Symbolismus
Was ist Symbolismus?
Am 18. September 1886 veröffentlichte der Dichter Jean Moréas das Manifest zum Symbolismus in der Literatur in der Literaturbeilage von „Le Figaro“. Darin versuchte er die junge Generation von Schriftstellern vom Vorwurf der „Dekadenz“ zu befreien: Er erklärte, dass „symbolistische Poesie versucht, die Idee in eine für die Sinne wahrnehmbare Form zu kleiden, die jedoch kein endgültiges Ziel an sich darstellt, sondern zwar hilft, die Idee zu vermitteln, aber untergeordnet bleibt.“1
Das Feld des Symbolismus war von Literaten und Künstlern aufbereitet worden. Gedichte und Essays von Baudelaire, Verlaine, Rimbaud und Mallarmé wurden in Zeitschriften wie „La Revue indépendante“, „La Revue blanche“, „La Vogue“ und „L’Art moderne“ abgedruckt. In den folgenden Jahren kam es zu einem lebhaften Austausch zwischen Schriftstellern, Kritikern und Malern, darunter auch Symbolisten und Neoimpressionisten.2
Merkmale
Im März 1891 definierte der französische Kritiker Albert Aurier im Zuge einer Analyse von Gauguins Werk die Merkmale des Symbolismus wie folgt:
„Das Ziel der Malerei kann nicht die direkte Darstellung von Gegenständen sein. Ihr Zweck ist, Ideen Ausdruck zu verleihen, indem sie sie in eine besondere Sprache übersetzt […], die zugleich subjektiv, synthetisch, symbolistisch und ideistisch ist.“3
Die Kunststromung des Symbolismus ist international und schwer zu definieren; gemeinhin wird sie zwischen den 1880er Jahren und 1910 datiert. Leichter als eine Definition fällt eine Aufzählung, was der Symbolismus nicht ist: Der Symbolismus ist anti-realistisch, anti-naturalistisch, anti-impressionistisch, anti-akademisch, anti-klassisch, aber auch anti-romantisch. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich von etwa 1848 bis zum Ersten Weltkrieg, wobei berühmte Vorläufer wie William Blake, Caspar David Friedrich, Johann Heinrich Füssli im frühen 19. Jahrhundert zur Romantik (zu Schwarzen Romantik) gehörten. Insofern beerbten die Symbolisten die Romantiker und die Naturphilosophen, um eine Gegenposition zum Positivismus zu bilden.
„Zum Wesen der symbolistischen Kunst gehört es, Gegenbilder zu sichtbaren und naturwissenschaftlich erforschten Wirklichkeit aufzustellen, um mit solchen Gegenbildern zu zeigen, dass eine andere, verborgene Wirklichkeit zumindest denkbar, wenn nicht sogar als existent anzuerkennen sei.“ (Hans H. Hofstäter, 1976)
Die Symbolisten suchten nach Ideen und Begriffen, die außerhalb der sichtbaren Welt liegen. Sie fanden sie im Inneren des (auch psychisch erkrankten) Individuums oder in Grenzzuständen des Bewusstseins (Jean Starobinski), was sie in entsprechender Form (Symbolen) sichtbar zu machen versuchten. Maler wie Ferdinand Hodler oder Edvard Munch zeigten den leidenden Kranken Körper. Henri Edmond Cross (→ Henri-Edmond Cross: Farbe und Licht) notierte einen Satz von Pierre Puvis de Chavannes in sein Skizzenbuch: „Jede klare Idee lässt sich in einen formalen Gedanken übersetzen.“
