Jackson Pollock
Wer war Jackson Pollock?
Jackson Pollock (Cody 28.1.1912–11.8.1956 Springs) ist der berühmteste Vertreter der sogenannten New Yorker Schule, des Abstrakten Expressionismus (→ Abstrakter Expressionismus | Informel). Seine Drip Paintings zählen zu den wichtigsten und berühmtesten Schöpfungen der 1940er Jahre. Schon zu Lebzeiten wurde der US-Maler zur Ikone der amerikanischen, abstrakten Malerei und zur „Waffe gegen den sozialistischen Realismus“ stilisiert. Er galt als genial, rebellisch, aber auch von Selbstzweifeln gequält.
Kindheit und Jugend
Der am 28. Januar 1912 in Cody (Wyoming) geborene Jackson Pollock war der jüngste von fünf Söhnen von LeRoy Pollock und dessen Ehefrau Stella May (geb. McCLure). Kindheit und Jugend von Paul Jackson Pollock sind geprägt von häufigen Wohnungswechseln zwischen Kalifornien und Arizona und einer unglücklichen Beziehung seiner Eltern. In den ersten sechzehn Jahren seines Lebens ist sein Vater, LeRoy Pollock, als Bauer, Steinmetz, Maurer, Straßenbauer, Hilfsgeometer tätig. Sein Sohn erinnerte sich später, dass er von seiner Ehefrau, einer schweigsamen und willensstarken Persönlichkeit unterdrückt worden wäre. Er hätte gerne getrunken, wäre jähzornig gewesen und schnell handgreiflich. Zwei von Jackson Pollocks Brüder, der um zehn Jahre ältere Charles und der um drei Jahre ältere Sanford (genannt Sande), wurden ebenfalls Künstler und vermittelten ihrem Bruder bereits eine Vorstellung eines bohemienhaften Lebensstils. Kunst und Kultur der First Nations lernte Jackson Pollock auf Ausflügen mit seinem Vater kennen.
Ausbildung
1928 wurde der 16-jährige Jackson Pollock an der Manual Arts High School in Los Angeles aufgenommen. Die Schule dürfte den rebellischen Jugendlichen nicht sehr glücklich gemacht haben, wie er in einem Brief an seinen älteren Bruder berichtete. Darin findet sich auch ein Bekenntnis zur Theosophie und zur Kunst. Letzteres wurde von Charles Pollock unterstützt, er ermutigte ihn Künstler zu werden und schwärmte ihm von den mexikanischen Wandmalern Diego Rivera und José Clemente Orozco vor. Zwei Jahre später zog Jackson Pollock zu seinem Bruder nach New York, wo er sich bei Thomas Hart Benton an der Art Students League einschrieb. Benton schätzte den unsicheren und zurückhaltenden Pollock-Bruder, unterstützte ihn, wählte ihn als Lieblingsschüler.
Ziel der Kunst des Regionalisten war, den US-amerikanischen Westen und dessen arbeitende Bevölkerung zu verherrlichen. Jackson Pollock folgte seinem Lehrer in dieser Auffassung und auch der Stilwahl, die sich von der europäischen Avantgarde der Zeit – Surrealismus aber auch Abstrakte Kunst – deutlich unterschied. Zu den wichtigsten Lehrmethoden Bentons gehörte, das Nachdenken über die Rhythmisierung von Kompositionen. Dafür entwickelte er diagrammartige Notizen, in denen er die wichtigsten Linien der Figuren und Landschaften in den Bildern aufnahm und in einer abstrahierten, verknappten Form aufzeichnete. Diese Skizzen erinnern frappant an spätere Gestaltungsmittel von Jackson Pollock. Bereits in diesen frühen Jahren zeigen sich ein unsteter Lebensstil, Alkoholismus und Gewalt gegen Frauen in Pollocks Leben. Auch seinen Brüdern und deren Ehefrauen, bei denen er wechselnd lebte, blieb er als schwieriger, weil mürrischer, fauler, nehmender und nicht gebender Mensch in Erinnerung. Noch bevor Thomas Benton New York im Jahr 1935 verließ, hatte Jackson Pollock die Ausbildung bei ihm abgeschlossen und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch.
Pollock im WPA Federal Arts Project und im Laboratory of Modern Techniques in Art
Zwischen August 1935 und 1942 war Jackson Pollock beim Federal Arts Project angestellt und musste innerhalb von ein bis zwei Monaten ein Bild abliefern. Sowohl Motiv wie Gestaltung wurde dem Maler freigestellt. Das monatliche Salär betrug $ 92, das ihm zumindest einige Zeit über die Runden half.
