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ARTE | LOST WOMEN ART. Ein vergessenes Stück Kunstgeschichte Erstausstrahlung am 9. Juni 2021 im TV

ARTE, Lost Women Art

ARTE, Lost Women Art

ARTE strahlt am 9. Juni 2021 ab 21.55 Uhr zum ersten Mal eine zweiteilige Dokumentationsreihe von Susanne Radelho zu Künstlerinnen des späten 19. und 20. Jahrhunderts aus.

2-teilige Dokumentationsreihe von Susanne Radelhof
MDR/ARTE, Koberstein Film
Deutschland 2020, jeweils 52 Min.

LOST WOMEN ART. Ein vergessenes Stück Kunstgeschichte

Folge 1: Vom Impressionismus bis zur Abstraktion

Der erste Teil erzählt vom weiblichen Aufbruch in der Kunstgeschichte. Von den Kunsthochschulen ausgeschlossen, erobern Künstlerinnen eigensinnig die Pariser Malsalons, organisieren sich in Künstlerinnenverbänden und emanzipieren sich gar vom Modell zur Künstlerin selbst. Über inspirierende Künstlerinnen wie Berthe Morisot, Suzanne Valadon, Julie Wolfthorn, Helene Funke, Natalja Gontscharowa und Hilma af Klint wird die Kunstgeschichte vom Impressionismus bis zur Abstraktion neu erzählt.

Berthe Morisot, Junge Frau auf dem Sofa [Jeune Femme au Divan], Detail, 1885, Öl/Lw, 61 x 50.2 cm (Tate, London; Bequeathed by the Hon. Mrs A.E. Pleydell-Bouverie through the Friends of the Tate Gallery 1968, Photo ©Tate)

Berthe Morisot


Berthe Morisot (14.1.1841–2.3.1895) war eine zentrale Persönlichkeit des Impressionismus – und mit dem Bruder von Edouard Manet, Eugène Manet, verheiratet. Morisot nahm mit ihren Bildern an der Ersten Impressionisten-Ausstellung 1874 teil und zählt damit zu den Begründerinnen des Stils. Als Tochter des Bezirkshauptmanns von Cher und Enkelin des berühmten Rokoko-Malers Jean-Honoré Fragonard kam Berthe Morisot aus einer kunstaffinen Familie, die ihre Ambitionen deutlich unterstützte. Zeitlebens stellte Morisot unter ihrem Mädchennamen aus. Berthe Morisot wurde als einer der innovativsten Künstlerinnen der Gruppe anerkannt und bildet neben Mary Cassatt und Marie Braquemond das Dreigestirn der Pariser Avantgarde der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Suzanne Valadon, Der blaue Raum, Detail, 1923, Öl-Lw, 90 x 116 cm (Centre Georges Pompidou, Paris)

Suzanne Valadon


Suzanne Valadon (1865–1938) war eine französische Malerin der Klassischen Moderne, die dem Fauvismus nahestand und ihre Karriere als Malermodell begann. Die als Marie-Clémentine Valadon in Bessines-sur-Gartempe, Haute-Vienne, Frankreich geborene Künstlerin wurde 1894 als erste Malerin in die Société Nationale des Beaux-Arts aufgenommen. Suzanne Valadon war auch die Mutter des Malers Maurice Utrillo.
Julie Wolfthorn, Das Hexchen [Mädchen mit blaugrünen Augen] (2. Fassung), Detail, 1899, Öl/Lw, 39,8 x 32,6 cm (Sammlung Jack Daulton, Los Altos Hills, Kalifornien)

Julie Wolfthorn


Julie Wolfthorn (Thorn 8.1.1864–29.12.1944 Ghetto Theresienstadt) war eine deutsche Malerin des Impressionismus und des Jugendstils. Vor allem als Porträtistin der gehobenen Gesellschaft und von Künstler*innen machte sich Wolfthorn Mitte der 1890er Jahre einen Namen. Dies begünstigte ihre Aufnahme in die Berliner Secession, die sie 1898 mitbegründete und der sie bis 1913 die Treue hielt. Darüber hinaus war Julie Wolfthorn ein wichtiges Mitglied der Berliner Frauenbewegung.

