René Magritte (1898–1967) war ein belgischer Maler des Surrealismus. Ab etwa 1925 schuf er geheimnisvolle Bilder, mit denen er die Wahrnehmung, die Sprache und die Wirkmacht von Abbildungen auf einen Prüfstand stellte. Seine zunehmend poetischen Werke bilden seit den 1930er Jahren ein Zentrum surrealen Kunstschaffens, das ihn rasch in Europa und den USA bekannt machte. Magrittes Gesamtwerk umfasst mehr als 1.500 Ölbilder und Gouachen.
René Magritte gilt als einfacher Mensch, der mit seiner Ehefrau glücklich und skandalfrei lebte. Er lehnte die Bezeichnung Künstler für sich ab und besaß nie ein eigenes Atelier, sondern malte in seiner Wohnung und trug dabei meistens einen Anzug. Sein ganzes Leben lang hatte er Hunde, einen Spitz. Starb dieser, kaufte er einen neuen, den er, so wie alle anderen Hunde davor auf den Namen Lou-Lou taufte.
Amerikanische Künstler wie Roy Lichtenstein (1923–1997), Jasper Johns (* 1930) und Robert Rauschenberg (1925–2008), kauften seine Bilder. Auch Werbegrafiker wurden auf ihn aufmerksam und begannen seine Bilder als Drucke zu vermarkten.
„Ich bin sehr genau“, im Leben wie in der Malerei.“ (René Magritte über sich selbst)
René François Ghislain Magritte wurde am 21. November in Lessines in der wallonischen Provinz Hennegau in Belgien geboren. Sein Vater war Léopold Magritte, der als Schneider und Kaufmann tätig war, seine Mutter Régina Bertinchamps war bis zu ihrer Heirat Hutmacherin. Kurz vor Renés Geburt war das Ehepaar erst nach Lessines gezogen. Réginas verwitwete Mutter lebte im gemeinsamen Haushalt. Magritte hatte zwei jüngere Brüder: Raymond (geb. 1900) und Paul (geb. 1902).
Im Frühjahr 1904 zog die Familie nach Châtelet, eine Stadt in der Provinz Hennegau im wallonischen Teil Belgiens. Im Alter von zwölf Jahren begann Magritte zu malen und zu zeichnen (1910). Er besuchte einmal die Woche einen Kunstkurs. Bisher konnten drei in diesem Jahr datierte Werke gefunden werden. Die geschäftlichen Erfolge des Vaters, er war zu dieser Zeit im Speiseölhandel tätig, ermöglichte der Familie 1911 in ein größeres Haus zu ziehen, das nach ihren Plänen errichtet worden war. Der Vater sah in René ein Wunderkind und hängte seine Werke im Korridor des Hauses auf, damit jeder Besucher sie sehen konnte.
Régina Magritte unternahm 1911/12 aus unbekannter Ursache mehrere Selbstmordversuche. Daher sperrte sie der Vater in der Nacht in ihre Schlafzimmer ein, das sie mit ihrem jüngsten Sohn Paul teilte. In einer Februarnacht 1912 entkam Régina Magritte und verschwand. Sie dürfte sich in der Sambre ertränkt haben, einem Fluss, der durch Frankreich und Belgien fließt.
René Magritte war dabei, als seine nur mit einem weißen Nachthemd bekleidete Mutter 17 Tage später aus dem Wasser gezogen wurde. Ihr Leichnam wurde einen Tag im Haus aufgebahrt. Vielleicht rühren die vielen Darstellungen von Frauen, über deren Kopf ein weißes Tuch gezogen ist, von diesen Erlebnissen. Der davon traumatisierte Jungen sprach nie über seine Mutter. Louis Scutenaire, ein enger Freund des Künstlers, erinnerte sich, dass Magritte nur ein einziges Mal dieses Thema anschnitt. Magritte hätte in diesem Moment einen „immensen Stolz darüber verspürt […], der bemitleidenswerte Mittelpunkt eines Dramas zu sein“. Ab 1925 taucht das Erlebte in mehreren Bildern auf, darunter „Die Träumereien eines einsamen Spaziergängers“.
Magritte und seine Brüder besuchten ab November 1912 das Gymnasium. René Magritte las sehr viel, vor allem die Fantômas-Romane von Pierre Souvestre und Marcel Allain, aber auch Robert Louis Stevenson, Edgar Allan Poe, Maurice Leblanc und Gaston Leroux. Malen war das Einzige, was ihn am Schulunterricht interessierte.
