Fauvismus: Definition - Merkmale - Geschichte | ARTinWORDS mega casino login live casino crazy time bkash 9 casino mcw casino live house of fun slots casino cricket casino casino online galore casino mc casino cricket world casino mcw casino affiliate best casino site bd mwc casino jeetbuzz live casino glory casino registration kriya casino casino bangladesh jaya casino track casino crazy time bijoy 7 casino login glory casino app download

Fauvismus

Was ist der Fauvismus?

Fauvismus ist ein Stil in der französischen Malerei und Skulptur ab 1905, der für den Einsatz von reinen, leuchtenden, kontrastierenden Farben, einer großflächigen und ursprünglich als „roh“ empfundenen Gestaltung bekannt wurde. Die Werke von Henri Matisse, André Derain, Maurice Vlaminck, Camoin, Albert Marquet und Henri Manguin sorgten beim „3. Salon d`Automne [Pariser Herbstsalon]“ im Grand Palais für immenses Aufsehen: Der Begriff „Fauvismus“ wurde vom Kunstkritiker Louis Vauxcelles im Magazin „Gil Blas“ geprägt aber von den so bezeichneten Künstlern immer abgelehnt.

Der Fauvismus dauerte von 1905 bis 1906/07, also nur knapp drei Jahre. Die beteiligten Künstler vereinte kein Manifest, keine Ideologie aber die Suche nach „Wahrheit“ in groben Formen mit wenigen Details, kaum Modellierung der leuchtenden Farben, die gleichwertig auf die Leinwände aufgetragen wurden, und eine Verflächigung des Dargestellten. Die Kunstkritik sah sich durch diese neue Malweise irritiert, sprach von „Abstraktion“ und meinte damit die Auflösung der Motive bis zur Unkenntlichkeit.

Trotz der Kürze des Fauvismus entstanden Kunstwerke, die den Ruhm vor allem von Matisse, Derain, Vlaminck und van Dongen begründeten. „Fauve“ sei ein Etikett der Kunstkritik, das „die betreffenden Maler niemals akzeptiert“ haben, wie Matisse selbst konstatierte, das jedoch dieser Avantgarde den Stempel des Vorkämpfertums aufdrückte. Als er im Jahr 1908 die „Notizen eines Malers“ veröffentlichte, konnte man im Gegensatz dazu nachlesen, dass er eine Malerei der Ausgewogenheit, Reinheit, Gelassenheit suche, die keine beunruhigenden Inhalte transportieren.

„Das Spiel mit der reinen Farbe und sonst nichts bis ins Extrem, dieser Rausch, in den ich mich voller Innbrunst gestürzt hatte, befriedigte mich nicht mehr.“1 (Maurice de Vlaminck, 1907)

Merkmale

Landschaften, Stillleben und Porträts sind die wichtigsten Themen der Fauvisten. An der durch die Tradition geprägten Motivauswahl lag die Ablehnung der Zeitgenossen also nicht! Vor allem die Landschaft wird zur wichtigen Trägerin künstlerischer Überlegungen.

Der Süden Frankreichs, der bereits im Leben und Werk ihrer Vorbilder Vincent van Gogh und Paul Cézanne eine eminent wichtige Bedeutung erlangt hatte, wurde zum Ziel vieler Reisen während der Sommer- und Herbstmonate. Zu zweit oder dritt verbrachten die befreundeten Maler einige Monate im Jahr im Midi [Südfrankreich], um das irisierende Licht einzufangen. In Saint-Tropez oder Collioure, und später in L`Estaque bei Marseille und La Ciotat entstanden jene farbenprächtigen Ansichten, die den Kunstkritiker Louis Vauxcelles im Magazin „Gil Blas“ angesichts zweier neo-klassizistischer Statuen von Albert Marque im Saal von Matisse, Derain und ihren Freunden den berühmt gewordenen Spruch ausrufen ließ: „Sieh da, Donatello unter den wilden Tieren!“ Die „wilden Tiere“ (franz. „fauves“) wurden zum geflügelten Wort, zum Etikett für eine Gruppe, als deren Zentrum bereits von den Zeitgenossen Matisse und Derain erkannt wurden. Der Saal VII auf der Herbstausstellung 1905 verwandeltet sich in eine „cage aux fauves“, einen „Käfig voller Bestien“, während gleichzeitig die Meisterschaft von Ingres und Manet in Form von Retrospektiven gewürdigt wurde.

Die Werke, die den Stil des Fauvismus am „reinsten“ erkennen lassen, entstanden kurz danach zwischen 1905 und 1907. Henri Matisse lud im Sommer 1906 André Derain nach Collioure, einem kleinen Fischerdorf an den Ausläufern der Pyrenäen, ein, das so zum „Geburtsort“ des Fauvismus wurde. Während Matisse pastellige Töne sowie vor allem den Grün-Rot-Kontrast nutzte und die Leinwand in den Gemälden mitsprechen ließ, sind die Bilder Derains kompakter, die Farben intensiver und vor allem auf dem Orange-Blau-Kontrast aufgebaut. In den fauvistischen Gemälden kommt es im Kontrast zu den neo-impressionistischen, flimmernden wieder zu einer flächigeren Malerei und der Nutzung von Umrisslinigen, da Matisse das „Vibrato“ der neo-impressionistischen Bilder ablehnte.

Maurice de Vlaminck, Autodidakt, Radrennfahrer, Geiger, Autor von Schundromanen und Anarchist, sollte erst 1913 in den Süden fahren. Davor fand er seine Motive in Chatou in der Umgebung von Paris, nutzte eine gesteigerte Perspektive, schwarze Umrisslinien, eine heftige Pinselschrift, die an van Goghs Kompositionen denken lässt.

Vorbilder des Fauvismus

Ausgelöst wurde diese Hinwendung zum Luminosen durch den Neo-Impressionismus (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus): Henri Matisse reiste mit Paul Signac und Henri-Edmond Cross (→ Henri-Edmond Cross: Farbe und Licht) im Sommer 1904 nach Saint-Tropez. Die in dieser Phase entstandenen Bilder zeigen, wie er sich mit den Spektralfarben und der getupften Malweise auseinandersetzte.

Ein Jahr später, 1905, sollten Albert Marquet und Henri Manguin den Weg zu Signac an die Côte d´Azur finden. Dennoch praktizierten die Freunde gemeinsam das traditionellen Aktstudium, wobei sich der Akt noch akademisch, plastisch entwickelt, während der Hintergrund neo-impressionistisch aufgelöst wird und zu flimmern beginnt. Das großformtige und ambidionierte Gemälde „Die Drucke“ (1905) von Henri Manguin offenbart hingegen eine viel feinere Malweise mit geschlossener, flächiger Wirkung. Manguin und Marquet zählen heute zu den wenig bekannten „fauves“, da sie sich in den folgenden Jahren einer spät-impressionistischen Malweise bedienten, um dekorative Motive - wie weibliche Akte und Blumenstillleben - publikumswirksam umzusetzen.

Fauvismus und Primitivismus

Inspiration fanden die „fauves“ in den Bildern von Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Paul Cézanne, ab 1906 auch in den Skulpturen aus Afrika und Ozeanien sowie den Druckgrafiken aus Japan und China. Nach eigener Aussage soll Maurice de Vlaminck Matisse und Derain auf die afrikanische Kunst aufmerksam gemacht haben.

Nach dem Besuch in einem Bistro in Argenteuil war de Vlaminck 1905 derart beeindruckt von drei afrikanischen Skulpturen, die dort zu sehen waren, dass er den Inhaber bat, ihm diese zu verkaufen. Der Maler kaufte somit als erster eine Fang-Maske (Gabun), die er später an Derain weiterveräußerte. Durch ihre häufigen gemeinsamen Besuche im Musée du Trocadéro erwarben sich Derain und de Vlaminck ein oberflächliches Wissen über afrikanische Kunst. Der ihnen nahestehende Apollinaire schrieb dazu rückblickend:

„Welchen Ursprungs diese Werke auch waren, jedenfalls machten sie auf André Derain einen tiefen Eindruck. Er betrachtete sie nicht ohne Vergnügen und bewunderte besonders, wie die Bildschnitzer aus dem Kongo oder Guinea die menschliche Figur darstellten, ohne auch nur ein einziges Element aus der genauen Naturbeobachtung zu verwenden.“2

Da sich Derain seit Anfang des Jahres in London aufhielt und dort nicht nur die National Gallery sondern auch das British Museum besuchte, könnte der Anstoß aber auch von ihm gekommen sein. Derain sollte sogar für seinen Galeristen Vollard ein Bett schnitzen und Keramiken bemalen (1906/07), wofür er sich u.a. von Gauguins Tahiti-Motiven und indischen Tanzdarstellungen inspirieren ließ.

Im Jahr 1906 begannen Derain, Vlaminck und Matisse auch mit der Technik des Holzschnitts zu experimentieren. Bereits Paul Gauguin hatte in seinen Druckgrafiken eine rohe Behandlung des Holzes, eckige Formen und „ursprüngliche“, paradiesische Motive umgesetzt (→ Paul Gauguin. Druckgrafik). Im Sinne des Künstlerholzschnitts druckte er auch selbst, meist ohne Druckerpresse als Handdrucke. Auf der Suche nach einer „Idee“, die die Fauvisten umsetzen könnten, wandten sie sich 1906 wieder verstärkt dem Figurenbild zu. In den Holzschnitten widmeten sie sich dem weiblichen Körper in Nahsicht. Die gemalten Landschaften wurden mit nackten Frauen, Nymphen, Tänzerinnen bevölkert und zu Pastoralen umgedeutet. Die paradiesischen Szenerien entsprachen eine gesellschaftliche Utopie, einem Leben auf dem Land in einem Goldenen Zeitalter.

Meister des französischen Mittelalters

Am 12. April 1904 eröffnete die „L’Exposition des Primitifs français“ im Pavillon de Marsan und in der Nationalbibliothek. Die gezeigten Objekte entstammen dem 14., 15. und 16. Jahrhundert. Sowohl Matisse wie auch Derain besuchten die Ausstellung.

Geschichte des Fauvismus

Vorgeschichte zum Fauvismus

Henri Matisse, Albert Marquet und Henri Manguin lernten einander 1892 an der École des Arts Décoratifs in Paris kennen.3 Im selben Jahr besuchten Raoul Dufy und Othon Friesz in Le Havre gemeinsam Abendkurse an der École des Municipale des Beaux-Arts; später frequentierte sie auch Georges Braque.

