Claude Monet
Wer war Claude Monet?
Claude Monet (Paris 14.11.1840–5.12.1926 Giverny) war ein französischer Maler und Hauptvertreter des Impressionismus. Monet prägte mit seinen Landschaftsbildern und Gartenansichten die Vorstellung einer von akademischen Regeln befreiten Kunst. Wenn er auch nie ein Manifest schrieb, so können Monets Aussagen wie Leisätze seiner Kunst gelesen werden. Die Ästhetik seiner Gemälde seit Ende der 1860er Jahre, als Monet Seite an Seite mit Pierre-Auguste Renoir die Badeinsel La Grenouillère in „Skizzen“ festhielt und, inspiriert durch das Werk Daubignys, diese als vollwertige Arbeiten ausstellen wollten, revolutionierte nicht nur unter dem Begriff Impressionismus die französische Malerei, sondern breitete sich bis nach Amerika aus. Das Freizeitvergnügen der Großstädter (Segeln in Argenteuil, Pariser Boulevards), die Eisenbahn, Gärten gehören neben französischen Landschaften zwischen der Normandie und Südfrankreich zu den bevorzugten Themen des Malers (mit Bildern → Claude Monet: Werk & Leben | Claude Monet: Biografie).
Monets offene Pinselschrift, das Arbeiten vor dem Motiv (Pleinairmalerei), das Beobachten und Festhalten von Lichteffekten, Bewegungsunschärfe und außergewöhnliche, von der japanischen Kunst beeinflusste Blickpunkte zählen wie die Selbstorganisation von Gruppenausstellungen bzw. die Förderung von international agierenden Kunsthändlern zu den wichtigen Stilkriterien und Marktveränderungen Monet'schen Arbeitens. Bereits sein fast Namensgenosse Edouard Manet hatte mit sichtbaren Pinselstrichen, einer flächigen, bisweilen die unbemalte Leinwand in die Darstellung mit einbeziehenden Malweise, kontrastierenden und mitunter vom Gegenstand losgelosten Farben sowie zeitgenössischen Interpretationen traditioneller Bildthemen den Boden für die neue Bewegung bereitet. Das Werk von Monet ist ein malerisches, sind doch etwa 2.000 Gemälde überliefert, dazu sind elf Skizzenbücher, 110 Zeichnungen und 108 Pastelle bekannt.
Die wichtigsten Orte, an denen Claude Monet gelebt und gearbeitet hat, sind Paris, Argenteuil (1871–1878), Vetheuil (1878–1883) und Giverny (ab 1883). Er malte die Klippen von Étretat, die Fassade der Kathedrale von Rouen und die Houses of Parliament in London. Bei der Motivsuche hielt Monet Ausschau nach natürlichen Formen, die seinen malerischen A-priori-Vorstellungen davon entsprachen, wie ein Bild idealerweise auszusehen habe. Manchmal kehrte er über Jahre hinweg immer wieder zu den gewählten Landschaftsmotiven zurück. Die Seine begleitete den Maler sein ganzes Leben, ebenso wie die Küsten von Atlantik und Riviera. Das Werk endet mit privaten, subjektiven Bildern, die Monet von der weiteren Umgebung unbeeinflusst im Garten von Giverny schuf. Der Impressionismus war für Monet keine Augenblicksmalerei, sondern die Inszenierung von Erinnerungen an unmittelbar Erlebtes, die er wohlüberlegt und kalkuliert auf die Leinwand übertrug.
Hier findest Du die Monet-Ausstellungen in 2024 → Monet: Ausstellungen 2024
Kindheit & Ausbildung
Claude Monet wurde am 14. November 1840 in der Rue Lafitte 45, Paris, geboren. Er war der zweite Sohn von Claude Adolphe Monet und Louise Justine Aubrée. Sein älterer Bruder Léon war bereits 1836 geboren worden. Im Alter von vier Jahren wurde Monet in der Kirche Notre-Dame de Lorette in Paris auf den Namen Oscar-Claude getauft.
Monet verbrachte Kindheit und Jugend in der Normandie, da seine Familie 1845 nach Le Havre übersiedelte. Monets Vater beteiligte sich am Geschäft von Jacques Lecadre, dem Ehemann seiner Halbschwester, der als Lebensmittelgroßhändler und Schiffslieferant arbeitete. Als im September 1858 Jacques starb, übernahm Monets Vater das Geschäft und führte es bis 1860 weiter. Die Lecadres besaßen ein Sommerhaus am Strand von Sainte-Adresse.
Im Jahr 1851 trat Monet in die Grundschule (Volksschule) ein. Sein dortiger Zeichenlehrer war Jacques-François Ochard, ein Freund des Malers Eugène Boudin. Dieser war von 1840 bis 1844 auch an einem Papiergeschäft beteiligt, das Bilder rahmte und in dessen Auslage Künstler ausstellten, darunter Eugène Isabey, Thomas Couture, Constant Troyon, Jean-François Millet.
Als Monets Mutter am 28. Januar 1857 starb, übersiedelte der Vater mit seinen zwei Söhnen in die Rue Fontenelle 13 in Le Havre. Dort wohnten die Lecadres. Monets Tante Marie-Jeanne Lecadre kümmerte sich ab diesem Zeitpunkt um ihn. Sie malte aus Liebhaberei und besaß ein eigenes Atelier. Sie war mit Armand Gautier bekannt, einem guten Freund von Gustave Courbets.
Karikaturen
Schon als Schüler zeichnete Monet Karikaturen von Lehrern und bekannten Bürgern von Le Havre, die er 1856/57 im Papiergeschäft Gravier in der Rue de Paris in Le Havre ausstellte. Da die Hafenstadt Umschlagplatz von Baumwolle und Gütern aus den Tropen war, konnte Monet hier Menschen aus Afrika, Amerika und den französischen Kolonien treffen; allerdings karikierte er auch Pariser Sommerfrischler in sportlicher Kleidung.
Rund 60 dieser teils bissigen und durchwegs gelungenen Arbeiten sind bislang dokumentiert (1857–1859). Da er nach eigener Aussage sieben oder acht Karikaturen pro Tag anfertigte,1 dürfte Monet Hunderte weitere solche Arbeiten geschaffen haben. Rasch hat der Junge herausgefunden, dass er damit auch gut Geld verienen konnte und verlangte bis zu 60 Francs. Im Papiergeschäft traf er auch den Landschaftsmaler Eugène Boudin, der sein Talent erkannte. Er sollte Monets Karriere entscheidend bestimmen.
