Hans (Jean) Arp
Wer war Hans Arp?
Hans Arp, auch Jean Arp (16.9.1886–7.6.1966), war ein Künstler der Klassischen Moderne (→ Klassische Moderne), der für biomorphe Reliefs und Dada-Gedichte berühmt ist. Der im damals deutschen Elsass geborene Arp war ein Mitbegründer des Dadaismus in Zürich („Cabaret Voltaire“, 1916) und stellte gemeinsam mit den Künstlern des Surrealismus aus. Gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau, der Künstlerin Sophie Taeuber-Arp, wandte er sich der abstrakten Kunst zu (→ Abstrakte Kunst). Während des Zweiten Weltkriegs emigrierte Arp, der sich ab diesem Zeitpunkt Jean nannte, in die Schweiz, wo er bis zu seinem Tod sesshaft wurde. Internationaler Erfolg hatte der Objektkünstler und Dichter ab den 1950er Jahren vor allem in den USA. Heute zählt er zu den bedeutenden Erneuerern der Skulptur des 20. Jahrhunderts.
Kindheit und Ausbildung
Am 16. September 1886 wurde Hans (Jean) Peter Wilhelm Arp in Straßburg im damals deutschen Elsass geboren. Sein Vater Jürgen Peter Wilhelm Arp (1853–1921) stammte aus einer Hugenottenfamilie die in Schleswig-Holstein ansässig war. Seine Mutter Marie Joséphine Koeberlé (1857–1929) kam aus einer elsässisch-französischen Familie, war Tochter eines Tapeziermeisters aus Oberschäffolsheim. Arps Vater besaß eine gut gehende Zigarrenfabrik, seine Mutter war Pianistin und Sängerin. Arps jüngerer Bruder Wilhelm Franz Philipp Arp (1891–1988) kam 1891 zur Welt. Die Geschwister wuchsen dreisprachig auf. Von der Mutter lernten sie Französisch, vom Vater und in der Schule Deutsch und in ihrer Freizeit sprachen sie Elsässisch.
Schon in seiner Jugend interessierte sich Hans Arp für die Literatur der deutschen Romantik und französische Dichter, wie Novalis (1772–1801), Clemens Brentano (1778–1842) und Ludwig Tieck (1773–1853), sowie Arthur Rimbaud (1854–1891) und Comte de Lautréamont (1846–1870). Hans Arps Zeichen- und Dichter-Talente wurden früh erkannt und von der aufgeschlossenen Familie gefördert.
Ab 1900 nahm Hans Arp an verschiedenen Kunstinstitutionen Unterricht. Allerdings verließ er diese immer wieder enttäuscht über die gängigen Lehrmethoden: Kunstgewerbeschule in Straßburg (1900/1901), Académie Julian in Paris (1904) und die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar bei Ludwig von Hofmann (November 1904–1907), erneut an der Académie Julian (1908). Er nahm 1901 privaten Zeichenunterricht beim Maler Georges Ritleng und wurde von ihm in den Straßburger „Stürmer“-Kreis um René Schickele, Ernst Stadler und Otto Flake eingeführt. Danach bildete sich Arp autodidaktisch weiter und erarbeitete sich einer ganz eigene Formensprache. 1905 führte ihn Rainer Maria Rilke bei Auguste Rodin ein, dessen Werk tiefen Eindruck hinterließ.
Frühe Werke
Die frühesten Gemälde von Hans Arp sind spätimpressionistisch. Seine Begeisterung für die französische Avantgarde ist deutlich spürbar. 1907 stellte Arp erstmals aus: Der Architekt Henry van de Velde vermittelte ihm eine Teilnahme in der Galerie Bernheim Jeune, gemeinsam mit Henri Matisse (1869–1954), Paul Signac (1863–1935) und Kees van Dongen (1877–1968). In dieser Zeit entstanden Hans Arps erste ungegenständliche Bilder, die er nach eigenen Angaben jedoch zerstörte.
