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Balthus: Biografie Lebenslauf des Malers

Balthus, Passage du Commerce-Saint-André, Detail, 1952–1954, Öl/Lw, 294 x 330 cm (Privatsammlung, © Balthus, Foto: Mark Niedermann)

Balthus, Passage du Commerce-Saint-André, Detail, 1952–1954, Öl/Lw, 294 x 330 cm (Privatsammlung, © Balthus, Foto: Mark Niedermann)

Balthus, eigentlich Balthasar Klossowski de Rola (1908–2001), war ein Maler des 20. Jahrhunderts. In den frühen 1930er Jahren entwickelte Balthus einen eigenen Malstil, der sich an der Technik der Fresken des italienischen Quattrocento orientierte. In einer Zeit, wo gerade der Kubismus und der Surrealismus die zeitgenössische Kunstströmung beherrschte, setzte er sich auch mit seinen Sujets ab. Er selbst bezeichnete sich als Erben der großen Meister der Klassik. Seine Werke waren geprägt von einer perfekten Technik und einer präzisen inszenierten Komposition. Häufig waren junge Mädchen in anzüglichen Posen die beherrschenden Themen seiner Bilder. Über die Aussagen seiner Bilder und ihre gesellschaftliche Akzeptanz wird bis dato eine intensive Debatte geführt.

Balthus Schaffen umfasst trotz seines langen Lebens nur etwa 350 Gemälde und an die 1.600 Zeichnungen.

Freunde und Bewunderer von Balthus‘ Werk

Pablo Picasso (1881–1973) und André Breton (189–-1966) zählten schon früh zu den Bewunderern seiner Werke. Balthus war mit vielen Künstlern befreundet, darunter mit dem italienischen Filmemacher Federico Fellini (1920–1993), dem französischen Schriftsteller und Piloten Antoine de Saint-Exupéry (1900–1934), dem deutsch-amerikanischen Fotografen Joseph Breitbach (1903–1980), dem amerikanischen Fotografen Man Ray (1890–1976), David Hockney (* 1937), Joan Miró (1893–1983), Salvador Dalí (1904–1989) und vor allem Pierre Matisse (1900–1989) – dem jüngeren Sohn von Henri Matisse. Pierre Matisse musste Balthus öfters finanziell aushelfen, da er Maler einen sehr luxuriösen Lebensstil pflegte.

Balthus' Mädchen

Die Darstellung von Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, katzenhafte geschmeidige Wesen, zwischen kindlicher Unbekümmertheit und verführerischer Erotik gehörten zu seinen bevorzugten Themen. Aus diesem Grund ist das Werk des exzentrischen Malers nicht unumstritten!

„Keines seiner Modelle beklagte je einen sexuellen Übergriff. Bei allem Appetit aufs nackte Fleisch: Balthus lässt seinen Lolitas, die auf ihre Betrachter bisweilen wie Puppen wirken, ihre Würde und ihren Stolz. Ihr Blick geht oft nach innen. Von Pornografie zu reden, verbietet sich. Zu deutlich tritt der Künstler aus diesen Bildern hervor.“ (Siegmund Kopitzki, Südkurier)

Anfang der 2000er Jahre brachten beide Söhne die Liebesbriefe zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter aus den Jahren von 1928 bis 1937 heraus. Ein Beweggrund für die Veröffentlichung war, der Öffentlichkeit einen Einblick zu geben, was Balthus wirklich über die Malerei und die Menschen dachte.

Als der Kunsthistoriker John Russell mit der Vorbereitung für einen Katalog zur Ausstellung in der Tate Gallery in London beschäftig war, sagte Balthus zu ihm: „Sie fangen am besten an, indem Sie sagen: Balthus ist ein Maler, über den man nichts weiß. Und jetzt wollen wir uns seine Bilder ansehen“.

Ehefrauen

Balthus war zwei Mal verheiratet.

  • Antoinette de Watteville (1912–1997): 1. ⚭ 1937–1947. Balthus verliebte sich 1930 in die Schwester seines Jugendfreundes.
  • Setsuko Ideta (* 1943): 2. ⚭ 1967. Malerin und Schriftstellerin. Balthus lernte Setsuko Ideta auf einer diplomatischen Reise kennen.

