Österreichische Künstler und Claude Monet
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Impressionismus-Rezeption in Österreich Einfluss des Pariser Impressionisten auf die österreichische Malerei

Claude Monet, Waterloo Bridge, Sonne im Nebel, 1903, Öl auf Leinwand, 73,7 x 100,3 cm, Erworben 1914 © National Gallery of Canada, Ottawa.

Claude Monet, Waterloo Bridge, Sonne im Nebel, 1903, Öl auf Leinwand, 73,7 x 100,3 cm, Erworben 1914 © National Gallery of Canada, Ottawa.

Atmosphäre, Stimmung und die Unmöglichkeit Rauchschwaden akkurat einzufangen

Für Claude Monet (1840–1926) war die Entstehung eines Gemäldes gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit, die Schönheit der Stimmung einzufangen, in der sich seine Bildsujets befanden. Es ging ihm weniger darum, einen Hühnerhof, Blumen im Garten (→ Der moderne Garten in der Malerei von Monet bis Matisse), die Kathedrale von Rouen, das Londoner Parlament oder einfach tosende Wellen an der Atlantikküste festzuhalten, als das Licht und die Atmosphäre treffend wiederzugeben. Formen und Volumina der Objekte konnte er daher vernachlässigen, Farben und Farbharmonien erlangten ungleich größere Bedeutung. Permanente Unzufriedenheit mit der eigenen Produktion war die Folge: „Ach, die Malerei, was für eine Qual! Ich bin wirklich zu nichts gut“, meinte der Künstler in einem Brief an den Malerkollegen Gustave Caillebotte.1

Die schönste Umweltverschmutzung seit Menschengedenken

Dass Claude Monet London, die Themse und die Waterloo Bridge in so wunderbares, dämmriges Violett tauchen konnte, verdankte er den rußenden Kohleöfen der Stadt. Schönwetter hingegen behagte dem Franzosen nachweislich gar nicht. Stattdessen frohlockte er, wenn sich gegen Mittag die ersten Rauchschwaden über der Stadt zusammenballten und die Metropole in jenes geheimnisvolle Zwielicht hüllte, weswegen er gekommen war.

Stephan Koja untersucht in der Orangerie des Belvedere aber nicht die meteorologischen Zusammenhänge der London-Bilder, sondern die Rezeption, also die Aufnahme, Monet’scher Kompositionen in Wien. Im Katalog werden all jene Werke akribisch aufgelistet, die auf der Wiener Weltausstellung (1873), im Künstlerhaus (1898), in der Secession (1903, 1925) und den Galerien Miethke (1910, 1912, 1913) und Arnot (1911, 1912) zu sehen gewesen sind. Reisen nach Paris ergänzten den Wissensdurst heimischer Künstlerinnen und Künstlern seit den „Stimmungsimpressionistinnen und Stimmungsimpressionisten“ (auch: Stimmungsrealistinnen bzw. Stimmungsrealisten).

Von Tina Blau, Olga Wisinger-Florian, Marie Egner, Theodor von Hörmann (→ Theodor von Hörmann. Impressionist aus Österreich), Gustav Klimt bis zu den Spätimpressionisten Rudolf Junk und Franz Jaschke, sowie Herbert Boeckl und Max Weiler (→ Max Weiler. Die Natur der Malerei) bringt Koja die Größen heimischer Kunstproduzent_innen und wenig bekannten Künstler_innen zusammen. Neben der Malerei sind auch frühe Wiener Kunstfotografen wie der bekannte Heinrich Kühn vertreten. Die Nachfolger Monets vereint ihre offensichtliche Auseinandersetzung mit der neuen französischen Landschaftsmalerei, ihren frischen Farben, dem Farbauftrag, den Bildmotiven und Bildausschnitten, dem Arbeiten in Serien.