Um seine Technik als Karikaturist zu verfeinern, aber wohl auch, um sich auf Paris vorzubereiten, machte Monet Kopien nach Karikaturen von Carjat, Hadol sowie Nadar, dem Zeichner und Fotografen. Letztere fand er in "Le Journal amusant" und "Le Figaro" von 1858. Die Arbeiten von Carjat und Hadol fand er in "Le Gaulois". Da er Oscar-Claude getauft worden war, signierte er diese frühen Karikaturen noch mit "O. Monet". Erst ab 1862 wechselte er auf "Claude".
Seestücke aus der Normandie
Boudin, der Maler von unzähligen Strandszenen lehrte Monet ab 1856/57 das Malen sur le motif (en plein air, vor dem Motiv, Peinair-Malerei) und gab ihm erste Anleitungen zu Komposition und Form (→ Claude Monet – Eugène Boudin). Die in Pastellstudien festgehaltene Natur setzte Monet erst im Atelier in Gemälde um. Schon von den frühesten Werken an prägten Lichtstimmungen, Tageszeiten und das Wetter die Atmosphären seiner Landschaften. Diese frühe Begegnung mit der Landschaftsmalerei an der Küste der Normandie - wie auch seine Auseinandersetzung mit der japanischen Druckgrafik - prägte Claude Monet für den Rest seines Lebens.
Frühe Skizzenbücher von 1856/57 enthalten Zeichnungen von Schiffen und Booten im Hafen von Le Havre. Bereits 1857 lud ihn Boudin ein, gemeinsam am Strand zu malen und Ölfarben auszuprobieren. Noch lehnte Monet ab, war doch Boudin in der Stadt als "einfältiger Realist" verschrien, da er belanglose Landschaftsansichten ohne Invention, ohne historisches oder mythologisches Personal malte. Als Monet der Einladung schlussendlich folgte, geschah es eher aus spöttischer Neugier. Das während eines gemeinsamen Ausflugs entstandene Gemälde „Ansicht von Rouelles“ stellte Monet auf der von der „Société des amis des arts“ in Le Havre organisierten Kunstausstellung aus. Der Versuch, ein Stipendium für ein Kunststudium in Paris zu erhalten, schlug fehl. Das Erlebnis sollte allerdings sein Leben und die Kunstgeschichte ändern!
Mitte Mai 1859 fuhr Claude Monet nach Paris, um den Salon zu besuchen, auf dem Boudin zum erstenmal ausstellte. Er begeisters sich für die Landschaftsmalerei von Daubigny, Camille Corot, Théodore Rousseau; die Gemälde von Eugène Delacroix schienen ihm hingegen zu unvollendet. Eingeführt von Boudin, besuchte der junge Maler Gautier und Troyon. Er zeigte ihnen seine Arbeiten und ersuchte sie um Rat. Troyons Ratschlag bei Couture zu studieren, schlug Monet in den Wind. Stattdessen schrieb er sich 1860 in der von den Studiengebühren her erschwindlichen Académie Suisse in Paris, um die zeichnerische Erfassung der menschlichen Figur zu erlernen. Während er die günstigen Modelle abzeichnete, lernte Monet Camille Pissarro kennen.
Im Laufe der 1860er Jahre kam der Impressionist immer wieder in die Normandie zurück: Im Jahr 1862 lernte er den Holländer Johan Barthold Jongkind kennen. Bei ihm sah Monet eine noch weitergehende Direktheit in der Wiedergabe der Motive. Jongkind verband Vorder- und Hintergrund in einer Ebene, während ein Motiv im Vordergrund den Bildaufbau bestimmt. Auf dem Salon von 1864 sah Monet im Mai Gemälde von Charles Daubigny, die ihn sehr beeindruckten (→ Claude Monet und Daubigny). Danach fuhr Monet mit Bazille mit dem Boot nach Henfleur, wo sie sich im Gasthaus Ferme Saint-Siméon einmieteten. Monet wollte bis November bleiben und traf im Juli Boudin und Jongkind. Mit letzterem arbeitete er im September zusammen, teils vor den selben Motiven. An Bazille schrieb er begeistert:
„Hier, mein Lieber, ist es wunderbar, und jeden Tag entdecke ich noch schönere Dinge. es genügt, um einen verrückt zu machen, ich habe eine solche Sehnsucht, alles zu machen, mein Kopf zerspringt. [...] Ich möchte kämofen, abschaben, neu beginnen. [...] Es erscheint mir, wenn ich die Natur sehe, dass ich all das machen, alles niederschreiben werde.“ (Claude Monet in einem Brief an Bazille, 15.7.1864)
Monet stellte zwei Marinebilder am Salon von 1865 aus: „Die Seinemündung bei Honfleur“ (1865, Norton Simon Museum, Pasadena, Kalifornien) und „Die Landzunge des Flusses Hève bei Ebbe“. Damit konnte er erstmals auf sich aufmerksam machen. Paul Mantz und Pigalle (d.h. Zacharie Astruc) hoben die beiden Gemälde lobend hervor.
Im Spätsommer 1866 fuhr Monet erneut nach Honfleur - nun in Begleitung seiner späteren Frau Camille Doncieux. In der Ferme Saint-Siméon blieben beide bis Februar 1867. Die bei diesem Aufenthalt entstandenen Seestücke zeigen bereits eine größere Intensität und Flächigkeit der Farbe auf Kosten des Illusionismus. Mit diesem malerischen Problem beschäftigte sich Monet in Werken wie dem „Frühstück im Grünen“, den „Frauen im Garten“. Dennoch bewegte sich Monet in der Kunstdebatte seiner Zeit, wenn „Die grüne Woge“ (1865 oder 1867) an Edouard Manets „Das Gefecht der amerikanischen Kriegsschiffe 'Kearsarge' und 'Alabama'“ (1864) erinnern. Es ist nicht geklärt, ob Monet das Bild seines älteren Kollegen bereits so früh oder erst 1867 kennengelernt hat.