Ab 1895 waren Matisse, Marquet und Manguin an der Pariser École des Beaux-Arts in der Klasse von Gustave Moreau eingesschrieben. Später erinnern sich alle Studenten mit großer Begeisterung an ihren lieberalen Lehrer, der, obwohl er in Frankreich zu den wichtigsten Vertretern des Symbolismus zählt, seinen Schülern keine Vorschriften macht, sondern sie in ihrem Tun bestärkte. Matisse blieb allerdings nur bis 1897 im Atelier von Moreau; danach lebte er in Paris mit Amélie Parayre, die er im Januar 1898 heiratete, und seiner dreijährigen, aus einer früheren Beziehung stammenden Tochter Marguerite.

André Derain studierte 1898 an verschiedenen freien Akademien, u. a. an der Académie Camillo, wo Eugène Carrière ein bis dreimal die Woche unterrichtete. Die Schüler hatten dort die Möglichkeit, anhand von Aktmodellen neue Darstellungen zu erproben. Derain lernte bei Carrière Jean Puy und Auguste Chabaud kennen. Friesz schloss Bekanntschaft mit Charles Camoin, Matisse und Manguin.

Im Jahr 1899 ließ sich der Niederländer Kees van Dongen dauerhaft in Paris nieder, nachdem er die Stadt bereits im Juli 1897/98 besucht hatte.

Derain und Maurice de Vlaminck lernten einander 1900 im Zug von Paris nach Chatou, ihrem Wohnort, kennen. Sie freundeten sich an und malten bald gemeinsam das Pariser Umland. Für 10 Francs im Monat mieteten sie sich ein Atelier im Maison Levanneur auf der Île de Chatou. Nach dem Tod Moreaus (1898) wechselten Matisse und Marquet im Herbst 1900 ebenfalls an die Académie Camillo, wo sie im Unterricht bei Carrière Derain kennenlernten. Nach einem einjährigen Militärdienst in Le Havre zog Braque nach Paris, wo er ein Atelier in der Rue Lepic am Montmartre mietete. Er nahm Unterricht an der privaten Académie Humbert und lernte dort Marie Laurencin und Francis Picabia (→ Francis Picabia: Unser Kopf ist rund) kennen.

In der van-Gogh-Retrospektive in der Galerie Bernheim-Jeune 1901 machte Derain de Vlaminck mit Matisse bekannt. De Vlaminck war tief beeindruckt von der Ausstellung und erinnerte sich Jahrzehnte später:

„Ich fand bei ihm gewisse Seiten meines eigenen Wollens wieder. […] Und gleichzeitig eine revolutionäre Kraft, ein fast religiöses Gefühl der Natur gegenüber. Ich verliess diese Gedächtnisausstellung, im Innersten aufgewühlt.“4

Auch Matisse erinnert sich 40 Jahre später noch an de Vlamincks Enthusiasmus, der Derain fast anschrie:

„Siehst Du, man muss mit reinem Kobalt, reinem Zinnober und reinem Veronese [Grün] malen.“5

Allerdings musste Derain 1901 einrücken und für drei Jahre Militärdienst leisten. Der Kontakt zu Matisse bracht völlig ab; mit de Vlaminck blieb er in Briefkontakt.

Ab 1901 stellten die zukünftigen Fauvisten in Pariser Galerien aus:

  • Im Februar 1901 sind Matisse und Marquet zum ersten Mal in einer Ausstellung bei Berthe Weill vertreten, die am 1. Dezember ihre Galerie in der 25, rue Victor-Massé eröffnet hatte.
  • Am 18. Salon des Indépendants waren u. a. Marquet, Matisse und Manguin beteiligt.
  • Beteiligung am 1. Salon d’Automne im Petit Palais des Champs-Elysées durch Manguin, Marquet und Matisse (31.10.-6.11.1902). Der in diesem Jahr verstorbene Paul Gauguin wurde in einem eigenen Raum mit fünf Gemälden und vier Studien gewürdigt. Die Idee des von den Künstlern selbst organisierten Salons war, jungen, noch nicht etablierten Künstlern eine Plattform zu bieten. Zu den noch nicht anerkannten Künstlern gehörten damals auch Paul Cezanne, Gauguin, Georges Seurat oder van Gogh.
  • Matisse wurde 1903 in das Organisationskommitee des Salon des Indépendants aufgenommen!
  • Am 20. Salon des Indépendants in den Grandes Serres de la Ville de Paris war Matisset für die Hängung zuständig (21.2.-20.3.1904). Signac war Vizepräsident. Der Salon widmet Cezanne eine Retrospektive mit 30 Gemälden und 27 Fotografien von anderen Werken. Matisse, Camoin, Dufy, Friesz, Manguin, Marquet, Valtat und van Dongen waren alle mit Werken vertreten. Derain fehlte. Die Kritiker besprachen den Salon vorwiegend positiv, wobei sie besonders die neuen Maltechniken und Darstellungsformen der ehemaligen Moreau-Schüler lobten.

Zunehmend wurde auf die Führungsrolle von Henri Matisse hingewiesen. Im Katalogvorwort für eine Ausstellung in der Galerie Berthe Weill (2.-30.4.1904) - zu sehen waren Werken von Camoin, Manguin, Marquet und Puy sechs ältere Gemälde von
Matisse formulierte der Kunstkritiker Roger Marx:

„Am 2. April 1904 stellte die interessante Gruppe, bestehend aus Camoin, Manguin, Marquet, Raoul de Mathan, Matisse und Jean Puy erneut aus. Um Matisse herum bewegt sich die neue Jugend der Literatur und Malerei, alle seine Kameraden aus dem Atelier Moreaus, die angezogen sind von diesem Schöpfer, diesem Erneuerer der Malerei, dessen Untersuchungen die offiziellen Bildkonventionen umstossen. Sein Einfluss auf diese jungen Revolutionäre ist bemerkenswert.“6

Als Matisse im Juni 1904 seine erste Einzelausstellung in der Galerie Vollard hatte (1.-18.6.), zeigte er eine Zeichnung und 45 Gemälde aus den Jahren 1896 bis 1903. Die Ausstellung war zwar ein kommerzieller Misserfolg, erhielt aber positives Echo aus Reihen der Künstler und Kritiker. Ehemals ablehnende Mitschüler von Matisse und Kritiker wie Louis Vauxcelles und Roger Marx zeigten sich begeistert.

Matisse, Derain und der Postimpressionismus

Am 12. Juli 1904 reiste Henri Matisse auf Einladung seines Förderers Paul Signac nach St. Tropez, wo er unweit von dessen Heim mit seiner Familie den Sommer verbrachte. Signac bemängelte in dieser Zeit, dass Matisse noch zu direkt die Natur kopierte. Sn seinen Freund Henri-Edmond Cross schrieb er:

„Mein Freund Matisse ist hier, ein sehr netter Junge, intelligent und Maler – aber noch ein Opfer der Imitation.“7

Signac, der als „Apostel des Postimpressionismus“ in die Kunstgeschichte eingegangen ist, und Matisse führten angeregte Debatten über Maltechniken, wobei Signac den neoimpressionistischen Stil verteidigte und Matisse’ Pinselstriche als zu grob bewertete (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus). Die hitzigen Diskussionen führten so weit, dass Amélie Matisse ihren Mann zur Beruhigung auf einen Spaziergang mitnahm. Bei dieser Gelegenheit entstand das Gemälde „Le Goûter“, in dem er sich von der Malweise der Neoimpressionisten abgrenzte. Die Komposition bildete den Ausgangspunkt für „Luxe, calme et volupté“, dem succès de scandale [Skandalerfolg] des Salons des Indépendants von 1905. Matisse versuchte sich erstmals im Aquarellieren, einer Technik, der sich Cross und Signac gerne bedienten. Im September schreibt Matisse an Marquet, dass er nach Paris zurückkehren wollte, da es ihm schwerfiel, in der Hitze und gleissenden Sonne zu arbeiten. Durch das grelle Licht gelang es Matisse kaum, die Schatten mit schwarzer Farbe zu malen, weshalb er anfing, mithilfe von Licht neue malerische Mittel zur Darstellung des Schattens zu erproben.

Im Salon im Grand Palais stellte Matisse 14 Gemälde und zwei Skulpturen aus, die alle vor dem Sommer in St. Tropez entstanden waren (15.10.-15.11.1904). Ebenfalls beteiligt waren auch Camoin, Robert Delaunay, Friesz, Pierre Girieud, Wassily Kandinsky, Manguin, Marquet, Metzinger, Picabia, Puy, Rouault, Félix Vallotton, Valtat und van Dongen. Der Staat kaufte ein Stillleben von Matisse sowie Werke von Camoin und Marquet.
Im Herbst begann Matisse mit der Arbeit an „Luxe, calme et volupté“, das er im Frühjahr 1905 im Salon des Indépendants zeigen würde. Das Bild stand im Zeichen des künstlerischen Dialogs mit Signac und bracht die im Sommer von Matisse geschaffenen Bilder zur Synthese.

Am 23. September 1904 wurde André Derain aus dem Militärdienst entlassen und kehrte nach Chatou zurück. Nachdem Matisse bei Derains Eltern ein gutes Wort für deren Sohn eingelegt hatte, durfte Derain seine Malerkarriere fortführen und schrieb sich an der Académie Julian ein. Parallel dazu malte er weiterhin mit de Vlaminck in Chatou und der nahen Umgebung. Sie trugen eine eklektische Sammlung von Volkskunst, Ethnografika und Kuriositäten zusammen. In dieser Zeit lernte Derain auch Guillaume Apollinaire kennen, dem er des öfteren im Zug von Chatou nach Paris begegnete, da Apollinaire in Le Vésinet in unmittelbarer Nähe von Chatou wohnte. Der aus dem gleichen Ort stammende de Vlaminck war ebenfalls eng mit Apollinaire befreundet, und die drei standen in engem Austausch.

Im Dezember 1904 malten Matisse, Marquet und Puy in dem von Manguin gemieteten Atelier in Paris. Dort entstand eine Reihe von Akten, die den Beginn des Fauvismus markieren. Die herausragende Bedeutung von Matisse wurde offiziell anerkannt, als er zum Mitglied im Organisationskomitee des Salon d’Automne berufen wurde.