Emil Jakob-Schindler erneuerte gemeinsam mit seinen Kollegen, Schülern und Schülerinnen die Landschaftsmalerei Österreichs, indem sie von Monets Bildausschnitten lernten und seine fleckenartige Malweise zu schätzen wussten. Unter dem Begriff des Stimmungsimpressionismus ging diese Stilrichtung in die österreichische Kunstgeschichte ein. Eugen Jettel und Rudolf Ribarz lebten jahrelang in Frankreich und studierten die Werke Monets (aber auch der Schule von Barbizon, Gustave Courbet) in Paris. Theodor von Hörmann, für manche der einzige echte Impressionist der österreichischen Kunstgeschichte, lernte ebenfalls in Paris zu malen und wagte sich an atmosphärische Nachtansichten vor. Als unermüdlicher Kämpfer für die Freiheit der Kunst (vor allem der Künstler) wurde er zu einem Leitstern der jungen Secession, die 1897 gegründet wurde. Gustav Klimt ist mit dem ikonischen Landschaftsbild „Am Attersee“ (1900, Leopold Museum → Gustav Klimt: Am Attersee (1900)) vertreten, indem die Rezeption von Monets „Seerosen“ auch über die Wahl der Farbe Türkis sichtbar wird.

Den späten Impressionismus, fast schon Pointillismus nahmen Rudolf Junk und Franz Jaschke auf. Während Junk vor allem als Druckgrafiker und führendes Mitglied des Hagenbundes bekannt wurde, ist Jaschke bislang nur in der Ausstellung „Wien-Berlin“ aufgefallen. Dass Monet auch für die Entwicklung der abstrakten Kunst von großer Bedeutung ist, wird bereits seit Jahren diskutiert. Nun stellt Koja den späten, riesigen Leinwänden des Franzosen Werke von Herbert Boeckl und Max Weiler gegenüber.

Ausgestellte Künstlerinnen und Künstler

Claude Monet, Tina Blau, Herbert Boeckl, Marie Egner, Theodor von Hörmann, Franz Jaschke, Eugen Jettel, Ludwig Heinrich Jungnickel, Rudolf Junk, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Johann Victor Krämer, Heinrich Kühn, Emilie Mediz-Pelikan, Carl Moll, Rudolf Quittner, Rudolf Ribarz, Emil Jakob Schindler, Max Suppantschitsch, Max Weiler, Olga Wisinger-Florian, Alfred Zoff

Biografie von Marie Egner (1850–1940)

1850 in Radkersburg geboren
1867–1872 Unterricht in der Landschaftsklasse der Ständischen Zeichnungsakademie in Graz bei Hermann von Königsbrunn. Der Lehrer unternahm mit seiner Schüler_innen auch Ausflüge in die Natur. Egner pflegte einen detaillierten Realismus.
1872 Umzug nach Düsseldorf und Studium an der dortigen Akademie bei Carl Jungheim
1875 Umzug nach Wien. Unterhielt ein Atelier und gab Malunterricht in Öl.
1880 Erste Begegnung mit Emil Jakob Schindler (1842–1892), der Privatunterricht an Carl Moll und Olga Wiesinger-Florian gab. Hinwendung zur intimen Landschaft mit ausschnitthaften Architekturmotiven.
1885 Schindler, seine Familie und seine Schüler_innen lebten auf Schloss Plankenberg bei Tulln/Niederösterreich. Egner fühlte sich zu ihrem Lehrer amourös hingezogen.
1887 Umzug nach London, um als Zeichenlehrerin in einer Internatsschule für höhere Töchter in der Nähe von London zu arbeiten. Egner entdeckte die Aquarellmalerei, die ihr von Robert Weir Allan nahe gebracht wurde, und die holländische Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts.
1888 Rückkehr nach Österreich. Ab nun rege Ausstellungsbeteiligungen auch im Künstlerhaus. Mitglied im Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen. Zum Aufbringen ihres Lebensunterhaltes unterrichtete sie.
1901 Gründung der Gruppe „Acht Künstlerinnen“
1905–1914 Mehrere Frankreichreisen und Beschäftigung mit den französischen Impressionisten.
1918 Nachlassen der Sehkraft wegen Starerkrankung
1920 und 1931 Zwei Staroperationen
1926 Erste Einzelausstellung im Wiener Künstlerhaus Egner präsentierte mehr als 180 Werke. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die Künstlerin in einem Altersheim in Maria Anzbach/Niederösterreich.

