Gustav Klimt wurde 1862 in Wien geboren. 2012 - zum 150. Geburtstag des berühmten Jugendstilkünstlers - widmen ihm die Museen seiner Heimatstadt ein Feuerwerk an zehn Ausstellungen, welche den Maler von allen Seiten beleuchten: als Zeichner wie als Dekorationmaler, als Porträtist wie als Landschaftsmaler, als Künstler der Secession und auch ganz privat. Man zelebriert den vielleicht wichtigsten, sicher aber teuersten aller österreichischen Künstler mit Präsentationen aus den eigenen Hausbeständen: Spektakuläre Brücken im KHM und der Wiener Secesion geben detaillierte Einblicke, andere dekonstruieren den Mythos. Wer zudem seinen Klimt-Pass mit Stempeln von allen Veranstaltern füllt, nimmt an der Verlosung eines Attersee-Wochenendes teil.
Österreich | Wien
2012
→ Klimts Dekoration im Kunsthistorischen Museum: Stairway zu Klimt
Eine aufsehenerregende Brücke über das Siegenhaus ermöglicht erstmals, die 1890/91 angefertigten Gemälde an der Nordseite aus der Nähe zu betrachten. Noch als Mitglied der sog. „Künstler-Compagnie“ hatte Gustav Klimt (1862–1918) dort, neben seinem jüngeren Bruder Ernst Klimt und dem Studienkollegen Franz Matsch, Allegorien der Kunstepochen von der Antike bis zum Rokoko gestaltet. Die Leinwandgemälde wurden im April 1891 montiert und ein voller Erfolg: Am 25. März 1891 wurde Klimt, wie seine Beitrittserklärung aus dem Archiv des Künstlerhauses belegt, in die Genossenschaft der bildenden Künstler aufgenommen und hatte damit vorerst den Grundstein für seine Karriere gelegt. Der nun erstmals mögliche, nahe Blick auf die Gemälde im KHM zeigt das große malerische Können, dass sich Klimt in den Jahren zwischen 1880 und 1890 angeeignet hat: zartestes Inkarnat, das sich für die gleichzeitigen Porträtaufträge ebenfalls gut verwenden ließ, spannungsreiche Kompositionen, genaue Recherche für die abgebildeten Kunstgegenstände, eine realistische Wiedergabe, die nicht ins rein Illustrative oder Komische abgleitet. Die leider wenig erhellende Dokumentation in Saal VIII führt vor allem anhand von Reproduktionen und Dokumentationsmaterial die Entwicklung Klimts als Dekorationsmaler vor.
→ Rockenschaub "Plattform" für Klimts Beethoven-Fries
Eine ähnliche Idee wie das KHM verfolgt auch die Secession, indem sie eine von Gerwald Rockenschaub entworfene Bühne in den Fries-Raum stellt, um so den Besucherinnen und Besucher den Beethoven-Fries im „Close-up“ vor Augen zu führen. 1902 für die Beethoven-Ausstellung in der Wiener Secession als Fresko gestaltet, wurde der Fries – eigentlich ein Teil des Gesamtkunstwerks rund um die Beethoven-Statue von Max Klinger – 1903 von Carl Reininghaus gerettet, d.h. angekauft und für den Sammler aus der Ausstellungswand geschnitten. Seit Mitte der 80er Jahre ist der aufwändig restaurierte Fries in der Secession installiert. Nun wird man dem Giganten Typhaeon in seine perlmuttschimmernden Augen blicken, den Ritter aus der Nähe studieren und das küssende Paar am Ende des Frieses aus der Nähe bewundern können. Eines der Hauptwerke von Klimts „Goldener Phase“ wird erstmals auf „Augenhöhe“ erlebbar. Ergänzt wird die Präsentation durch die hochauflösende Digitalisierung des Originals durch das Bundesdenkmalamt sowie eine Kopie der "Poesie", die es erlauben, die Oberfläche und Materialität des Werks bis ins Detail zu erkunden.