Frühjahr 1905: Salon des Indépendants

Auf Einladung Derains besuchte Matisse im Januar 1905 das Atelier in Chatou, das er sich mit de Vlaminck teilte. Beim Anblick ihrer Gemälde forderte Matisse beide Künstler auf, beim kommenden Salon des Indépendants auszustellen, wie es de Vlaminck beschrieb:

„Dieser Besuch wurde entscheidend für ihn. Er kam am nächsten Tag wieder, von einer gewissen Unruhe getrieben, und hoffte gleichzeitig, dass seine gestrigen Eindrücke sich bestätigen würden. ‹Ich konnte diese Nacht kein Auge schliessen›, sagte er, ‹ich will das alles wiedersehen›. Er forderte uns lebhaft zur Beteiligung am Salon des Indépendants auf, der im April eröffnet werden sollte.“[n0te]Vlaminck 1943, S. 73.[/note]

Am 21. Salon des Indépendants im Grand Palais (24.3.-30.4.1905) wurden insgesamt 4269 Werke von 669 Künstler:innen gezeigt; die Retrospektiven waren Georges Seurat und Vincent van Gogh gewidmet. Matisse stellte acht Werke aus, darunter auch „Luxe, calme et volupté“, das im Zentrum der Debatten stand. Derain, der ebenfalls acht Werke präsentierte, war zudem in der Abteilung der dekorativen Künste vertreten - mit einem von Amélie Matisse geknüpften Gobelin (Camoin, Madame Matisse faisant de la tapisserie). Camoin, Delaunay, Dufy, Friesz, Manguin, Marquet, Edvard Munch, Puy, Rouault, Valtat, van Dongen und de Vlaminck stellten ebenfalls aus. Der sichtbare Einfluss der neoimpressionistischen Theorie auf junge Maler wurde in der Presse kontrovers diskutiert.

Die Galerieausstellung bei Berthe Weill offerierte Werke von Matisse, Manguin, Camoin und Marquet (6.-29.4.1905); Camoin und Marquet verkauften gut.

 

Sommer 1905: Collioure

Am 16. Mai 1905 reiste Henri Matisse nach Collioure, Département Pyrénées-Orientales, wo er sich bis Anfang September im Hôtel de la Gare aufhielt und ein Atelier an der Plage au Faubourg mietete. Signac hatte den Ort an den Pyrenäen vom Segelschiff aus entdeckt und seinem jungen Kollegen empfohlen. Matisse war in Südfrankreich in regem Austausch mit Maximilien Luce, dessen engen Freund Étienne Terrus und dem Bildhauer Aristide Maillol. Durch Maillol lernte Matisse Georges-Daniel de Monfreid kennen, einen engen Freund und Sammler Gauguins. Begeistert von den Gemälden und den damals noch wenig bekannten Holzschnitten Gauguins (→ Paul Gauguin. Druckgrafik), wandte sich Matisse vom Neoimpressionismus ab und begann, mit stark kontrastierenden Farbflächen zu experimentieren.

Marquet und Manguin reisten hingegen nach St. Tropez, das damals noch ein kleines Fischerdorf war. Aber im Juli folgte Derain auf Einladung von Matisse nach Collioure, wo er ebenfalls im Hôtel de la Gare wohnte. Gemeinsam malten sie die Umgebung des katalanischen Fischerdorfs und erprobten neue Maltechniken. Derain schrieb an de Vlaminck, dass er bereits sehr von seinem Aufenthalt profitieren konnte - vor allem bezüglich einer neuen Auffassung des Verhältnisses von Licht und Schatten:

„Ich habe also zwei grosse Punkte, bei denen mir meine Reise viel geholfen hat:
1. Eine neue Auffassung des Lichts, die darin besteht, dass sie den Schatten verneint.
2. Ich bin trotz Matisse dazu gelangt, alles auszurotten, was die Teilung der Töne so gefährlich macht. Er bleibt dabei, ich jedoch bin völlig davon abgekommen und verwende sie kaum noch."8

Matisse schuf nur 15 Gemälde und um die hundert Aquarelle und Zeichnungen, während Derain einen wahren Schaffensrausch erlebte und 30 Gemälde und 20 Zeichnungen vollendete.

Anfang August trafen sich Derain und Matisse mit Paul Soulier auf dessen Anwesen Cuatra Cantans am Ufer der Plage de l’Ouille. Dort entstanden Matisses erste Entwürfe zu „Bonheur de vivre“, das er im folgenden Frühjahr 1906 beim Salon des Indépendants zeigen würde. Die heftigen Gewitter in diesen Wochen machten ein Arbeiten im Freien unmöglich. Unter anderem entstand in diesem Zeitraum „Fenêtre ouverte, Collioure von Matisse“.
Ende August bereiten sich beide Maler für die Rückreise nach Paris vor. Derain reiste über Marseille und traf Marquet, der von St. Tropez via Cassis kam. Anschliessend verbrachte Derain einige Tage alleine in Marseille und machte möglicherweise einen ersten Ausflug nach L’Estaque.

Marquet zeigte sich im September 1905 begeistert von den Gemälden aus Collioure. Signac kaufte „Luxe, calme et volupté“ und hing es in sein Esszimmer in der Villa in St. Tropez.

Herbstsalon 1905, Saal VII: die „Geburtsstunde“ des Fauvismus

Die gemeinsame Ausstellungsgeschichte der „fauves“ begann 1905 mit dem 3. Salon d’Automne [Herbstsalon] im Grand Palais und der Teilnahme von Matisse, Derain, Albert Marquet, Manguin. Einzig Gorges Rouault, Lieblingsschüler von Gustave Moreau, sollte mit seinen dunklen und düsteren Bildern stlistisch aus der Reihe tanzen – und wird von der Kunstkritik daher nur in den Umkreis von Matisse und den „fauves“ bracht.

Am 28. September konnte Matisse an Signac schreiben, dass die Gemälde von Camoin, Manguin und Marquet für den Salon d’Automne akzeptiert worden waren - vermutlich dank Matisse’ Beisitz in der Jury. Der 3. Salon d’Automne präsentierte insgesamt 1625 Werke von 397 Künstler:innen (18.10.-25.11.1905). Die Retrospektiven waren Jean-Auguste-Dominique Ingres, Édouard Manet und Renoir gewidmet. Erstmals wurde ein Katalog zum Salon publiziert; das Vorwort von Élie Faure ist dem Maler und Lehrmeister der Fauves, Eugène Carrière, gewidmet. Im Saal VII stellten Matisse (10 Werke), Derain (9 Werke), Camoin (5 Werke), Manguin (5 Werke), Marquet (5 Werke) und de Vlaminck (5 Werke) aus. Dieser Werke führten zu Entsetzen und Bewunderung. Der Kritiker Louis Vauxcelles schrieb die berühmte Kritik in der „Gil Blas“, bei der er die Künstler aufgrund ihres Malstils als „Fauves [wilde Tiere]“ bezeichnete.

Kees van Dongen ist der einzige Nichtfranzose unter den „fauves“. Er zeigte seine neo-impressionistischen Karusell-Bilder 1905 im Herbstsalon in einem anderen Saal, begann jedoch im HerbstW7inter 1905/06 sich der Gruppe anzunähern und in der Folge auch mit ihr auszustellen. Die Forschung beruteilt Van Dongens Werk unterschiedlich. Er gilt als ein „fauve“ der späten Stunde, interessierte sich ausschließlich für Mädchen-Darstellungen und ist nur schwer dem Stil der „fauves“ zuzuordnen.

Der deutsche Maler Hans Purrmann, der für die Manet-Retrospektive von München angereist kam, zählte zu den ersten begeisterten Besucher:innen des Saal VII am Herbstsalon. Auch Braque und Dufy besuchten den Salon d’Automne und waren fasziniert von den Werken der „Fauves“. Braque erinnerte sich:

„Ich habe einen natürlichen Drang, mich den Dingen anzunähern, die ich liebe, mich an den Werken zu messen, die für mich Neuheit und Gesundheit bedeuten, und mich in aller Bescheidenheit mit denjenigen gleichzuziehen, die um mich herum die höchste Autorität besitzen, also mit den Fauves.“9

Wenn die Kritik und das Publikum auch an den Werken der „fauves“ nichts Bewunderswertes fanden, so waren doch einige Künstler, Kunsthändler und Sammler auf die Gruppe aufmerksam geworden. Die Geschwister Leo und Gertrude Stein begeisterten sich für die farbenfrohen und kontrastreichen Kompositionen und kauften beim Salon Matisses „La Femme au chapeau“ für 500 Francs.

Ambroise Vollard wurde nun zum Händler der Fauvisten: Auf Anraten von Matisse kaufte er im November den gesamten Atelierbestand Derains, insgesamt 89 Gemälden und 80 Zeichnungen für 3300 Francs. Außerdem beauftragte er den Künstler mit einer Serie von London-Ansichten nach dem Vorbild von Claude Monet und mit der Gestaltung von einigen Vasen und Tellern, wodurch eine Kollaboration mit dem Töpfer André Metthey entstand. Vollard suchte eine Vormachtstellung am Kunstmarkt zu etablieren, indem er einigen Fauvisten ihre gesamten Atelierbestände abkaufte und sich die Vorkaufsrechte für die weiteren Werke sicherte: Puy (November 1905), Manguin (Januar 1906).

Parallel zum Salon veranstaltete Berthe Weill eine Gruppenausstellung mit Werken von Derain, Dufy, Manguin, Matisse, de Vlaminck und Camoin in ihrer Galerie (21.10.-20.11.). Kurz darauf präsentierte Weill, eine frühe Förderin von Künstlerinnen, im November eine Ausstellung, bei der auch Émilie Charmy vertreten war – nebst Georges Dufrénoy, Friesz, Girieud und Metzinger. Charmy und Dufrénoy waren die einzigen, die Werke verkauften.
Neben dem Herbstsalon stellte van Dongen in der Ausstellung „Une saison“ in der Galerie Druet in Paris aus (23.10.-11.11.). Er mietete im Dezember 1905 ein Atelier in der 13, rue Ravignon – wo auch Pablo Picasso sein Atelier hatte – und freundete sich kurze Zeit später mit Derain und Vlaminck an. Beide besuchten ihn oft im Atelier, und es entstand eine enge Freundschaft.