Das Laboratory of Modern Techniques in Art wurde im Sommer 1936 vom mexikanischen Wandmaler David Alfaro Siqueiros gegründet. Jackson Pollock hatte Siqueros bereits 1932 in Los Angeles kennengelernt und nahm an den künstlerischen Experimenten teil. Bedeutend für Pollocks späteres Werk wurden die Versuche mit „unüblichen“ Materialien wie Email- und Industriefarben, die mit Spitzpistolen gesprüht wurden. Weiters experimentierten sie mit dem Gießen von Farbe auf die Bildträger. Nach nur wenigen Monaten verließ David Alfaro Siqueiros allerdings New York schon wieder, da er im Spanischen Bürgerkrieg mitkämpfen wollte.
Auf der Suche nach dem Unbewussten
Zwischen 1939 und 1942 unterzog sich Jackson Pollock mehreren Therapien gegen seine Trunksucht (die Prohibition war 1933 aufgehoben worden). Seine Therapeuten Dr. Joseph Henderson und später Dr. Violet Staub de Laszlo (1941/42) waren Anhänger von C. G. Jung und brachten ihrem Patienten Grundlagen der Psychologie näher. Da Pollock nicht gerne sprach, brachte er zu seinen Sitzungen Zeichnungen mit, in denen er seine Träume, Qualen und Obsessionen beschrieb. Er selbst zeigte sich wohl auch daher überzeugt, dass die Quelle seiner Malerei das Unbewusste wäre.
Im Sinne von C. G. Jung war Jackson Pollock davon überzeugt, dass alle Menschen ein kollektives Unbewusstes teilen würden. Archetypen – Vorstellungen und Grunderfahrung wie Hunger, Liebe, Trauer – beschreiben diese unbewussten menschlichen Erfahrungen und werden in unterschiedlichsten Kulturen durch Symbole und Piktogramme versinnbildlicht.
Im April 1937 hatte Jackson Pollock einen Aufsatz von John Graham im Magazine of Art gelesen: „Primitive Art and Picasso“ Graham stellte die These auf, dass es sowohl in der Kunst von Mittelafrika und Picassos Werk universelle Zeichen gäbe. Diese Überzeugung fand Jackson Pollock in Jungs Archetypen-Lehre bestätigt. Da sich der Maler für das Thema äußerst interessierte, besuchte er Graham, der ihn wiederum an die McMillen Gallery weitervermittelte. Hier präsentierte er „Birth“ (um 1941, Tate Gallery, London).
Pollock und Lee Krasner
Lee Krasner und Jackson Pollock lernten einander persönlich kennen, als sie gemeinsam an einer Gruppenausstellung der McMillen Gallery 1942 teilnahmen. Die Malerin war von Pollocks Werk „Birth“ so beeindruckt, dass sie ihren Kollegen aufsuchte – und der sie wieder Erwartens auch empfing. Kaum hatte er sie kennengelernt, zogen sie im Herbst des Jahres zusammen. Ihre Fähigkeit, sich auf ihn und seine Bedürfnisse einzustellen, steigerte die Produktivität und Qualität von Pollocks Malerei: Er malte „Male and Female“ (um 1942, Philadelphia Museum of Art) und wohl unter dem Eindruck eines Besuchs seiner ungeliebten Mutter „She-Wolf“ (1943, MoMA).
Am 25. Oktober 1945 heirateten die Malerin Lee Krasner und Jackson Pollock in der Marble Collegiate Church in Manhattan mit zwei Zeugen. Nur ein Monat später übersiedelten sie nach Springs in East Hampton im Süden von Long Island, um der Hektik der 150 Kilometer entfernten Stadt und den Bars zu entkommen. Mit der Hilfe eines Kredits von Peggy Guggenheim konnten sie sich ein Holzhaus und eine 21 m² große Scheune in 830 Springs Fireplace Road kaufen. Jackson Pollock nutzte die Scheune als Atelier, und hier perfektionierte er seine Dripping Technik, für die er so berühmt wurde. Krasner, die sich zuvor intensiv mit den Stilen der Moderne auseinandersetzt hatte, wurde zur künstlerischen Beraterin, zur Managerin ihres Mannes und stellte ihre künstlerische Arbeit hinter seiner zurück. So konnte sie ihn offensichtlich für ihren Lieblingsmaler Henri Matisse so sehr begeistern, dass Pollock in „Stenographic Figure“ (um 1942, MoMA) erstmals seine tonige Malerei zugunsten von Buntfarbigkeit austauschte.
