Barock
Was ist die Kunst des Barock?
Der Barock Stil wurde kurz vor 1600 in Rom aus der Taufe gehoben und international verbreitet: In Architektur und Skulptur setzte Gian Lorenzo Bernini neue Maßstäbe, so wie es Caravaggio in der Malerei tat. Das dramatische Hell-Dunkel und die Verletzung des decorum (Schicklichkeit) des ungestümen Malerstars wurde richtungsweisend und namensgebend für realistische Schilderungen von Martyrien und Genreszenen der so genannten Caravaggisten. Das Goldene Zeitalter (17. Jahrhundert) der holländischen Malerei ist nicht nur von Rembrandt van Rijn geprägt, sondern brachte aufgrund des enorm angewachsenen Wohlstandes des Bürgertums mit Genre, Landschaft und Stillleben drei neue Kunstgattungen hervor. In Spanien und den Kolonien prägten hingegen sakrale und höfische Aufträge die Kunstproduktion. Mit Peter Paul Rubens gelang einem Flamen eine europäische Karriere, da er in seiner Malerei größte Prachtentfaltung, Dynamik und emotionale Ergriffenheit geschickt verbinden konnte. Sein Schüler Anthonis van Dyck feierte an den Höfen von Genua, Brüssel, Den Haag und vor allem London als Portätist große Erfolge.
Definition
Der Begriff Barock leitet sich vom portugiesischen Wort barocco für eine unregelmäßig geformte Perle ab. Er wurde erstmals im späten 18. Jahrhundert abwertend für die Epoche des Absolutismus und der Gegenreformation verwendet. Datiert wird das Barock (auch der Barock) von etwa 1575 bis 1770 und kann in drei Phasen gegliedert werden:
- Frühbarock (ca. 1575–ca. 1650)
- Hochbarock (ca. 1650–1720)
- Spätbarock | Rokoko (ca. 1720–1770) → Rokoko
Barocke Kunst diente der Herrscherrepräsentation und der Durchsetzung der Gegenreformation. Charakteristisch für den barocken Stil ist seine Prachtentfaltung, die sich in überbordenden Dekorationen, farbigen Freskenausstattungen, Materialreichtum, großformatigen Staatsporträts zeigt. Während des 17. Jahrhunderts blühte die Kunst vor allem in Spanien und Holland (Goldenes Zeitalter), zwei Nationen, die aufgrund ihrer Handelskontakte zu großem Reichtum gekommen waren. In Frankreich wurde vor allem die Palastarchitektur (Versailles) prägend und in Rom die Sarkalarchitektur. Ebenfalls in der Ewigen Stadt lebten mit Caravaggio und Gianlorenzo Bernini zwei der wichtigsten Künstler des Barock, deren neuartige, weil realistische bzw. emotional mitreißende Darstellungen in ganz Europa rezipiert wurden.
Bilderdekret am Konzil von Trient
Am Konzil von Trient (1545–1563) wurden wichtige Beschlüsse über die Errichtung von Kirchen und der Bildproduktion erlassen, darunter die Einführung des Hochaltars. Die von den Protestanten abgelehnte Bildproduktion wird von katholischen Theologen bestätigt, indem sie auf das Inkarnationsdogma verwiesen: Der unsichtbare Gott ist durch die Menschwerdung sichtbar und für die Kunst darstellbar geworden.
Die Antwort der römisch-katholischen Kirche auf den Bilderstreit, formuliert während der 25. Sitzung des Konzils von Trient (1563), sprach diese moralischen Vorwürfe an, indem sie die metaphorische Verbindung zwischen physischem und spirituellem Sehen neu ausrichtete. Die Tridentiner Beschlüsse stellten den metaphorischen Wert frommer Bilder im religiösen Leben wieder her.
Die Folge war der bewusste Umgang mit bildender Kunst – allerdings auch die Kontrolle derselben durch den Klerus. Daniele da Volterra wurde beispielsweise beauftragt, die nackten Figuren in Michelangelos „Jüngstem Gericht“ in der Sixtina zu bekleiden. Paolo Veroneses Darstellung des „Abendmahls“ im Refektorium der Mönche von San Giovanni e Paolo in Venedig erregte aufgrund vieler Nebenszenen im Treppenbereich der vorderen Bildebene Anstoß. Der venezianische Maler wurde kurz nach Beendigung am 18. Juli 1573 vor ein Inquisitionsgericht geladen, da er das decorum [Regeln der Sitten] nicht eingehalten hätte. Der Prozess fand, wie die Prozessunterlagen im Staatsarchiv Venedigs dokumentieren, unter dem Vorsitz eines päpstlichen Legaten und des Patriarchen von Venedig statt und verurteilte den Künstler das Werk zu überarbeiten.