1906: Derain in London

André Derain hielt sich 1906/07 drei Mal in London auf, füllte drei Skizzenbücher mit Ansichten von der Themse, dem Parlament samt Big Ben, den Brücken sowie Spaziergängern in den Parks und malte daraufhin 30 London-Bilder in seinem Pariser Atelier. Skizzen und Aquarellen waren Notationen vor den Motiven, manche erinnen mit ihren variantenreichen Strichen an die Schöpfungen van Goghs (v.a. die Zeichnungen von Derain). Die Farbkomposition wurde von den Künstlern während der Arbeit an den Gemälden festgelegt, spiegelt sie doch nicht das Äußere, die objektive Wirklichkeit wider, sondern die innere Schau, die Gefühle der Malenden. Derains London-Serie zeigt darüberhinaus zwei verschiedene Malweisen parallel: Die „Farbensprühnebel“ leiten sich von der neo-impressionistischen Malerei ab, und die flächigen, verfestigten Formen mit gesteigerten Perspektiven sind eine Weiterentwicklung des Fauvismus.

Vom 6. bis 15. März 1906 reiste André Derain im Auftrag von Vollard zum ersten Mal nach London. Bei seinen insgesamt drei Aufenthalten entstanden insgesamt 50 Werke. Vor Ort fiel ihm das Malen schwer, weshalb er seine Zeit mit Museumsbesuchen verbrachte. Derain besuchte sowohl das British Museum wie auch die National Gallery, wo er unter anderem Werke von William Turner studierte. Am 17. März kehrte er nach Paris zurück, um Matisse bei den Vorbereitungen zu dessen Ausstellung bei Druet zu helfen.

Im April schickte Derain einen längeren Brief an Bartolomeo Savona, mit dem er sich dort angefreundet hatte. Unter anderem übermittelte er ihm einen vierseitigen Text mit dem Titel „La Pensée moderne et la peinture“, der eine wichtige Quelle für das Verständnis der Kunsttheorie Derains darstellt - allerdings nie in dieser Form publiziert wurde.10

Nach der Eröffnung des Salons kehrte Derain erneut nach London zurück. In einem Brief an Vollard beklagte er sich darüber, dass seit zwei Wochen die Sonne schien. Die enorme Hitze und das grelle Licht bewogen ihn zur Rückkehr nach Paris:

„Eine trostlose Hitzewelle hat London in den letzten zwei Wochen heimgesucht und verwandelt die Stadt in ein zweites Marseille. Es scheint mir nicht sinnvoll, nur die Effekte der Sonne einzufangen. […] Ich werde im Oktober / November wieder herkommen. Denn hier zu verweilen, um auf graues Wetter zu warten scheint mir eine Zeitverschwendung angesichts der Arbeit, die ich bei meiner Rückkehr nach Paris zu erledigen habe.“11

André Derain begeistert sich derweil für die Exponate des British Museum und hält sie zeichnerisch in seinem carnet fauve fest. Während seiner drei Reisen nach London entstanden zwei solcher Skizzenbücher, deren Zeichnungen ihm als Inspiration für spätere Gemälde dienten. Bis im Februar 1907 unternahm Derain weitere Reisen nach London – die meisten Gemälde entstanden jedoch im Atelier in Paris. Vollard kaufte alle Bilder, stellte sie aber nie als gesamte Werkgruppe aus.

1906: noch mehr „fauves“

Beeindruckt durch die Präsentation der Fauvisten schlossen sich Raoul Dufy, Georges Braque und Othon Friesz aus Le Havre der Gruppe an, experimentierten ihrerseits mit Farbe und stellten im Frühjahr 1906 mit den Fauves aus. Der reiche Hafenort in der Normandie mit seinen Küsten und Stränden bot bereits den Impressionisten unzählige beliebte Motive. Raoul Dufy nutzte impressionistische Sujets wie Fahnen, Flaggen und Plakatwände, die er mit einer expressiveren Farbigkeit und schnellem Pinsel umsetzte. Othon Friesz und Georges Braque verbrachten ihren Sommer in Antwerpen, wo sie ebenfalls den Hafen und die Schiffe malten. Unter dem Einfluss von Friesz und dessen dynamischer Strichführung hellte Braque seine Palette sukzessive auf. Braques fauvistische Phase sollte nur ein Jahr dauern, bevor er sich intensiv mit den Gemälden Cézannes auseinandersetzte und gemeinsam mit Picasso, Braque und Derain den Kubismus entwickelte.

Bereits in dem Jahr 1906 ist auch im Werk von Matisse das Wiedergewinnen der Zeichnung und damit der Form (Umrisslinie) feststellbar. Signac soll sich entsetzt von diesen Gemälden seines ehemaligen „Schülers“ abgewandt haben. So wie sich im Werk Matisses eine permanente Veränderung und ein Suchen nach dem angemessenen Stil erkennen lässt, so ist auch bei seinen Kommilitonen und Anhängern einzig die neuartige Verwendung der Farbtöne als verbindendes Element feststellbar.
Matisse erhielt eine Einzelausstellung in der Galerie Druet und stellte neben 55 Gemälden auch Skulpturen, Aquarelle, Lithografien und Holzschnitte aus den Jahren 1897–1906 aus (19.3.-7.4.).

Am 20. März eröffnet der 22. Salon des Indépendants im Grand Palais (bis am 30. April). Insgesamt werden 5552 Werke von 842 Kunstschaffenden ausgestellt. Matisse war nur mit Bonheur de vivre vertreten, das Leo Stein kaufte. Das Werk löste einen Skandal aus. Aber auch die Werke von Derain stießen auf negative Kritik. Braque war zum ersten Mal im Salon vertreten und lernte bei der Eröffnung Matisse und Derain kennen.

Sommer 1906

Braque und Friesz reisten von Le Havre entlang der Küste nach Antwerpen, wo Braque unter Friesz’ Anleitung seine ersten fauvistischen Gemälde malte. Sie blieben bis zum 11. September.

Dufy und Marquet verbrachten hingegen den Sommer in Sainte-Adresse, einem Vorort von Le Havre. Die normannische Küste wurde bereits von den Maler:innen des Impressionismus aufgesucht.

Am 12. Juli reiste Manguin mit seiner Familie nach Collioure, wo Matisse für sie ein Haus ausfindig machen konnte. Manguin und Matisse unternahmen gemeinsame Ausflüge in der Grenzregion, bevor Manguin und seine Familie bereits am 24. Juli wieder abreisten. Amélie Matisse kehrte mit den Kindern und einigen Gemälden ihres Mannes am 10. September zurück nach Paris, während Matisse in Collioure blieb und sich erst Anfang Oktober wieder in der Hauptstadt aufhielt.

Derain reiste im Sommer 1906 durch den Midi und hielt sich schliesslich längere Zeit in dem kleinen Ort L’Estaque auf, der auch für Paul Cézanne von grosser Bedeutung war.

Herbst 1906: internationaler Durchbruch

Im September fand die „Ausstellung französischer Künstler“ im Kunstverein München statt. Organisiert wurde sie vom Kunsthistoriker Rudolf A. Meyer und dem Galeristen Eugène Druet und zeigte sowohl Werke von Cezanne, Gauguin, Matisse, Manguin, Marquet und van Gogh wie auch Exponate des Neoimpressionismus und Reproduktionen von Gemälden Gauguins. Im Anschluss war die Ausstellung auch in Frankfurt, Dresden, Karlsruhe und Stuttgart zu sehen.

Anfang Oktober kehrte Matisse für den anstehenden „4 Salon d’Automne“ nach Paris zurück. Ausgestellt waren 1805 Werke von 532 Kunstschaffenden. Die Retrospektiven waren Carrière, dem Lehrer der Fauves, Gustave Courbet und Gauguin gewidmet. Derain zeigte u. a. eines seiner London-Gemälde (Westminster). Dufy bestritt zur gleichen Zeit eine der wenigen Einzelausstellungen bei Weill.

Georges Braque und Othon Friesz reisten im Oktober noch nach Südfrankreich, wo sie bis im Februar des folgenden Jahres blieben. Sie verbrachten die meiste Zeit in L’Estaque. Der Tod des 67-jährigen Cézanne am 23. Oktober in Aix-en-Provence, überraschte die Fauvisten.

Ab Mitte November fanden sich Matisse mit seiner Frau Amélie und Tochter Marguerite wieder in Collioure ein, wo der Maler bis zum März 1907 blieb. In dieser Zeit war er in engem Austausch mit Maillol und setzte sich in seiner Arbeit intensiv mit der Darstellung der menschlichen Figur auseinander. Zur gleichen Zeit reiste Derain nach L’Estaque, wo er sich bis Ende des Jahres aufhielt. Am 20. Januar schrieb Derain an Matisse, dass er erneut nach London reisen wolle. Vor seiner Abreise besuchte Derain noch die die Signac-Ausstellung in der Galerie Bernheim-Jeune (21.1.-2.2.); voller Bewunderung berichtete er Matisse davon. Spätestens am 30. Januar war erin London angekommen, da er  an Vlaminck schrieb, dass er bereits wie verrückt arbeite:

„Ich bin in London, wo ich wie ein Pferd schufte. Für einen kurzen Moment entfaltet England wirklich einen gewissen Charme.“12

1907: die Auflösung der Gruppe

Die Hinwendung einer kleinen Gruppe zu „Struktur und Ordnung“ hatte jedenfalls nicht nur mit der Entdeckung der außereuropäischen Kunst zu tun, sondern auch mit dem Ableben von Cézanne im Oktober 1906 und dessen posthumer Würdigung 1907 in Form von zwei Retrospektiven. Braque reiste an die Wirkstätten des verehrten Künstlers, er freundete sich mit Picasso an und begann 1907/08 mit dem Spanier aus Malaga sowie Derain eine Frühform des Kubismus zu entwickeln. Henri Matisse könnte der Wortschöpfer des Kubismus gewesen sein, da er als Juror für den Herbstsalon 1908 die eingereichten Arbeiten von Braque mit den Worten ablehnte, die Komposition wäre aus lauter Kuben zusammengesetzt.

Weiters begann ein Wettbewerb unter den fortschrittlichsten Galerien um die Avantgarde-Künstler. Am 22. Februar kam der deutsche Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler in Paris an, mit der Intention, eine Galerie zu eröffnen. Er war sehr bemüht, Matisse, Picasso, Derain, Braque und Puy kennenzulernen. Bereits einen Tag nach der Ankunft Kahnweilers kontaktierte Felix Fénéon Matisse und bat um einen Atelierbesuch. Am 1. März kaufte Fénéon die Gemälde „Les Tapis rouges“, „Le Géranium“ und „Marine“ von Matisse, die alle in Collioure entstanden waren. Im März verständigten sich Fénéon und Matisse darauf, dass der Künstler zukünftig seine neuen Werke immer als erstes der Galerie Bernheim-Jeune präsentieren und diese ein Vorkaufsrecht haben würde. Kahnweiler eröffnete im Mai seine Galerie in der 28, rue Vignon mit ersten Ankäufen von Braque, Derain, Friesz, Matisse, Picasso und Vlaminck. Der Konkurrenzkampf zwischen den Galerien zeigt die steigende (internationale) Reputation vor allem von Matisse, wollten ihre Besitzer doch am kommerziellen Erfolg des Fauvismus teilhaben.