Lee Krasner förderte die Karriere ihres Mannes, indem sie ihm vielen Sammlern, Kritikern und Künstlern vorstelle, darunter Herbert Matter, Arshile Gorky, Willem de Kooning. Auch der Kontakt zum Direktor des Guggenheim Museum, James Johnson Sweeney, stellte Krasner her. Von John Bernard Myers, einem bekannten Kunsthändler, gibt es die Aussage:
„Es hätte nie einen Jackson Pollock ohne Lee Pollock gegeben und ich meine das in jeder Beziehung.“
Vor allem seit den 1960er Jahren ist das Bewusstsein über die intensive künstlerische Partnerschaft zwischen den beiden Malern angewachsen.
Peggy Guggenheim und „Mural“
Peggy Guggenheim wurde zur bedeutenden frühen Förderin von Jackson Pollock. Im Juli 1943 unterschrieb er einen Vertrag mit der Galeriebesitzerin, der ihm 150 $ im Monat einbrachte. In ihrer New Yorker Galerie „Art of This Century“ (gegr. Oktober 1942), richtete sie Pollock im November 1943 dessen erste Einzelausstellung aus. Einmal mehr war es ein Künstler-Berater Guggenheims, der ihr die Augen für die Kunst von Jackson Pollock öffnete: Piet Mondrian zeigte sich von Pollocks „Stenographic Figure“ so überzeugt, dass er es als stärkstes Bild bezeichnete, das er in den USA bis dato gesehen hat. Weitere Fürsprecher waren ihr Assistent Howard Putzel und Sweeney (→ Guggenheim Museum: Solomon R. Guggenheim & ungegenständliche Kunst). Im Katalog der Einzelausstellung formulierte Putzel eine Einführung zu Pollocks Kunst:
„Pollocks Talent ist ungestüm. Es hat Feuer. Es ist unberechenbar. Es ist zuchtlos […] Was wir brauchen sind mehr junge Männer, die aus einem inneren Impuls heraus malen ohne darauf zu achten, was Kritiker oder Betrachter fühlen mögen – Maler, die willens sind, eine Leinwand zu verderben, um etwas auf ihre Art zu sagen. Pollock ist einer davon.“
Guggenheim beauftragte den noch gänzlich unbekannten Maler mit „Mural“ (1943, Universität von Iowa), das im Foyer ihres neuen Doppelappartements in der East-First Street hing. Auf Rat ihres Freundes und Beraters Marcel Duchamp malte Jackson Pollock das Bild nicht an der Wand, sondern auf eine 2,5 mal 6 Meter große Leinwand, sodass es bewegt werden konnte. Da Pollocks Atelier zu klein für diese Arbeit war, brach das Ehepaar heimlich eine Wand nieder und trug den Schutt in Eimern aus der Wohnung. Die berühmte Sammlerin erinnert sich, dass der noch unbekannte Pollock tagelang vor dem Bild gesessen hätte, völlig uninspiriert, und in tiefen Depressionen versank.
„„Eines Tages, nach wochenlangem Zögern, begann er plötzlich Farbe auf die Leinwand zu spritzen. Drei Stunden später war das Bild fertig [...] In einem rhythmischen Tanz reihten sich blaue, gelbe und weiße abstrakte Figuren aneinander.“ (Peggy Guggenheim)
Was hatte Jackson Pollock „dargestellt“? Mitten im Zweiten Weltkrieg (seit 1941 waren auch die USA eingetreten) sah sich der Maler nicht imstande eine figurale Komposition als Symbol für die Zeit anzubieten. Stattdessen baute er eine serielle Anordnung von biomorphe Zeichen, die entfernt an die Strichmännchen prähistorischer Höhlenmalerei erinnern.
Als es der Kunstkritiker Clement Greenberg zum ersten Mal sah, erkannte er das enorme Potenzial des Künstlers und erklärte ihn zum großartigsten Maler der USA. 1951 schenkte Peggy Guggenheim das Riesenbild der Universität von Iowa. 2012 wurde es im Getty Conservation Institute gereinigt und untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass Guggenheims oben zitierte Geschichte ins Reich der Legenden verbannt werden muss. Wie häufig arbeitete Jackson Pollock dieses Bild in mehreren Schichten, ließ es zwischen durch liegen und kehrte für Ergänzungen an den Bildträger zurück. Mit „Mural“ hatte Jackson Pollock allerdings sein erstes abstraktes Bild geschaffen, dem zwischen 1946 und 1950 die berühmten Drip Paintings folgten.