Kinder

  • Stanislas Klossowski de Rola, alias Stash de Rola (* 1942): Schlagzeuger, Sänger, Schriftsteller und Musikproduzent. Unter anderem trat er Taylor im Frühjahr 1965 als Perkussionist in der Band seines Freund Vince im Pariser Olympia Stadion als Vorgruppe der Rolling Stones auf.
  • Thaddeus Klossowski de Rola (* 1946)
  • Fumio Klossowska de Rola (1968–1970)
  • Harumi Klossowska (* 1973): Schmuckdesignerin

Weitere Beiträge zu Balthus

Biografie von Balthus (1908–2001)

  • 29.2.1908

    Am 29. Februar 1908 kam Balthasar Klossowski de Rola, genannt Balthus, in Paris zur Welt. Er war der zweite Sohn von Erich Klossowski (1875–1949), einem deutsch-polnischen Kunsthistoriker, Bühnenbildner und Maler und Baladine Klossowska geborene Elisabeth/Else Dorothea Spiro (1886–1969), eine deutsch-jüdische Malerin aus Breslau – Breslau gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Hauptstadt der deutschen Provinz Schlesien. Ihr Bruder Eugen Spiro (1874–1972) studierte Kunst und wurde Meisterschüler bei Franz von Stuck (1863–1928) in München. Nach der Heirat änderte sie ihren Vornamen auf Baladine (nach einem Drama von Juliusz Słowacki). Balthus Eltern betrieben einen der wichtigsten Kunstsalons in Paris und später auch in Berlin. Zu den familiären Wurzeln gehörte auch das schottische Adelsgeschlecht der Gordons, wozu auch der englische Dichter Lord Byron (1788–1824) zählte.
  • Balthus' älterer Bruder: Pierre Klossowski

    Balthus älterer Bruder war der Maler, Übersetzer und Schriftsteller Pierre Klossowski (1905–2001). Er verfasste vor allem erotische Werke, in denen er Friedrich Nietzsches (1844–1900) Philosophie und Auffassungen von Marquis de Sade (1740–1814) miteinander zu verbinden suchte. Pierre Klossowski drückte seine Sexualphantasien in lebensgroßen Buntstiftzeichnungen aus.
  • 1914

    Die Familie musste bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit Paris verlassen. Auch ihr Vermögen wurde eingezogen. Die Familie reiste über Zürich bis nach Berlin, wo sie sich niederließ.
  • 1916

    Erich Klossowski arbeitete in Paris mit dem Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe (1867–1935) zusammen. Zu den Freunden der Familie zählten unter anderem Pierre Bonnard (1867–1947), André Derain (1880–1954) und Édouard Vuillard (1868–1940).
  • 1917

    Die Eltern von Balthus und Pierre trennten sich. Baldine zog mit ihren beiden Kindern nach Genf und kurze Zeit darauf nach Bern in die Schweiz, wo die Buben das Gymnasium besuchten. Dort lernte Baladine den österreich-ungarischen Dichter Rainer Maria Rilke (1875–1926) kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod eine leidenschaftliche Beziehung hatte, und dessen Muse sie wurde.
  • 1919

    Rilke wurde der Patenonkel Balthasars und verlieh ihm den Spitznamen Balthusz, aus dem dieser später den Künstlername Balthus entwickelte. Rainer Maria Rilke war es auch, der das künstlerische Talent des Jungen erkannte, und früh anfing ihn zu fördern. Er vermittelte unter anderem die erste Publikation des gerade mal elf jährigen Balthus, eine 40 Tuschezeichnungen umfassende Arbeit „Mitsou, quarante images“. Darin betrauterte Balthus das Verschwinden einer ihm zugelaufenen Katze, der er den Namen Mitsou gegeben hatte. Rilke verhalf Pierre zu einer Stelle als Sekretär beim französischen Schriftsteller und späteren Literatur Nobelpreisträger André Gide (1869–1951) in Paris.
  • 1921

    Balthus Bilderzählung „Mitsou, quarante images“ erschien mit einem Vorwort von Rainer Maria Rilke. Am 24.4.1921 schrieb Rilke: „Balthus ist der Teufel des Kinderzimmers. Sie können sich nicht vorstellen, was er alles erfindet, um den armen kleinen Jungen aufzuregen, der ihn, den er zugleich liebt und fürchtete, entsetzt ansieht.“ (Briefwechsel der 1954 in Zürich unter dem Titel „Rainer Maria Rilke et Merline, Correspondance 1920-1926 – Merline das Pseudonym für Baldine). Im selben Jahr zog Baldine mit ihren Söhnen zurück nach Berlin, wo sie bei ihrem Bruder Eugen Spiro unterkam.
  • 1924

    Die Familie übersiedelte nach Paris zurück, wo Balthus viele Gemälde des Louvre kopierte, vor allem die Werke Poussins und die Alten Meister faszinierten ihn.
  • 1925 Balthus lebte in Toulon (Frankreich), wo er vor allem Landschaften malte.
  • 1926

