Albrecht Dürer: Niederländische Reise

Zwischen dem 12. Juli 1520 und dem 15. Juli 1521 reiste Albrecht Dürer gemeinsam mit seiner Ehefrau Agnes und der Magd Susanna auf eigene Kosten in die Niederlande. Dank des Tagesbuchs oder „Journals“, das der Künstler führte, zählt dieses Lebensabschnitt zu den am besten dokumentierten überhaupt (→ Albrecht Dürer: Biografie). Das Original ist zwar verloren, aber Abschriften aus dem 17. Jahrhundert überliefern seinen Inhalt. Dürers „Tagebuch“ beginnt mit den Worten:

„Am pfingsttag nach Chilianj hab ich, Albrecht Dürer, uff mein verkosten und außgeben mich mit meinem weib von Nürnberg hinweg in das Niederland gemacht.“

Eigentliches Ziel der Aufzeichnungen: einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu erhalten. Doch Dürer schuf mit seinem Tagebuch eine einzigartige Quelle zu seinem Leben und der Kulturgeschichte seiner Zeit.

Äußerer Grund für die Reise

Dürer war als Delegationsmitglied des Nürnberger Rates zu den in Aachen stattfindenden Krönungsfeierlichkeiten von Karl von Burgund zum deutschen König eingeladen worden. Er sollte für die künstlerische Ausstattung des Nürnberger Rathauses vorbereiten, da Karl V. den Reichstag 1521 nach Nürnberg berufen hätte sollen (er wählte Worms). Die Wandmalereien für den großen Rathaussaal sollten daher auf ikonografischen Bildprogrammen in Rathäusern der Niederlande basieren.

Persönlicher Grund für die Reise

Die Bestätigung der ihm vom Kaiser zugesicherten lebenslangen Leibrente von 100 Gulden, die ihm Kaiser Maximilien I. bewilligt hatte. Dieses Jahresgehalt erhielt er von Statthalterin Margarete von Österreich am 12. November 1520 in Köln.

Künstlerische Produktion

Albrecht Dürer war während dieser Reise sehr produktiv. Außerdem lernte er eine beachtliche Anzahl berühmter Künstlerkollegen kennen, die ihn als berühmten Künstler empfingen und zu seinen Ehren Bankette veranstalteten.

Finanzierung

Zur Finanzierung der Reise führte Albrecht Dürer Druckgrafiken mit, die er verkaufte oder verschenkte. Aufträge, wie das von König Christian II. von Dänemark erbetene Porträt, bildeten die Ausnahme.

Reiseroute

Die Reiseroute führte Dürer von Nürnberg über Forchheim nach Bamberg, weiter mit dem Schiff main- und rheinabwärts bis Köln. Dann zog er über Land bis Antwerpen, wo er sich am 3. August 1520 in einem Gasthaus einquartierte. Schon am ersten Tag wurde er vom Antwerpener Vertreter der Fugger zum Abendessen eingeladen. Zwei Tage später richtete ihm die Zunft der Maler ein Festessen in ihrem Gildehaus aus, bei dem der Künstler mit den führenden Künstlern der Stadt zusammentraf.

Von Antwerpen aus besuchte er ohne Agnes vom 26. August bis zum 2. September Mecheln und Brüssel. Im Oktober und November unternahm Dürer eine Rundreise von Antwerpen nach Aachen, Jülich und Köln. Zwischen dem 22. November und dem 2. Dezember 1520 hielt sich der Maler wieder in Antwerpen auf. In den ersten zwei Dezemberwochen unternahm er einen Abstecher nach Seeland, um einen gestrandeten Wal zu sehen. Den Winter verbachte Dürer durchgehend in Antwerpen. Erst zwischen dem 6. und 11. April 1521 besuchte er Brügge und Gent. Am 6. und 7. Juni weilte der Maler erneut in Mecheln. Die Rückreise erfolgte vom 3. Juli von Antwerpen aus und ging über Brüssel nach Köln.