Im Frühjahr 1913 zog der Vater mit seinen drei Söhnen in die Industriestadt Charleroi, in der Provinz Hennegau in der Wallonischen Region Belgiens. Im Alter von 15 Jahren lernte Magritte die dreizehnjährige Georgette Berger (1901–1986) auf dem Jahrmarkt kennen, die sein Modell wurde und später ebenfalls Malerei studierte. Zu dieser Zeit waren Magrittes Werke vom Impressionismus geprägt.
Nachdem die deutschen Truppen nach Belgien einmarschiert waren, ging René Magritte nicht mehr zur Schule. Im November 1915 fuhr er nach Brüssel. Er dürfte bereits Ende des Jahres an der Königlichen Akademie Kurse besucht haben.
Von Oktober 1916 bis 1919 studierte Magritte an der Brüsseler Académie Royale des Beaux-Arts. Anfangs orientierte sich Magritte an Malern der Haager Schule, allen voran an Jacob Maris und Pierre Paulus. Zur Jahreswende 1916/17 zog Magrittes Vater und seine beiden Brüder ebenfalls nach Brüssel, wo der Vater als Vertreter von Maggi-Würfeln tätig wurde. Im Herbst zog die Familie ein größeres Stadthaus in Schaerbeek. Der Student lebte vom Verdienst des Vaters und besuchte die Akademie nur sporadisch. Dennoch erinnerte er sich später, dass er an der Akademie Zeichnen von Emile Vandamme-Sylva, Perspektive und Anatomie gelernt hätte. Seine Ölgemälde aus dem Jahr 1917 sind am Postimpressionismus von Pierre Bonnard orientiert.
Im Dezember 1919 gründeten Victor Bourgeois und Aimé Declercq das Kunstzentrum „Le Centre d’Art“. Pierre Bourgeois, der jüngere Bruder des Architekten, zählte zu Magrittes Studienfreunden und Diskussionspartnern zum Modernismus. Angeblich machte Pierre Bourgeois ihn auf den Futurismus aufmerksam. Magritte stellte auf der Eröffnungsausstellung des Kunstzentrums „Le Centre d’Art“ aus.
Im Januar 1920 hatte Magritte eine Ausstellung im „Le Centre d’Art“ gemeinsam mit Pierre Flouquet (ab 10.1.). Die beiden teilten sich auch ein Atelier. Magrittes Arbeiten des Jahres 1920 sind kubistisch-futuristisch und der „Kölner Progressive“ – auch „Gruppe progressiver Künstler“ genannt, sehr ähnlich (→ Kubismus | Futurismus). Nur sehr wenige Werke aus dieser Zeit existieren noch oder wurden fotografiert. Der Maler arbeitete bis 1924 in diesem Stil weiter. Sieben Jahre nach ihrem ersten Kennenlernen traf Magritte zufällig Georgette Berger in der Coopérative artistique wieder. Die beiden wurden bis Mitte des Jahres ein Paar.
Ebenfalls im Januar 1920 lernte Magritte auf seiner Gruppenausstellung E.L.T. Mesens (1903–1971) kennen. Daraufhin überredete er seinen Vater, ihn als Klavierlehrer für seinen Bruder Paul zu engagieren. Der spätere Kunsthändler und Künstler Mesens wandte sich Ende 1921 dem Dadaismus zu und übersiedelte nach Paris. Dort machte ihn Eric Satie mit der Avantgarde bekannt. Mesens führte Magritte in die dadaistische Bewegung ein und engagierte ihn 1925 als Mitarbeiter der Zeitschrift „Œsophage“ und ein Jahr darauf für die kritische surrealistische Kunstzeitschrift „Marie“.
Als René Magritte im Oktober 1920 den Kongress der modernen Kunst besuchte, organisiert von Jozef Peeters und Huib Hoste in Antwerpen, entdeckte er im Königlichen Museum ein Triptychon des veristischen Malers Eugène Laermans von 1896. Das Werk begeisterte ihn so sehr, dass er dem Modernismus zumindest theoretisch abschwor. Ende des Jahres war Magritte erstmals in Genf auf einer internationalen Ausstellung vertreten und zeigte „Frauen und Blumen“.