1909 durchlebte Hans Arp eine Phase der Krise und zog zu seiner Familie in die Schweiz. Der Aufenthalt am Fuß des Riggi war wichtig für Arps weitere Entdeckung der abstrakten Kunst. Allerdings zerstörte er alle künstlerischen Experimente dieser Zeit. Der Bildhauer Fritz Huf unterrichtete ihn im Modellieren von Gips.
Kontakte mit der Avantgarde in der Schweiz, Frankreich und Deutschland
Arp gründete 1910 mit den Schweizer Malern Oscar Lüthy (1882–1945), Wilhelm Gimmi und Walter Helbig (1878–1968) die Künstlervereinigung „Der moderne Bund“, die für die Moderne in der Schweiz richtungsweisend wurde. Gemeinsam organisierten sie in den folgenden Jahren Ausstellungen im Grand Hôtel du Lac in Luzern, wo sie Werke von Amiet, Arp, Friesz, Paul Gauguin, Gimmi, Helbig, Herbin, Ferdinand Hodler, Huber, Lüthy, Matisse und Pablo Picasso zeigten. Das Publikum brachte der Ausstellung kein Verständnis entgegen. 1912 lernte Hans Arp den russischen Maler Wassily Kandinsky (1866–1944) sowie Paul Klee (1879–1940) kennen und knüpfte dadurch Kontakte zur Gruppe „Der Blaue Reiter“ in München. Arp stellte auf der 2. Ausstellung „Der Blaue Reiter“ aus und arbeitete am Almanach „Der Blaue Reiter“ (Mai 1912) mit. In diesem Jahr zeigen seine Werke Einflüsse von Kubismus, Futurismus und Expressionismus. Hans Arp begann 1913 für den deutschen Verleger Herwarth Walden (1879–1941) und „Der Sturm“ zu arbeiten und stellte im „Ersten deutschen Herbstsalon“ aus. Mit dem Schulfreund Lucien H. Neitzel gab er das Buch „Die Neue französische Malerei“ heraus (Leipzig).
In seinen vom synthetischen Kubismus beeinflussten Klebebildern aus heterogenen Materialien tastete sich Arp erneut zur Abstraktion vor. Hans Arp war an der Ausstellung des „Deutschen Werkbund“ in Köln beteiligt, wo er den Bildhauer und Maler Max Ernst (1891–1976) kennenlernte.
Arp im Ersten Weltkrieg: Dada
Bei Kriegsausbruch verließ Hans Arp Köln, um der deutschen Mobilmachung zu entgehen, und zog mit seinem Bruder nach Paris. Dort festigte er seine Kontakte zu Picasso, Apollinaire, Amedeo Modigliani (zeichnete Arp zwei Mal) und andere Künstler der Avantgarde. Er begann sich für Theosophie zu interessieren und illustrierte die „Bhagavad Gita“ mit Federzeichnungen. Für das Pariser Verlagsbüro von Gaston Revels Zeitschrift „Le Théosophe“ und von René Schwallers Theosophen-Zentrum in der Rue d’Assas schuf Arp aus farbigen Papierbögen ausgeschnitene symmetrische Motive. Zudem las er Schriften von Heraklit, Jacob Böhme, Meister Eckhardt und Laotse.
1915 emigrierte Hans Arp neuerlich in die Schweiz, da er aus Frankreich ausgewiesen wurde. Er lebte im Tessin und in Zürich und war oft mit den Holländern Adya und Otto van Rees (1876–1959/1884–1957) und der Familie von Arthur Segal zusammen. 1916/17 hatte Hans Arp eine Liebesbeziehung mit der ebenfalls aus dem Elsass stammenden Künstlerin Baronesse Hilla von Rebay (später Kunst-Beraterin von Salomon Guggenheim in New York und Gründungsdirektorin des Guggenheim-Museums in New York → Guggenheim Museum: Solomon R. Guggenheim & ungegenständliche Kunst).