Hilma af Klint


Hilma af Klint (1862–1944), eine Pionierin der Abstraktion, schuf bereits 1906 erste nichtfigurative Kompositionen, zeigte diese jedoch zu Lebzeiten nur auserwählten Eingeweihten. Sie verfügte in ihrem Testament, dass diese Bilder erst 20 Jahre nach ihrem Tod ausgestellt werden dürfen, da sie vermutete, dass ihre Zeitgenossen sie nicht verstünden. Die Komplexität ihrer Symbolsprache macht es auch heute nicht leicht, Hilma af Klints Werk zu begreifen, ist sie doch in hohem Maße den esoterischen Strömungen ihrer Zeit geschuldet. Dennoch strahlen ihre Bilder eine Ruhe und Ausgewogenheit aus, durch die die Künstlerin nachweisbar das „Wissen von der Einheit allen Seins“ vermitteln wollte.
Helene Funke, Drei Frauen (Drei Mädchen), Detail, 1915, Öl/Lw, 98 x 81 cm (Lentos Kunstnumseum Linz)

Helene Funke


Helene Funke (1869–1957) war eine Malerin und Grafikerin der Klassischen Moderne. Die in München und Paris ausgebildete Künstlerin war von Japonismus, Fauvismus und Kubismus geprägt. Ab 1913 in Wien lebend, zählt sie zu den wichtigen Protagnistinnen des Expressionismus. Während der 1920er Jahre späte auch die Neue Sachlichkeit eine wichtige Rolle für Helene Funkes Schaffen. Funke beschäftigte sich vornehmlich mit Porträts und Landschaften, schuf aber auch Frauenbilder, die bis heute viele Rätsel aufgeben.

Natalja Gontscharowa


Natalja Gontscharowa (Nagajewo 16.6.1881–17.10.1962 Paris) war einen russisch-französische Malerin der Klassischen Moderne und Protagonistin des Rayonismus. Sie gehört zu den international bekanntesten und am meisten gefälschten Künstlerinnen der russischen Avantgarde. Nach erster Auseinandersetzung mit Impressionismus und Postimpressionismus wandte sich Gontscharowa der russischen Volkskunst zu und schuf erste expressionistische Bilder. Mit dem Maler Michail Larionow bildete sie das Gründerpaar der russischen Avantgarde. Vor allem ihre gemeinsame Tätigkeit zwischen 1905 bis 1914 ist vom Wunsch geprägt, ein Modell eines emanzipierten, modernen Künstlerkollektivs in die Realität zu übertragen.

Folge 2: Vom Neuen Sehen bis zur feministischen Avantgarde

Der zweite Teil stellt Künstlerinnen vor, die selbstbewusst an den Kunstakademien studieren, impulsgebend Künstlergruppen prägen und das neue Medium erobern. Doch der Zweite Weltkrieg stürzt Europa in eine tiefe Zäsur, reißt unzählige KünstlerInnen ins Vergessen und wirft die beginnende Emanzipation der Frau um Jahrzehnte zurück. Doch Künstlerinnen behaupten sich gegen alle Widerstände und machen Ungleichheit und Geschlechterkonstrukte zum Gegenstand ihrer neuen Kunst. Mit Germaine Krull, Leonora Carrington, Lotte Laserstein, Elfriede Lohse-Wächtler, Charlotte Salomon, Elisabeth Voigt, Kiki Kogelnik und Valie Export wird sich Künstlerinnen vom Neuen Sehen bis zur Feministischen Avantgarde gewidmet.

