Barcelona | Fundació Joan Miró: Miró und die USA

Joan Miró im Atelier
„Miró und die USA“ geht dem fruchtbaren künstlerischen Dialog zwischen dem spanischen Künstler Joan Miró (1893–1983) und amerikanischen Künstler:innen während der Zeit seiner größten transatlantischen Kontakte von den 1940er bis 1960er Jahren nach. Durch diesen Austausch der Fokus von Frankreich in die Nachkriegs-Amerika als Dreh- und Angelpunkt seiner künstlerischen Entwicklung verlagert. Damit greift die Fundació Joan Miró nicht nur sein Erbe auf, sondern unterstreicht auch die Bedeutung vieler Künstler:innen dieser Zeit. Sie waren maßgeblich an der Neudefinition der zeitgenössischen Kunst beteiligt, sei es als Vorbilder für andere Künstler:innen oder als Protagonist:innen innovativer Strömungen wie der gestischen Malerei, der Abstraktion und der Action-Malerei. Im Mittelpunkt von „Miró und die Vereinigten Staaten“ steht die Zeit, die durch Mirós zwei Retrospektiven in New York 1941 und 1959 sowie seine sieben Besuche in den Vereinigten Staaten zwischen 1947 und 1968 geprägt war, die es ihm ermöglichten, seine Verbindungen zur jüngeren Generation zu vertiefen.
„Ich weiß, dass meine Arbeit die Zukunft repräsentieren könnte. […] In der zukünftigen Welt muss Amerika mit all seiner Energie und Vitalität eine führende Rolle spielen. Deshalb muss ich zum Zeitpunkt meiner Ausstellung in New York sein, um in direktem, persönlichem Kontakt mit Ihrem Land zu stehen; meine Arbeit wird von diesem Impuls profitieren.“1 (Brief von Joan Miró an Pierre Matisse, 3. September 1946)
Miró und die USA
Spanien | Barcelona: Fundació Joan Miró, Räume 0 bis 14
10.10.2025 – 22.2.2026
Miró in Amerika
Die Ausstellung zeichnet Mirós Beziehungen zu amerikanischen Künstler:innen, Sammler:innen und Institutionen nach und veranschaulicht, wie dieser Austausch auf beiden Seiten des Atlantiks neue Inspiration und Experimente anregte.
Mural for the Terrace Plaza Hotel, Cincinnati
Als Joan Miró 1947 Miró erstmals nach Amerika reiste, war er bereits ein berühmter Künstler und zeigte Interesse an der zeitgenössischen, amerikanischen Malerei. Das Architekturbüro Skidmore, Owings & Merrill (SOM) hatte ihn eingeladen, für das Terrace Plaza Hotel2 von Cincinnati, ein Wandgemälde von der Größe etwa 3 x 10 m auszuführen. Das Ölgemälde „Mural for the Terrace Plaza Hotel, Cincinnati“ (Cincinnati Art Museum) zeigt die charakteristischen Miró-Figuren auf blauem Grund und schmückte eine Wand im Restaurant im 20. Stockwerk. SOM entwarf die Inneneinrichtung und die Accessoires des Restaurants und Joan Mirós Wandgemälde diente ihnen als Blickfang im Raum. Miró stellte es im folgenden Frühjahr im MoMA, bevor das Hotel im Sommer seinen Betrieb aufnahm (3.3.–4.4.1948). Auch Werke anderer Künstler wurden in die architektonische Gestaltung einbezogen: In der revolutionären Sky Lobby im achten Stock hing ein Mobile von Alexander Calder, und ein Wandgemälde von Saul Steinberg schmückte eine Wand des Speisezimmers.
Wandgemälde für die Harvard University
Des Architekt Walter Gropius regte an, bei Miró ein Wandgemälde für die Mensa der Harvard University in Auftrag zu geben. Dieser Figurenfries mit lyrischen schwarzen Konturen auf braun- und blautönendem Untergrund befindet sich heute in der Sammlung des MoMA und wurde zehn Jahre nach seiner Installation von einer keramischen Variation (gemeinsam mit Sert) ersetzt (1961). Miró schuf das Wandgemälde in Barcelona, nachdem seine Skizzen abgenommen worden waren. Sein Motiv dürfte ein Stierkampf mit einem großen Stier in der Mitte sein, der links von einem Banderillero und rechts von einem Matador flankiert wird. Die zweite Figur von links wurde als Hinterteil eines Picador-Pferdes interpretiert.
„Alicia“ für Guggenheim
„Alicia“ (1965–1967) ist Mirós zweites Keramikwandbild in den Vereinigten Staaten. Es folgte auf einen öffentlichen Malauftrag für das Graduate Center der Harvard University aus dem Jahr 1950, der 1960 durch eine haltbarere Keramikversion ersetzt wurde. „Alicia“ entstand in Artigas’ Atelier in der Nähe von Barcelona und besteht aus 190 einzelnen Keramikfliesen. Das Werk ist dauerhaft in der Rotunde des Frank Lloyd Wright-Gebäudes des Guggenheim-Museums installiert, verdeckt von der ersten Wand vor der spiralförmige Rampe des Museums.