Arp und der Dadaismus
Den ersten Kontakt von Hans Arp mit den zukünftigen Dadaisten ging ein Illustrationsauftrag voraus: 1916 sollte er den Lyrikband „25 Gedichte“ des rumänischen Schriftstellers und Mitbegründer des Dadaismus, Tristan Tzara (1896–1963), illustrieren. Im Jahr 1916 schuf Hans Arp erste Collagen aus verschiedenen Materialien und Holzreliefs „nach den Gesetzen des Zufalls“ wie „Der Wald“ und „Dada-Relief“; zudem las er Schriften der Mystiker Meister Eckhart, Jacob Böhme, Tauler und anderen. Arbeit an den Gedichten der „Wolkenpumpe“, die er zum Teil aus vorgefundenen Satzfragmenten montierte.
Die Eröffnung des „Cabaret Voltaire“ als Künstlerkneipe in der Spiegelgasse 1, im Zürcher Niederdorf fand am 5. Februar 1916 statt. Über Tzara lernten Arp und Taeuber den Autor Hugo Ball (1886–1927), die Schriftstellerin, Kabarettistin und Schauspielerin Emmy Hennings (1885–1948), den Schriftsteller, Lyriker, Essayist und Psychoanalytiker Richard Huelsenbeck (1892–1974) und den rumänisch-israelischen Künstler, Schriftsteller und Architekten Marcel Janco (1895–1984) kennen. Mit ihnen gemeinsam zählte Arp zu den Gründungsmitgliedern des „Cabaret Voltaire“, was als Geburtsstunde des Dadaismus in Zürich gilt. Das Cabaret Voltaire diente als Club, Galerie, Kneipe, für Lesungen, Konzerte und Theateraufführungen.
Hans Arp und Sophie Taeuber
In einer Ausstellung in der Galerie Tanner in Zürich lernte Arp im November 1915 Sophie Taeuber Arp (1889–1943) kennen. Taeuber war eine Schweizer Textilgestalterin für Wandteppiche und Stickereien, Malerin, Bildhauerin, Architektin und Tänzerin der Avantgarde. Seine spätere erste Ehefrau schuf abstrakte Werke, die gemeinsam mit den Arbeiten des niederländischen Ehepaares Adya (Adriana) van Rees-Dutilhund Otto van Rees ausgestellt waren. In den folgenden Jahren arbeitete er gemeinsam mit ihr an streng geometrischen Klebearbeiten, Stickereien und Wandteppichen. Von Anfang an, waren ihre Ideen und künstlerischen Ideale die gleichen: Im Katalog-Vorwort stellte Hans Arp seine Kunst als „Bauten aus Linien und Flächen“ vor.
Wahrscheinlich im Frühjahr 1917 wurden Arp und Taeuber ein Paar. Arp führte Taeuber in den Kreis der Dadaisten ein, bei deren Veranstaltungen sie sich auch aktiv beteiligte. Obwohl beide als Pioniere der abstrakten Kunst und Erneuerer dieser gezählt werden, ist ihr künstlerisches Werk sehr unterschiedlich. Zu dieser Zeit sicherte Taeuber mit ihrem Gehalt von der Kunstgewerbeschule in Zürich fast zwölf Jahre lang, den gemeinsamen Lebensunterhalt. Arp schrieb die Gedichte „Wolkenpumpe“, die er aus vorgefundenen Satzfragmenten montierte.
Biomorphe Abstraktion
Während eines Aufenthalts am Lago Maggiore im Sommer 1917 weckte das dort gefundene Schwemmgut Hans Arps Interesse an biomorphen Formen. Daraufhin schuf er erste abstrakte Holzreliefs, die er „Irdische Formen“ nannte.