Vom 1. Dezember 1920 bis 30. September 1921 und erneut vom 1. Zum 28. März 1922 absolvierte René Magritte den Militärdienst. Er diente bei der Miliz im 8. Linienregiment. Während seiner zehnmonatigen Hauptdienstzeit war er zuerst in Brüssel, dann in Antwerpen, während des Sommers im Camp de Beverloo in Leopoldsberg und danach sechs Wochen in Mönchengladbach (D) stationiert. Im Frühjahr 1922 kehrte er wieder nach Deutschland zurück und lebte in Geilenkirchen in der Nähe von Aachen. Während seiner Dienstzeit in Brüssel war es ihm erlaubt, Vorlesungen an der Akademie zu hören. Zudem porträtierte er offiziell beide seine Offiziere. Bei seiner zweiten Einberufung durfte er Karten zeichnen und war vom Arbeits- und Wachdienst befreit. Neben den Bildnissen entstanden noch weitere Porträts von Familienmitgliedern und das postkubistische Werk „Mädchen am Klavier“, das an Albert Gleizes „Frau am Klavier“ von 1914 erinnert.
Ab Anfang 1922 verdiente der nunmehr verlobte René Magritte seinen Lebensunterhalt als Musterzeichner in einer Tapetenfabrik in Haren, die von Peters Lacroix als eine der führenden Firmen Belgiens bezeichnet wurde. Vermutlich war Magritte zwei Jahre in der Fabrik angestellt. René Magritte und Georgette Berger heirateten in der Marienkirche von Schaerbeek (28.6.). Schon früh kam es zur ersten Fehlgeburt. Magritte konnte die Bedrohung für die Gesundheit Georgettes nicht ertragen, woraufhin das Paar sich entschloss, auf Kinder zu verzichten. In der Literatur findet man immer wieder den Hinweis, dass Georgette selbst die Rolle des Kindes und der fürsorglichen Mutter einnahm. In dieser Zeit malte er einige Akte, die von Fernand Léger beeinflusst sind. Die Komplexen Kompositionen sind von starken, fließenden Rhythmen geprägt.
Magritte wollte 1923 gemeinsam mit Victor Servranckx die Publikation „L’Art pur: Défense de l‘estétique“ beim Verlag Editions Ça ira in Antwerpen. Er nahm an der internationalen Ausstellung des Verlags teil: Alexander Rodtschenko, El Lissitzky, Lyonel Feininger, László Moholy-Nagy und anderen. Ebenfalls im Januar 1923 stellte Magritte in der Galerie Georges Giroux in Brüssel aus (mit Flouquet, Servranckx, Peeters, Paul Delvaux In diesem Jahr malte er seine abstraktesten Bilder. Der Maler begann als Plakat- und Werbezeichner zu arbeiten. Magritte verkaufte sein erstes Bild, mit einem Portrait der Sängerin Evelyne Brélia.
Im Sommer oder Herbst 1923 wandte sich René Magritte dem Surrealismus zu. Obschon das Datum nicht genau überliefert ist, bedeutete die Entdeckung Giorgio de Chiricos für René Magritte eine Offenbarung. Er sah die Halbton-Reproduktion von „Liebeslied“ (1914). Der Einfluss des griechisch-italienischen Malers ist im Werk von Magritte allerdings erst 1925 zu beobachten. Neben de Chirico waren George Grosz und Carlo Carrà wichtige Impulsgeber für den belgischen Maler.
Anfang 1924 quittierte René Magritte seinen Job als Tapetenentwerfer und wurde Werbegrafiker. Bis 1929 lieferte er Werbegrafiken fast ausschließlich für die Haute Couture sowie Titelentwürfe für Notenblätter (Schlager). In den Jahren 1924/25 verdiente Magritte allerdings kaum Geld. Er malte nur an die 15 Bilder.
Im Frühjahr 1925 malte René Magritte mit „Der weiße Mann“, ein Porträt Marcel Lecomtes, das erste Bild, in dem er die Stilisierung und die Vereinfachung seiner frühen Werke zunehmend aufgab. In Themenwahl und formaler Lösung orientierte er sich dabei an André Derains „Le chevalier X“ (1914., erster Zustand). In „Das Fenster“ (Frühjahr/Sommer 1925) lässt sich auch seine Auseinandersetzung mit Max Ernst nachvollziehen.
