Vincent van Gogh, Angeln im Frühling, Pont de Clichy (Asnières), Detail, 1887 (Chicago)
Zwischen 1882 und 1890 strömten postimpressionistische Maler wie Vincent van Gogh, Georges Seurat (→ Georges Seurat, Erfinder des Pointillismus), Paul Signac, Emile Bernard und Charles Angrand in Scharen in die Dörfer am Rande von Paris. Dort experimentierten sie mit gebrochenen Pinselstrichen und kontrastierenden Farben, um einen innovativen Malstil zu entwickeln, der nur durch ihre gemeinsamen Bemühungen hätte etabliert werden können.
USA | Chicago: Art Institute of Chicago
14.5. – 4.9.2023
Im Gegensatz zu den Maler:innen des Impressionismus, die in den 1870er Jahren viel Zeit in mondänen Touristenorten südlich der Stadt entlang der Seine verbracht hatten, bevorzugten die Postimpressionisten die nordwestlichen Vororte um Asnières (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus). Diese Region war beliebt für Erholung und Entspannung, wurde jedoch in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zunehmend mit Kohle- und Gasanlagen besiedelt. Das visuelle Vokabular dieser industrialisierten Vorstädte – die Brücken, Böschungen, Fabriken, Parks und Dörfer – bildete für Van Gogh und seinen Kollegen kein Hindernis für ihre Erkundungen von Sonnenlicht, Wasser und den Farben der Natur, sondern wurde zum Experimentierfeld von Farbe und Farbauftrag.
Vom Winter 1887 datiert das Gemälde „Terrasse und Aussichtsplattform im Moulin de Blute-Fin, Montmartre“ (Chicago). Es entstand etwa ein Jahr, nachdem Vincent van Gogh nach Paris gekommen war, um sich seinem Bruder, dem Kunsthändler Theo van Gogh, anzuschließen (→ Vincent van Gogh: Biografie). Es gehört zu einer Gruppe von Landschaften mit dem Butte Montmartre, einen kurzen Anstieg von der Wohnung in der Rue Lepic entfernt, in der Vincent und Theo lebten. Montmartre war übersät mit Erinnerungen an seine schnell in Vergessenheit geratene ländliche Vergangenheit – verlassene Steinbrüche, Gemüsegärten und drei erhaltene Windmühlen, darunter die Moulin de Blute-Fin. Die stillgelegte Mühle war zu einer Touristenattraktion geworden und bot von dem daneben errichteten Aussichtsturm einen spektakulären Panoramablick über Paris.
Van Goghs „Angeln im Frühling, Pont de Clichy (Asnières)“ von 1887 ist in technischer Hinsicht ein Beweis für die Freundschaft des Niederländers mit Paul Signac – und ein Beleg für die schnelle Entwicklung des Niederländers. Van Gogh hatte im Frühjahr 1886 auf der letzten, der Achten Impressionisten-Ausstellung 1886 Werke von Signac und Georges Seurat gesehen. Signac war ein eloquenter Fürsprecher von Seurats bahnbrechendem Neo-Impressionismus und erklärte ihn zur „natürlichen“ Weiterentwicklung des Impressionismus. Unter Signacs Einfluss hellte sich Van Goghs Palette auf, seine Pinselstriche wurden vielfältiger und seine Themen erweiterten sich. Schauplatz dieser Arbeit ist die Seine am Pont de Clichy bei Asnières, wo Van Gogh und Signac mehrfach zusammen malten.
„Van Gogh und die Avantgarde: die Seine entlang” wird vom Art Institute of Chicago und dem Van Gogh Museum, Amsterdam organisiert. Die Ausstellung wird von einem vollständig illustrierten Katalog mit Essays der Kuratoren und anderer namhafter Wissenschaftler begleitet.
Kuratiert von Jacquelyn N. Coutré, Eleanor Wood Prince Associate Curator, Painting and Sculpture of Europe, am Art Institute of Chicago, und Bregje Gerritse, Forscherin am Van Gogh Museum, Amsterdam, mit Unterstützung von Jena K. Carvana, kuratorischer Mitarbeiterin europöische für Malerei und Skulptur am Art Institute of Chicago.