jahren.
Während sich die Sammlung der Fondation Beyeler vor allem auf Werke aus den späteren Schaffensphasen Mondrians konzentriert, liegt der Schwerpunkt der Ausstellung auf der Entwicklung von Mondrians Frühwerk. Seine frühen Arbeiten waren von der niederländischen Landschaftsmalerei des späten 19. Jahrhunderts bestimmt, aber auch der Symbolismus und Kubismus waren für seinen künstlerischen Werdegang von grosser Bedeutung.

Erst ab Anfang der 1920er Jahre verlegte sich Mondrian auf eine komplett gegenstandslose Bildsprache, die sich auf die rechtwinklige Anordnung von schwarzen Linien mit Flächen in Weiss und den drei Grundfarben Blau, Rot und Gelb beschränkte. Mondrians abstrakte Gemälde sind Resultate eines langen Prozesses der künstlerischen Auseinandersetzung im Spannungsfeld zwischen Intuition und Präzision und der steten, intensiven Selbstbefragung. Er selbst verstand unter Abstraktion einen Prozess der Annäherung an eine absolute Wahrheit und Schönheit, nach der er als Künstler strebte. Seine stilistische Wandlungsfähigkeit war das Ergebnis seiner fortwährenden Suche nach der Einheit und Essenz des Bildes an sich. Er selbst verwendete den Begriff der „Evolution“ – dies jedoch nicht im Sinne Charles Darwins. Für Mondrian bedeutete „Evolution“ vielmehr das Sammeln von Erfahrungen, auf denen eine neue Stufe der künstlerischen Entwicklung aufbaute, die wiederum zu weiteren Erkenntnissen führte.

Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut, lebt jedoch nicht zuletzt von der Gegenüberstellung von frühen und späten Werken, die den Wandel in Mondrians Schaffen hervortreten lassen. In neun Ausstellungsräumen begegnet man wiederkehrenden Motiven im Werk des Künstlers, darunter Windmühlen, Dünen, das Meer, sich im Wasser spiegelnde Bauernhöfe und Pflanzen in verschiedenen Abstraktionsstufen. In seinen Landschaftsbildern experimentierte Piet Mondrian mit der Leucht- und Strahlkraft der Farbe, was diese Gemälde ausgesprochen hell und kraftvoll erscheinen lässt, sowie mit dem Einfluss des Lichts und der Erfahrung von Raum, Fläche, Struktur und Reflexionen.

Das noch heute radikal wirkende Gemälde Mühle bei Sonnenschein aus dem Jahr 1908 sorgte zur Zeit seiner Entstehung bei Kritikern wegen seiner scheinbaren Explosion der Farben und skizzenhaften Maltechnik für Aufregung. Die Ausstellung präsentiert ausserdem das stimmungsvolle Werk Die rote Wolke von 1907, das den magischen und flüchtigen Moment einfängt, in dem eine Wolke durch die tief stehende Sonne rot gefärbt wird, wohingegen sich die Landschaft und der übrige Himmel noch strahlend blau darbieten. Das Bild gehört zu einer Gruppe von Werken, die Mondrian in der Dämmerung gemalt hat, wenn sich die Farben und Farbkombinationen stark verändern. Auch in seinen gezeichneten Selbstporträts von 1908 hat er sich in der Dämmerung dargestellt, die Pupillen weit geöffnet und empfänglich selbst für die geringsten durch das Licht hervorgebrachten Farbnuancen. Mondrians ebenfalls 1908 entstandenes grossformatiges Gemälde Wald bei Oele aus dem Kunstmuseum Den Haag zeigt einen Blick in Richtung Sonne, die über dem Horizont steht. Durch die hintereinander gestaffelten, im Gegenlicht rot oder violett erscheinenden Baumstämme wird die Illusion von Räumlichkeit erzeugt.

Nach den Farbexplosionen der Jahre 1907 bis 1911 griff Mondrian, angeregt durch die Begegnung mit dem Kubismus in Paris, auf weniger strahlende Farben zurück. Grau- und Ockertöne bestimmten nun den Gesamteindruck der Gemälde, und die Linie als solche wurde immer wichtiger. Mondrian setzte seine Beschäftigung mit Themen wie der Abstraktion fort. Besonders eindrucksvoll ist die Darstellung von Bäumen und ihrer Metamorphose, worin sich seine gestalterischen Beweggründe besonders anschaulich zu erkennen geben. Die Erfahrung mit diesen Bildern ermöglichte Mondrian, die Gegenständlichkeit komplett hinter sich zu lassen. Composition No. IX von 1913, eine Leihgabe aus dem Museum of Modern Art in New York, besteht aus einer Struktur ineinander verschachtelter, zumeist durch rechte Winkel charakterisierter Formen.

„New York City 1“ ist das jüngste Werk in der Ausstellung und gehört zu einer kleinen Gruppe von um 1941 entstandenen Bildern. Es zeigt eine ähnliche Konstellation wie Wald bei Oele von 1908, nur dass die spätere Komposition keinerlei Bezug zu einer realen Landschaftssituation hat, sondern „pur abstrakt“ ist. Das Werk ist unvollendet und ein wichtiges Zeugnis für Mondrians Arbeitsweise in seinen letzten Lebensjahren. Der Künstler hatte in New York begonnen, seine Bildideen zu verändern und sie mithilfe von Papierstreifen dynamischer und rhythmischer zu gestalten. Die farbigen Flächen wurden zugunsten farbiger Linien aufgegeben.

Die Ausstellung „Mondrian Evolution“ wird gemeinsam von der Fondation Beyeler und K20, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf organisiert.

Mondrian in der Fondation Beyeler: Ausstellungskatalog

mit Beiträgen von Benno Tempel, Caro Verbeek, Ulf Küster, Kathrin Beßen, Susanne Meyer-Büser, Charlotte
Sarrazin und der Künstlerin Bridget Riley, sowie ein Vorwort von Sam Keller und Ulf Küster
gestaltet von Irma Boom
264 Seiten
Deutsch und Englisch
Hatje Cantz Verlag, Berlin

Mondrian 2022: Bilder

  • Piet Mondrian, Tableau No. I, 1921–1925, Öl auf Leinwand, 75,5 x 65,5 cm (Fondation Beyeler, Riehen / Basel, Sammlung Beyeler)

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