Die erste Gruppenausstellung „La Peinture surréaliste [Surrealistische Malerei]“ in der Galerie Pierre in Paris fand im November 1925 statt. Magritte begann seine ersten surrealistischen Bilder zu malen. Er beschloss, „die Gegenstände nur noch mit ihren augenfälligen Details zu malen“. Ebenfalls im November unternahm er seinen einzigen Ausflug in die Theaterwelt: Er schuf die Szenenbilder für zwei Einakter: „Glaube“ von Herwarth Walden und „Rien qu’un homme“ von Paul Deauville.
Ab 1926 schuf René Magritte jene Bilder und Serien, mit denen er sich langsam unter den Surrealisten einen Ruf „ermalte“ und die heute zu den berühmtesten Werken seines Œuvres gehören. Magrittes Bilder spielen zunehmend mit der Idee des Bildes im Bild, wie „Die Zeichen des Abends“, „Die Botschaft an die Erde“ und „Der Meister der Vergnügungen“.
Magritte unterschrieb einen Exklusivvertrag bei Paul-Gustave Van Hecke (1887–1967), einem belgischen Journalisten, Autor Kunstsammler und Ehemann von Honorine Deschryver, Besitzerin des Modehauses Norine. Zwischen Januar 1926 und September 1927 malte Magritte fast 100 Gemälde. Im Juni und Juli 1926 engagierte er sich für die fast dadaistische Zeitschrift „Marie“ von Mesens. Im Oktober 1926 eröffnete Walter Schwarzenberg die Galerie „Le Centaure“ in Brüssel, er kaufte die Hälfte von Van Heckes Vertrag mit René Magritte auf. Schwarzenberg gab auch die monatliche erscheinende Zeitschrift „Le Centaure“ heraus. Mit Walter Schwarzenbergs Unterstützung begann Magritte eine der produktivsten Phasen seiner Karriere. Zusammen mit Camille Goemans (1900–1960), E. L. T. Mesens (1903–1972), Paul Nougé (1895–1967) und André Souris gab Magritte drei öffentliche Traktate heraus. Jean Milo (1893–1983) wurde Zweitdirektor von „Le Centaure“.
Im April 1927 fand in der Galerie „Le Centaure“ in Brüssel Magrittes erste Einzelausstellung statt (23.4.–3.5.1927). Es wurden 49 Gemälde gezeigt, darunter auch „Le Joueur secret“ und „der verlorene Jockey“ von 1927, und elf „papiers collés“ (von fast 30) – aber auch Max Ernst und Giorgio de Chirico. René Gaffé, einer der bedeutendsten Sammler des Surrealismus in Belgien, erwarb Magrittes „Le Mariage de minuit [Die Mitternachtsheirat]“ von 1926. Van Hecke eröffnete im Herbst in Brüssel die ambitionierte Galerie „L'Epoque“, womit er die Möglichkeit hatte, seinen Teil von Magrittes Vertrag zu nutzen. In den 18 Monaten ihrer Existenz wurde sie DIE Galerie von Magritte.
In der zweiten Septemberwoche 1927 zog Magritte mit seiner Frau Georgette nach Paris. Ende September/Anfang Oktober begann er wieder künstlerisch zu arbeiten und schuf bis Ende des Jahres rund 30 Bilder. Zu seinen neuen Ideen gehören Bilder, die wie Schaukästen von Objekten wirken und Wort-Bilder. In den folgenden drei Jahren steigerte er seine Produktion und schuf auch noch einige Werbegrafiken für seine wichtigsten Kunden. Im Herbst 1927 veränderte Magritte seine Kunst vermutlich in Auseinandersetzung mit Joan Miró und Hans Arp. In der Folge lernte er auch Max Ernst und Salvador Dalí persönlich kennen.
Magrittes Einzelausstellung 1928 in der Galerie „L'Epoque“ in Brüssel mit 23 Gemälden, darunter „Découverte“ (1927), war von einem Katalog begleitet, für den der belgische Schriftsteller und Theoretiker Paul Nougé das Vorwort des Katalogs schrieb. Auch wenn Magrittes Werk zunehmend bekannt wurde, nahmen ihn die Pariser Surrealisten im Frühjahr noch nicht in ihrem Kreis auf. Der belgische Maler setzte sich nun zunehmend mit der Komposition „Die Toteninsel“ von Arnold Böcklin auseinander, vor allem die Basler Version. Im Sommer entdeckte Breton sein Interesse an Magritte. 1928/29 begann der belgische Maler, langsamer und präziser zu malen.