→ Gustav Klimt: Am Attersee (1900)
Die Entwicklung Klimts von den Fakultätsbildern über seine Attersee-Landschaften bis zum Spätwerk zeichnet das Leopold Museum nach. Ausgehend von ca. 400 erhaltenen Postkarten, die der Künstler zwischen 1897 und 1917 an seine Freundin Emilie Flöge schrieb, wird das private wie das öffentliche Leben etappenweise rekonstruiert. Aus seinen Mitteilungen geht nicht nur hervor, wie sehr er zwischen den Erfahrungen der Stadt und der Sommerfrische am Attersee zerrissen und sein Gemütszustand von der herrschenden Wettersituation direkt beeinflusst war, dass er mit Veränderungen nur schwer zurecht kam, usw., sondern auch dass Emilie nicht nur angeheiratete Schwägerin, ja eine lebenslange, fürsorgliche Freundin gewesen ist. Obwohl sich nur ein kleiner Teil der Korrespondenz erhalten hat und auch nur Klimts „SMS“ und kein einziges Antwortschreiben Emilie Flöges, so lassen sich daraus doch erstaunliche Meldungen zu Persönlichkeit und Werk ableiten. Es findet sich 1903 eine Nachricht, in der Klimt die Mosaike von Ravenna als „von erstaunlicher Pracht“ beschreibt. 1914 vermeldet er aus Tervuren/Brüssel: „Das Schöne aber sind die Plastiken dieser Congoneger! herrlich und prachtvoll – man schämt sich – daß die in ihrer Art so viel mehr können als wir. Ich war ganz ‚weg‘!“ Daher ergänzen Werke aus Zentralafrika, Japan und China sowie Repliken der Mosaike aus Ravenna den Reigen von Klimt`schen Landschaften und Allegorien. Diese stimmungsvollen und immer stillen Landschaften Klimts zeigen den Künstler als einen Verehrer der unberührten Natur, in die er aus der stickigen, schmutzigen und tosenden Stadt floh. Aufnahmen seines ersten Ateliers in der Josefstädterstraße 21, im VIII. Bezirk, belegen, dass Klimt auch in Wien einen paradiesischen Ort mit wuchernden Pflanzen für sein Schaffen fand. So verwundert es vielleicht weniger, dass Klimt in seinem Leben nur ein einziges Mal Wien darstellte, 1916 im Bild aus dem Schönbrunner Schlosspark, wo die „Stadt“ seinem geliebten Attersee wohl am ähnlichsten sieht.
Das Wien Museum besitzt mit rund 400 Zeichnungen Klimts den größten Bestand an Grafiken des Künstlers. Die teils aus dem Besitz der Schwägerin Klimts, Franziska Klimt, stammenden Blätter machen in manchen „Serien“ den kreativen Arbeitsprozess Klimts nachvollziehbar. Neben den acht Gemälden, zu denen als bekanntestes das Porträt der Emilie Flöges zählt, der Totenmaske, dem berühmten Malerkittel und zig zeitgenössischen Fotografien werden sämtliche Zeichnungen des Museums ausgestellt. So belegt die in zehn Kapiteln unterteilte Schau einen echten Querschnitt durch die zeichnerische Produktion Klimts, von Skizzen, zu ausgefeilten Studien, von Notationen über stenogrammartige Kürzel seiner Ideen. Manchmal unterscheiden sich Zeichnungen nur in kleinen Details voneinander und zeigen, dass Klimt kein schneller Maler war. Mitnichten ging ihm alles einfach und problemlos von der Hand. Die kuratorische Entscheidung gegen ein Best-of macht die Ausstellung zu einer ehrlichen Werkschau fernab der omnipräsenten Jagd nach künstlerischen Höhepunkten. Die hauseigene Sammlung an „Klimt-Kitsch“ vervollständigt dieses Bild und stellt gleichzeitig die Frage nach den Gründen für die Beliebtheit des Malers!