Zwischen 1865 und 1869 beschäftigte sich Claude Monet mit dem Effekt von Schnee: „La Charrette, route sous la neige à Honfleur“ (1865, Musée d'Orsay, Paris), „La Pie [Die Krähe]“ (1869, Musée d'Orsay, Paris) zählen mit der Darstellung von Winterlicht, fliederfarbenen Schatten und Stimmung zu den wohl revolutionärsten Bildern der 1860er Jahre. Charakteristisch für diese Bilder ist Monets Balanceakt zwischen Tiefenzug und Flächenordnung: Straßen oder Waldwege fliehen tief in den Hintergrund und sind
mit Schnee, Eis oder Matsch bedeckt. Dabei bremst ein breiter Vordergrund den Blick in die Tiefe und bindet ihn an die Bildfläche. japanische Farbholzschnitte mögen Monet zu diesen Kompositionsstrategien angeregt haben.
Vor allem der Sommer 1867 in Le Havre und Sainte-Adresse stellte sich als besonders erfolgreich heraus. Hier entstanden Gemälde wie „Terrasse à Sainte-Adresse [Terrasse in Sainte-Adresse]“ (1865, The Metropolitan Museum, New York), in dem Monet eine bepflanzte Terrasse mit großbürgerlichen Touristen vor einen mit Segelbooten und Dampfern reich besetzten Meereshorizont setzte. Das Thema der wehenden Fahnen führte er 1870 in „L'Hôtel des Roches Noires, à Trouville“ (1870, Musée d'Orsay, Paris) mit beeindruckender Skizzenhaftigkeit weiter (→ Monet und die Geburt des Impressionismus). Werke wie diese waren in der Vergangenheit am Salon als pochades, esquises oder études ausgestellt worden, aber Monet signierte und verkaufte sie als vollwertige Gemälde.
Nach mehreren Jahren Abstinenz entdeckte er den Strand und die Steilklippen in den 1880er Jahren wieder. Dominiert Mitte der 1860er Jahre noch die realistische, tonige Malerei, so hatte er in den späteren Bildern das Leuchten der Farben im Sinn.
Monet im Wald von Fontainebleau - „Prototypen“ impressionistischer Landschaftsmalerei
Bereits seine frühesten Gemälde zeigen den Wald von Fontainebleau in der Nachfolge Gustave Courbets und vor allem Daubignys. Seit etwa 1830 war der Wald von Fontainebleau der Lieblingsplatz für jene Landschaftsmaler, die begannen, direkt vor den Motiven zu malen. Ostern 1863 reiste auch Claude Monet gemeinsam mit Frédéric Bazille, einem Studienkollegen aus dem Atelier von Charles Gleyre, nach Fontainebleau, um von der so genannten „Schule von Fontainebleau“ das Landschaftsmalen zu lernen. Sieben Gemälde in den für die „Schule von Fontainebleau“ typischen Grün- und Brauntönen entstanden bis 1865 vom „Le Pavé de Chailly [Straße nach Chailly]“ (Musée d’Orsay, Paris und Ordrupgaard Museum, Kopenhagen), Bäume am Wegesrand nach Straße von Chailly-en-Biere. Blickpunkte und Motiv waren in der zeitgenössischen Fotografie bereits vorgeprägt. Vielleicht war es der Wunsch eines Käufers oder eines Kunsthändlers, dass Claude Monet zwei Fassungen dieses Motivs erarbeitete. Die kleineres aus dem Musée d’Orsay dürfte die étude, die im Freien ausgeführte Studie, sein. Danach schuf er eine zweite, größere Version im Atelier, die copie, in der er die Ansicht mit starken Kontrasten belebte. Licht und Schatten wurden zu Lasten der Genauigkeit von Details spannungsreicher herausgearbeitet. Zudem gab Claude Monet dem Vordergrund viel Raum und füllte ihn mit einer in zarten, bunten Farbtönen gesprenkelten Wiese.
Als Monet im April 1865 nach Fontainebleau zurückkehrte, half ihm Frédéric Bazille die geeignete Landschaft für das großformatige Genrebild „Frühstück im Grünen“ zu finden. Er wollte zwei Figuren unter großen Bäumen platzieren und das Gemälde zum Salon einreichen. Trotz vieler Studien vor der Natur war Monet mit dem Bild nie zufrieden und stellte sein ambitioniertes Projekt nie aus. Schlussendlich scheiterte er an seinen eigenen Ansprüchen.
Parallel zu seinen frühesten Landschaften malte Claude Monet auch Stillleben in realistischem Stil: „Trophée de chasse [Jagdtrophäe]“ (1862, Musée Fabre, Montpellier) und „Le verre de pêche [Pfirsichglas]“ (um 1866, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden) zeigen im Vergleich die rasante Veränderung des Malstils Monets. Um 1865 kamen Blumenstillleben zur Erforschung von Farbharmonien und erste Darstellungen des modernen Gartens hinzu. Ende der 1860er Jahre entwickelte Monet mit seinen Freunden Bazille, Alfred Sisley und Pierre-Auguste Renoir jene Malweise, die ab 1874 als Impressionismus in den Kunstkanon eingehen sollte. Feinmalerei wurde durch den impressionistischen Strich ersetzt, die Farben direkt aus der Tube, unvermischt auf die Leinwand aufgetragen und Licht-Effekte gesucht (z. B. „Der Hafen von Le Havre, Effekt bei Nacht“).
Paris: Figurenbilder und Porträts
In der zweiten Hälfte der 1860er Jahre spielten Genrebilder und Porträts eine wichtige Rolle in Claude Monets Entwicklung. Er behandelte sie wie Manifeste der modernen Malerei und plante, sie am Salon zu platzieren. Wie schon vor ihm Gustave Courbet und Edouard Manet widmete Monet sich in den großformatigen Bildern Sujets des zeitgenössischen Lebens. Zu den Hauptwerken der 1860er Jahre zählt „Le Déjeuner sur l'herbe [Das Frühstück im Grünen]“ (1865), das in einer Skizze im Pushkin State Museum of Fine Arts, Moskau, und als in zwei Fragmenten im Musée d'Orsay, Paris, erhalten ist. Die Ambitionen des jungen Malers zeigen sich an den aus den Frgmenten abgeleiteten Maße des Bildes: 4,18 Meter Höhe! Das äußerst große Bild stellte wohl eine Reaktion Monets auf Manets skadalumwittertes „Le Déjeuner sur l'herbe [Das Frühstück im Grünen]“ (Musée d'Orsay, Paris) aus dem Jahr 1863 dar. In diesem Gemälde hatte Manet das Renaissance-Motiv des ländlichen Festes mit zwei Männern in zeitgeössischen, schwarzen Anzügen und zwei nackten, bzw. leicht bekleideten Frauen als Picknick umgesetzt. Das rätselhaft Gemälde stand mit seiner Direktheit und der für Manet typischen fleckenhaften Malweise am liberalen Salon von 1863 im Mittelpunkt der Kritik.