Pollocks Drip Paintings
Die berühmtesten Gemälde des unangepassten und doch zurückgezogen lebenden Malers sind die sogenannten Drip Paintings, die er zwischen 1947 und 1950 schuf. Am 8. August 1949 widmete ihm das Life Magazin eine vierseitige Story und fragte „Ist er der größte lebende Maler in den USA?“ Am Höhepunkt seines Ruhms wandte sich Pollock überraschend von diesem Stil ab.
Nach dem Umzug begannen beide, Pollock und Krasner, wieder 1946 regelmäßig zu malen. Pollock schuf die Serie „Sounds in the Grass“ („Croaking Movement“, 1946, Guggenheim Museum; „Shimmering Substance“, MoMA; „Eyes in the Heat“, Peggy Guggenheim Collection, New York) und entwickelte gemeinsam mit Krasner die Allover-Gestaltung, bei dem die Leinwand relativ gleichmäßig mit abstrakten Formen bedeckt wird. Ende des Jahres 1946 wandte sich Pollock endgültig von figuralen Elementen ab und entschied, dass er sich mit Dripping [Tropfen] und Pouring [Schütten] beschäftigen wollte.
„Ich spanne eigentlich nie meine Leinwand auf, bevor ich zu malen beginne. Ich zeihe es vor, die ungespannte Leinwand an die Wand oder auf den Boden zu nageln. Ich brauche den Widerstand einer harten Unterlage. Auf dem Boden ist es für mich einfacher. Ich fühle mich dem Bild näher, bin mehr ein Teil von ihm, denn auf diese Weise kann ich es umrunden, ich kann von allen Seiten arbeiten und wörtlich im Bild sein. Diese Methode gleicht jener der indianischen Sandmaler im Westen. Ich entferne mich immer mehr vom üblichen Malwerkzeug wie Staffelei, Palette, Pinsel usw. ich ziehe Stöcke, Kellen, Messer und leichtflüssige Farben oder ein dickes Impasto mit Sand, zerriebenem Glas und anderen Zusätzen vor.“ (Jackson Pollock in Possiblities, 1947/48)
Sowohl die Werke von von Thomas Hart Benton wie Pablo Picasso, Joan Miró, André Masson und die wenig bekannte Malerin Janet Scobel oder indianische Sandmalerei beeinflussten Pollock Jackson. Der Maler begann mit neuartigen Kunstharzlacken, so genannten Alkydlacken, zu arbeiten. Er beschrieb diese Verwendung von Haushaltsfarben anstelle von Künstlerfarben als „natürliches Wachstum aus einem Bedürfnis heraus“. Pollock benutzte zum Tropfen und Schütten gehärtete Pinsel, Stäbe und sogar Spritzen, um die Farben auf den Bildträger anzubringen ohne diesen zu berühren. Pollocks Technik des Gießens und Tropfens von Farbe [Drip Painting] wird als eine der Ursprünge des Begriffs Action Painting betrachtet (Harold Rosenberg in ARTnews, 1952). Mit dieser Technik gelang es Pollock, unmittelbarer zu arbeiten, die Farbe buchstäblich von seinem gewählten Werkzeug auf die Leinwand fließen zu lassen. Er legte dafür die Bildträger auf den Boden, nutzte die Bewegungen des ganzen Körpers und brachte die Farbe aus allen Richtungen auf seine Leinwände auf. Für die Wirkung der Bilder ist wichtig, dass sie monumentale Formate haben und das Lineament sich spinnwebenartig in vielen Schichten übereinander verdichtet. Um die Betrachterinnen und Betrachter in ihren Assoziationen zu einzuengen, entschied sich Jackson Pollock 1948, seinen Bildern Nummern zu geben. In diesem Jahr entstanden „Number 1A“ (MoMA).
„Energie und Bewegung sichtbar gemacht – Erinnerungen im Raum festgehalten.“ (Jackson Pollock)
1950 wurde mit 50 Gemälden sein produktivstes Jahr („Lavender Mist: Number 1“, National Gallery of Art, Washington). Hans Namuth beobachtete den Maler beim kreativen Prozess und hinterließ eine Serie von beeindruckenden Aufnahmen, welche die tänzerische Bewegung des Malers einfängt („One: Number 31“ und „Autumn Rhythm: Number 30“). Einer Idee des Filmemachers folgend, malte Pollock im Freien auf eine Glasplatte – „Number 29“ – und ließ sich dabei filmen. Nach dem Drehschluss stürzte der Maler ins Haus und betrankt sich seit langer Zeit erstmals wieder maßloß.