→ Gustav Klimt: Lebensbaum – Erwartung – Erfüllung – Ritter
Ein echter Höhepunkt, der auch nach dem Klimt-Jubiläumsjahr in Wien zu sehen sein wird, sind die neun Entwürfe des Künstlers für den Mosaikfries im Speisesaal des Brüsseler Palais Stoclet (1910/11). Die zwischen 2005 und 2011 restaurierten Teile werden erstmals ohne Rahmung in einer Klimabox präsentiert und durch einen umfangreichen Katalog, in dem die Erkenntnisse der Restaurierung eingeflossen sind, vorgestellt. 1905 gaben Adolphe Stoclet und seine Frau Suzanne bei Josef Hoffmann und der Wiener Werkstätte ihr Wohnhaus in Brüssel in Auftrag. Schon davor war das finanziell sorgenfreie Ehepaar zu einem wichtigen Mäzen des Wiener Jugendstils geworden. Mit ihrem Haus sollte es sich selbst ein Denkmal setzen. Gustav Klimt entwarf für den Speisesaal einen goldenen Fries mit den Figuren der Erwartung (auch chinesische Tänzerin), der Erfüllung, dem nahezu abstrakten Ritter, dem Rosenstrauch und dem Lebensbaum, sowie Horusfalken, Augenblumen und Schmetterlingen. Obwohl es sich „nur“ um Entwürfe handelt, nutzte Klimt reichlich Blattgold und Blattplatin auf Transparentpapier (für den „Ritter“ stärkeres Entwurfspapier). Für die Umsetzung in emailierter Keramik, Perlmutt, Gold- und Platin-Mosaik auf weißem Marmor – der Entwurf entspricht daher dem sog. „Malmosaik“ (Ludwig Hevesi) – notierte Klimt Anweisungen, welche die unglaubliche Präzision seiner Arbeitsweise beweisen. Pentimenti zeugen von der Entwicklung der Zeichnung und dem Arbeitsprozess von der „Tänzerin“ zur „Erfüllung“. Erstmals werden den originalen Vorzeichnungen ausgeführte Muster gegenübergestellt und der gesamte Schaffensprozess rekonstruiert. Vom Nadelkissen bis zur Steckdose: Rund um die Entwürfe für den Fries belegen ca. 100 Zeichnungen aus dem Archiv der Wiener Werkstätte, was für das Gebäude alles gestaltet und angeschafft wurde. Eine Ausstellung nicht nur über Gustav Klimts Werk und seine Verflechtung mit der Wiener Werkstätte, sondern auch über die österreichische Restaurierkunst!
Aus ihrem Gesamtbestand von 170 Zeichnungen wählte die Albertina die qualitätsvollsten, um den zeichnenden, vulgo nachdenken Künstler zu dokumentieren. Als Mitherausgeberin des Zeichnungswerksverzeichnisses ist Marian Bisanz-Prakken sicherlich die weltweit beste Kennerin der Grafiken Klimts. In ihrer Ausstellung sollen Zeichnungen nicht als Vorstudien oder „Beiwerk“ zu den Gemälden fungieren, sondern erhalten ihr eigenes Recht. Bisanz-Prakken ist der Ansicht, dass „durch die kontinuierliche Arbeit nach dem lebenden Modell Klimt seine Themen in Tausenden von Blättern verinnerlicht (hat). Aufgrund ihres sensiblen und unmittelbaren Charakters vermitteln diese Werke einen aufschlussreichen Einblick in seine Denk- und Arbeitsweise, denn er selbst hat sich über seine künstlerischen Absichten praktisch nie schriftlich oder verbal geäußert.“ Heute noch sind knapp 4.000 Zeichnungen von Klimt bekannt; Zeitgenossen berichten jedoch davon, dass sich in seinem Atelier die Papiere mannshoch stapelten, von seinen Katzen umgestoßen oder als Schlafplätze verwendet wurden. Wenn Klimt in diesen Darstellungen auch die Grenzen der traditionellen Malerei entschieden verschoben hat, so ist die Technik des seriellen Zeichnens doch Zeit seines Lebens eine traditionelle geblieben. Daher zeigt die Albertina den künstlerischen Werdegang Klimts anhand der stilistischen Entwicklung seiner Zeichnungen – immer in Bezug zu den Gemälden.