Biografie von Franz Jaschke (1862–1910)

1862 in Wien als Sohn eines Bauschlossers geboren
Lehre an der Wiener Kunstgewerbeschule
Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei den Historienmalern August Eisenmenger und Joseph Matthias Trenkwald
Mitglied des Hagenbundes
1901 Im März Mitglied der Wiener Secession. Der enge Freund von Josef Engelhart wandte sich dem Pointillismus zu.
Führte eine private Malschule, wo u. a. Hans Böhler sein Schüler war.
Am 1. Dezember 1910 nach schwerer Krankheit verstorben.

Biografie von Eugen Jettel (1845–1901)

Am 20. März 1845 in Johnsdorf bei Römerstadt/Mähren als Sohn eines Eisenwerkverwalters geboren.
1850 Umzug nach Wien (nach dem Tod seiner Mutter)
1860 Studium der Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Albert August Zimmermann. Mitschüler sind Rudolf Ribarz, Robert Russ und Emil Jakob Schindler. Studienausflüge nach Bayern, Salzburg und Tirol.
1864 Ankauf des Gemäldes „Der Hintersee bei Berchtesgaden“ durch Kaiser Franz Joseph
1868 Beendigung seines Studiums, Mitglied des Wiener Künstlerhauses.
1869/70 Begegnung mit August von Pettenkofen über den Galeristen Georg Plach.
1870 Reise nach Holland und erstmals Nordfrankreich (Normandie, Picardie, v. a. Dieppe)
1871 Reise nach Ungarn
1872/73 Reise nach Sizilien gemeinsam mit Leopold Carl Müller
1873 Exklusivvertrag mit Charles Sedelmayer und Umzug nach Paris. Heirat mit Cäcilie Mailer. Auf der Wiener Weltausstellung vertreten.
1875 Erster Besuch von Barbizon, wo er die Impressionisten traf.
1889 Für seine Verdienste um die Pariser Weltausstellung wurde er mit dem Ritterorden der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet.
1893 Beteiligung an der Weltausstellung in Chicago, erhielt die Goldmedaille
1894 Beteiligung an der Weltausstellung in Antwerpen, erhielt die Goldmedaille
1897 Erste Reise nach Wien, um an der ersten Secessionsausstellung teilzunehmen. Dauerhafte Rückkehr nach Wien wegen finanzieller Probleme.
Am 27. August 1901 verstarb der 56jährige Jettel an den Folgen eines Herzinfarkts in Lussingrande, wo er auf Erzherzog Carl Stephan gewartet hatte, um eine Reise nach Süditalien anzutreten.

Biografie von Rudolf Junk (1880–1943)

Besuch des Stiftsgymnasiums von Melk, sein Mitschüler ist Leopold Blauensteiner.
1899 Besuch der III. Secessionsausstellung wurde zum Schlüsselerlebnis, wo er Gemälde von Seurat, Rysselberghe kennen lernte.
Studium an der Wiener Universität, Promotion zum Doktor der Philosophie
1903 Besuch der Impressionistenausstellung in der Wiener Secession
1903–1907 Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Heinrich Lefler, Beschäftigung mit Malerei
1904 Erste Ausstellungsbeteiligung am Hagenbund. Im Sommer malte er am Attersee.
1906 Erste Präsentation von Farbholzschnitten im Hagenbund.
1907 Erwerbung des Gemäldes „Sommer in Steinbach im Wienerwald“ durch die Moderne Galerie.
1908 Ordentliches Mitglied des Hagenbundes
1909 Begann für die Österreichische Staatsdruckerei zu arbeiten: Entwürfe für Wertpapiere, Stempelmarken, Briefmarken, Banknoten. In die Kunstkommission des Unterrichtsministeriums berufen.
1911 Präsident des Hagenbundes
1924 Direktor der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt

Biografie von Johann Victor Krämer (1861–1949)