Im Frühjahr stellte Sarah Stein Matisse dem New Yorker Walter Pach vor, dem späteren Mitorganisator der Armory Show 1913. Die Bekanntheit von Matisse in den USA steigerte sich bereits in den ersten Monaten 1907 so weit, dass Am 21. Juli kaufte der amerikanische Maler und Rahmenmacher George F. Of das Gemälde „Nu dans la forêt“ von Matisse in der Galerie Druet. Zum ersten Mal ging ein Werk von Matisse an einen Sammler in den USA.

Das Werk von Matisse hatte sich zwischen 1905 bis 1908 immer mehr in Richtung Zeichnung und flächigem Einsatz der Farbe entwickelt. Die Bilder strahlen zwar noch immer in den reinen Tönen, sie sind jedoch deutlich von Mustern und klar definierten Formen bestimmt. Das expressionistischste Gemälde der Ausstellung ist „Die Zigeunerin“ (1905/06). Es hängt in der Albertina neben dem „Stillleben mit rotem Teppich“ (1906), das Matisses Liebe zu Mustern, Stoffen und einer flächigen Behandlung der Objekte erkennen lässt.

Frühjahr 1907: Ausstellungserfolge

In Brüssel fand die „14. Ausstellung“ von La Libre Esthétique statt (3.3.-3.4.), bei der Derain vier seiner London-Bilder zeigte. Vlaminck und Friesz waren ebenfalls vertreten. Nach der Ausstellung in München ist dies die zweite wichtige Ausstellungsbeteiligung im Ausland.

Der Salon des Indépendants im Grand Palais präsentierte 5456 Werke von mindestens 1055 Künstler:innen (20.3.-30.4.). Die Retrospektive wurde Cézanne gewidmet. Matisse war u. a. mit seinem Akt „Nu bleu (souvenir de Biskra) [Blauer Akt (Andenken an Biskra)]“ vertreten, den er in den Wintermonaten in Collioure gemalt hatte. Leo und Gertrude Stein kauften während des Salons das Bild. Derain stellte fünf Werke aus, vier davon aus L’Estaque. Von Braque waren ebenfalls einige Arbeiten aus L’Estaque zu sehen, von denen der deutsche Kunsthändler Wilhelm Uhde fünf erwarb. Das sechste Gemälde sicherte sich Kahnweiler.
Der wirtschaftliche Erfolg ermöglichteMatisse mit seiner Frau Amélie und Tochter Marguerite am 22. April bereits wieder nach Collioure abzureisen, wo er bis im September blieb.

Gleichzeitig stellte Weill in ihrer Galerie Zeichnungen und Aquarelle von Camoin, Derain, Dufy, Friesz, Manguin, Marquet, Matisse, Puy und Vallotton aus (30.3.-15.4.).

Sommer 1907

Anfang Mai reisten Marquet, Camoin und Friesz auf eigene Kosten nach London – möglicherweise auf Rat von Derain. Marquet schrieb am 3. Mai eine Postkarte an Manguin, dass „London nicht dem [entspricht], was man uns davon erzählt hat“.13

Derain erhielt ebenfalls im Mai von Vollard 200 Francs in bar, bevor er nach Cassis abreiste. Er verbrachte acht Tage in Marseille, bevor er nach Cassis weiterreiste. In Cassis blieb er von Ende Mai bis Ende August. Am 29. August musste er für 28 Tage Militärdienst leisten. Nach seiner Rückkehr kaufte Kahnweiler einen grossen Teil der Werke, die der Maler während des Sommers über in Cassis geschaffen hatte.

Braque und Friesz reisten von Le Havre nach La Ciotat im Süden Frankreichs, wo sie bis im September blieben und anschliessend nach L’Estaque weiterfuhren. In La Ciotat stieß auch Matisse kurz dazu.

Anfang Juni 1907 fand die zweite Ausstellung des Cercle de l’art moderne in Le Havre statt. Matisse und Derain stellten neben Bonnard, Braque, Camoin, Cross, Denis, Dufy, Friesz, Manguin, Marque, Marquet, Puy, Redon, Signac, Vallotton, van Rysselberghe, de Vlaminck, Vuillard und anderen aus. Matisse, der in Collioure weilte, besuchte für eine Woche Derain in Cassis.
Mitte Juni besuchten Sarah und Michael Stein die Familie Matisse in Collioure.

Anfang Juli besuchen Braque und Friesz nach einem Aufenthalt in La Ciotat Derain in Cassis. Derain durchlebt in dieser Zeit eine künstlerische Krise. Am 14. Juli reiste das Ehepaar Matisse von Collioure aus nach Fiesole zu Leo und Gertrude Stein. Nachdem Matisse und seine Frau einige Tage in Fiesole und Florenz verbracht hatten, reisten sie nach Siena, Arezzo, Ravenna, Padua und Venedig. Begeistert berichtete Matisse in Briefen von der italienischen Renaissance-Kunst und ist besonders angetan von Giotto di Bondones Fresken in Padua. Auf der Rückreise nach Collioure Mitte August besuchten sie Derain in Cassis, Braque und Friesz in La Ciotat, Cross in Saint-Clair und Manguin in St. Tropez.

Herbst 1907: internationaler Durchbruch von Matisse

Anfang September kehrte Matisse nach Paris zurück und widmete sich vorerst der Keramikmalerei, die er auf Vermittlung von Vollard im Atelier von Metthey in Asnières ausführte. Am 10. September ging er nach Fontainebleau, wo er den todkranken Dichter und Kunstkritiker Mécislas Goldberg traf. Goldberg hatte sich bereits im Sommer mit Matisse in Verbindung gesetzt, um ihn für einen Beitrag in einer Kunstzeitschrift zu gewinnen. Nun musste der Text des gemeinsamen Gesprächs überarbeitet werden.

Vom 29. September bis 18. Oktober wurden sechs Gemälde von Matisse in der Galerie Paul Cassirer in Berlin ausgestellt („Les Tapis rouges“, „Marine“, „Le Géranium“, „Nature morte aux fruits“, „Nature morte“, „Paysage“) neben Werken von Cezanne, Edvard Munch, Curt Herrmann und Heinrich Wirsing. Anschliessend wurden die Werke bei Osthaus im Folkwang Museum in Hagen gezeigt, in der Hoffnung auf eine mögliche Akquisition, bevor sie Anfang des Jahres 1908 wieder nach Paris gebracht wurden. Osthaus kaufte am 21. Oktober 1907 allerdings bei Bernheim-Jeune „Nature morte aux asphodèles“ von Matisse für sein Museum Folkwang in Hagen. Es ist somit das erste Museum, in dem ein Werk von Matisse zu sehen war.

Herbst 1907: Herbstsalon & erste Publikation zum Fauvismus

Der „5. Salon d’Automne“ im Grand Palais präsentierte 1748 Werke von 571 Künstler:innen (1.-22.10.); die Retrospektiven waren Cezanne und Berthe Morisot, einer Ausstellung mit belgischer Kunst und einer Ausstellung mit Aquarellen von Auguste Rodin gewidmet. Matisse und Marquet saßen beide in der Jury.
Neben den Keramiken der Fauves waren weitere Werke der Künstler zu sehen; Matisse stellte „Le Madras rouge“, „La Musique (esquisse)“, „Le Luxe I“, „Vue de Collioure“ und zwei Zeichnungen aus. Derain zeigte „Cyprès“, zwei Landschaftsbilder und zwei Holzschnitte. Braque, Dufy, Camoin, Chabaud, Delaunay, Friesz, Auguste Herbin, Kandinsky, Manguin, Marquet, Gabriele Münter, Valtat und de Vlaminck waren ebenfalls vertreten.
Zum Abschluss des Salon d’Automne erstanden Sarah und Michael Stein „La Musique (esquisse)“ und „Portrait au madras rouge“ von Matisse, zusätzlich lieh er ihnen „Le Luxe I“. Zur selben Zeit begann der russische Sammler Sergei Iwanowitsch Schtschukin Interesse an der Malerei von Matisse zu äussern. Purrmann machte Matisse mit dem deutschen Ehepaar Oskar und Greta Moll bekannt, die das Gemälde „Trois baigneuses“ von Matisse kauften.

In Zusammenhang mit dem Salon veröffentlichte Michel Puy, der Bruder von Jean Puy, in „La Phalange“ eine lange Studie zu den Fauves, die in abgeänderter Form 1910 als Buch erschien. Es handelt sich hierbei um die erste gesamtheitliche Analyse der jungen Kunstbewegung.

Inspiriert von der Cezanne-Retrospektive reiste Braque erneut nach L’Estaque und malte dort Werke, die erste Anzeichen des Kubismus aufweisen. Nach seiner Rückkehr kaufte ihm Kahnweiler mehrere Werke ab, woraus eine enge Zusammenarbeit entstand. Gemeinsam mit Apollinaire besuchte Braque im November Picassos Atelier im Bateau Lavoir und sah dort erstmals „Les Demoiselles d’Avignon“ und „Trois femmes“.

Nach vier Monaten Pause meldete sich Berthe Weill mit einer Ausstellung zu den Fauves zurück. Sie stellte Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von Matisse, Derain, Camoin, Manguin, Marquet, van Dongen und Vlaminck aus.

Dezember 1907: Academie Matisse

Nachdem Matisse acht Zeichnungen in der „14. Ausstellung der Berliner Sezession“ in in der Galerie Paul Cassirer, Berlin, präsentiert hatte, gründete er seine eigene Ausbildungsstätte. Auf Anfrage von Sarah Stein, Purrmann und einer Gruppe junger, mehrheitlich ausländischer Künstler, die an der Académie Colarossi eingeschrieben sind, darunter Max Weber, Patrick Bruce, Oskar und Greta Moll und andere, eröffnete Matisse eine Privatakademie. Am 15. Dezember veröffentlichte Apollinaire in „La Phalange“ das auf den von Matisse und Goldberg überarbeiteten Notizen aufbauende Gespräch mit Matisse.