Online verfügbar vom 9. Juni bis zum 15. Juni 2021

Germaine Krull, Elfriede Lohse-Wächtler, Elisabeth Voigt und Valie Export

Lotte Laserstein, Abend über Potsdam, Detail, 1930, Öl auf Holz, 111 x 205,7 cm (Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin, Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Roman März © VG Bild-Kunst, Bonn 2018)

Lotte Laserstein


Die deutsch-schwedische Malerin Lotte Laserstein (28.11.1898–21.1.1993) gehört zu den wichtigen Wiederentdeckungen der letzten Jahre. Ihr Werk zeichnet sich durch ebenso sensibel wie eindringlich gestaltete Porträts aus den späten Jahren der Weimarer Republik aus. Lasersteins Arbeiten der 1920er und 1930er Jahre markieren den Glanzpunkt ihres Schaffens. Obwohl getauft, wurde sie von den Nationalsozialisten als jüdisch eingestuft und wurde 1937 in die Emigration nach Schweden gedrängt. Dort konnte sich Lotte Laserstein zwar einen Ruf als Auftragsporträtistin aufbauen, in Deutschland wurde sie jedoch gänzlich vergessen. Erst seit der Jahrtausendwende wird Laserstein zunehmend als wichtige Position innerhalb der Neuen Sachlichkeit wahrgenommen. Im Kontrast zu den meist männlichen Kollegen wandte sie sich mit altmeisterlicher Technik dem Bild der „Neuen Frau“ zu. Damit fing sie zum einen das Lebensgefühl der späten Weimarer Republik ein und prägte in ihren Werken, die in vielen Magazinen abgedruckt wurden, das Bild der modischen, arbeitenden Frau aus einer weiblichen Perspektive.
Charlotte Salomon, Leben oder Theater

Charlotte Salomon


Charlotte Salomon (Berlin 16.4. 1917–10.10. 1943 Auschwitz) war ein deutsch-jüdische Künstlerin des Expressionismus. Salomon ist heute vor allem für den autobiografischen Zyklus „Leben? oder Theater? Dreifarben Singspiel“ (1941–1942, Jüdisches Historisches Museum, Amsterdam) bekannt, in dem Kunst und Literatur, Film und Musik spielerisch miteinander verwoben werden. Am 24. September 1943 wurde Charlotte Salomon aus Südfrankreich deportiert und kam am 10. Oktober in Auschwitz an. Da die 27-Jährige Charlotte schwanger war, wurde sie sofort vergast. Ihr Werk umfasst 1.325 Gouachen und Texte auf Pauspapierblätter.
Leonora Carrington, Selbstbildnis in der Auberge du Cheval d'Aube, 1937/38, Öl auf Leinwand (The Metropolitan Museum of Art, New York © VG Bild-Kunst, Bonn 2020)

Leonora Carrington


Leonora Carrington (1917–2011) war eine Malerin und Schriftstellerin des Surrealismus. Carringtons Werk hat nicht viel gemein mit der Welt freudscher Symbole, die Schlüssel zu Traumbildern und folglich zu ihrer Dechiffrierung liefern. Vielmehr bewegte sich Leonora in einer Sphäre des Seherischen: Die Stoffe, mit denen sie arbeitete, rührten nicht allein aus Träumen her. Ihre Fantasien führten zu lebhaften Bildern, übertragen auf eine mentale Landschaft.

Kiki Kogelnik, Fly Me to the Moon, 1963, Acryl und Öl auf Leinwand, 244,2 x 184,3 cm (© Kiki Kogelnik Foundation Wien - New York)

Kiki Kogelnik


Kiki Kogelnik (1935-1997) war eine österreichisch-US-amerikanische Künstlerin. Ihr Werk führt von ersten geometrischen, dann gestisch-abstrakten Werken zur berühmten „Space Art“ – Kogelniks Begriff für ihre individuelle Ausprägung der Pop Art – bis hin zum bisher wenig beachteten Spätwerk vor. Mit ihren Hangings und Selbstbildnissen reagierte sie auf eigenständig kreative Art auf die New Yorker Kunstszene der 60er und 70er Jahre.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.