„Sobald wir etwas aussprechen, entwerten wir es seltsam. Wir glauben in die Tiefe der Abgründe hinabgetaucht zu sein, und wenn wir wieder an die Oberfläche kommen, gleicht der Wassertropfen an unseren bleichen Fingerspitzen nicht mehr dem Meere, dem er entstammt. Wir wähnen eine Schatzgrube wunderbarer Schätze entdeckt zu haben, und wenn wir wieder ans Tageslicht kommen, haben wir nur falsche Steine und Glasscherben mitgebracht, und trotzdem schimmert der Schatz im Finstern unverändert.“ (Maurice Maeterlinck)
Der berühmte Symbolismus-Forscher Hans H. Hofstätter meinte gar:
„[Wir haben] es beim Symbolismus also mit einer Kunst zu tun, die nicht klar determiniert werden kann. Die Symbolrichtung kann bestimmt werden, aber das symbolistische Bild bleibt rätselhaft und unauflösbar: An die Stelle des intellektuellen Verstehens muss das einfühlende Verstehen treten. Im Gefühl, im Erlebnis, dem man sich beim Betrachten hingibt, in der Stimmung des Bildes auf die Stimmung des Betrachters bezogen, liegt die Einheit des Bildes, in ihr liegt sein Sinn. Nur in der Resonanz der Symbole kann ein symbolistisches Bild verstanden werden.“4
Der Widerstand zu dieser Bewegungen wurde vom Dichter Gustave Kahn zusammengefasst, der schrieb, dass das „wesentliche Ziel“ der Symbolisten darin bestünde, „das Subjektive zu objektivieren (die Externalisierung der Idee)“ – was in der Malerei bedeutete, etwas Imaginiertem eine visuelle Form zu geben – anstatt „das Objektive zu subjektivieren (die Natur durch ein Temperament gesehen)“,5 womit Kahn meinte, beobachteten Motiven seine eigene Vision aufzuzwingen.
Berühmte Maler des Symbolismus
- Odilon Redon
- Paul Gauguin
- Arnold Böcklin
- Fernand Khnopff
- James Ensor
- Gustav Klimt
- Akseli Gallen-Kallela (1865–1931)
- Alphonse Osbert (1857–1939)
Literatur zum Symbolismus
- Hans H. Hofstätter, Symbolismus und die Kunst der Jahrhundertwende, Köln 1965.
- G. Kahn, Réponse des Symbolistes, in: L’Evénement, 28 September 1886.
Beiträge zur Kunst des Symbolismus
- H. Dorra, Symbolist Art Theories. A Critical Anthology, Berkeley and Los Angeles 1995, S. 151.
- Siehe: P. Smith, Seurat and the Avant-Garde, New Haven and London 1997; Cornelia Homburg, Neo-Impressionism and the Dream of Realities: Painting, Poetry, Music (Ausst.-Kat. Phillips Collection, Washington, DC, 27.9.2014–11.1.2015), Washington 2014.
- G.-Albert Aurier, Le Symbolisme en peinture: Paul Gauguin, in: Mercure de France, Nr. 2, März 1891, S. 155–164, zit. nach Dorra 1995, S. 199, 201.
- Hans H. Hofstätter, Symbolismus und die Kunst der Jahrhundertwende, Köln 1965, S. 46f. und S. 99.
- G. Kahn, Réponse des Symbolistes, in: L’Evénement, 28 September 1886.
- H. Dorra, Symbolist Art Theories. A Critical Anthology, Berkeley and Los Angeles 1995, S. 151.
- Siehe: P. Smith, Seurat and the Avant-Garde, New Haven and London 1997; Cornelia Homburg, Neo-Impressionism and the Dream of Realities: Painting, Poetry, Music (Ausst.-Kat. Phillips Collection, Washington, DC, 27.9.2014–11.1.2015), Washington 2014.
- G.-Albert Aurier, Le Symbolisme en peinture: Paul Gauguin, in: Mercure de France, Nr. 2, März 1891, S. 155–164, zit. nach Dorra 1995, S. 199, 201.
- Hans H. Hofstätter, Symbolismus und die Kunst der Jahrhundertwende, Köln 1965, S. 46f. und S. 99.
- G. Kahn, Réponse des Symbolistes, in: L’Evénement, 28 September 1886.