Magritte malte wahrscheinlich im Frühjahr 1929 „Der Verrat der Bilder“. Die Galerie „Le Centaure“ kaufte René Magrittes Vertrag von der Galerie „L'Epoque“ auf; allerdings wurde sie im April geschlossen und der Vertrag im Juli aufgelöst. Wichtigstes Ereignis in diesem Jahr war, dass Magritte in Paris den spanischen Künstler Salvador Dalí (1904–1989) persönlich kennenlernte. In der Zeitung „La Publicitat“ (eine katalanische Zeitung, die zwischen 1922 und 1939 in Barcelona herausgegeben wurde) schrieb Dalí über die Avantgarde-Tendenzen in Paris und erwähnte auch Magritte. René Magritte entwarf ein Cover für eine Sonderausgabe der Zeitschrift „Variétés“, die am 11. Juni 1929 erschien. Weiters bildeten die Surreailsten zwei Gemälde und eine Zeichnung Magrittes in „Surréalisme en 1929“ ab.
Von Ende Juli bis August 1929 besuchten René Magritte und seine Frau Georgette gemeinsam mit Camille Goemans (1900–1960) und seiner Lebensgefährtin Yvonne Bernard, Luis Buñuel (1900–1983), Joan Miró, Paul Eluard (1895–1952) und seine Frau Elena Ivanovna Diakonova – genannt Gala (1894–1982) und Salvador Dalí in Cadaqués. Gala, die zu diesem Zeitpunkt noch mit Paul Eluard verheiratet war, beschloss nach diesem Aufenthalt, sich von ihrem Ehemann zu trennen und bei Dali zu bleiben. Dalís metallisch, glatte Malweise übte direkten Einfluss auf die von Magritte aus. Mit diesem gemeinsamen Aufenthalt kann konstatiert werden, war Magritte von den Surrealisten als ein Mitstreiter für die Sache anerkannt worden.
René Magritte unterschrieb in den folgenden Monaten einen Vertrag mit der neu eröffneten Galerie „Goemans“ in Paris ab. Kurz Zeit darauf, stellte er dort mit anderen Künstlern des Surrealismus in einer Gruppenausstellung aus. Die letzte Nummer der Surrealistenzeitschrift „La Révolution surréaliste“ erschien im Dezember 1929. Darin veröffentlichte Breton sein „Zweites surrealistisches Manifest“. Auch Magrittes Text „Les Mots et les images“ sowie das Drehbuch von Salvador Dalí und Luis Buñuel für „Un chien andalou [Ein andalusischer Hund]“ wurden in dieser Ausgabe gedruckt. Das Fotokabinen-Porträt von René Magritte erschien mit den Porträtaufnahmen anderer Mitglieder der Gruppe, alle mit geschlossenen Augen, rund um eine Reproduktion von Magrittes Gemälde „La Femme cachée“ – womit die neue künstlerische Richtung der Bewegung gemeint war. Damit war der Belgier im Kreis der Surrealisten angekommen.
René Magritte musste 1930 aus wirtschaftlichen Gründen (Weltwirtschaftskrise) mit seiner Frau wieder nach Brüssel zurückkehren. Im März stellte er in der Galerie Goemans zur Louis Aragons Collage-Ausstellung „La Peinture au défi“ aus. Daneben arbeitete er wieder als Werbegrafiker unter dem Namen Studio Dongo.
Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatte Magritte eine Reihe von Einzelausstellungen, darunter 1931 in der Salle Giso in Brüssel, 1933, 1936 und 1939 im Palais des beaux-arts in Brüssel. E.L.T. Mesen wurde 1932 Magrittes Kunsthändler. 1936 zeigte Magritte 22 Bilder in einer Einzelausstellung der Julien Levy Gallery in New York, gefolgt von einer weiteren Einzelausstellung Anfang 1938. Mesens und Roland Penrose (1900–1984) organisierten 1938 in der London Gallery eine Retrospektive.
Für den Maler Magritte war wichtig, dass er sich 1933 mit dem deutsch-französischen Maler Hans Arp (1886–1966), dessen Schweizer Ehefrau, der Künstlerin Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) und André Breton (1896–1966) anfreundete. Breton lud ihn im Juni 1933 zur Beteiligung an der Ausstellung „Surréaliste“ der Galerie Pierre Colle ein. Von Oktober bis November stellte er gemeinsam mit den Surrealisten im Salon des Surindépendants aus. Die Ausstellung wurde ein Skandal. Im Oktober erschien das surrealistische Buch „Violette Noziéres-Paul Eluard“ in Brüssel. Mit Texten unter anderem von André Breton, René Char, Paul Eluard. Magritte illustrierte und gestaltete gemeinsam mit Salvador Dali, Max Ernst, Alberto Giacometti, Hans Arp usw. Man Rays Collage von Fotografien, bekannt als „Surrealist Chessboard“ von 1934, zeigt Magritte mit den anderen Mitgliedern der Pariser Gruppe. Es ist reproduziert in Georges Hugnets „Petite Anthologie du surréalisme“, die in Paris von Jeanne Bucher veröffentlicht wurde.