Claude Monet wollte mit „Le Déjeuner sur l'herbe [Das Frühstück im Grünen]“ (1865) sowie „Femmes au jardin [Frauen im Garten]“ (1866, Musée d'Orsay), gefolgt von „Les Promeneurs [Die Spaziergänger]“ (1865, National Gallery of Art, Washington), „Femme au jardin [Frau im Garten]“ (1866, Eremitage, St. Petersburg), „Adolphe Monet lisant dans un jardin [Adolphe Monet liest im Garten]“ (1866, Privatsammlung) Lösungen für die Frage, wie eine Figur in lichtdurchfluteter Landschaft dargestellt werden könnte, anbieten. Für „Femmes au jardin [Frauen im Garten]“ hob er sich einen Graben aus, um die Leiwand darin versenken zu können. So gelang ihm, woran er mit dem Frühstücks-Bild gescheitert war: Er konnte das Gemälde trotz seiner Höhe von 2 Meter 56 Zentrimeter vor dem Motiv ausführen. Im Jahr 1867 lehnte die Salonjury jedoch Monets „Le Déjeuner sur l'herbe [Das Frühstück im Grünen]“ (1865) sowie „Femmes au jardin [Frauen im Garten]“ (1866, Musée d'Orsay) ab. Die harte Pinselführung und starken Kontraste basieren auf dem Werk von Edouard Manet und stießen bei den Garanten akademischer Malerei auf keine Gegenliebe.
Gleichzeitig arbeitete Claude Monet an Bildnissen von Pariserinnen, wie er seine Porträts nannte. Damit wurden aus „Camille, ou La Lemme à la robe verte [Camille, oder Die Dame im grünen Kleid]“ (1866, Kunsthalle Bremen) und „Portrait de Madame Gaudibert [Porträt von Frau Gaudibert]“ (1868, Musée d'Orsay, Paris) modisch gekleidete Damen. Camille war die Geliebte Claude Monets, gemeinsam hatten sie den Sohn Jean. Während Jean nur selten, vor allem in intimen Familienbildern, im Werk des Vaters auftaucht, ist Camille häufiger anzutreffen. Vor allem im Jahr 1870 ist sie das Hauptmodell für die modischen Strandszenen in Trouville. Kurz zuvor war das Paar am 28. Juni 1870 vermählt worden. Besonders beeindruckend ist das Totenbild, das Monet nach dem Ableben Camilles am 5. September 1879 von ihr anfertigte: „Camille Monet sur son lit de mort [Camille Monet am Totenbett]“ (1879, Musée d'Orsay, Paris).
Paris: Panoramaartige Ansichten
Während der 1860er Jahren waren die städtebaulichen Veränderungen durch Baron Haussmann voll im Gange und Paris zur modernen Metropole umgestaltet worden. Die Impressionisten und auch Claude Monet konnten nicht umhin, das veränderte Lebensgefühl, die Gentrifizierung und den Moderinisierungsprozess in ihren Bildern zu thematisieren. Claude Monet erhielt vom Superintendenten der schonen Kunste und Direktor der staatlichen Museen Alfred Emilien de Nieuwerkerke 1867 die Erlaubnis, aus dem der Fassade vorgelagerten Säulengang im Obergeschoss des Louvre zu malen. Er malte, aus der südöstlichen Ecke des Louvre blickend, den „Quai du Louvre“ (Berliner Nationalgalerie), „Der Garten der Infantin“ (Allen Memorial Art Museum, Oberlin College, Ohio) und „Quai du Louvre“ (Gemeentemuseum, Den Haag), die nebeneinander hängend ein Panorama der Stadt ergeben.
Monet und La Grenouillère
Die „Erfindung“ des Impressionismus ist sich mit mehreren Malausflügen von Claude Monet und Pierre-Auguste Renoir an die Seine verbunden. La Grenouillère [der Froschteich] war ein bekannter Badeplatz auf der Insel Croissy in der Nähe von Bougival am oberen Seinelauf. Die kleine Badeinsel mit einem Baum in der Mitte wurde „Camembert“ genannt. Im August 1869 hatte das Kaiserpaar Napoleon III. und Eugènie den beliebten Badeplatz besucht und viel Aufmerksamkeit auf ihn gelengt. Beide Maler befanden sich in einer Krise: Renoir war nahezu mittellos, und Monets eingereichte Gemälde wurden im Frühjahr vom Salon abgelehnt. Vielleicht war es die mediale Berichterstattung, die sie dazu bewog, im Spätsommer 1869 gerade La Grenouillère auszusuchen, um Seite an Seite Bilder des modernen Pariser Freizeitlebens zu malen.