1918 kam Hans Arp immer mehr zu einer rein organischen Bildsprache. Seine Holzschnitte und abstrakten Reliefs wurden immer wichtiger für ihn. Arp und Taeuber traten der Künstlervereinigung „Das neue Leben“ bei. Die Gruppe verfolgte das Ziel, abstrakte Kunst in das Alltagsleben und das Bildungssystem zu integrieren. Hans Arp stellte im November in der Ausstellung „Das neue Leben“ erstmals sein Werk in Basel vor, gefolgt vom Kunsthaus Zürich.
Im Herbst begegnete er im Berliner Café des Westens zum ersten Mal Kurt Schwitters (1887–1948), den er bei der Entwicklung seiner Collage-Technik wesentlich bestärkte. In dieser Zeit illustrierte er Tristan Tzaras Gedichtband „Ving-cinq poèmes“.
Kölner Dadaismus (1919/20) und Pariser Surrealismus
Hans Arp zog 1919 nach Köln, wo er Johannes Theodor Baargeld (1892–1927), einen deutschen Maler, Grafiker, Autor und Bergsteiger kennenlernte. Mit Baargeld und Max Ernst begründete Arp den Kölner Dadaismus. Zusammen gaben sie die marxistisch orientierte Zeitschrift „Der Ventilator“ heraus. Gemeinsam mit Ernst entwickelte er die sogenannten „Fatagaga“-Bilder (Fabrication de tableaux garantis gazométriques).
Sophie Taeuber hielt sich aufgrund einer Lungenerkrankung im Sanatorium Altein in Arosa auf. Dort entwickelte sie die Choreografie für das Stück „Der Schwarze Kakadu“, das im April von Schülerinnen Rudolf von Labans uraufgeführt wurde. Das Bühnenbild entwarfen Hans Arp und der deutschen Maler und Filmkünstler Hans Richter (1888–1976). Gemeinsam mit Viking Eggeling, Marcel Janco und anderen Gleichgesinnten unterzeichnete Arp das von Hans Richter verfasste Manifest der „Artistes Radicaux“.
Während einer Reise nach Berlin, wo Hans Arp an der „1. Internationalen Dada-Messe“ (1920) in der Galerie Otto Burchard in Berlin teilnahm, lernte er El Lissitzky (1890–1941) aus dem Berliner Dada-Kreis kennen. Auf Vermittlung von Schwitters brachte Arp den Gedichtband „Die Wolkenpumpe“ heraus, die Textcollagen „der vogel selbdritt“ (Gedichte und Holzschnitte) und illustrierte „Cinéma calendrier du cœur abstrait, maisons“ von Tzara mit abstrakten Holzschnitten.
Im Juni 1921 nahm Arp an der Internationalen Dada-Ausstellung in der Galerie Montaigne in Paris teil. Darauf folgten Ferien in Imst (Tirol, Österreich), zusammen mit Tzara, Ernst, Paul Eluard (vielleicht auch André Breton?) (August). Anlässlich des Zusammentreffens verfasste Arp die Publikation „Dada au Grandair: Der Sängerkrieg in Tirol“. Sophie Taeuber beantrage eine Freistellung von der Schule, um sich ganz ihrer Textilarbeiten widmen zu können.
Am 20. Oktober 1922 heirateten Hans Arp und Sophie Taeuber in Pura, einem Ort im Tessin. Er versuchte mit Hilfe von Tzara eine Aufenthaltsgenehmigung für Frankreich zu erhalten, da er und Sophie Taeuber-Arp sich in Zürich zunehmend isoliert fühlten. Schwitters forderte Arp in einem Brief zur Zusammenarbeit auf. In diesem Jahr intensivierte er seine Ausstellungstätigkeit und Zusammenarbeit mit den Konstruktivisten und Dadaisten.