„KANNST DU NICHT ALLEN GEFALLEN DURCH DEINE THAT UND DEIN KUNSTWERK - MACH ES WENIGEN RECHT. VIELEN GEFALLEN IST SCHLIMM.“ Mit diesem Schiller-Zitat kommentierte Gustav Klimt auf dem Gemälde „Nuda Veritas“ (1899), der „Nackten Wahrheit“, die kompromisslose Haltung der Secessionisten. Noch im Entstehungsjahr kaufte Hermann Bahr das Bild zu einem Freundschaftspreis. Bahr (1863-1934), Dramatiker, Literatur- und Theaterkritiker, ist heute vor allem als Verteidiger der Secession und Gustav Klimts bekannt. 1901 mit seiner „Rede für Klimt“ und 1902 mit der Publikation „Gegen Klimt“ setzte sich der Literat für den Maler ein. Die Ausstellung stellt das Gemälde und die Figur Bahrs ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie erfand Klimt seine „Nuda Veritas“? Sowohl kunsthistorische als auch literarische Traditionen werden zur Beantwortung dieser Frage aufgezeigt. Darüber hinaus spürt man im Theatermuseum der Empörung, der Kritik und dem Enthusiasmus nach, die das „Goldene Wien“ als jenen heftig umkämpften Diskurs zwischen „Traditionalisten“ und „Modernen“ erscheinen lassen, der er wirklich war.
369 Objekte aus dem Nachlass von Emilie Flöge (1874-1952) belegen ihr Interesse an textiler „Volkskunst“ vorwiegend aus Ost- und Südosteuropa, die sie auch im Modesalon „Schwestern Flöge“ in den Vitrinen des Empfangszimmers präsentierte. Emilie Flöges Aufmerksamkeit galt vor allem den Ornamenten, den Mustern und Farben. Es handelt sich daher Großteils um Fragmente, die aus größeren Textilien, aus Hemden oder Schürzen, ausgeschnitten worden waren. Um 1900 war es in Wien en vogue geworden, sich mit südosteuropäischer „Volkskunst“ zu beschäftigen, galt diese doch als Ausdruck von Traditionsverbundenheit mit einem Touch Exotik. Während Gustav Klimt sich mit japanischen Kimonos beschäftigte, widmete sich Flöge der heimischen Fremde, womit sie die weitere Entwicklung des Jungendstils durchaus mitbeeinflusste.
Diese Ausstellung beschäftigt sich nicht nur mit der Mitgliedschaft Klimts bei der Genossenschaft bildender Künstler Österreichs sowie dem Austritt der Klimt-Gruppe, sondern auch mit der wechselvollen Ausstellungsgeschichte Klimts unter den Nationalsozialisten sowie seine Position in der Schau „Traum und Wirklichkeit“ (1985).
→ Gustav Klimt: Der Kuss (1907/08)
Last but not least widmet auch das Belvedere, als die weltweit größte Sammlung von Klimt Ölgemälden, dem Künstler eine Fokus-Schau. Hier wird der Schwerpunkt auf der bislang wenig berücksichtigten Rezeptionsgeschichte von Klimts Werk und seiner Person gelegt werden.
Secession, Rockenschaub „Plattform“ für Klimts Beethoven-Fries, - 23. März bis 4. November 2012
KHM, Klimt im Kunsthistorischen Museum - 14. Februar 2012 bis 6. Mai 2012
Leopold Museum, Klimt persönlich. Bilder - Briefe – Einblicke - 24. Februar 2012 bis 27. August 2012
Albertina, Gustav Klimt. Die Zeichnungen - 14. März bis 10. Juni 2012
Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Gustav Klimt: Erwartung und Erfüllung. Entwürfe zum Mosaikfries im Palais Stoclet - 21. März bis 15. Juli 2012
Österreichisches Theatermuseum, Gegen Klimt. Die "Nuda Veritas" und ihr Verteidiger Hermann Bahr - 10. Mai bis 29. Oktober 2012
Wien Museum Karlsplatz, Klimt. Die Sammlung des Wien Museums - 16. Mai bis 16. September 2012
Österreichisches Museum für Volkskunde, Objekte im Fokus: Die Textilmustersammlung Emilie Flöge - 25. Mai bis 14. Oktober 2012
Künstlerhaus, Gustav Klimt und das Künstlerhaus - 6. Juli bis 2. September 2012
Oberes Belvedere, Meisterwerke im Fokus: 150 Jahre Gustav Klimt - 12. Juli 2012 bis 6. Jänner 2013