„Bald Kommt der Winter, eine Jahreszeit, die unglücklich macht. Und danach kommt der Salon. An den denke ich schon gar nicht mehr, denn ich werde nichts fertig haben. Ich träume von einem Gemälde des Badeplatzes La Grenouillère, für das ich schon einige schlechte Skizzen [mauvaise pochades] geschaffen habe, aber es ist nur ein Traum. Renoir, der seit zwei Monaten bei mir ist, möchte dasselben Gemälde machen.“ (Claude Monet an Bazille, September 1869)
Die „schlechten Skizzen“, von denen Monet schreibt, sind vermutlich die zwei oder drei Gemälde (Metropolitan Museum, National Gallery/London, die dritte Skizze oder das ausgeführte Gemälde wurde im 2. Weltkrieg in Berlin zerstört), die neben den drei weiteren Ansichten von Renoir zu den „Gründungsbildern“ des Impressionismus zählen. Sie zeigen das schimmerde Wasser der Seine, akernde Boote, rechts den Bootsverleih von Monsieur Seurin, Camembert im Zentrum und im Hintergrund das gegenüberliegende Seineufer. Mit breitem Pinsel erzeugte Monet ein flaches Farbmuster fast ohne Volumen zu suggerieren, zählbare Pinselstriche, helle Palette, wenige Schichten Farbe, Konzentration auf die Wiedergabe der Lichtreflexe. Die Badegäste erscheinen als (summarische) Farbtupfen. Der impressionistische Strich war erfunden. Monet widmet sich - neben Renoir - dem Freizeitvergnügen der Pariserinnen und Pariser, wobei die Beobachtung der Natur und der Lichteffekte die größeren Rollen spielen. 1870 reichte Claude Monet das Bild erfolglos am Salon ein.
Camille Monet am Strand
Am 28. Juni 1870 heirateten Camille und Claude Monet. Das Paar verbrachte seine Flitterwochen in Trouville, wo Boudin die beiden besuchte. Im Sommer 1870 war Monets Ehefrau sein Lieblingsmodell in den modischen Strandszenen in Trouville (Musée Marmottan Paris, National Gallery London, Yale University Art Gallery). Monet malte sowohl das Hotel, in dem sie abgestiegen waren, wie auch seine Frau am Meeresufer, darunter „Am Strand von Trouville“ und „Der Strand von Trouville“ (1870, The National Gallery, London). Handelt es sich bei diesen Bildern um Porträts oder um Genredarstellungen? Malte er sie direkt am Strand oder nach seiner Erinnerung im Hotel? Sein ehemaliger Lehrer Boudin hatte bereits wohlhabende Touristinnen und Touristen am Strand gemalt, allerdings als schemenhafte, bunte Gestalten. Monet rückt seine Gattin großfigurig in den Vordergrund und beschneidet sie am unteren Rand. Ob die Bilder Pleinairmalerei sind oder nicht, lässt sich mur mit Hilfe von technlogischen Untersuchungen bestimmen. Nur in der Malschicht von „Der Strand von Trouville“ finden sich Sand und Muschelfragmente. Dass Monet das Bild signierte und datierte, mag angesichts dieser skizzenartigen Oberflächenbehandlung verwundern. Vielleicht hat er es als Geschenk für einen Künstlerkollegen gedacht.
Kriegsmonate in London (Oktober 1870-Sommer 1871)
Claude Monet entzog sich Anfang Oktober 1870 der Einberufung (Manet und Degas folgten ihr und wurden Nationalgardisten) und floh von Trouville nach Großbritannien (→ Impressionisten in London). Camille und ihr dreijähriger Sohn folgten nach. Im Zentrum des Pariser Zirkels in London standen Alphonse Legros, der bereits 1863 in England angekommen war, sowie der Kunsthändler Paul Durand-Ruel. Die Stellung von London am internationalen Kunstmarkt zählte zweifellos zu den wichtigsten Gründen, warum so Künstler wie Monet aus Paris gerade nach Großbritannien aufbrachen. Zum anderen waren die Museen mit bedeutenden Alt-Meister-Gemälden gefüllt und die zeitgenössische Kunst bot Inspirationsquelle für die sich wandelnde Landschaftsmalerei: John Constable, aber vor allem William Turner nahmen hierbei eine besondere Stellung ein, da sie Monet bei seinen Recherchen zu Luft, Licht und flüchtigen Effekten vorausgegangen waren. Ob Monet und James McNeill Whistler einander 1870/71 getroffen haben, ist nicht dokumentiert.
In London wurde Claude Monet besonders von Daubigny gefördert. Eine wichtige Figur in diesem Kreis der Auslandskünstler war der Kunsthändler Paul Durand-Ruel, der Monet und Camille Pissarro während des Aufenthalts in London 1870/17 kennenlernte. Während der folgenden Jahre erwarb Durand-Ruel über 5.000 Werke der Impressionisten und rettete sie, wie Monet es selbst formulierte, „vor dem Verhungern“. Die ab 1899 entstandenen Themse-Ansichten stellte Monet 1904 ebenfalls bei Durand-Ruel vor und erzielte damit erstmals in seiner Karriere durchschlagenden Erfolg bei Kritikern und Käufern.
Claude Monet malte sechs Gemälde während des ersten London-Aufenthalts 1870/71, von denen er allerdings kein einziges verkaufen konnte. Er widmete sich dem neu errichteten Victoria Embankment und dem Pool of London. In diesen Monaten entstanden auch die ersten Studien, in denen der Londoner Nebel eine bedeutende Rolle spielt. Ein Interieur zeigt Madame Monet, Camille Doncieux, nachdenklich auf einem Sofa sitzend. Das Buch ist eine spätere Ergänzung, was vielleicht mit der Vorliebe der englischen Sammler für literarische Themen zu tun hat.
Argenteuil (Dezember 1871–1878)
Nach seinem Aufenthalt in England während des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 und weiteren vier Monaten in den Niederlanden im Sommer 1871 kehrte Claude Monet Mitte November 1871 nach Paris zurück. Im Dezember 1871/Januar 1872 ließ er sich mit seiner Familie in Argenteuil nieder. Fünfzehn Kilometer nordwestlich von Paris gelegen und bestens mit der Eisenbahn angebunden, war dieser Seineabschnitt für seine Regattas berühmt und gleichzeitig einer der Industrievororte von Paris (Eisenfabrik Joly). Erste Bilderverkäufe durch Ruel ermöglichten einen aufwändigen Lebensstil.