1935 stellte Magritte auf der „Exposicién Surrealista“ in Santa Cruz de Tenerife aus. Der Maler nahm am Kongress der Schriftsteller zur Verteidigung der Kultur in Paris teil. Er unterschrieb Bretons Traktat, das die Notwendigkeit der Revolution aufzeigte. Die Gruppe distanzierte sich klar vom Stalinismus und der Kommunistischen Partei. Der Text wurde unter dem Titel „Du temps que les surrealists avaient raison [Als die Surrealisten Recht hatten]“ veröffentlicht.
Im Sommer 1936 nahm René Magritte an der „Internationalen Surrealistischen Ausstellung“ in London teil. Der britische Sammler Edward James (1907–1984) ließ sich von Magritte drei große Bilder für den Tanzsaal seines Hauses in London malen (→ Surreale Begegnungen: Dalí, Ernst, Miró, Magritte…). Im Dezember nahm Magritte an der Ausstellung „Fantastic Art, Dada, Surrealism“ im Museum of Modern Art in New York teil. Im folgenden Jahr reiste Magritte erneut nach London, wo er einen Vortrag in der London Gallery hielt und seinen Kontakt zu Edward James vertiefte.
Die Ausstellung „Origines et développement de l'art international indépendant“ in Paris 1937 präsentierte ebenfalls zwei Bilder von Magritte. Die Ausstellung fand zeitgleich mit der Pariser Weltausstellung statt, wo im spanischen Pavillon Pablo Picassos (1881–1973) Gemälde „Guernica“ ausgestellt war (→ Picasso: Guernica). Im folgenden Jahr war er in der „Exposition internationale du surréalisme“ in der Galerie des beaux-arts in Paris vertreten. Auch auf der „Internationalen Ausstellung des Surrealismus [Erscheinung der Großen Sphinx der Nacht]“ in der Galeria de Arte Mexicano in Mexiko-Stadt waren 1940 seine Werke im Kontext des Surrealismus zu sehen. Daneben war Magritte auch in Publikationsprojekte der Surrealisten eingebunden, wie die Surrealisten-Ausgabe von Lautréamonts „Œuvres completes - Gesamtausgabe“ oder der Vorbereitung der nie erschienen surrealistischen Zeitschrift „L'Invention collective“.
Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Belgien im Mai 1940 floh René Magritte ohne seine Frau zunächst nach Paris und kurz darauf nach Carcassonne im Südwesten Frankreichs. Nachdem die deutsche Armee im Juni Paris besetze, kehrte Magritte im August wieder nach Belgien zurück. Ein Jahr später organisierte die Galerie Dietrich in Brüssel eine Einzelausstellung Magrittes.
René Magritte begann im April 1943 in einem neuen, „impressionistischen“ Stil zu arbeiten, den er bis Frühjahr 1947 fortsetzte. Er wollte damit Bilder einer heilen Welt gestalten. Diese Phase wird gewöhnlich als Magrittes „Renoir-Periode“ (→ Magritte: Renoir-Periode); der Maler ärgerte sich allerdings über diese Bezeichnung, da er die Quelle seines Stil den Impressionismus in Anspruch nahm. Seine Hinwendung zum Impressionismus erklärte Magritte mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Belgien so:
„Die deutsche Besetzung bezeichnete den Wendepunkt in meiner Kunst.“
Magritte versuchte 1946 ein Traktat zu veröffentlichen, das die Zukunft eines Nachkriegssurrealismus auf der Grundlage seiner eigenen, jüngsten „Solarzeit“ und dem, was er „Sonnenstrahl-Surrealismus“ nannte, aufzeigte. Breton stand Magrittes neuem Stil und diesem Vorschlag skeptisch gegenüber. Ihr Briefwechsel wurde immer angespannter, da Magritte von seinem Standpunkt nicht abkam.