1908: Internationalisierung des Fauvismus & Auflösung

Durch Ausstellungen im Ausland und den Verkauf von Werken an ausländische Händler und Galeristen schritt die Internationalisierung des Fauvismus voran. Vlaminck konnte seine Werke im Städel Museum, Frankfurt, unterbringen, und in der Münchner Kunsthandlung Brakl wurden 23 Werke von jungen Malern aus Frankreich gezeigt. Als im Januar die Mitglieder der Künstlergruppe Die Brücke Matisse anfragten, ob er beitreten wollte, lehnte dieser allerdings ab.

Der Fotograf Edward Steichen schrieb Alfred Stieglitz in einem Brief schwärmerisch von der Kunst des Matisse. Ausgehend von dieser Begeisterung folgte im April 1908 eine Ausstellung bei Stieglitz in der Little Galleries of the Photo-Secession in New York, u. a. mit den acht Zeichnungen, die Matisse auch bei der Sezession in Berlin gezeigt aber nicht verkauft hatte.

Der Siegeszug von Matisse setzte sich auch 1908 fort. Osthaus kaufte „La Berge“ von ihm und besaß somit ein zweites Gemälde. Nur kurze Zeit nachdem Georgette und Marcel Sembat „Marguerite lisant“ von Matisse erorben hatten, erstanden sie bei Bernheim-Jeune „Les Tapis rouges“ für 1800 Francs:

„Zu diesem Zeitpunkt begann für Matisse eine bedeutende und schöne Schaffenszeit. Die Freunde nennen sie untereinander manchmal die Collioure-Epoche, weil er dort viel gearbeitet hat. In allen Gemälden dieser Zeit platzt der freudige Triumph der Farbe heraus. Fesselnde Blautöne wie in Les Tapis der Steins, kräftige Rottöne, die von Schwarz und Gelb hervorgehoben werden.“14

Doch der Erfolg - und auch das Verhalten von Matisse seinen Mitstreitern gegenüber - spaltete die Gruppe. Am 1. April schrieb der Maler Pierre Girieud an Georges Dufrénoy über den Konflikt:

„Sie sind zweifellos mit dem Kampf zwischen Matisse und Derain vertraut. Ersterer wurde von seiner Gruppe übel im Stich gelassen. Derain, mit Picasso verbündet, scharte Friesz, Braque und Vlaminck um sich.“15

Es entwickelt sich eine Trennung zwischen „Picassoïstes“ und „Matissistes“ (Gertrude Stein), die bis zum Ersten Weltkrieg anhielt.

Laut Kahnweiler vernichtete Derain im Laufe des Jahres angeblich alle seine Werke, die er bis dahin nicht verkauft hatte. De facto verbrannte er jedoch nur einige grössere Kompositionen, die zwischen 1905 und 1907 entstanden waren. Zwischen Mai und Ende November 1908 hielt sich Derain in Martigues auf, wo sich ihm Braque, Dufy und Friesz anschlossen, die in L’Estaque wohnten. Derain reiste im Sommer mindestens einmal nach Paris, um Picasso zu treffen.

Am 1. Oktober eröffnete der 6. Salon d’Automne, der die Wiederentdeckung von El Greco mit einer Retrospektive feierte (bis 8.11.). Zudem war eine Ausstellung zu zeitgenössischer finnischer Kunst installiert. Matisse zeigte elf Gemälde, die mehrheitlich schon verkauft sind, darunter auch „La Desserte“, sechs Zeichnungen und dreizehn Skulpturen. Derain kann hingegen sechs Werke präsentieren, darunter „Cyprès“, und auch Friesz, Manguin, Marquet und Vlaminck waren vertreten. Als Mitglied der Jury trugt Matisse entschieden dazu bei, dass die von Braque eingesendeten Gemälde abgelehnt wurden. Vauxcelles erinnerte sich an Matisse’ Kritik:

„Braque hat ein Bild aus kleinen Kuben eingereicht.“16

Berühmte Künstler des Fauvismus

Georges Braque (Argenteuil-sur Seine 1882–1963 Paris)

Georges Braque lernte Maler und Anstreicher und besuchte Kurse an der Académie Humbert, nachdem er im Museum von Le Havre die Werke von Corot und Eugène Boudin entdeckt hatte. Ab Herbst 1900 in Paris, Ende 1902 erhält er vom Vater finanzielle Mittel, um Maler werden zu können. Den Sommer 1906 verbringt er mit Othon Friesz in Antwerpen, den Herbst in L`Éstaque, um auf den Spuren des gerade verstorbenen Cézanne zu wandeln – erste fauvistische Landschaften entstehen. Braque fällt durch seine Eigenständigkeit innerhalb der Gruppe auf. Im Oktober 1907 trifft er Picasso zum ersten Mal, die „Demoiselles d`Avignon“ lösen einen Schock bei ihm aus. 1908 ist er mit Dufy erneut in L`Éstaque, die dort entstandenen Bilder werden vom Herbstsalon (Matisse war Juror!) zurückgewiesen, da er die Objekte in Form von Kuben darstellt. Als Braque 1963 stirbt, wird ihm ein Staatsbegräbnis zuteil, der Sarg im Ehrenhof des Louvre aufgebahrt.

Charles Camoin (Marseille 1879–1965 Paris)

Ab 1898 studiert Camoin im Atelier von Moreau, der allerdings nur wenige Wochen nach dessen Eintritt stirbt. Im Atelier freundet er sich jedoch mit Henri Matisse und Albert Marquet an. Im Louvre bevorzugt Camoin die Koloristen Veronese, Rubens und Delacroix. Ab 1906 lebt er mit der Malerin Emilie Charmy zusammen. Als ihn diese verlässt, zerstört er 60 bis 80 Bilder und wirft die Leinwandschnipsel weg. Der Müllmann fischt sie aus der Tonne und verkauft sie an Galeristen, die die Bilder wieder zusammensetzen. 1927 kann der Künstler erst sein Copyright durchsetzen und ein Teil der Werke wird verbrannt. Camoin beschreibt sich selbst als Kolorist, nutzt eine gedämpfte Palette mit leichtem Farbauftrag.

Auguste Chabaud (Nîmes 1882–1955 Graveson)

Émilie Charmy (Saint-Étienne 1887–1974 Crosne)

André Derain (Chatou 1880–1954 Chambourcy)

1900 lernt Derain Maurice de Vlaminck kennen, der in dieser Zeit noch Musiker und Radrennfahrer ist. In der Académie Carrière trifft er Henri Matisse. Seiner Ansicht nach, soll Farbe tubenweise auf die Leinwand aufgetragen werden, sie sei wie Dynamit. Andererseits hält sich Derain tagelang im Louvre auf und entdeckt die „Primitiven“ (= altniederländische Maler wie van Eyck bis Rogier van der Weyden) für sich. 1905 verbringt er den Sommer gemeinsam mit Matisse in Collioure, hier entsteht der Fauvismus als Stil. Ein Vertrag mit Ambroise Vollard ermöglichte Derain zwei Aufenthalte in London (November 1905 und Ende Jänner bis Mitte März 1906). Er mag die Londoner nicht ist aber beeindruckt von der Themse und ihren Kais, den Brücken sowie den Gebäuden und dem Leben an ihrem Ufer. Interessanterweise malt Derain in zwei Stilen parallel: einem mit dynamischem Pinselstrich aber auch einem Nebeneinander von kolorierten Massen. Zwischen 1908 und 1912 zählt André Derain zu den Kubisten.

Raoul Dufy (Le Havre 1877–1953 Paris)

Dufy beginnt 1900 sein Malereistudium in Paris, wo er sich eine Wohnung mit Friesz teilt. Mehr noch als bei Bonnat lernt er in den Galerien zeitgenössischer Kunst: bei Durand-Ruel sieht er Cézanne und Gauguin, bei Sagot Degas, bei Bernheim fil. 1901 eine Van Gogh Retrospektive. Dufy begeistert sich für die Gemälde von Johan Barthold Jongkind und Pissarro, den Monet der Küsten. 1902 lernt er Matisse, Marquet und van Donge kennen. „Das Wunder der Imagination“ erlebt er 1905 vor Matisses Bild „Luxus, Ruhe, Sinnlichkeit“. Im Herbst 1907 grenzt sich Dufy bereits wieder von den Fauves ab und entwickelt eine Frühgform des Kubismus, in dem Grün- und Ockertöne in den geometrisch gebauten Bildern vorherrschen. Es wundert daher nicht, dass er 1908 mit Braque gemeinsam in L`Éstaque malt.

Émile Othon Friesz (Le Havre 1879–1949 Paris)

Ab 1897 widmet er sich der Malerei und lernt Braque und Dufy in Le Havre kennen. Mit Hilfe eines Stipendiums geht er 1898 nach Paris, zuerst in das Atelier Bonnats und dann zu Gustave Moreau. Friesz vermeidet dunkle Grau- und Brauntöne, ab 1903/04 arbeitet er zunehmend mit Spektralfarben und schließt sich an Matisse, Derain und Vlaminck an. Zwischen 1905 und 1907 war er „Mitglied“ der „Fauves“. 1908 kehrt er jedoch zur Zeichnung zurück und wird in den 1920ern hochberühmt.

Henri Manguin (Paris 1874–1949 Saint-Tropez)

Mit 15 Jahren bricht Manguin seine Schulausbildung ab, um Maler zu werden. 1894 ist er im Atelier von Moreau, 1899 heiratet er Jeanne Carette, mit der er drei Kinder haben wird. Sie ist mit wenigen Ausnahmen sein einziges Modell. Es ist beeinflusst von Cézanne, Apollinaire bezeichnet seine Landschaften mit nackten Modellen als „heidnische Freiheit“. Mit akademischen Akten und Blumensträußen als Motiven wird Maguin ein erfolgreicher Maler des Bürgertums.

Maurice Marinot (Troyes 1882–1960)

Albert Marquet (Bordeaux 1875–1947 Paris)

Albert Marquet lernt in der Ecole des Arts Décoratifs, wo er Henri Matisse kennenlernt. Die beiden verbindet eine lebenslange Freundschaft. Marquet ist ein guter Landschafter, studiert Städte und ihre Bewohner und hält auch Plakatwände fest. Stärker als Matisse steht er unter dem Einfluss von Manet und spricht von einem Zufall, dass er in Saal VII der Herbstausstellung 1905 im Saal der „Fauves“ gelandet war. Seine fünf Landschaften waren in Schwarz/Weiß gehalten, da der Himmel über Paris so grau war. Wie Pissarro (ab 1891) liebt es Marquet die Stadt von oben zu studieren. Vielleicht ist auch sein angeborener Gehfehler dafür verantwortlich, dass er sich Hotelzimmer als Malorte aussucht.