Gegenüber von Argenteuil, in Petit-Gennevilliers, residierte der wohlhabende Edouard Manet, der sich 1874 mit den impressionistischen Bildstrategien zu beschäftigen begann und Monet mit der Vermieterin des Hauses zusammengebracht hatte. Gustave Caillebotte, Camille Pissarro, Edgar Degas, Paul Cézanne, Pierre-Auguste Renoir und Alfred Sisley kamen aus Paris zum Malen. Aus den Gespärchen der Maler etwickelte sich die Idee eines gemeinsamen Ausstellungsformats, das 1874 erstmals in die Tat umgesetzt wurde. Wie schon zuvor war die enge Freundschaft zwischen Monet und Renoir Grund für die häufigen Besuche Renoirs, und dass die beiden 1873 erneut ihre Staffeleien nebeneinander aufstellten. Insgesamt sind im Zeitraum von sieben Jahren über 200 Gemälde von Impressionistinnen und Impressionisten entstanden, die an die lichtdurchfluteten Sommer bei Monet erinnern. Er selbst hatte in Argenteuil eine seiner produktivsten Phasen und malte etwa 175 Gemälde. Nach Vorbild seines älteren Freundes Daubigny ließ er sich 1872 ein Atelierboot bauen, wodurch Monet viele seiner Motive direkt vom Boot aus malen konnte (vgl. Charles-François Daubigny: Wegbereiter des Impressionismus).
In Argenteuil entstanden auch jene Landschaftsbilder, die Claude Monet auf den Impressionisten-Ausstellungen dem Pariser Publikum präsentierte und die den impressionistischen Malstil besonders ausgeprägt zeigen: „Le Bassin d'Argenteuil [Der Hafen von Argenteuil]“ (1872), „Les Coquelicots à Argenteuil [Mohnblumen in Argenteuil]“ (1873), „Le Pont du chemin de fer, Argenteuil [Die Eisebahnbrücke, Argenteuil]“ (1874), „La Promenade, la femme à l'ombrelle [Der Spaziergang, Frau mit Sonnenschirm]“ (1875, National Gallery of Art, Washington), um nur einige zu nennen. In Argenteuil und all den folgenden Orten, die Claude Monet in seinen Bildern verewigte, suchte er zunehmend Idylle, Ruhe, Abgeschiedenheit von der modernen, nun als hektisch empfundenen Stadt. Dennoch war Monet interessiert an der Veränderung seiner Umgebung durch Verkehr (besonders Eisenbahn und neu errichtete Eisenbahnbrücke), Industrie (dampfende Fabrikschlote) und Tourismus (Segeboote).
Sein Galerist und das steigende Interesse der Sammler ermöglichten diese Entwicklung: Wenn auch Louis Leroys harsche Kritik die Stellung seiner Bilder als vollendete Kunstwerke in Frage stellte, so 1873 begann der Kaufhausmagnat und Kunstsammler Ernest Hoschedé Monets Arbeiten anzukaufen. Im Mai 1874 erwarb er „L'Impression, Soleil levant [Impression, Sonnenaufgang]“ (1872/73, Musée Marmottan Monet, Paris) aus der ersten Impressionisten-Ausstellung. Aus der Zweiten Impressionisten-Ausstellung in der Galerie von Durand-Ruel kaufte er das aufsehenerregende Porträt von Monets Frau Camille im japanischen Kimono: „La Japonaise" (→ Zweite Impressionisten-Ausstellung 1876).
Impression, Sonnenaufgang (1872)
Im November 1872, kurz nach seiner Rückkehr aus London, malte Claude Monet „Le Port du Havre, effet de nuit [Der Hafen von Le Havre, Nachteffekt]“ (1873, Privatsammlung, Greenwich), „Soleil levant (Marine) [Sonnenaufgang (Marine)]“ (März oder April 1873, Getty Museum, Los Angeles) und knapp davor das den Impressionismus benennende „L'Impression, Soleil levant [Impression, Sonnenaufgang]“ (1872, Musée Marmottan Monet, Paris → Monet: Impression, Sonnenaufgang). Le Havre war kein Fischereihafen wie jener von Honfleur, sondern ein Zentrum des internationalen Handels. Mit diesen Ansichten von Häfen, Booten und Atmosphäre reihte sich Monet in die Geschichte der französischen Landschaftsmalerei seit Claude Lorrain ein, rezipierte aber besonders die aktuelle Entwicklung des Genres durch die Schule von Barbizon und Charles-François Daubigny (→ Claude Monet und Daubigny), dessen poetische Gemälde voller Lichteffekte er sehr schätzte. Die britische Landschaftsmalerei von John Constable, William Turner und James McNeill Whistler hinterließ ebenso tiefen Eindruck bei dem Franzosen. Anstelle das topografische Motiv zu schildern, steht in dieser Ikone des Impressionismus der flüchtige Eindruck im Vordergrund. Monet führte die Unterzeichnung nicht mit dem Stift, sondern direkt mit schwarzer Ölfarbe aus.
Der Kritiker Louis Leroy lehnte seine Besprechung vom 25. April 1874 in der Zeitschrift „Le Charivari“ an den Titel des Werks an und nannte die Maler Impressionisten. Unter „L’Exposition des impressionnistes [Die Ausstellung der Impressionisten]“ stand zu lesen:
„Eine Tapete im Urzustand ist ausgereifter als dieses Seestück von Monet!“
Obschon der Kritiker ein harsches Urteil abgab, erwarb Ernest Hoschedé das Werk unmittelbar bei oder kurz nach der Ersten Impressionisten-Ausstellung 1874. Monet stellte 1874 fünf Gemälde und (zum ersten und letzten Mal) sieben Pastelle aus.
Garten von Argenteuil
Der Umzug Anfang Oktober 1875 in ein neu errichtetes Haus mit großem Garten (ca. 2.000 Quadratmeter) am Boulevard
Saint-Denis Nr. 2 inspirierte Claude Monet, sich mit dem Thema Garten und Blumen zu beschäftigen. Bereits 1875/76 entstanden 15 Gartenbilder, die einen Wandel im Werk Claude Monets anzeigen. Anstelle der inzwischen stark gewachsenen Stadt, das Freizeitverhalten der Städter, die Eisenbahn und die Industrieanlagen als Zeichen des technischen Fortschritts wandte Monet seinen Blick auf die ihn umgebende Natur. Hoschedé beauftragte Monet 1876, für sein Schloss Rottembourg in Montgeron nahe Paris vier Ausstattungsgemälde auszuführen. Vielleicht begann zur gleichen Zeit das heimliche Verhältnis von Claude Monet zu Alice Hoschedé, die, nachdem sowohl Camille als auch Ernest verstorben waren, seine zweite Ehefrau wurde.