Immer wieder wird darüber nachgedacht, wieviel Kontrolle und wieviel Spontaneität in den Bildern Pollocks stecken (vgl. Emil Noldes „Ungemalte Bilder“ → Emil Nolde. Farbe ist Stärke). 1950 reagierte er ungehalten auf eine Kritik im Time Magazine und telegrafierte dem Blatt:
„KEIN CHAOS VERDAMMT. EIN VERDAMMT AUFWÄNDIGES BILD. Ich kann den Farbfluss kontrollieren; da gibt es keinen Zufall.“
Späte Figurationen
Jackson Pollocks Werk wurde nach 1951 wieder dunkelfarbiger, darunter auch eine Reihe von schwarzen Bildern auf ungrundierter Leinwand. Er arbeitete auf langen Streifen Leinwand, die er auf den Fußboden legte, und trug die Emailfarbe mit Stäben, gehärteten Pinseln und Spritzspritzen auf. In ihnen versuchte Pollock eine Balance zwischen Abstraktion und Figuration zu erreichen. Daher begann er die Werke mit erkennbaren Formen – Köpfen, Körperteilen, fantastischen Kreaturen wie sich Lee Krasner erinnerte – und verschleierte sie danach.1 Die Bilder erinnern aber auch an monochrome Kalligrafie auf weißem Grund. Als diese „Black pourings“ in der Betty Parsons Gallery in New York präsentiert wurden erwiesen sie sich als unverkäuflich. Die Sammler machten den Stilwandel von der Abstraktion zur Figuration nicht mit, was Pollock allerdings schon vor ihrer Präsentation klar war. Einem Freund veräußerte die Galeristin ein Werk um die Hälfte des Preises.
Nachdem er im Frühjahr 1952 zur Sidney Janis Gallery, eine kommerizellere Galerie, gewechselt war, nutzte Jackson Pollock vermehrt Buntfarben. Nun stellte sich auch der Erfolg bei den Sammlern wieder ein. Er fürchtete bald nicht mehr die wichtigste Künstlerpersönlichkeit Amerikas zu sein und von Willem de Kooning abgelöst zu werden. Gleichzeitig versuchte Pollock diesen Druck durch Alkohol zu entgehen.
Pollocks letzte zwei Bilder heißen „Scent“ und „Search“ (1955). Im Jahr 1956 malte er überhaupt nicht mehr, sondern beschäftigte sich bei Tony Smith mit Plastiken. Die Konstruktionen aus Draht, Gaze und Gips wurden im Sandguss-Verfahren realisiert und ähneln mit ihrer rauen Oberfläche den Gemälden Pollocks. Etwa gleichzeitig begann die Beziehung zu Lee Krasner in die Brüche zu gehen. Zum einen war Pollocks schwerer Alkoholismus aber auch seine Affäre mit Ruth Kligman daran schuld.
Tod und Nachruhm
Am 11. August 1956 um 22:15 starb Jackson Pollock im Alter von 44 Jahren in einem selbst verschuldeten Autounfall etwa einen Kilometer vom gemeinsamen Haus. Er hatte sich betrunken hinter der Steuer seines Oldsmobile gesetzt und war in einer Kurve von der Straße abgekommen. Jackson Pollock war nicht angeschnallt, wurde aus dem Auto heraus und gegen einen Baum geschleudert. Er war sofort tot. Eine der beiden Beifahrerinnen Edith Metzger verstarb, die zweite, Pollocks Geliebte Ruth Kligman, überlebte schwer verletzt. Zur gleichen Zeit war Lee Krasner bei Freunden in Europa (ab 12.7.). Als Clement Greenberg ihr am Telefon vom Unfalltod ihres Mannes erzählte, kehrte Krasner in die USA zurück und organisierte die Beerdigung. Jackson Pollock ist im Green River Cementery in Springs begraben. Ein großer Felsbrocken markiert seine Grabstätte, ein kleinerer jene seiner Ehefrau Lee Krasner.
Lee Krasner war im Testament von 1951 als Alleinerbin eingesetzt worden. Sie sorgte dafür, dass der Ruhm ihres verstorbenen Ehemannes über Jahrzehnte nicht verklang. Sie baute die Stiftung Jackson Pollock auf. Im Dezember 1956, vier Monate nach Pollocks Ableben, widmete ihm das Museum of Modern Art (MoMA) in New York eine Gedenkausstellung. Eine weitere und größere folgte im Jahr 1967.