Arp und Schwitters
Im Merz 5-Verlag, der von Kurt Schwitters unregelmäßig heraus gegebenen Zeitschrift, erschien 1923 Arps Lithografiefolge „7 Arpaden“. Eine intensive Zusammenarbeit zwischen Arp und Schwitters begann in Hannover. Bei einem Besuch bei Schwitters erhielt der Künstler eine „Gotte“ in dessen „Merzbau“. Die drei von Arp darin eingebauten Werke wurden bei der Bombardierung Hannovers im Oktober 1943 zerstört.
Die Arps verbrachten zwei Wochen im August 1923 mit Kurt und Helena Schwitters sowie mit der deutschen Malerin, Grafikerin und Collagenkleberin Hannah Höch (1889–1978) in Sellin auf der Insel Rügen. In diesem Jahr arbeitete Hans Arp an den Zeitschriften „Der Sturm“ (hrsg. v. Herwarth Walden), „Mecano“ (hrsg. v. Theo van Doesburg), „Merz“ (Kurt Schwitters) mit. Im Oktober 1924 stellte er gemeinsam mit Schwitters und Alexej von Jawlensky in der Kestnergesellschaft in Hannover aus.
Paris – Straßburg – Paris (1925–1940)
Die Schweizer Behörden lehnten Arps Einbürgerungsgesuch definitiv 1925 ab, woraufhin er sich ein Atelier in der Villa des Fusains am Fuße des Montmartre in Paris mietete, das auch Sophie Taueber-Arp mitbenutzte. Zu ihren Nachbarn zählten Max Ernst und Joan Miró (1893–1983). Zu Arps Freunden gesellten sich die beiden Künstler der russischen Avantgarde, Kasimir Malewitsch (1878–1935) und der Maler und Fotograf Eliezer „El“ Lissitzky.
Hans Arp nahm 1925 an einer Gruppenausstellung der Surrealisten in der Galerie Pierre in Paris teil (mit Giorgio de Chirico, Max Ernst, Paul Klee, Man Ray, Masson, Miró, Pablo Picasso, Pierre Roy). Noch im selben Jahr traten Arp und seine Frau der Künstlerbewegung „Cercle et Carré“ bei. Als sich die Gruppe 1931 auflöste, gründeten die meisten der früheren Mitglieder die neue Pariser Gruppe „Abstraction-Création“. Hans Arp schoss sich den Manifesten der Surrealisten keineswegs militant an, spendete aber stille Bewunderung. Das dürfte der Grund sein, warum ihn Breton und Eluard nicht in ihre „Petite Anthologie poétique du surréalisme“ (publ. 1934) aufnahmen. Jedoch: Aufgrund seiner Nähe zu den Surrealisten organisierten diese seine erste Einzelausstellung in der Galerie Surréaliste in Paris (November 1926).
Hans Arp zog 1926 nach Straßburg. Das Künstlerpaar erhielt nun die französische Staatsbürgerschaft (20. Juli 1926) und Sophie Taeuber-Arp den Auftrag für die Ausstattung des Vergnügungslokals „L‘Aubette“. Taeuber-Arp zog für die Arbeiten an diesem großen Projekt ihren Mann Hans Arp sowie den holländischen Maler, Schriftsteller, Kunsttheoretiker und Architekten Theo van Doesburg (1883–1931) hinzu. Arp arbeitete an ersten Holzskulpturen, die sich aufstellen oder aufhängen ließen, darunter „Kopf-Stabile“ und „Erhöhte Fläche, genannt ‚Waldtische‘“. Anlässlich der Eröffnung des Café „Aubette“ (1926–1928, zerstört) erhielten die Arps eine negative Kritik. Bewunderer bezeichneten es aber auch als „avantgardistisches Gesamtkunstwerk, eine Sixtinische Kapelle der zeitgenössischen Kunst“.
Die nunmehrige finanzielle Unabhängigkeit ermöglichte dem Künstlerpaar 1927 ein Grundstück von Nelly van Doesburg in Clamart (ehemals Meudon-Val-Fleury) südwestlich von Paris zu erwerben. Haus und Atelier in Meudon (heute: Clamart) wurden nach Plänen von Sophie Taeuber-Arp ausgeführt.