Ein neuerlicher Wohnungswechsel 1878 brachte Monet nach Vétheuil, wo er sich seinen Garten selbst anlegte und fortan bei diesem ewigen Motiv blieb (→ Der moderne Garten in der Malerei von Monet bis Matisse).
Maler des modernen Lebens: Boulevards und Bahnhof
Monet interessierte sich in den 1870er Jahren auch weiterhin für das moderne Leben, die Veränderungen in Paris durch Baron Haussmann, den Bahnhof Gare Saint-Lazare mit seinen dampfenden Lokomotiven, Freizeitverhalten von Städtern und Fabrikschlote, wie v. a. in den in Paris und Argenteuil zwischen 1871 und 1878 entstandenen Bildern zu sehen ist. „Eisenbahn im Schnee, Lokomotive“ (1875, Musée Marmottan Monet, Paris) verbindet das Studium von Farb- und Strichqualitäten mit dem modernen Fortbewegungsmittel, Nebel, Dunst und Rauch.
Den gold-gelben „Boulevard des Capucines“ (1873, Pushkin, Moskau) stellte der Maler auf der ersten Impressionisten-Ausstellung 1874 aus – eine zweite Fassung des Bildes befindet sich im Nelson-Atkins Museum of Art in Kansas City. Alle Details – Baume, Fahrzeuge und Menschenmassen – sind Notationen, die sich in die Oberflächentextur des Bildes fügen und dem Spontanen, Flüchtigen und Zufälligen einer Metropole Rechnung tragen. Monet malte aus der zweiten Etage des Hauses am Boulevard des Capucines Nr. 35, wo der Fotograf Nadar sein mittlerweile stillgelegtes Atelier unterhielt. Von diesem erhöhten Standort aus wandte er seinen Blick auf ein äußerst geschäftiges Viertel in unmittelbarer Nähe der Oper. Er zeigt die Pariser in ihren schwarzen Anzügen [habits noirs] kürzelhaft notiert. Der komplexe Bildaufbau und die akzentuierte Farbigkeit lässt vermuten, dass Claude Monet mitnichten seine Bilder schnell skizziert und spontan gemalt hätte.
1876, nachdem Monet Farbe und atmosphärische Qualitäten zunehmend als sein Hauptthema erkannt hatte, malte er interessante Ansichten der Tuillerien und 1877 ein Duzend Gemälde mit den dampfenden Lokomotiven des Bahnhofs Saint-Lazare. Das von ihm gemietete Haus in Argenteuil lag in der Nähe des Bahnhofs, von wo aus Monet Paris in nur 15 Minuten erreichen konnte. Sein Atelier lag in der Nähe des Bahnhofs Saint-Lazare. Monet wechselte die Standorte sowohl innerhalb wie auch außerhalb der Bahnhofshalle. Handelt es sich bei diesen hochmodernen Bildern, die farbige Nebel unter dem Glasdach des Bahnhofs zeigen, um eine erste Serie von Claude Monet? Oder ging es ihm nur um den Verkauf an Ernest Hoschedé, der vielleicht mit den Werken spekulierte? Acht von den Impressionen vom Bahnhof Saint-Lazare stellte Monet auf der dritten Impressionisten-Ausstellung in der Galerie von Paul Durand-Ruel aus (→ Dritte Impressionisten-Ausstellung 1877).
Zu den bekanntesten Paris-Bildern Monets zählt aber zweifellos die für den Nationalfeiertag festich fahnengeschmückte „La Rue Montorgueil, fête du 30 juin 1878“ (1878). Dieses Werk ist auch Ausdruck für Monets politische Einstellung: Er war Republikaner.
Vétheuil (1878–1881)
Im September 1878 übersiedelte Claude Monet nach Vétheuil. Kurz zuvor war im Mäz 1878 sein zweiter (ehelicher) Sohn zur Welt gekommen; Camille litt ab diesem Zeitpunkt jedoch an verschiedenen Krankheiten, von denen sie sich nicht mehr erholte. Ihre hohen Arztrechnungen und eine finanziell prekäre Lage verschlechterten die Situation der Familie Monet, sodass sie Argenteuil verlassen mussten. Vielleicht stand das in Zusammenhang mit dem Bankrott von Ernest Hoschedé 1877; im Juni 1878 wurde seine Kunstsammlung versteigert. Dass die Familien Hoschedé und Monet, vier Erwachsene und acht Kinder, gemeinsam nach Vétheuil zogen, und sich Alice Hoschedé auch um Monets Kinder kümmerte, überrascht bis heute.
Sowohl Monets mißliche finanzielle Lage wie auch die ländliche Umgebung mögen den Künstler zum Umzug bewogen haben. Der Ort lebte von Agrarwirtschaft und Obstbau. Die nächstgrößere Stadt ist Mantes, war Monet nur mit einen Fahrtendienst erreichen konnte, weil keine Eisenbahnverbindung bestand. Daher kamen auch keine Touristen. Der Unterschied zu Argenteuil könnte nicht größder sein. An die Stelle modernen Freizeitverhaltens der Städterinnen und Städter tritt nun die wenig berührte Kulturlandschaft in seinem Werk.
Claude Monet malte in Vétheuil die Landschaft (auch Lavacourt), das Dorf mit seiner mächtigen Kirche und die Seine in allen Jahreszeiten. Wie schon in Argenteuil hielt er Mohnblumenfelder fest, Blumenwiesen und kleine Obstgärten der Umgebung. Der Winter 1879/80 war so kalt, das Termometer fiel auf Minus 25 Grad, dass die Seine zufror. Als im Januar der Fluss auftaute und sich ein Eisstoß bildete, schuf Monet an die 20 Gemälde mit diesem Sujet. Dabei gestaltete er nur Teile der Leinwände direkt vor dem Motiv und stellte sie im warmen Atelier fertig. Er war sich sicher, dass dieses Motiv eine neue Phase in seiner Malerei ausgelöst hatte.