In Antwerpen erlebte Dürer den feierlichen Einzug des späteren Karls V., doch konnte er ihn weder in Antwerpen noch in Brüssel persönlich treffen. Am 4. Oktober 1520 brach er deshalb von Antwerpen auf, um nach Aachen zu fahren. Dort nahm er am 23. Oktober 1520 an den Krönungsfeierlichkeiten von Karl V. im Dom teil.

Künstlerfreunde

Während seiner Niederländischen Reise traf Albrecht Dürer diese Künstler:

  • Bernard von Orley: Hofmaler in Brüssel
  • Joachim Patinir: Von Joachim Patinir erhielt Dürer die kleine „Landschaft mit dem Untergang von Sodom und Gomorrha“ als Geschenk. Der Nürnberger bezeichnete Patinir in seinem „Journal“ als „gut landschafft mahler“, verkehrte mit ihm regelmäßig und entwarf Staffagefiguren für dessen Gemälde. Patinier lud Dürer zu seiner Hochzeit ein.
  • Jan Provost
  • Dirk Vellert
  • Lucas van Leyden: Lucas van Leyden kam eigens aus dem Norden an die Schelde, um Dürer zu treffen. Der jüngere Maler hatte sich auf dem Gebiet der Druckgrafik als Konkurrent Dürers zu etablieren begonnen. Der Nürnberger nennt van Leyden im „Tagebuch“ daher abschätzig „kleins männlein“.
  • Tommaso Vincidor
  • Conrat Meit
  • Gerhard Horenbout und seine Tochter Susanna Horenbout
  • Jan Mone
  • Quentin Massys traf Dürer offenbar nicht persönlich an, war aber im August 1520 Gast in dessen Haus.

Von Dürer besichtige Kunstwerke:

  • Stephan Lochner, Kölner Altar: Albrecht Dürer ist der einzige, der Lochners Namen dokumentierte.
  • Rogier van der Weyden, Gerechtigkeitsbilder
  • Michelangelo Buonarroti, Brügger Madonna
  • Jan van Eyck, Genter Altar
  • Münster von Aachen: Dürer würdigte die karolingische Architektur als erster und zeichnete gotische Skulpturen vom Grabmal der Isabella von Bourbon (verstorben 1465).
  • Jan Gossaert, Altarbild in der Kirche von Middelburg (1568 verbrannt)
  • Werke von Jacopo de’ Barbari und Hugo van der Goes.

Er muss aber auch Bilder von Hans Memling, Gerard David und Dirk Bouts gesehen haben. Weiters muss er auch die Goldschätze aus Mexiko (Azteken) in Brüssel gesehen haben, die Karl V. im Juli 1519 erhalten hatte. Dürer zeigte sich davon sehr beeindruckt.

An berühmten Gelehrten und Humanisten besuchte er Erasmus von Rotterdam, Sebastian Brant, Petrus Ägidius, Corneius Grapheus und Adriaen Herbouts. In Mecheln besuchte er Margarete von Österreich; Dürer besichtigte die Kunstsammlung der Regentin der Niederlande und Tante des Kaisers.

Dürers Skizzenbücher 1520/21

Dürers eigene künstlerische Produktion in diesem Jahr 1520/21 ist unglaublich reich. Neben dem „Tagebuch“ nutzte der Maler zwei Reiseskizzenbücher, eines für Federzeichnungen und ein zweites mit präpariertem Papier für Silberstiftzeichnungen, die später in Einzelblätter zerlegt wurden. Die teilweise erhaltenen Zeichnungen sind über mehrere Sammlungen verstreut.

Er schuf etwa 150 gezeichnete Bildnisse, von denen rund 40 erhalten sind, und sechs Ölgemälde. Die Zeichnungen sind entweder in Kreide oder Kohle ausgeführt. Die gezeichneten Porträts verschenkte Dürer, was die Beschenkten „zwang“ sich mit weiteren Einladungen oder Geldgeschenkten zu revanchieren. Die meisten gezeichneten Porträts zeigen Kaufleute, allerdings hielt Dürer auch einige Künstlerkollegen fest, darunter Bernard van Orley, Jan Provoost und Joachim Patinier, den Bildhauer Conrat Meit sowie den dänischen König Christian II. Weiters haben sich von zwei Skizzenbüchern Federzeichnungen und mit Silberstiftzeichnungen fragmentarisch erhalten.