    Der 25-jähirge reiste mit Unterstützung des Schweizer Zoologen und Kunstsammlers Jean Stohl nach Italien, um die Fresken von Pierro della Francesca (um 1410/20–1492) zu studieren und kopieren.
  • 1929

    Balthus lebte kurze Zeit in Berlin. Im selben Jahr hatte er seine erste Ausstellung in der Zürcher Galerie Förtner.
  • 1930

    Einberufung zum französischen Militärdienst. Balthus wurde in die marokkanischen Städte Kenitra und Fés geschickt. Der Künstler verliebte sich in Antoinette de Watteville (1912–1997), die jüngere Schwester eines Jugendfreundes. Antoinette stammte aus einer einflussreichen aristokratischen Schweizer Familie aus Bern. Sie stand Balthus zunächst Modell. Als ihr Verehrer unterzeichnete er seine Briefe an sie gerne mit „H.M. [His Majesty] the King of Cats“.
  • 1932

    Balthus zog zurück nach Paris. Dort machte er die Bekanntschaft mit dem französischen Schriftsteller und Literaturkritiker Pierre Jean Jouve (1887–1976), dem französischen Maler André Derain (1880–1954) – der um 1905 neben Henri Matisse (1869–1954) zu den Hauptvertretern des Fauvismus gezählt hatte, und den Schweizer Bildhauer und Maler Alberto Giacometti (1901–1966) – der zu seinen treuesten Freunden wurde.
  • 1934

    Balthus hatte seine erste Einzelausstellung in der Galerie Pierre in Paris. Dort wurde unter anderem sein Hauptwerk „La Rue, La Toilette de Cathy und La Leçon de Guitare [Die Gitarrenstunde]“ ausgestellt, das einen handfesten Skandal auslöste. Balthus selbst, ließ dieses Bild zu Lebzeiten nur drei Mal ausstellen, auch jegliche Reproduktion des Bildes untersagte er.
  • 1935

    Balthus entwarf Bühnenbild und die Kostüme für das Stück „L'État de Siège“ von Albert Camus (1913–1960) und für das Theaterstück „Les Cenci“ von Antonin Artraud (1896–1948). Im Oktober mietete sich Balthus ein Atelier an der Cour de Rohan in Paris. Sein 1935 entstandenes Selbstportrait signierte Balthus mit: „A Portrait of H.M. [His Majesty] The King oft he Cats Painted by Himself“. Balthus porträtierte sich im Alter von 27 Jahren als selbstbewusster Dandy. In seinen Bildern tauchten immer wieder Katzen auf und spielen eine wichtige Rolle – nicht selten als Alter Ego des Künstlers.
  • 1936

    Balthus begann mit iener Bildserie, für welche die Französin Thérèse Blanchard (1925–1950) Modell stand. Sie war die Tochter eines Kellners, der in der Nachbarschaft in einem Pariser Restaurant arbeitete. In einem Zeitraum von drei Jahren entstanden zehn Bilder mit ihr als Modell. Als Balthus sie zum ersten Mal malte, war sie gerade elf Jahre alt.
  • 1937

    Balthus heiratete Antoinette de Watteville. Sie stand ihm für das Bild „La jube blance [Der weiße Rock]“ Modell.
  • 1938

    Erste Ausstellung von Balthus in Amerika. Pierre Matisse präsentierte seine Gemälde in New York; Matisse wurde in der Folge der wichtigste Galerist für Balthus. Das Bild „Thérèse rêvant“ entstand.
  • 1939

    Balthus musste zum Kriegsdienst einrücken. Er wurde im Elsass verwundet und konnte im Dezember wieder nach Paris zurückkehren.
  • 1940

    Vom Krieg freigestellt, floh Balthus mit Antoinette nach der deutschen Invasion in Frankreich zunächst in das Dorf Champrovent in Savoyen. Im selben Jahr entstand seine Landschaftsdarstellung „Le Cerisier“. Ein Bild, das kurz nach dem Ausbruch des Krieges entstand, den er an der Front miterlebt hatte. Erst auf den zweiten Blick erkennt man in der Landschaft ein kleines Mädchen versteckt im Schatten eines Kirschbaumes stehen. Während des Krieges schuf Balthus keine Bilder zu dem Thema. Auf die Frage warum, antwortete er einmal: „Es reicht schon, ihn [den Krieg] zu erleben.“
  • 1941

    Pablo Picasso kaufte in der Galerie von Pierre Colle das Bild „Les Enfants Blanchard“.
  • 1942