1861 in Adamsthal/Mähren als Sohn eines Ingenieurs geboren.
1878–1881 Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Ferdinand Laufberger – finanziert durch ein Stipendium des Fürsten Johann II. von Liechtenstein, für den der Vater arbeitete
1881–1888 Studium an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Christian Griepenkerl, Carl Wurzinger und August Eisenmenger, ab 1883 bei Leopold Carl Müller
1883 Gundelpreis
1884 Spezialschulpreis
1888 für das Gemälde „Kreuzabnahme“ den Reichelpreis vom Künstlerhaus und für das Gemälde „Urteil des Paris“ den Rom-Preis. Reise nach Paris
1889 Im Mai Weiterreise nach London. Im Juni zurück in Paris, im Oktober Weiterfahrt nach Biarritz, Madrid und Südspanien. Zusammentreffen mit dem Kunstkritiker Hermann Bahr.
1890 Am 1. Januar Übersetzen nach Tanger. Mitte März Rückkehr nach Granada/Spanien, wo er sich für die Alhambra begeisterte. Über Algier und Tunis nach Rom.
1891 Rückkehr nach Wien und Atelierübernahme. Für sieben Jahre Zeichenlehrer im Dienst von Karl Wittgenstein.
1893 Mitglied im Künstlerhaus
1894 Halbes Jahr Aufenthalt auf Sizilien gemeinsam mit Josef Engelhart und Theodor von Hörmann.
1897 Gründungsmitglied der Wiener Secession
1898–1900 Orientreise: Palästina und Ägypten, wo er auch Fotografien anfertigte
1901 Einzelausstellung in der Wiener Secession, wo er die Ergebnisse seiner Orientreise zeigte
1903 Reise nach Korfu und die Ionischen Inseln
1904 Einzelausstellung in der Galerie Miethke
1907 Reise nach Bosnien und Herzegowina
1914 Reise nach Dalmatien
1917 In den Professorenstand erhoben
1949 verstorben

Biografie von Emilie Mediz-Pelikan (1861–1908)

1861 in Vöklabruck/Oberösterreich geboren
Privatunterricht beim Landschaftsmaler Albert Zimmermann
1885 Künstlerkolonie Dachau/Bayern, wo sie von Adolf Hölzel unterrichtet wurde und ihr Fritz von Uhde Ratschläge erteilte.
1889 und 1890 Lernte ihren späteren Ehemann Karl Mediz kennen, den sie in Paris besuchte und mit dem sie zwei Saisonen in Knokke/Belgien, wo sich auch die Impressionisten aufhielten, malte.
Wohnhaft in München, Malaufenthalte in Italien, Ungarn und Böhmen
Geburt einer Tochter
1891 Malte Felsenküsten in Duino
1894 Umzug in die Künstlerkolonie Goppeln bei Dresden
1897 Teilnahme an der Ersten Secessionsausstellung in Wien
1902 und 1903 Teilnahme an Hagenbund-Ausstellungen
1908 verstorben

Biografie von Rudolf Quittner (1872–1910)

1873 in Troppau/Österreichisch-Schlesien geboren.
Ausbildung an der Polytechnischen Hochschule
Technischer Zeichner und Prokurist in der väterlichen Tuchfabrik
Studium an der Wiener Akademie der bildenden Künste
Umzug nach Paris, Studium an der Académie Julian. Bei Camille Pissarro lernte er die Landschaftsmalerei und fand beim norwegischen Maler Fritz Thaulow sowie Claude Monet Inspiration und „künstlerischen Rat“. Reisen nach Europa, Nordafrika, den Nahen Osten, Nordamerika und Kanada.
Ab 1901 zeitweise wieder in Wien.
1905 Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens
1906 Goldene Staatsmedaille
1907 Teilnahme am Salon des artistes français und ehrenvolle Erwähnung
1908 Für das Gemälde „Fallende Blätter“ erhielt er die Erzherzog-Karl-Ludwig-Medialle. Im gleichen Jahr kaufte König Victor Emanuel das Bild „Der Eisenbahnzug“ an und schenkte es der Modernen Galerie in Venedig
Quittner starb im Januar 1910 nur 37jährig an einem Krebsleiden in Paris. Kurz danach eine Nachlassausstellung im Künstlerhaus und ein Plagiatsskandal um die Authentizität der Gemälde.

  1. Brief Monets an Caillebotte vom 4.9.1887, zitiert nach: Stephan Koja: Claude Monet, in: Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hg.): Im Lichte Monets. Österreichische Künstler und das Werk des großen Impressionisten (Ausst.-Kat. Belvedere 2014-2015), Wien 2014, S. 169–175, hier S. 169.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.