Das Skizzenbuch mit den Silberstiftzeichnungen benutzte Dürer sehr sparsam. Dabei füllte er meist nur eine Hälfte des Blattes. Etwas später fügte er eine zweite Zeichnung hinzu, die spannende Motivpaarungen ergeben. Die Chronologie der auf den Vorder- und Rückseiten angebrachten Silberstiftzeichnungen ist daher nicht strikt. Manchmal wirken die Zeichnungen und Skizzen, als würden sie einander motivisch ergänzen. Die Zeichnung „Porträt eines jungen Mannes und Blick auf Sankt Michael in Antwerpen“ (Musée Condé, Chantilly) verbindet ein nahsichtiges Porträt mit der Stadtsilhouette von Antwerpen.

So zeichnete er entweder Anfang November 1520 oder Mitte Juli 1521 in Köln ein Mädchen, das er in der dritten Juli-Woche 1521 während der Heimfahrt am Rhein bei Boppard mit einem Porträt seiner Frau Agnes erweiterte. Auf der Rückseite des Albertina-Blattes befindet sich die Zeichnung eines „Liegenden Löwen“, den er am 10. April 1521 im fürstlichen Tiergarten entdeckte. Das Mädchen könnte die Tochter seines Vetters Niklas Dürer gewesen sein, bei dem der Nürnberger Anfang 1520 zu Gast war. Vielleicht ging es dem Künstler vordergründig um die Gegenüberstellung zweier Trachten, jener aus Köln mit der charakteristischen Haube (sog. Stickelchen) und Nürnberg, doch setzt er auch zwei unterschiedliche Lebensalter einander gegenüber.

Erasmus von Rotterdam

Eines der bekanntesten Porträts aus dieser Phase ist jenes von Erasmus von Rotterdam, den Dürer in der ersten Augusthälfte 1520 in Antwerpen und erneut zwischen dem 28. August und dem 2. September 1520 in Brüssel traf. Dürer schenkte Erasmus von Rotterdam seine „Kupferstichpassion“. Beide Male porträtierte er den berühmten Humanisten. Davon ist allerdings nur die Brüsseler Kohlezeichnung im Louvre erhalten. Der Kupferstich von 1526 zeigt Erasmus im Dreiviertelprofil, was wohl auf Basis der verlorenen Zeichnung entstanden ist. Dürer zeigt den Gelehrten bei der Arbeit am Schreibpult stehend. Blick und Richtung der Faltenwürfe treffen sich am Pult und bilden ein imaginäres Zentrum der Komposition.

Der Gelehrte, der mit dem Nürnberger Humanisten und Dürer-Freund Pirckheimer in Kontakt stand und schon früh von Dürer gehört hatte, wollte sich unbedingt vom Nürnberger Künstler malen lassen. In einem Brief an Pirckheimer vom 8. Januar 1525 ist von dem berühmten Maler die Rede:

„Ich würde gern von Dürer gemalt werden; warum nicht von einem so großen Künstler? Aber wie kann das bewerkstelligt werden? Er hatte in Brüssel mit einer Kohlezeichnung begonnen, aber nun, so mein Eindruck, hat er mich längst vergessen.“

Auch wenn es nie dazu gekommen ist, so setzte Erasmus doch den Kupferstich von 1526 für die Verbreitung seiner Ideen ein. Immerhin handelt es sich um Dürers letzten und größten Kupferstich. Er sezt auf den Tisch eine Vase mit Maiglöckchen und Veilchen, sieben Folianten im Vordergrund verweisen auf die Belesenheit des Gelehrten. Die Schrifttafel trägt nicht nur das berühmte Monogramm des Künstlers, sondern auch die Inschrift in Latein und Altgriechisch:

„Bild des Erasmus von Rotterda, von Albrecht Dürer nach lebendem Vorbild gezeichnet. Das bessere (Bild) werden die Schriften zeigen.“

Porträts

Von den sieben gemalten Porträts der Niederländischen Reise sind drei erhalten. Das „Porträt eines Mannes“ (Museo Nacinalo del Prado, Madrid) zeigt einen Unbekannten mit breitkrempigem Hut, Nerzkragen und einem zusammengerollten Blatt in seiner Linken. Auch wenn die Identität des Dargestellten nicht bekannt ist, so ist Dürer imstande, den Eindruck von Entschlossenheit und energischem Charakter zu vermitteln. Der Kleidung nach zu urteilen, handelt es sich wohl um einen Kaufmann bzw. Geschäftsmann. Die formale Lösung verweist auf die reiche Tradition der niederländischen Porträtmalerei, auf die auch Dürer fußt. Das nahsichtig wiedergegebene Bildnis zeigt den Unbekannten en face bis etwa zur Taille. Die Hände und das Gesicht sind die wichtigsten Ausdrucksmittel, weshalb der Maler sie mit der Lichtsetzung besonders betont. Die räumliche Wirkung wird durch den dunklen Hintergrund noch gesteigert.

Hl. Hieronymus

Unmittelbar nach seiner Ankunft in Antwerpen zeichnet Albrecht Dürer den Hafen der Stadt und den Kopf eines 93-jähigen Mannes, dem er dafür „drei Stüber“ zahlte und den er als „Hl. Hieronymus“ einsetzte. Insgesamt vier Pinselzeichnungen auf grauviolett grundiertem Papier in der Wiener Albertina und eine weitere im Kupferstichkabinett Berlin zeigen die vorbereitenden Arbeiten des Künstlers. Da Dürer in Antwerpen in einem Gasthaus arbeitete, darf man annehmen, dass er gleichsam unter den Augen der Öffentlichkeit dieses Werk schuf. Die vorbereitenden Pinselzeichnungen zählten zu den präzisen Vorbereitungen und virtuosen, eigenständigen Kunstwerken, mit denen er gleichzeitig auch um die Bewunderung seines Kreises buhlte und seinen Ruf als „Apelles Germaniae“ (Conrad Celtis, um 1500) gerecht werden konnte.

Bereits am 3. August 1520 porträtierte Dürer den portugiesischen Kaufmann João Brandão, der als Faktor der portugiesischen Krone fungierte. Dessen enger Mitarbeiter Rui Fernandes de Almada war im September 1519 in Nürnberg gewesen, um dort ostindische Gewürze gegen Kupferbarren und Rüstungsprodukte zu tauschen. Vermutlich hat de Almada Dürer bereits im Herbst kennengelernt. 1520 knüpfte Dürer einen engen Kontakt zu den beiden Portugiesen, die ihn regelmäßig zum Essen einluden und – vor allem mit kostbaren Süßigkeiten – Zuckerwerk, Marzipan, Konfekt und Kompott – beschenkten. Der Maler revanchierte sich dafür mit Bildnissen der Freunde, gemalten Andachtsbildern und Druckgrafiken: João Brandão und sein Amtsnachfolger Francesco Pesão erhielten im Januar 1521 jeder einen „Christus mit der Dornenkrone“. Den „Heiligen Hieronymus im Studierzimmer“ schenkte er im April 1521 Rui Fernandes de Almada und porträtierte den Beschenkten im März oder April auch noch.