    Balthus und seine Frau konnten dank des Schweizer Passes von Antoinette in Schweiz einreisen, zunächst nach Bern und kurze Zeit drauf nach Fribourg und Genf. In Bern wurde der erste Sohn Stanislas (* 1942) geboren. Er wurde unter dem Namen Stash de Rola als Schlagzeuger, Sänger, Schriftsteller und Musikproduzent bekannt. Unter anderem, trat er als Perkussionist in der Band seines Freund Vince Taylor im Frühjahr 1965 im Pariser Olympia Stadion als Vorgruppe der Rolling Stones auf.
  • 1945

    Die Familie bezog die Villa Diodati in Cologny am Genfersee.
  • 1946

    Geburt des zweiten Sohnes Thaddeus.
  • 1947

    Balthus und seine Ehefrau trennten sich. Balthus kehrte alleine nach Paris zurück. Seine Exfrau zog mit den beiden Söhnen nach Bern und kurz darauf nach Beatenberg in die Schweiz. Sie waren weiterhin freundschaftlich miteinander verbunden.
  • 1952

    Beginn der Arbeit an seinem monumentalen Werk „Passage du Commerce-Saint-André“, das er 1954 beendete. Das großformatige Gemälde mit den Maßen 294 x 330 cm zeigt eine Straßenecke, an der sich das Atelier und die Wohnung des Malers befanden.
  • 1953

    Balthus zog mit finanzieller Unterstützung einiger Förderer, Sammler und Freunde in das Château de Chassy im Burgund. Zu den Unterstützern zählte unter anderem Pierre Matisse, Claude Hersaint und Alix de Rothschild (1911–1982) geborene Alix Schey de Koromla.
  • 1961

    Balthus wurde von André Malraux (1901–1976), der unter Präsident Charles de Gaulle (1890–1970) zum französischen Kulturminister aufgestiegen war, zum Direktor der französischen Akademie in Rom ernannt. Balthus leitete die ehrbare Institution bis 1977. Die Akademie befindet sich in der Villa Medici. Während dieser Zeit malte Balthus wenig, da er sich vor allem auf die Restaurierung der Villa konzentrierte. Seine Studenten forderte er vor allem auf, über die Kunstgeschichte nachzudenken.
  • 1962

    Balthus lernte auf einer diplomatischen Reise nach Japan die japanische Malerin und Schriftstellerin Setsuko Ideta (* 1943) kennen, die seine Lebensgefährtin und sein Modell wurde. 2005 wurde Setsuko von der UNESCO als Künstlerin für den Frieden gewählt.
  • 1965

    Als Balthus in Rom lebte, entstand das Gemälde „La Chambre Turque“. Setsuko stand für dieses Gemälde Modell. Sie nahm die traditionelle Pose der Venus ein. Durch die intensive Restaurierung der Villa Medici und das Leben in Rom, wurde Balthus Interesse für die Ornamentik von bunten Fliesen, Stoffen und Muster geweckt.
  • 1967

    Heirat mit Setsuko Ideta.
  • 1968

    Umfangreiche Balthus-Retrospektive in der Tate Gallery, London. Geburt des Sohnes Fumio Klossowska.
  • 1969

    Tod der Mutter, die sich als Künstlerin den Namen „Baldine“ gab, von Rilke „Merlin“ genannt wurde und von ihren Freunden „Mouky“.
  • 1970

    Balthus erwarb das Castello di Montecalvello bei Viterbo nördlich von Rom. Tod des zweijährigen Sohnes Fumio.
  • 1973

    Geburt der gemeinsamen Tochter Harumi Klossowska in Rom, die heute als Schmuckdesignerin arbeitet.
  • 1976

    Balthus kaufte das Grand Chalet in Rossiniére im Kanton Waadt in der Schweiz, hier lebte er mit seiner Frau und seiner Tochter bis zu seinem Tod 2001. Das Chalet ist ein imposantes Holzgebäude aus dem 18. Jahrhundert.
  • 1977

    Teilnahme an der documenta 6 in Kassel.
  • 1983

    Große Retrospektive im Centre Pompidou, Paris, die vom Metropolitan Museum of Art in New York und dem Museum der Stadt Kyôto in Japan übernommen wurde.
  • 1991

    Balthus erhielt für sein Lebenswerk den japanischen Praemium Imperiale.
  • 18.2.2001: Tod

    Balthus starb am 18. Februar 2001 im Alter von 93 Jahren in seinem Grand Chalet in Rossiniére.
  • 2001

    Balthus-Ausstellung im Palazzo Grassi, Venedig.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.