Thomas M. Messer, Direktor des Guggenheim-Museums, kontaktierte Miró 1963 mit einer Bitte: Auf Vorschlag von Harry F. Guggenheim, dem damaligen Präsidenten der Solomon R. Guggenheim Foundation, solle der Spanier ein Denkmal für Guggenheims Frau Alicia Patterson Guggenheim entwerfen. Die Journalistin und Zeitungsgründerin war am 2. Juli 1963 im Alter von 56 Jahren verstorben. Fünf Jahre zuvor hatte Miró den Großen Preis der Guggenheim-Stiftung [Guggenheim International Award] für „Tag und Nacht“, ein Keramikwandbild im UNESCO-Gebäude in Paris erhalten (1958).
Die abstrakte Komposition, typisch für Mirós charakteristischen Stil, seine Farbpalette und seine Motivik, enthält den Namen „Alice“ in Anlehnung an die verehrte Alicia Guggenheim. Obwohl Messer taktvoll versuchte, den Rechtschreibfehler zu korrigieren, widersetzte sich der Künstler dem Wunsch. Inmitten seiner charakteristischen Formen entschied sich Miró vielleicht spielerisch für eine Buchstabenkomposition, die, wie ein Brief seines Händlers Pierre Matisse aus dem Jahr 1967 andeutete, entweder als „Alice“ oder „Alicia“ gelesen werden konnte.
Miró nahm das Projekt mit Begeisterung in Angriff. Möglicherweise war es das Element des Zufalls, das unkontrollierte und unerwartete Ergebnisse hervorbrachte, das den Surrealisten Miró zu den Techniken der Keramik führte. Dem Medium blieb er über vier Jahrzehnte lang treu. Im August 1966 schrieb er an Messer und betonte die Bedeutung, die er dem Brennprozess für die Fertigstellung seiner Keramikarbeiten zuschreibt:
„Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass das große Wandgemälde bereits begonnen wurde. Ich bin sehr zuversichtlich, was die Ergebnisse dieser ersten Phase angeht. Hoffen wir, dass unser großer Freund Feuer uns auch in den nächsten Schritten seinen Reichtum und seine Schönheit schenkt.“3
Im Jahr der Fertigstellung von „Alicia“, 1967, erhielt Joan Miró den Carnegie-Preis der Malerei. Einige Jahre später organisierte das Art Institute of Chicago ein Ausstellung von Mirós Plastiken (1971/72).
Wandteppich für die National Gallery in Washington.
„Woman“ (1977) ist eine 1053.7 x 604.3 cm große Tapisserie von Josep Royo nach einem Entwurf von Joan Miró. Sie ist seit einigen Jahren nicht mehr öffentlich zu sehen. Man darf gespannt sein, ob das Werk entliehen wird.
Miró in Wichita
Über dem Eingang des Ulrich Museum of Art an der Wichita University hängt Mirós „Personnages Oiseaux“ (1977/78), ein Mosaik aus mehr als 150.000 venezianischen Glassteinen (tesserae), Marmor und Edelstahl. Der Gründungsdirektor des Museums, Martin H. Bush, überzeugte Miró 1974 von dem Projekt. Es wurde im Glasstudio Ateliers Loire im französischen Chartres aus 80 Einzelplatten hergestellt, in die USA verschifft und am 31. Oktober 1978 enthüllt.
Der Künstler war bereits 85 Jahre als, als er eines seiner größten Werke (8.53 x 15.85 m) vollendete. Miró hatte dafür erstmals die Technik des Mosaiks gewählt und die Ateliers Loire in Chartres, Frankreich, damit beauftragt.
Kuratiert von Marko Daniel, Matthew Gale und Dolors Rodríguez Roig von der Fundació Joan Miró, in Zusammenarbeit mit Elsa Smithgall von The Phillips Collection.
Ausgestellte Künstler und Künstlerinnen
Adolph Gottlieb, Alexander Calder, Alfonso Ossorio, Alice Trumbull Mason, Anne Ryan, Arshile Gorky, Barnett Newman, Dorothea Tanning, Elaine de Kooning / Esteban Vicente, Franz Kline, Grace Hartigan, Hans Hofmann, Helen Frankenthaler, Herbert Ferber, Isamu Noguchi, Jackson Pollock, Janet Sobel, Jeanne Reynal, Joan Miró, Joan Mitchell, John Chamberlain, José Guerrero, Lee Krasner, Len Lye, Louise Bourgeois, Louise Nevelson, Marcel Duchamp, Mark Rothko, Maya Deren, Michael Corinne West, Minna Wright Citron, Norman Lewis, Perle Fine, Peter Miller, Robert Motherwell, Robert Rauschenberg, Roberto Matta, Rufino Tamayo, Salvador Dalí, Sam Francis, Sarah Grilo, Sonja Sekula, Stanley William Hayter, Theodoros Stamos, Thomas Bouchard, Wifredo Lam, Willem de Kooning, William Baziotes, Yves Tanguy