Am 16. März 1521 erwähnte der Maler das Werk zum letzten Mal in seinem „Tagebuch“, als er vom Schreiner einen verbesserten Rahmen hatte anfertigen lassen:

„Jch hab ein Hieronymus mit fleiß gemahlt von öllfarben und geschenckt dem Ruderigo von Portugal, der hat der Susanna [Dürers Magd] ein ducaten zu trinckgelt geben.“

Der „Heiliger Hieronymus im Studierzimmer“ (1521, Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon) verbindet die Tradition des Hieronymus im Gehäuse und Dürers „Melancholia“-Stich. Grundlegende Veränderung im Vergleich zum Kupferstich des gleichen Themas von 1514 ist die Nahsichtigkeit des Heiligen. Außerdem fällt das Fehlen des Löwen und des Kardinalshutes auf. Der greise Kirchenvater ist in ein leuchtend rotes Gewand gehüllt, dahinter setzte Dürer eine grüne Wand (Komplementärkontrast). Der naturalistische Kruzifixus, das Schreibpult, Bücher, Schädel und Tintenfass erscheinen wie ein Stillleben. Die Ausführung des Bildes in äußerst feinmalerischer Manier kann als Hommage an die altniederländischen Meister gedeutet werden.

Der auf die Hand gestützte Kopf gilt seit der Antike als Gestus der Melancholie. Der bärtige Heilige deutet ostentativ auf den Totenschädel, was das Werk zu einem Memento Mori macht. Er verdeutlicht die Vergänglichkeit und die Flüchtigkeit menschlichen Ehrgeizes und Strebens. Während er auf den Schädel deutet, blickt der Heilige aus dem Bild heraus. Weiters zeigt Dürer den Kirchenvater beim Übersetzen der Bibel, wodurch der Heilige als Vorwegnahme Luthers erscheint. Seit 1517 gab der Reformator seine eigenen Bibel-Übersetzungen heraus, Bekanntheit dafür erlangte er allerdings erst nach 1521. Im Lauf des 16. Jahrhunderts wandelte sich die Funktion des hl. Hieronymus, wurde er doch in der Reformation zunehmend als Patron der Humanisten, Gelehrten, Sprachkundigen und Übersetzer angesehen.

Das Bild wurde von den Zeitgenossen so begeistert aufgenommen, dass ihn Lucas van Leyden (1494–1533) verändert abzeichnete (Ashmolean Museum, Oexford), Marinus van Reymerswaele kommerziell ausbeutete und Joos van Cleve (1485–1540) und dessen Werkstatt ab 1528 mehrfach paraphrasierte (v.a. den Totenschädel). Auch der Dürer-Schüler Georg Pencz ahmte die Komposition nach. Insgesamt sind über 120 Kopien und freie Imitationen des „Hl. Hieronymus“ bekannt.

Tiere

Zu den bekanntesten Tierzeichnungen aus dem Jahr 1521 zählt die in dieses Jahr datierte Darstellung eines Walrosses (British Museum, London). Die lavierte Federzeichnung ist eigenhändigt beschriftet:

„1521 Das dosig thyr van dem jch do das hawbt / contrefett hab ist gefangen worden / jn die niderlendischen see vnd / was XII ellen lang / brawendisch mit für fussen [Das exotische Tier, dessen Haupt ich porträtiert habe, wurde in der niederländischen See gefangen und was 12 Brabanter Ellen lang mit vier Füßen] AD“

Ob es sich um ein lebendiges oder ein bereits ausgestopftes Tier handelte, das Dürer zeichnete, kann nicht eindeutig bestimmt werden.

Krankheit

Im Dezember 1520 reiste Albrecht Dürer nach Seeland (Bergen op Zoom, Middelburg, Walcheren und Zierikzee), um einen gestrandeten Wal zu begutachten. Dieser war allerdings von der Flut erfasst und wieder zurück ins Meer gespült worden, bevor Dürer angekommen war. Während dieses Aufenthalts infizierte sich der Maler mit einer unbekannten Krankheit, als deren Symptome er Fieber, Ohnmacht, schlechtes Befinden und Kopfweh beschrieb. Es wird vermutet, dass sich Dürer mit der Malaria angesteckt haben könnte.

