Gustav Klimts (1862–1918) lebenslange künstlerische Auseinandersetzung mit der Natur – aber auch die Kunstnatur des Jugendstil – ist das Thema der Ausstellung im Gustav-Klimt-Zentrum 2019. Zwischen dem 22. Juni und dem 14. Juli 2019 wird das originale Gemälde „Litzlbergkeller“ (1915/16) am Attersee präsentiert – und kehrt damit nach über 100 Jahren zum ersten Mal an seinen Entstehungsort zurück. „Das Werk befand sich in Besitz von Otto und Eugenia Primavesi exzellentes Beispiel für Klimts Spiel mit Fläche und Raumillusion“, stellt Sandra Tretter, Geschäftsführerin der Gustav Klimt | Wien 1900-Privatstiftung, fest.
Österreich / Schörfling (OÖ): Gustav-Klimt-Zentrum
Allee von Schloss Kammer Hauptstraße 30
1.5. – 27.10.2019
Das Gebäude war als Lagerkeller errichtet und als eine Jausenstation verwendet worden. Mithilfe eines Teleskops „zoomte“ sich Gustav Klimt an sein Sujet heran. Dies führte dazu, dass die Tiefenräumlichkeit des über Eck stehenden Hauses eingeebnet wird. Die in Fotografien nachweisbare Treppe zum Attersee scheint dem Maler nicht ins Konzept gepasst zu haben. Sie fehlt. Stattdessen führte er die reiche Vegetation in mannigfaltigen Grüntönen aus und kombiniert dazu noch Violett und Dunkellila. Auf den Einfluss französischer Malerei – allen voran der Werke von Paul Cézanne und Henri Matisse – sei an dieser Stelle nur kurz hingewiesen.
Florale Welten im Gustav-Klimt-Zentrum führt Klimts „Sehnsucht nach dem Attersee“ mit seiner Leidenschaft für alles Blühende zusammen. Klimts Gedicht „Die Wasserrose“ vom 10. Juli 1917 aus dem Besitz der Klimt-Foundation vermittelt einen Eindruck von dessen verlebendigten Naturvisionen. Wenn der Wasserrose um einen schönen Mann „weh“ ist, dann verbindet der Maler auf romantische Weise die Welt der Blume mit jener der Menschen. Die alljährlichen Sommerfrische-Aufenthalte inspirierten den Wiener Maler, sich mit Natur und Blumengärten auseinanderzusetzen. Eingebettet ist das Werk Klimts in florale und vegetabile Schöpfungen des Jugendstil, von Alfons Muchas Plakaten mit floral-weiblichen Motiven zu Fliesendekor, von Koloman Mosers vegetabil dekorierter Vase und Bertold Löfflers Blumen tragender Putto.
Der Klimt-Garten zwischen dem Gustav-Klimt-Zentrum und der Marina versammelt viele jener Blumen, die Klimt in seinen Bildern von vermutlich oberösterreichischen Bauerngärten verewigt hat. Wie schon häufig beobachtet, blühen die Blumen in den Klimt-Werken nicht alle zur gleichen Zeit. Dennoch haben Christoph Hauser – raumplan A, Peter Weinhäupl und Sandra Tretter es geschafft, sechs der bedeutendsten Bilder des Wiener Künstlers wieder zum Leben zu erwecken. Neun Hochbeete sind im Quadrat organisiert, in der Mitte ein Wassergarten und flankierende Rosenbeete.
Klimts „Gartenliebe“ setzt sich deutlich von den Gartenfantasien seines besten Freundes Josef Hoffmann ab. Plante Hoffmann – unter anderem für das Palais Stoclet als Gesamtkunstwerk – einen streng formalistischen, farbig reduzierten Garten, so zog Klimt eindeutig den wilden, bäuerlichen, d.h. farbig kontrastreichen und bunten Garten vor. Obschon die beiden für das Palais Stoclet zusammengearbeitet haben, und Klimt dafür den Stoclet-Fries als streng stilisierte Paradiesvorstellung entwarf (Originale im MAK, Reproduktion im Gustav-Klimt-Zentrum), widmete er sich den wild wuchernden Beeten und blühenden Mohnwiesen.
Gustav Klimt und die blühende Natur ist das Thema des vierten Bandes der Edition Klimt, herausgegeben von der Klimt-Foundation. Ausgehend von einer Beschreibung von Klimts Ateliers führt Sandra Tretter in die Entwicklung floraler Motive in dessen Werk ein. Den internationalen Kontext zum floralen Jugendstil liefert der Aufsatz von Peter Weinhäupl. Laura Erhold analysiert die Symbolsprache der Pflanzen. Alexandra Matzner widmet sich in zwei Beiträgen den Vorläufern, auf die Klimts Gartenbilder Bezug nehmen, und der kulturhistorischen Bedeutung des Gartens um 1900. In der Zusammenschau zeigt sich, dass Gustav Klimts intensive Beschäftigung mit der Pflanzenwelt, den Gärten, der Natur eine Folge der internationalen Gartenbaubewegung war. Für den Maler erlangte eine einzelne Blüte sogar eine kosmische Bedeutung, wenn er meinte, dass sein Gartenparadies „einem Sternenhimmel gleicht“.
Der sich kontinuierlich wandelnde Maler fühlte sich schon in frühen, naturalistischen Studien der Blumenwelt zugezogen. Er zeichnete eine Serie von Rosen, die stilistisch und motivisch in der Nachfolge des Spätbiedermeier anzusiedeln ist. Noch verrät nichts, dass sich der Maler um 1900 der impressionistischen und dann pointillistischen Malweise zuwenden würde. Nach der Überblicksausstellung zum französischen Impressionismus 1903 in der Wiener Secession wandte sich Klimt verstärkt Blumenwiesen und Bauerngärten zu.
Gustav Klimt: Florale Welten
Edition Klimt, Band 4
Sandra Tretter, Peter Weinhäupl (Hg.)
Mit Beiträgen von Laura Erhold, Alexandra Matzner, Sandra Tretter und Peter Weinhäupl
ISBN 978-3-7106-0116-3
Brandstätter Verlag, Wien, 2019