Henri Matisse (Le Chateau Cambrésis 1869–1954 Nizza)

Jean Puy (Roanne 1876–1960 Roanne)

Nach einem Architekturstudium an der Ecole des Beaux-Arts in Lyon besucht er von 1898 an die Académie Julian in Paris. Ab 1899 an der Académie Carrière und Freundschaft mit Matisse und Derain. Ab 1900 Teilnahme am Salon der Unabhängigen, 1903 erster Herbstsalon. Nach einer impressionistischen Phase teilt er ab 1905 die Ideen des „Fauves“. Rückkehr nach Roanne und Wiederentdeckung kurz vor seinem Tod 1959.

Louis Valtat (Dieppe 1869–1952 Paris)

Im Jahr 1888 Eintritt in die Académie Julian in Paris, 1889 im Atelier Gustave Moreaus. Ab 1903 stellt er im Herbstsalon aus. Seine Bilder lösen einen genauso großen Skandal aus, wie jene der „Fauves“. Vertrag mit Vollard von 1900 bis 1912. 1948 muss er die Malerei aufgeben, da er erblindet.

Kees van Dongen (Delshaven 1877–1968 Monte-Carlo)

Wird in den südlichen Niederlanden geboren und studiert an der Kunstakademie in Rotterdam. 1897 ist er zum ersten Mal in Paris, 1899 zieht er in die französische Hauptstadt um. 1903 trifft er Felix Fénéon, der ihm eine fest Anstellung bei der Revue Blanche gibt. Van Dongen schließt sich zwar den „Fauves“ an, interessiert sich aber nur für das Darstellen von Frauen (keine Landschaften!). Er sucht einen neuen Typus des Aktes, arbeitet mit Modellierung und Konturen. Gemeinsam mit Derain und Vlaminck nimmt er 1941 eine Einladung nach Hitler-Deutschland an, um die Kunstbeziehungen zu verstärken. Das sollte ihm ein Jahr später sehr übel genommen werden.

Maurice de Vlaminck (Paris 1876–1958 Rueil-la-Gadelière)

Der Sohn eines flämischen Schneiders Vlaminck hatte eine Leidenschaft für Van Gogh und lehnte es ab, zum Studium in den Louvre zu gehen. 1905 entdeckte er bei einem Gastwirten „drei Negerskulpturen“, die er sogleich erwarb. Der Maler arbeitete auch als Schriftsteller. Seine Gemälde fallen durch eine perspektivische Verzerrung auf, manche wirken, als hätte der Künstler einen beweglichen Blickpunkt eingenommen.

Literatur zum Fauvismus

  • Matisse, Derain und ihre Freunde. Die Pariser Avantgarde 1904-1908, hg. v. Arthur Fink, Claudine Grammont und Josef Helfenstein (Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, Neubau, 2.9.2023-21.1.2024) Berlin 2023.
  • Charles Camoin, Henri Manguin, Albert Marquet, Henri Matisse, hg. v. Markus Müller für das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster (Ausst.-Kat. Kunstmuseum Pablo Picasso Münster), Köln 2021.
  • Joshua I. Cohen, Rethinking Fauve 'Primitivism', in: The "Black Art" Renaissance. African Sculpture and Modernism across Continents, Oakland 2020, S. 23–54.
  • Inspiration Matisse, hg. v. Peter Kropmanns und Ulrike Lorenz (Ausst.-Kat. Kunsthalle Mannheim), München 2019.
  • Claudine Grammont, Tout Matisse, Paris 2018.
  • André Derain, Lettres à Henri Matisse suivies de La Pensée moderne et la peinture, hg. v. Rémi Labrusse und Jacqueline Munck, Paris 2017.
  • Matisse und die Fauves, hg. v. Heinz Widauer und Claudine Grammont (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 20.9.2013-12.1.2014), Köln 2013.
  • Munch, Matisse und die Expressionisten, hg. v. Mario-Andreas von Lüttichau (Ausst.-Kat. Museum Folkwang, Essen, 29.9.2012-13.1.2013), Göttingen 2012.
    • Claudine Grammont, Der Fauvismus. Entstehung, Entwicklung und Verbreitung, S. 19-31.
    • Peter Kropmanns, Die Fauves in Deutschland, S. 33-43.
  • Berthe Weill, Pan! Dans l’oeil… ou trente ans dans les coulisses de la peinture moderne 1900–1933, Dijon 2009.
  • Georges Duthuit, Rémi Labrusse, Les fauves. Braque, Derain, Van Dongen, Dufy, Friesz, Manguin, Marquet, Matisse, Puy, Vlaminck, Paris 2006.
  • Rémi Labrusse und Jacqueline Munck, Matisse-Derain. La vérité du fauvisme, Paris 2005.
  • Alastair Wright, Matisse and the Subject of Modernism, Princeton / Oxford 2004.
  • Quelque chose de plus que la couleur. Le dessin fauve 1900–1908, hg. v. Claudine Grammont und Véronique Serrano (Ausst.-Kat. Musée Cantini, Marseille), Paris 2002.
  • Louis Vauxcelles, Le Fauvisme [vollendet 1939, publiziert 1958], Paris 1999.
  • Hajo Düchting (Hg.), Apollinaire zur Kunst. Texte und Kritiken 1905–1918, Köln 1989.
  • Catherine C. Bock, Henri Matisse and Neo-Impressionism. 1898—1908, Ann Arbor 1981.
  • Ambroise Vollard, Souvenirs d’un marchand de tableaux, Paris 1957.
  • Georges Duthuit, Les fauves, Genf 1949.
  • Maurice de Vlaminck, Portraits avant décès, Paris 1943.
  • Louis Vauxcelles, Les fauves, in: Gazette des beaux-arts: courrier européen de l’art et de la curiosité, Nr. 140, Juli 1934, S. 273–282.
  • Pierre Hepp, Exposition Camillle Claudel, Manguin, Marquet, Puy (Galerie Blot), in: La Chronique des Arts et de la Curiosité, Nr. 34, 9.11.1907, S. 322–323.
  • Félix Le Dantec, Artistes et savants, in: Les Arts de la vie, März 1904, S. 145–151.

Alle Beiträge zum Fauvismus

22. September 2024
Henri Matisse, Nu bleu, la grenouille, 1952, mit Gouache bemalte und ausgeschnittene Papiere auf Papier auf Leinwand, 141 × 134,5 cm, Fondation Beyeler, Riehen / Basel, Sammlung Beyeler, © Succession Henri Matisse / 2023, ProLitteris, Zurich, Foto: Robert Bayer

Riehen b. Basel | Fondation Beyeler: Matisse Eine Reise durch Matisses Leben und Werk | 2024/25

Die Fondation Beyeler in Riehen/Basel zeigt im Herbst 2024 die erste Retrospektive zu Henri Matisse (1869–1954) in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum seit fast 20 Jahren.
14. September 2024
Maurice de Vlaminck, Landschaft bei Chatou (Ansicht von Bougival), 1906 (Stedelijk Museum, Amsterdam), Foto: Alexandra Matzner.

Potsdam | Museum Barberini: Maurice de Vlaminck Rebell der Moderne | 2024

Fundierter Überblick über Vlamincks gesamtes künstlerisches Schaffen mit einem Schwerpunkt auf seinen fauvistischen Landschaftsbildern, mit denen er zu einem der wichtigsten Vorreiter des Expressionismus wurde.
8. April 2024
Maurice de Vlaminck, Segelboot, vor 1918, 64,5 x 80,5 cm (Von der Heydt Museum, Wuppertal)

Wuppertal | Von der Heydt-Museum: Maurice de Vlaminck Rebell der Moderne | 2025

Wie kein anderes Mitglied der Fauves identifizierte sich Maurice de Vlaminck mit dem Image eines „jungen Wilden“ und propagierte selbstbewusst den Ruf des modernen Künstlerrebellen.
14. Oktober 2023
Hans Purrmann, Stillleben mit roter Decke, um 1909 (Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Foto: Wolfgang Fuhrmannek © VG Bild-Kunst, Bonn 2022)

Wiesbaden | Museum Wiesbaden: Die Molls und die Purrmanns Zwei Künstlerpaare der Moderne | 2023/24

Die Ausstellung zeigt die vier Künstler:innen mit jeweils 25 Werken und spürt damit ihren Gemeinsamkeiten und Eigenständigkeiten nach. Ergänzt um ausgewählten Arbeiten von Lovis Corinth und Henri Matisse.
13. Oktober 2023
André Derain, Frau mit einem Schal, Madame Matisse in einem Kimono, Detail, 1905, Öl/Lw (Privatsammlung)

New York | The Met Fifth Avenue: Matisse, Derain und der Fauvismus Im Rausch der Farben | 2023

Sommer 1905: Während intensiver neun Wochen begannen Henri Matisse und Andrè Derain im bescheidenen Fischerdorf Collioure am französischen Mittelmeer eine Partnerschaft. Als sie im „Salon d’Automne“ ihre umstrittenen Gemälde präsentierten, bezeichnete ein prominenter französischer Journalist sie als „les Fauves“, also „wilde Tiere“.
2. September 2023
Henri Matisse, Interieur in Collioure (oder La Sieste), Detail, 1905 (Sammlung Gabriele und Werner Merzbacher, Dauerleihgabe im Kunsthaus Zürich © Succession H. Matisse / 2022, ProLitteris, Zurich)

Basel | Kunstmuseum Basel: Matisse, Derain und ihre Freunde Pariser Avantgarde 1904–1908 | 2023/24

Überblick zur Entwicklung des Fauvismus mit weiblicher Beteiligung! Das Kunstmuseum Basel stellt die Malerinnen Émilie Charmy und Marie Laurencin vor und gibt erstmals Einblick in die Aktivitäten der Galeristin Berthe Weill.
25. März 2023
Paul Cézanne, Badende (Les Grandes Baigneuses), Detail, um 1894–1905, ÖlLw, 127.2 × 196.1 cm (© National Gallery, London)