„Ferner wird in den Bildern Christi, der jungfräulichen Gottesgebärerin und der anderen Heiligen, die vor allem in den Gotteshäusern sein und bleiben müssen, die schuldige Hochachtung und Ehre erwiesen, nicht als würde geglaubt, in ihnen sei irgendeine göttliche Kraft […] wie es einst von den Heiden geschah, die ihre Hoffnung auf die Götzenbilder setzten, sondern weil die Ehre, die ihnen erwiesen wird, sich auf die Urgestalten bezieht, die jene Bilder vergegenwärtigen […] Folgendes sollen die Bischöfe gewissenhaft ehren: Durch die Erzählung der Geheimnisse unserer Erlösung, wie sie in Gemälden und anderen mimetischen Darstellungen Ausdruck finden, wird das Volk zum Eingedenken und zur beharrlichen Erwägung der Glaubensartikel erzogen und ermutigt. Dann aber wird aus allen heiligen Bildern großer Nutzen gezogen, weil […] den Gläubigen durch die Heiligen Gottes Wunder und segenreiche Beispiele vor Augen gestellt werden […] zur Pflege der Frömmigkeit.“1
Kunstakademien
Im Barock wurde die Ausbildung von Künstlern endgültig in die Hände von teils staatlichen Akademien gelegt – und vor allem an Höfen das Zunftsystem umgangen. Die Akademien waren aber nicht nur Ausbildungsstätten, sondern auch Orte des Austauschs und des Kunstdisputs zwischen Kollegen. Um in die Akademie aufgenommen zu werden, mussten Künstler ein Aufnahmestück vorlegen. Vor allem in Frankreich wurde die Akademiezugehörigkeit zu einem wichtigen Status innerhalb der Künstlerschaft, da die Akademie auch Ausstellungen organisierte und höfische Aufträge vergab. Zudem ehrten die Akademien herausragende Mitglieder und organisierten Exequien nach deren Ableben (z.B. ein Trauergerüst für Michelangelo in Florenz).
Akademiegründungen:
- 1564 Accademia del Disegno, Florenz, durch Giorgio Vasari
- 1593 Accademia di San Luca, Rom
- 1666 Académie de France à Rome, durch Colbert als Zweigstelle der Pariser Akademie
Architektur
Die europäische Baukunst des Barock umschreibt grob die Jahre 1600 bis 1760. Als führende Städte werden Rom, Paris und Zentraleuropa (Bayern, Wien, Prag) angesehen. Von Rom ausgehend, entwickelte sich um 1630/35 in Paris der „style classique“ in Frankreich. Erst ab 1690 lässt sich barocke Architektur auch in den Ländern des Heiligen Römischen Reiches (heute: Deutschland, Österreich) nachweisen.
Im Unterschied zur Renaissance-Architektur erzielen barocke Bauten eine neue dynamische Wirkung, indem die Säulen und Wände konkav-konvexe Schwünge ausbilden. Mit Michelangelos Kuppel für den Petersdom wurde eine wichtige und häufig zitierte Formlösung gefunden: durchfensterter Tambour und hoch aufragende Kuppel (vgl. Stefano Madernos Kuppel von S. Andrea della Valle, 1622 vollendet). Der Bevorzugung des runden oder ovalen Kuppelbaus folgte die barocke Vorliebe für den Zentralraum. Die Gestaltung des Langhauses und des Inneren von St. Peter und des Petersplatzes etablierte die Säule und die Vielfarbigkeit (Gian Lorenzo Bernini, ab 1624; Borromini). Als erste barocke Kirchenfassade Roms gilt S. Susanna von Carlo Maderno (1556–1629), da die Säulen von der Wand getrennt sind und ihr den Eindruck von Beweglichkeit vermitteln.