Die Surrealisten lehnten Magrittes Entwicklung ab und hängten seine Bilder 1947 in der Pariser Surrealismus-Ausstellung in die retrospektive Abteilung. Der so gleichsam aus der Bewegung entlassene Magritte revanchierte sich im Frühjahr 1948 mit weild gemalten Bildern voller Ironie und kunsthistorischen Zitaten, der sog. „Kuh-Periode [période vache]“ (→ Magritte: Kuh-Periode). Im Sommer kehrte er - vielleicht wirklich auf Wunsch seiner Frau - wieder zur Feinmalerei und naturalistischen Wiedergabe der Dinge zurück.
Im März 1943 war Magritte mit drei Gemälden in der Gruppenausstellung – „15 Early-15 Late Paintings“ – in Peggy Guggenheims Art of This Century beteiligt, und im Juli organisierte Lou Cosyn eine private Ausstellung von Magrittes jüngsten Gemälden. Am 23. August 1943 erschien die erste Monografie über René Magritte von Marcel Marien in Brüssel bei Les Auteurs Associés mit einem Vorwort des belgischen Surrealisten Marcel Mariën (1920–1993). Acht der 20 in Farbe wiedergegebenen Werke waren aus der jüngsten Schaffensperiode Magrittes.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs beschäftigte er sich mit Publikationsprojekten: Im Oktober gaben Magritte und Paul Nougés die Publikation „René Magritte ou les images défendues [René Magritte oder die verbotenen Bilder]“ heraus. Der Text beruhte teilweise auf früheren Schriften, die in „Surréalisme au service de la Révolution“ von 1933 veröffentlicht wurden. 1945 begann der Maler mit der Arbeit an Illustrationen für „Les Chants de Maldoror“, die erst drei Jahre später veröffentlicht wurden. Im September berichtete die Zeitung „Le Drapeau rouge“, dass Magritte der Kommunistischen Partei Belgiens beigetreten war.
Im Dezember 1945 fand die große Ausstellung des Surrealismus „Surréalisme, Catalogue de l'exposition“ in der Galerie des Éditions La Boétie statt, die von Magritte organisiert wurde. Magritte war in der Ausstellung selbst mit rund 25 Werken vertreten, darunter dem Bild „Le Mariage de minuit“ sowie Zeichnungen für „Les Chants de Maldoror“. Magrittes Bild „Le Viol“ von 1945, das im impressionistischem Stil gemalt wurde, schmückte das Titelbild.
Der Galerist, Kunstsammler und einstige Balletttänzer Alexander Iolas (1907–1987), mit dem René Magritte 1946 einen Vertrag unterzeichnete, machte das Werk des Belgiers in Amerika bekannt. Er ermutigte Magritte, sich auch mit Bildhauerei zu beschäftigen. 1947 initiierte Iolas eine Einzelausstellung Magrittes in der Hugo Gallery in New York. Unter den ausgestellten Werken war unter anderem „La Magie noire“ von 1945. Im Mai 1948 zeigte die Hugo Gallery in New York unter Iolas eine Einzelausstellung von Magrittes jüngeren Werken.
Im Januar 1948 veröffentlichte Magritte seine Illustrationen zu Lautréamonts „Les Chants de Maldoror“, einen Schlüsseltest für den Surrealismus. Im Juli des selben Jahres organisierten die Surrealisten eine Ausstellung, „Le Surréalisme en 1947“, in der Galerie Maeght in Paris. Magrittes Werke wurde dort in einen retrospektiven Teil der Ausstellung verbannt. Breton bezeichnete Magritte im Katalog als „ehemaligen“ Surrealisten, da ihm das aktuelle Kunstschaffen des Belgiers deutlich mißfiel. In Brüssel erschien die Monografie „René Magritte“ mit 14 Abbildungen, darunter eine Reihe von Werken, die er seit 1942 ausführte.
Im Mai 1948 fand eine Einzelausstellung in der Pariser Galerie du Faubourg statt, wo Magritte seinen neuen, provokanten „Vache“ oder „Fauve“-Stil ankündigte. Diese Periode war jedoch nur von kurzer Dauer und besteht hauptsächlich aus Werken, die eigens für die Ausstellung produziert wurden. In ihnen griff Magritte erotische und banale Themen auf, die er in wilder alla-prima Malerei umsetzte. Bis heute erstaunen die malerische Freiheit und die unrealistischen Farben von Magrittes Vache-Bildern, scheinen sie doch gar nichts mit seinem charakteristischen Werk zu tun zu haben.