Eine wichtige Phase in Hans Arps Werk ist 1930 zu beobachten: Arp entwickelte erste „Papiers déchirés“, Collagen aus zerrissenen Papieren, bei denen der Zufall und die Vergänglichkeit eine wichtige Rolle spielen. Zudem erarbeitete er sich erste organische, rundplastische Arbeiten aus Gips. Diesen folgten 1933 erste biomorphe Skulpturen, die Arp „Menschliche Konkretion“ nannte. Ohne Plinthe oder definitive Standfläche erlauben diese Werke unterschiedliche Aufstellungen.
Mitte der 1930er Jahre wuchs die Anerkennung für das Werk von Hans Arp, wie zunehmende Ausstellungsbeteiligungen – auch erstmals in Museen – belegen. 1936 war er in den Ausstellungen „Cubism and Abstract Art“ sowie „Fantastic Art, Dada and Surrealism“ im Museum of Modern Art in New York vertreten. Dieser Ausstellungsbeteiligung folgte Arps erste Einzelausstellung in der New Yorker Gallery of Living Art von A. E. Gallatin.
Hans Arp im Zweiten Weltkrieg: Flucht
Die Werke Hans Arps wurden von den Nationalsozialisten als „Entarte Kunst“ eingestuft. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges begann Hans Arp sich Jean Arp zu nennen und seine Gedichte vermehrt auf Französisch zu verfassen.
Flucht nach Südfrankreich Kurz vor der Einnahme von Paris durch die Deutschen am 14. Juni 1940 flohen Arp und Taeuber zu Gabrielle Buffet-Picabia (1881–1985) nach Nérac. Nach einem kurzen Aufenthalt im September bei Peggy Guggenheim (1898–1979) in Annecy kamen sie Ende September im südfranzösischen Grasse an. Dort konnten sie, dank der Vermittlung von Susi Gerson und Alberto Magnelli (1888–1971), im Château Folie wohnen. Die entbehrungsreiche Zeit überstanden sie mit Hilfe ihrer Schweizer Freunde, die Geld und Lebensmittelpakete schickten. In dieser künstlerisch fruchtbaren Zeit entstanden Gemeinschaftsarbeiten von Taeuber, Arp, Alberto Magnelli und Sonia Delaunay-Terk (1885–1979). Diese Zeichnungen wurden 1950 in Paris unter dem Titel „Aux nourritures terrestres“ als Grafikmappe veröffentlicht. In dieser Zeit schuf Arp, der sich kein Atelier leisten konnte, etwa 16/17 Skulpturen. Er war gezwungen auf leichte, transportable und billige Materialien zurückzugreifen. So entstanden die „dessins aux doigts [Fingerzeichnungen]“ und die „Papiers froissés [Zerknitterte Papiere]“.
Zürich und Tod von Sophie Taeuber-Arp
Nach einem missglückten Versuch, mit Hilfe des Museum of Modern Art nach Amerika zu emigrieren, konnten Taueber und Arp nicht mehr in Südfrankreich leben. Sie beschlossen in die Schweiz zurückzukehren und flohen am 14. November 1942 nach Zürich.
Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp waren im Haus des Schweizer Architekten und Künstler Max Bill (1908–1994) in Zürich-Höngg zu Gast. In der Nacht vom 12. auf den 13. Januar 1943 starb Sophie Taeuber-Arp an einer Kohlenmonoxidvergiftung, da der Abzug des Holzofens verschlossen war (oder ein Tiefdruckgebiet den Abzug behinderte). Sie wurde 46 Jahre alt. Sophie Taeuber-Arp wurde auf dem Friedhof in Locarno beigesetz. Der Schicksalsschlag stürzte Hans Arp in eine tiefe, fünf Jahre dauernde Schaffenskriese. Erst 1947 entstanden neue Plastiken.
