Broncia Koller-Pinell

Wer war Broncia Koller-Pinell?

Broncia Koller-Pinell (Sanok 25.2.1863–26.4.1934 Wien) war eine österreichische Malerin der Moderne (→ Klassische Moderne | Wiener Moderne).

Kindheit und Ausbildung

Broncia Koller-Pinell wurde als Broncia (Bronislawa) Pineles am 25. Februar 1863 in Sanok, Österreich-Ungarn, geboren. Sie war das zweitjüngste Kind von Klara, Tochter eines Gutsbesitzers, und Saul Pineles, einem Bauunternehmer und später Fabriksbesitzer. Broncia stammte aus einer jüdischen Familie und hatte vier Geschwister. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte Broncia in Sanok am San in Galizien (heute: Polen). 1874 verlegt die Familie ihren Lebensmittelpunkt nach Wien.

Mit 18 Jahren begann Broncia Pineles ihre künstlerische Ausbildung in Wien. Broncia erhielt ab 1881 Privatunterricht im Malen bei Robert Raab und Alois Delug, da Frauen der Besuch der Akademie verwehrt war. 1888 zog sie nach München, um dort in der privaten Mal- und Zeichenschule von Ludwig Herterich zu studieren. Seit Beginn ihrer Ausbildung nannte sie sich Broncia Pinell. Unter dem Einfluss der Münchner Impressionisten wie Fritz von Uhde fand die Künstlerin zu einer tonigen, offenen Malweise, die ihre ersten Werke prägte.

Werke

Im Jahr 1890 kehrte Broncia Pinell nach Wien zurück und debütierte im Künstlerhaus mit dem Gemälde „Sonntag bei der Großmutter“. Die Malerin nahm regelmäßig an Ausstellungen im Wiener Künstlerhaus und im Münchner Glaspalast teil. So stellte sie 1893 auf der Weltausstellung in Chicago und im Glaspalast aus; 1894 erneut im Wiener Künstlerhaus und in Leipzig.

Im Jahr 1896 heiratete die Künstlerin den Physiker und ausgebildeten Mediziner Hugo Koller, den sie im Freundeskreis um die Frauenrechtlerin und Künstlerin Rosa Mayreder kennengelernt hatte. Die berufliche Tätigkeit ihres Ehemannes erforderten Umzüge nach Hallein und Nürnberg. Gemeinsam hatten sie zwei Kinder; die Malerin Silvia Koller (1889–1963) und den Dirigenten Rupert Koller.

Schließlich ließ sich das Paar 1902 dauerhaft in Wien nieder. Hier griff Broncia Koller-Pinell Strömungen der Wiener Moderne bereitwillig auf: Die dunkle Münchner Farbigkeit wich der hellen und trockenen Malweise und den flächigen Kompositionen der Secessionskünstler. Gleichzeitig rezipiert sie den großflächigen Einsatz intensiv leuchtender Farben von Paul Gauguin. So zeigt Broncia Koller-Pinell in ihren Werken sowohl ihre großbürgerliche Lebenswelt („Die Mutter der Künstlerin“, 1907; „Stillleben mit Früchten und Papagei“, 1910; „Silvia Koller mit Vogelkäfig“, 1907/08) aber auch bäuerliche Arbeit am Feld, am Markt und eine rastende Bäuerin von hinten in einem überlebensgroßen Bild.

Als einzige Frau durfte Kopper Pinell an den Freitagstreffen der Klimt-Gruppe teilnehmen. Broncia Koller-Pinell stellte in der „Kunstschau 1908“ (→ Gustav Klimt und die Kunstschau 1908) wie auch der „Internationalen Kunstschau 1909“ (→ Wien | Belvedere: Internationale Kunstschau Wien 1909) aus; beide Ausstellungen wurden organisiert von Gustav Klimt und Josef Hoffmann. Broncia Koller-Pinell blieb der Gruppierung bis in die 1930er Jahre verbunden.

Aufgrund ihrer finanziellen Mittel war es der Künstlerin möglich, das Motto der Kunstschaugruppe praktisch umzusetzen: „Die Kunst sollte das Leben durchdringen.“ So war Broncia Koller-Pinell nicht nur Kundin der Wiener Werkstätte, sie ließ auch ihre Wiener Wohnungen sowie ihr Anwesen in Oberwaltersdorf von Koloman Moser und Josef Hoffmann ausstatten. Eine besonders enge Verbindung bestand zwischen der Künstlerin und dem aus Krefeld stammenden Maler Heinrich Schröder, mit dem sie sich ab 1906 das Atelier teilte. Zu Egon Schiele baute Broncia Koller-Pinell 1918 eine – aufgrund von Schieles Tod nur kurz währende – Freundschaft auf. Schiele porträtierte in diesem Jahr Hugo Koller (Belvedere) und hielt sich im Sommer bei Broncia Koller-Pinell und ihrem Mann in Oberwaltersdorf (südlich von Wien) auf.

„Wir empfanden, dass Schiele ein Mensch war, der uns allen sehr nahe stand, selbst Vater hatte eine aufrichtige Freude an ihm, die Idee des neuen Bundes wurde damals gerade wahr. […] Er brachte Gütersloh zu uns, Faistauer war auch da, von uns Mutter, Schröder und ich. Es war ein kleines Festmahl, es wurde Schampus auf den neuen Bund getrunken. Die drei Freunde hatten am Nachmittag vorher die ersten Beschlüsse gefaßt, Mutter und Schröder waren Mitglieder, die darauffolgenden Wochen waren schön.“1 (Silvia Koller, Tagebucheintrag vom Oktober 1918)

An der Gründung der „Neuen Secession Wien“ und des „Sonderbunds“ war Koller-Pinell aktiv beteiligt. Gemeinsam mit Künstlern wie Anton Faistauer, Robin Christian Andersen und Albert Paris Gütersloh stellt Broncia Koller-Pinell 1919 bei der Salzburger Gruppe Wassermann aus. Ihre künstlerische Wandlungsfähigkeit stellt sie bis ins hohe Alter unter Beweis. Silvia Kollers Studium bei Karl Hofer führte zu einem künstlerischen Austausch und weckte auch in Broncia Koller-Pinell Interesse an der Richtung der Neuen Sachlichkeit.

Tod

Broncia Koller-Pinell starb am 26. April 1934 in Wien.

  1. Broncia Koller-Pinell: eine Malerin im Glanz der Wiener Jahrhundertwende, hg. v. Tobias Natter (Ausst.-Kat. Jüdisches Museum), Wien 1993, S. 95 ff.