Die Reihe „L’Empire des lumières“, auf Deutsch „Das Reich der Lichter“ oder auch „Die Herrschaft des Lichts“ genannt, gehört zu den berühmtesten Serien René Magrittes. Magritte arbeitete an etlichen Versionen, die ihm die Sammlerinnen und Sammler gleichsam aus den Händen rissen. Die Gemäldeserie handelt von einem vermeintlichen Nachtstück, eigentlich einer Verbindung von Tag und Nacht, das er in naturalistischer Manier malte.
Ab 1953 schuf René Magritte sein monumentalstes Werk: Acht Bilder als Wandmalerei für das Casino Communal im Badeort Knokke in Belgien. Magritte entwarf das 72 m lange und 4 m hohe Panorama „Le Domaine enchanté" – „Die verwunschene Gegend“ oder „Die verzauberte Domäne“ – genannt. Das Werke wurde von einem Team auf die Wand übertragen. Er brachte selbst gemischte blaue Farbe stieg aber nie auf die Leiter, um Hand anzulegen. Da Auftraggeber und Künstler sich um die Bezahlung stritten, wurde Magritte am Abend der Eröffnung nicht in das Casino gelassen. Der amerikanische Künstler Keith Haring (1958–1990) entwarf 1987 ein Plakat für das Casino.
Drei Jahre später malte er ein Wandgemälde im Palais des Beaux-Arts in Charleroi, und 1961 wurde Magritte mit einem Wandgemälde für das Palais des Congrès in Brüssel beauftragt. Die in den 1950er und 1960er Jahren entstandenen Gemälde basieren auf den Entwürfen der späten 1920er und 1930er Jahre. Sie machten René Magritte zu einem der populärsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Öffentliche Anerkennung fand der belgische Surrealist 1956, als ihm der Guggenheim-Preis für Belgien verliehen wurde. 1954 fand eine große Retrospektive im Palais des Beaux-Arts, Brüssel, statt, und 1956 wurde Magritte eingeladen, an der documenta II in Kassel teilzunehmen. Das Museum of Modern Art in New York organisierte 1965 die erste große Retrospektive zum Werk von René Magritte. Im Dezember dieses Jahres veröffentlichte Patrick Waldberg seine Monografie „René Magritte“ in Brüssel.
Ein Besuch bei Leonardo da Vincis „Das Abendmahl“ im Jahr 1966 inspirierte Magritte zur neuen Komposition „Die teure Wahrheit“. Es zeigt die Wand des Klosters mit einem schwebenden, gemalten Tisch samt Stillleben. Das Geheimnisvolle im Alltäglichen (oder hier in einem räumlich verorteten Kunstwerk) zu finden, darin bestand René Magrittes große Leistung.
Am 15. August 1967 starb René Magritte unerwartet an Krebs in seinem Haus in Brüssel. Magritte wurde auf einem Friedhof in Schaarbeek in der Region Brüssel-Hauptstadt in Belgien beerdigt. Seine Frau Georgette ließ sein letztes Bild – „Das Reich der Lichter“ von 1966 – bis zu ihrem Tod 1986 unberührt auf der Staffelei stehen gelassen.
Die Tate Gallery in London organisierte 1969 erstmals eine Einzelausstellung über René Magritte.
Im Jahr 1978 erschien das Filmportrait des französischen Filmemachers Adrian Maben (* 1942). In „Monsieur René Magritte“ stellte er dessen Leben mit Hilfe von Erinnerungen, Bildern und alten Filmaufnahmen nach. Retrospektive im Palais des Beaux-Arts.
Der amerikanische Musiker und Schauspieler Paul Simons (* 1941) – von Simon and Garfunkel – komponierte 1982 zu Ehren Magrittes einen Song, der den Titel „René And Georgette Magritte With Their Dog After The War“ trägt.
Im Verlag Fonds Mercator erschien 1992 „Magritte“, eine epochale Monografie über den Künstler. David Sylvester (1924–2001) legte den ersten Band des „Catalogue raisonné“, den er bis 1997 abschließe konnte (fünf Bände).
Magrittes ehemaliges Wohnhaus in der Rue Esseghem Nr. 135 in Jette beherbergt seit 1999 das sogenannte René-Magritte-Museum. Neben einigen Werken Magrittes umfasst es noch immer fast die komplette Originaleinrichtung.
René Magritte hatte keine Kinder.