Gleichzeitig wurde die Pilastergliederung an der römischen Palastfassade üblich.2
Berühmte Barockmaler
Barockmaler in Italien
- Annibale Carracci
- Agostino Carracci
- Caravaggio (eigentlich Michelangelo Merisi da Caravaggio)
- Orazio Gentileschi
- Guido Reni (1575–1642)
- Giovanni Battista Tiepolo
- Canaletto (Giovanni Antonio Canal)
Berühmte Malerinnen des Barock
- Barbara Longhi (1552–1638)
- Fede Galizia (1578–1630)
- Clara Peeters (1594–1637?)
- Artemisia Gentileschi (1597–1653) → Artemisia Gentileschi, Selbstporträt als die Allegorie der Malerei
- Giovanna Garzoni (1600–1670)
- Michaelina Woutier (1604–1689)
- Judith Leyster (1609–1660)
- Louise Moillon (1610–1696)
- Maria van Oosterwijck (1630–1693)
- Elisabetta Sirani (1638–1665)
- Maria Sibylla Merian (1647–1717)
- Justine Ayerer
- Johanna Sibylla Küsel (1650–1717)
- Rachel Ruysch (1664–1750)
- Anna Waser (1678–1714)
- Geertruydt Roghman
- Anna Cacilia Hamerani (1642–1678)
- Anna Maria Punz (1721–1794)
Barockmaler in Flandern
- Adam Elsheimer
- Peter Paul Rubens
- Anthonis van Dyck
- Jan Brueghel der Ältere
- Jan Brueghel der Jüngere
- Jakob Jordaens
Barockmaler in den nördlichen Niederlanden
- Jan Vermeer
- Dirck van Baburen
- Gerard van Honthorst
- Hendrick ter Brugghen
- Pieter Claesz
- Frans II Francken
- Rembrandt van Rijn
- Gerard Dou (auch: Gerrit Dou oder Gerard Douw; 1613–1675)
- Carel Fabritius: Der Distelfink
- Jan Steen
- Pieter de Hooch
- Gerard ter Borch
- Nicolaes Maes
Barockmaler in Spanien
- Diego Velázquez
- Francisco de Zurbarán und Juan de Zurbarán
- Esteban Bartolomé Murillo
- Francesco Ribalta
Barockmaler in Frankreich und Lothringen
- Nicholas Poussin
- Claude Lorrain
- Claude Vignon
- Philippe de Champaigne
- Charles Le Brun
- Georges de La Tour
Barockmaler in Österreich
- Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt
- Martin van Meytens
- Cosmas Damian Asam
- Hans Georg Asam
- Daniel Gran
- Bartolomeo Altomonte
- Paul Troger
- Johann Kupetzky
- Johann Georg Platzer
- Tobias Pock
- Johannes Zick
- Januarius Zick
Berühmte Barockarchitekten
- Carlo Maderno
- Gian Lorenzo Bernini
- Francesco Borromini
- Pietro da Cortona
- Guarino Guarini
- Cosmas Damian Asam
- Familie Dientzenhofer
- Familie Carlone
- Familie Galli-Bibiena
- Familie Muggenast
- Antonio Beduzzi
- Johann Bernhard Fischer von Erlach
- Joseph Emanuel Fischer von Erlach
- Johann Lucas von Hildebrandt
- Jakob Prandtauer
Berühmte Barockbildhauer & Barockbildhauerinnen
- Gian Lorenzo Bernini (1598–1680 - Link siehe oben)
- Alessandro Algardi (1598–1654)
- Francois Duquesnoy (1597–1643)
- Paul Strudel (um 1648–1708)
- Balthasar Permoser (1651–1732)
- Luisa Roldán (1652–1706)
- Georg Raphael Donner (1693–1741)
- Balthasar Ferdinand Moll (1717–1785)
- Jakob Gabriel Mollinarolo (1717–1780)
- Franz Xaver Messerschmidt (1736–1783)
Beiträge zur Barock Kunst
- Zit. n. Josef Wohlmuth (Hg.), Dekrete der ökumenischen Konzile. Bd. 3: Konzile der Neuzeit, Paderborn 2002, S. 775.
- In Oberitalien war sie bereits im 16. Jahrhundert üblich, in Rom setzte sie sich erst im 17. Jahrhundert durch.
- Zit. n. Josef Wohlmuth (Hg.), Dekrete der ökumenischen Konzile. Bd. 3: Konzile der Neuzeit, Paderborn 2002, S. 775.
- In Oberitalien war sie bereits im 16. Jahrhundert üblich, in Rom setzte sie sich erst im 17. Jahrhundert durch.