London | National Gallery: Cézanne, Klimt, Mondrian, Picasso und die Moderne Europas Radikale Kunst nach dem Impressionismus | 2023

Die National Gallery in London zeigt mit „After Impressionism [Nach dem Impressionismus]“ in acht Räumen, wie moderne Strömungen der Klassischen Moderne fernab von Paris entwickelt wurden.
12. Januar 2022
Rendezvous der Freunde, Foto Hanna Neaner, Picasso-Museum, Münster

Münster | Picasso Museum: Camoin, Marquet, Manguin, Matisse Das Rendezvous der Freunde | 2021/22

Die Ausstellung vereint Werke der vier Studienfreunde aus der Klasse Gustave Moreau, die als "Fauvisten" 1905 die Kunstwelt auf den (farbigen) Kopf stellten.
21. September 2021
Valentin Serow, Iwan Abramowitsch Morosow, Moskau 1910

Paris | Fondation Louis Vuitton: Morosow Sammlung Ikonen der modernen Kunst erstmals in Paris

2021 überlässt die Fondation Louis Vuitton für fünf Monate die gesamte Galerie den Meisterwerken aus der Sammlung der Brüder Michail Abramowitsch Morosow (1870–1903) und Ivan Abramowitsch Morosow (1871–1921).
25. September 2019
Henri Matisse, Akt im Wald [Nu dans la forêt], Detail, 1906, Öl auf Holz, 40.6 x 32.4 cm (Brooklyn Museum, Geschenk von George F. Of, 52.150 © Succession H. Matisse/ VG Bild-Kunst, Bonn 2019)

Kunsthalle Mannheim: Henri Matisse „Inspiration Matisse“ beschäftigte französische Fauves und deutsche Expressionisten

„Inspiration Matisse“ in Mannheim zeigt im Herbst 2019 mehr als 100 Werke von Matisse, seinen Einfluss auf die anderen Fauvisten, ergänzt durch die Wirkung seiner Kunst auf den Expressionismus in Deutschland. Zudem unterrichtete Matisse an der Académie Matisse in Paris deutsche Schülerinnen und Schüler wie Hand Purrmann.
20. August 2017
Vase, Andalusien, Spanien, Anfang 20. Jh., Glas geblasen, 28.5 x 21 cm (ehem. Sammlung von Henri Matisse. Musée Matisse, Nizza. Bequest of Madame Henri Matisse, 1960, 63.2.195, Photo © François Fernadez, Nizza) + Henri Matisse, Safrano Rosen am Fenster, 1925, Öl/Lw, 80 x 65 cm (Privatsammlung, Photo © Private collection, © Succession H. Matisse/DACS 2017)

Henri Matisse: Das geheime Leben der Dinge „Henri Matisse im Atelier“ in London

Henri Matisse (1869– 1954) liebte es zu sammeln. Seine Objekte im Atelier um sich zu wissen, war ihm nicht nur ein ästhetisches und intellektuelles Vergnügen, sondern beeinflusste seine Art der Gestaltung in einer bislang unterschätzten Weise. Seine Vasen, Skulpturen, Stoffe waren ihm wichtig, auch wenn es sich nicht um besonders seltene oder besonders gut erhaltene Werke handelte. Ob es afrikanische Masken und Skulpturen waren oder chinesisches Porzellan und Textilien aus der islamischen Welt – Henri Matisse arrangierte sie über Jahrzehnte hinweg in unzähligen Stillleben.
3. Februar 2016
Joaquin Sorolla, Louis Comfort Tiffany, 1911, Öl auf Leinwand, 150 x 225.5 cm, On loan from the Hispanic Society of America, New York, NY, Photo © Courtesy of The Hispanic Society of America, New York.

Der moderne Garten in der Malerei von Monet bis Matisse Impressionsmus und Natur

Eigentlich müsste die Ausstellung „Der moderne Garten in der Malerei von Monet bis Monet“ heißen, auch wenn die Überbetonung dieses einen Künstlers den Leistungen der anderen Maler_innen nicht gerecht werden würde. „Gärtnern war etwas, das ich in meiner Jugend lernte, als ich unglücklich war. Ich verdanke es vielleicht den Blumen, dass ich Maler geworden bin“, resümierte Claude Monet am Ende seines Lebens. Die kontrastierende Farbenpracht frisch gezüchteter Pflanzen, exotische Importe und der Reichtum an Blüten in verschiedensten Formen kennzeichnen die Gartenkunst des 19. Jahrhunderts und inspirierten die Impressionist_innen und ihre Nachfolger_innen, die an neuen Farb- und Raumkonzepten arbeiteten. Wenn auch nicht so signifikante Erfindungen wie der barocke Garten oder der englische Landschaftsgarten mit diesem Jahrhundert verbunden werden können, so waren es doch die Veränderungen der Großstädte mit ihren weitläufigen Parkanlagen, die besseren Transportmöglichkeiten und die internationalen Pflanzenschauen, die Gärtner zu prächtigen Pflanzungen führten. Monet am Anfang und Matisse am Ende zu setzen, meint nicht nur zwei Meister der Moderne anzuführen, sondern auch die Avantgarde von Amerika bis Spanien und Schweden und ihre Begeisterung für die kontrollierte Natur zu erforschen.
8. März 2015
Raoul Dufy, Cover des Katalogs des Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid 2015.

Raoul Dufy Leben und Werk des Farbenmagiers

Als Dreißigjähriger wurde Raoul Dufy (1877–1953) Mitstreiter der „Fauves“-Bewegung rund um Henri Matisse. Danach findet man kaum eine Spur seines Schaffens in kunsthistorischen Überblickswerken, obwohl der aus Le Havre stammende Maler ein erfolgreicher Maler, Illustrator, Textilentwerfer, Bühnen- und Kostümbildner und Gestalter großflächiger Wandgemälde war und 1952 mit dem Großen Preis für Malerei auf der Biennale von Venedig ausgezeichnet wurde.
20. November 2013
Henri Matisse, Odaliske, Brasero und Fruchtschale, 1929, Lithografie, Privatsammlung.

Henri Matisse. Figur & Ornament Odalisken aus Nizza

Vom 24. November 2013 bis zum 16. Februar 2014 zeigt das Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster die Ausstellung „Henri Matisse. Figur & Ornament“, für die vor allem Zeichnungen und Druckgrafiken, ergänzt durch Gemälde und Skulpturen, des französischen Malers aus dem Musée Matisse in Nizza zusammengestellt wurden.
21. September 2013
André Derain, Porträt des Henri Matisse, 1905, Tate Purchased 1958 - zu sehen in: Matisse und die Fauves- Albertina (20.09.2013 – 12.01.2014) - zu sehen in: Matisse und die Fauves- Albertina (20.09.2013 – 12.01.2014)

Matisse und die Künstler des Fauvismus Zweieinhalb Jahre Kunstrevolte in Paris

Künstler und Geschichte des Fauvismus in der Albertina: Die „Fauves“ (franz. für Wilde/Bestien/wilde Tiere) waren eine Gruppe französischer Künstler rund um Henri Matisse, die zwischen 1905 und 1907 in wechselnder Beteiligung miteinander ausstellten. Rund 160 Werke von 50 internationalen Leihgebern konnten die Kuratoren Heinz Widauer (Albertina) und Claudine Grammont (Paris) für die Ausstellung zusammentragen.
  1. Zitiert nach Marcel Giry, Der Fauvismus. Ursprünge und Entwicklung, Würzburg 1981, S. 212.
  2. Zit. n. Hajo Düchting (Hg.), Apollinaire zur Kunst. Texte und Kritiken 1905–1918, Köln 1989, S. 190: „Ces singuliers simulacres africains causèrent une profonde impression sur André Derain, qui les considérait non sans complaisance, admirant avec quel art les imagiers de la Guinée et du Congo arrivaient à reproduire la figure humaine en n’utilisant aucun élément emprunté à la vision directe.“ in: Guillaume Apollinaire, Art et curiosité. Les commencements du cubisme, in: Le Temps (14.10.1912) o. S.
  3. Diese Geschichte des Fauvismus basiert vor allem auf den Ausstellungskatalogen der letzten Jahrzehnte. Besonders empfehlenswert ist die Chronologie von Elena Degen im Katalog zur Ausstellung Matisse, Derain und ihre Freunde. Die Pariser Avantgarde 1904-1908, hg. v. Arthur Fink, Claudine Grammont und Josef Helfenstein (Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, Neubau, 2.9.2023-21.1.2024) Berlin 2023.
  4. Maurice de Vlaminck, Rückblick in letzter Stunde. Menschen und Zeiten, St. Gallen 1965, S. 22–23; Maurice de Vlaminck, Portraits avant décès, Paris 1943, S. 31.
  5. Zit. n. Elena Degen, Chronologie 1892–1908, in: Matisse, Derain und ihre Freunde. Die Pariser Avantgarde 1904-1908, hg. v. Arthur Fink, Claudine Grammont und Josef Helfenstein (Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, Neubau, 2.9.2023-21.1.2024), Berlin 2023, S. 241; Georges Duthuit, Les fauves, Genf 1949, S. 72.
  6. Weill 2009, S. 51–52.
  7. Rémi Labrusse und Jacqueline Munck, Matisse-Derain. La vérité du fauvisme, Paris 2005, S. 214.
  8. Derain 1994, S. 159.
  9. Duthuit 1974, S. 209.
  10. Vgl. André Derain, Lettres à Henri Matisse suivies de La Pensée moderne et la peinture, hrsg. v. Rémi Labrusse und Jacqueline Munck, Paris 2017.
  11. Vollard 1957, S. 256.
  12. André Derain, Lettres à Vlaminck. Suivies de la correspondance de guerre, hrsg. v. Philippe Dagen, Paris 1994, S. 175.
  13. Rémi Labrusse und Jacqueline Munck, Matisse-Derain. La vérité du fauvisme, Paris 2005, S. 285.
  14. Zit. n. Degen, in: Matisse, Derain und ihre Freunde. Die Pariser Avantgarde 1904-1908, hg. v. Arthur Fink, Claudine Grammont und Josef Helfenstein (Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, Neubau, 2.9.2023-21.1.2024) Berlin 2023, S. 247; Original: Sembat 1920, S. 7–8.
  15. Pierre Girieud et l’experience de la modernité 1900–1912, hg. v. Véronique Serran (Ausst.-Kat. Musée Cantini, Marseille), Marseille 1996, S. 108.
  16. Vauxcelles 1934, S. 273.