1945 begann Hans Arp gemeinsam mit Georg Schmidt an einer Monografie zu Sophie Taeuber-Arps Werk zu arbeiten (publ. 1948).
Reife Werke und späte Erfolge
Marguerite Hagenbach, eine langjährige Freundin des Ehepaares, Sammlerin und Förderin wurde nach dem Tod Sophies eine große Stütze für Hans Arp. Sie lebte fortan mit ihm zwischen Basel und Clamart zusammen, wurde Arps Lebensgefährtin und Assistentin. Marguerite erledigte seine Korrespondenzen, schrieb seine Gedichte auf der Schreibmaschine ab und bereitete Ausstellungen vor. Dank der finanziellen Unterstützung durch sie, wurde es Arp möglich, seine Skulpturen in Bronze zu gießen.
1949 unternahm Hans Arp eine erste Reise in die USA. Er stellte seine Werke in der Galerie von Curt Valent in New York aus. Dort entstand „On my way – poetry and essays“, eine erste Textsammlung in englischer Sprache, die Arp als Maler, Bildhauer und Dichter vorstellt. Im folgenden Jahr war Hans Arp auf Einladung von Walter Gropius (1883–1969) erneut in die Vereinigten Staaten gereist. Hans Arp schuf mehrere Großplastiken für die Universitäten in Caracas ( „Shepherds of Clouds [Der Wolkenhirt], 1953, Bronze) und in Harvard. Walter Gropius beauftragte ihn, das monumentale Wandrelief „Konstellation“ (Holz) für das Harvard Graduate Center in Cambridge zu gestalten. Weitere öffentliche Aufträge folgten, wie das UNESCO-Gebäude in Paris. Arp überlegte daraufhin, in die USA auszuwandern, da dort die meisten seiner Sammler lebten. Ein Angebot, an der School of Design zu in Chicago unterrichten, lehnte er ab.
Zwischen 1952 und 1955 reiste Hans Arp mehrmals nach Griechenland. Er fand 1952 in Rom und Griechenland neue Anregung für sein plastisches Werk (z.B. „Kobra-Kentaur“). Das Museum of Modern Art in New York widmete ihm eine umfassende Retrospektive. Dieser folgte Arps Teilnahme an der documenta I (1955), der documenta II (1959), der documenta III (1964).
Die erste umfangreiche Monografie über die Skulpturen Arps von Carola Giedion-Welcker erschien im Jahr 1957, dafür legte Marguerite Hagenbach ein Werksverzeichnis an.
Auszeichnungen
- 1954 Internationaler Preis für Skulptur auf der Biennale von Venedig
- 1960 Ritter der Ehrenlegion (Chavalier de la L´gion d‘honneur)
- 1961 Stefan-Lochner-Medaille der Stadt Köln
- 1963 Grand Prix National des Arts
- 1964 Carnegie Prize
- 1965 Goethe-Preis der Universität Hamburg
- 1965 Bundes-Verdienstkreuz
- 1966 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern
Tod
Am 7. Juni 1966 starb Hans Arp im Alter von 79 Jahren in Basel an einem Herzinfarkt. Er wurde neben Sophie Taeuber-Arp auf dem Cimitero di Santa Maria in Selva in Lorcarno beigesetzt. Die französische Textsammlung „Jours effeuillés“ wurde wenige Wochen nach seinem Tod herausgegeben.
Marguerite Arp übertrug 1988 den Rest ihrer Sammlung und den Nachlass Arps, sowie die Bibliothek und das Grundstück mit dem Atelierhaus der von ihr gegründeten „Fondazione Marguerite Arp-Hagenbach, Ronco dei Fiori“. Sie starb am 23. August 1994 in Locarno-Solduno und wurde im Grab gemeinsam mit Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp beigesetzt.