Fazit des Künstlers

Am 15. Juli 1521 kam Albrecht Dürer mit seiner Ehefrau und ihrer Magd in Köln an, wo die Niederländische Reise mit einem Aufenthalt bei seinem Vetter ihren Abschluss fand. Danach findet sich kein Eintrag mehr in Dürers Tagebuch.

Wenn der Künstler sich am Ende seiner Reise in die Niederlande sicher war, dass sie sich für ihn finanziell nicht ausgezahlt hätte, so muss es dem Künstler doch gefallen haben, all die Ehrungen der Zünfte entgegenzunehmen. Das Tagebuch zeigt ihn als heiteren, geselligen und menschenfreundlichen Künstler. Er ging mit Geld recht locker um, verlor immer wieder beim Spiel, verschenkte viel und freute sich an den vielen Geschenken und Einladungen, die er erhielt. Zwei Mal kaufte sich der Maler während der Niederländischen Reise eine Brille.

Einen stilistischen oder ikonografischen Einfluss auf seine Kunst lässt sich nicht nachweisen, dafür war der Künstler zu überzeugt von seiner Leistung. Daher kann man nur auf den beginnenden „Nachruhm“ und die Mythisierung Dürers hinweisen, wenn Hans Schwarz bereits 1520 eine „Porträtmedaille auf Albrecht Dürer“ (1520, Kunsthistorisches Museum Wien) anfertigte.

Als Albrecht Dürer Ende Juli 1521 wieder in Nürnberg ankam, hatte er seine letzte Reise damit beendet. Die Stadt bereitete sich auf die Versammlung der Reichsstädte vor (1522). Dürer wurde beauftragt, die Wandmalereien des Nürnberger Rathauses nach einem Programm von Willibald Pirckheimer zu gestalten.

In den folgenden Jahren bis zu seinem Tod am 6. April 1528 arbeitete er an religiösen Gemälden und etablierte die Form des Renaissance-Porträts. Er schuf Porträts in Kupferstich und schrieb theoretische Bücher zur Festungs- und Proportionslehre sowie die „Unterweisung der Messung“ (1525).

Albrecht Dürers Niederländische Reise: Literatur

  • Till-Holger Borchert, Dürer. Meisterwerke im Detail, Köln 2020.
  • Albrecht Dürer, hg. v. Klaus Albrecht Schröder und Maria Luise Sternath (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 5.9.2003-30.11.2003), Wien 2003.
  • Johann Konrad Eberlein, Albrecht Dürer, Reinbek 2003.
  • Albert Dürer, Journal de voyage aus Pays-Bas pendant les annés 1520 et 1521, mit einer Einführung von Muriel Hewak, Übersetzung und NOtizen von Stan Hugue, Paris 1993.
  • John Oliver Hand, Saint Jerome in his study by Joos van Clebe, in: Record od The Art Museum, Princeton University, 49 (1990,2), S. 3-10.
  • Albrecht Dürer, Tagebuch der Reise in die Niederlande. Mit Illustriationen aus seinen Skizznbüchern, hg. und mit einer Einleitung von Fedja Anzelewsky, Zürich 1988.
  • Magdalena Buchholz, Die Anfänge der deutschen Tagebuchschreibung, Münster 1983.
  • Albrecht Dürer aux Pays-Bas, son voyage (1520-1521), son influence (Ausst.-Kat. Palais des Beaux-Arts, Brüssel), Brüssel 1977.
  • Albert Châtelet, Dürer und die nördlichen Niederlande, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1975, S. 52-64.
  • Albrecht Dürer, Das Tagebuch der niederländischen Reise. Mit dem Silberstift-Skizzenbuch und den während der Reise ausgeführten Zeichnungen, hg. mit einer Einleitung und Anmerkungen von Jean-Albert Goris und Georges Marlier unter Miterarbeit von Dieter Kuhrmann, Brüssel 1970.
  • Albrecht Dürerm Skizzenbuch der Reise nach den Niederlanden (1520-1521), hg. v. Edmund Schilling, Basel 1928 (euausgabe 1958).