Ernst Ludwig Kirchner reiste nie viel und verbrachte den Großteil seines Lebens in Deutschland und der Schweiz. Dennoch zieht sich seine Suche nach dem Exotischen und Ursprünglichen, nach anderen Ländern und Kulturen wie ein roter Faden durch Leben und Werk des Mitbegründers der Künstlergemeinschaft „Die Brücke“. Der berühmte Expressionist schuf farbenprächtige Bilder aus der Fantasie. Wenn er auch fremde Welten beschwor, so blieb er doch seiner Lebensrealität stets verhaftet.
Deutschland / Bonn: Bonner Kunsthalle
16.11.2018 – 3.3.2019
Zu den wichtigsten Quellen von Kirchners Kunst gehörten außereuropäische Kulturen und Volkskunst (→ Ernst Ludwig Kirchner: Biografie). Da Kirchner und seine Künstlerfreunde einen Lebensstil fernab der etablierten, bürgerlichen Lebensform suchten, richteten sie sich ihre Wohnungen und Ateliers exotisch ein. Kirchner dekorierte die Wände mit Farbe und Textilien, ja, er schnitzte sogar seine eigenen Möbel (→ Picasso war ein Afrikaner!). Die meisten Alltagsgegenstände sind verloren, aber Fotografien, Skizzen und sogar Gemälde belegen Ernst Ludwigs Interesse am „Anderen“. Einige Möbelstücke, wie ein Stuhl aus Kamerun, der in seinem Atelier in Berlin stand, und ein Bett, dass er für seine Lebensgefährtin Erna Schilling schnitzte, werden ausgestellt. Letzteres verweist in seiner Motivik sowohl auf afrikanische wie Schweizer Volkskunst.
In Kirchners mittlerer und späten Phase, als er in den Schweizer Alpen lebte, wandte er sich der lokalen Volkskultur zu. Seine Begeisterung für die einfache Lebensweise, der Kontakt mit der Natur ließen ihn Sujets und Techniken der Schweizer Volkskunst in seine Gemälde und Skulpturen einbauen. Diese Auseinandersetzung mit dem Lokalen führte zu Kirchners selbst so betitelten „neuen Stil“ der späten 1920er Jahre.
Die retrospektive Ausstellung mit mehr als 180 Kunstwerken, davon 50 Gemälden, zeichnet Kirchners Lebensweg und Schaffen nach. Zu den Themenbereichen zählen Kirchners Ateliers in Dresden und Berlin (→ Ernst Ludwig Kirchner: Die Berliner Jahre), seinem Wunsch nach Lebensreform an den Moritzburger Teichen und der Insel Fehmarn; seine Dienstzeit als Soldat und Traumatisierung; Behandlung in verschiedenen Sanatorien und Rückkehr zum Porträt als Zeichen der eigenen Identitätskrise; Jahre in Davos. Sie veranschaulicht, wie er gesellschaftliche und künstlerische Einflüsse immer wieder neu verarbeitete und dabei auch persönlich und malerisch Neuland betrat. Gemälde, Arbeiten auf Papier, Skulpturen, Schnitzereien, Textilien, Möbel und Fotografien kommen aus dem Bestand des Kirchner Museum Davos – und werden durch Leihgaben internationaler Museen ergänzt.
Kuratiert von Katharina Beisiegel (Art Centre Basel) und Thorsten Sadowsky (Kirchner Museum Davos) kuratiert und vom Art Centre Basel in Zusammenarbeit mit der Bundeskunsthalle organisiert.