Erneut aus finanziellen Gründe stellte Monet 1880 nach zwölfjähriger Absenz wieder (und zum letzten Mal) am Salon aus, wenn auch seine Eis-Bilder abgelehnt wurden. „Der Eisgang“ (1880, Shelburne Museum,Vermont) wurde zwar vom Salon abgelehnt, doch konnte Monet das Bild an die berühmte Salonnière Marguerite Charpentier verkaufen. Deren Mann Georges Charpentier gab seit 1879 die Wochenzeitschrift La Vie moderne heraus. In den Ausstellungsräumen neben dem Redaktionsbüro bekam bekam Monet im Alter von 40 Jahren seine erste Einzelausstellung. Nahezu alle der 18 präsentierten Gemälde zeigten Motive rund um Vétheuil. Schon ein Jahr später verließ er den Ort, da Monet das Gefühl hatte, ihn künstlerisch völlig verarbeitet zu haben. Er nahm damit auch an der Siebte Impressionisten-Ausstellung 1882 teil, wurde positiv rezensiert und konnte damit die schwierige Phase der Neuorientierung abschließen. Er schloss einen Vertrag mit Durand-Ruel und fand wieder Anschluss an die Pariser Ausstellungsszene.
Monet in Giverny
Claude Monet und Alice Hoschedé zogen nach dem Tod von Camille Monet 1879 und nach einem kurzen Aufenthalt in der Villa Saint-Louis in Poissy bei Paris (17. Dezember 1881 bis Mitte April 1883) mit den Kindern nach Giverny, etwa 75 Kilometer westlich von Paris, wo sie sich 1883 dauerhaft niederließen. Claude Monet war 42 Jahre alt, Witwer und hatte zwei eheliche Söhne. Für seine Arbeite im Seinetail aber auch für seine Patchwork-Familie mietete er eine ehemalige Apfelweinkelterei namens
Le Pressoir. Die Scheune diente ihm als Atelier. Am 29. April 1883 zogen der Maler und seine beiden Söhne ein; Alice und ihre
sechs Kinder folgten am Tag darauf; am 3. Mai wurde der Mietvertrag unterzeichnet.
Alice hatte ihren Ehemann verlassen, der nach Paris zurückgekehrt war. Wenn Ernest Hoschedé seine Kinder besuchte, verließ Claude Monet das Haus, um ihm nicht zu begegnen, aber auch um Alice nicht noch mehr zu kompromittieren. Das Jahrzehnt ist geprägt von ausgiebigen Reisen in Frankreich, über die der Maler in Briefen Rechenschaft ablegte. Die Hälfte des Jahres war er auf der Jagd nach neuen Motiven und Landschaften, die er vor Ort nur anlegte und in seinem Atelier in Giverny fertigstellte. Mit finanzieller Unterstützung durch Durand-Ruel konnte der Maler ab Dezember 1885 die Scheune in ein Atelier umbauen lassen: Es wurden ein großes Glasfenster mit Blick auf den Garten, ein Parkettboden, eine Wandvertäfelung aus Kiefernholz und eine das Atelier mit dem Haus verbindende Innentreppe eingebaut.
Die wachsende Anerkennung des Malers ist nicht nur an den nun folgenden Reisen zu ermessen, sondern dass er 1890 das gemietete Haus in Giverny kaufte. In den darauf folgenden Jahren gab er das Reisen nahezu ganz auf und baute den Garten zu einem irdischen Paradies aus. Blumenbeete im Blumengarten, genannt „Clos normand“, und einen Wassergarten, bekannt als Seerosenteich, wurden nach seinen Vorstellungen angelegt und bepflanzt, sodass der Garten in Giverny zum wichtigsten Motiv des Malers wurde. Sind die 1890er Jahre noch von Serien geprägt, die er in der Umgebung seines Domizils fand, so wandte er sich ab 1900 bis zu seinem Lebensende dem Farbspektakel seines Gartens zu. Außer Galeristen, enge Freunde oder Familienmitglieder empfing Monet keine Gäste. Touristen oder Kunstliebhaber konnten nur einen Blick über die Mauer erhaschen.
„Wieder versuche ich, Unmögliches zu schaffen, Wasser mit auf dem Grund wogenden Gräsern […] es ist prächtig anzuschauen, doch es macht einen rasend, will man es malen. Am Ende treibt es mich stets zu diesen Dingen!“ (Claude Monet in einem Brief an Gustave Geffroy, 22. Juni 1890)
Monet als Marinemaler: Rückkehr in die Normandie (1880er)
Die 1880er Jahre waren für Claude Monet eine Reise-Zeit, in der er sein Konzept von Landschaftsmalerei und Lichtwiedergabe auf verschiedene Landstriche Frankreichs übertrug und testete. Nun legte er eine regelmäßige und dichte Anordnung von Pinselstrichen nebeneinanderliegender; auch wirken die ab 1880 entstandenen Bilder weniger spontan. Die Kompositionen sind ausgewogen und wohldurchdacht. Zu seinen Lieblingsregionen zählte zweifelsfrei die Normandie, wo er seine Jugend verbracht und erste Erfahrungen als Maler gesammelt hatte. Er verbrachte im September 1880 zwei Wochen mit seinem Bruder Leon in den kleinen Badeort Les Petites-Dalles und entdeckte dabei die Normandie mit ihren Steilklippen wieder.
Zwischen 1880 und 1886 malte Monet jeden Sommer die Küste, die Klippen (Etretat) und die Häfen. Zahlenmäßig dominieren in Monets Œuvre dieser Zeit Seestücke aus Fécamp, Pourville, Varengeville und Étretat (über 70 zwischen 1883 und 1885 entstandene Bilder, Skizzen und Pastelle in Konkurrenz zu Gustave Courbet) – was ihm bald den Ruf eines Marinemalers einbrachte. Die Natur ist nun das alleinige Thema in Monets Werk. Insgesamt entstanden in der ersten Hälfte der 1880er Jahre etwa 200 Landschaften und Seestücke mit imposant abfallenden Klippen, aufgewühlter See, wolkenverhangenen Himmeln, berühmten Naturdenkmälern Frankreichs und spektakulären Natuschauspielen:
- 1880 Les Petites-Dalles
- 1881 Fécamp an der Kanalküste (Frühjahr) und Sainte-Adresse
- 1882 Dieppe und Pourville (Februar bis April) sowie Pourville bis Varengeville (Juni bis Oktober): etwa 90 Küstenlandschaften
- 1883 Le Havre (Januar), Etretat (Ende Januar) mit den Felsen der Porte d’Aval und der dahinter aus dem Wasser ragenden Felsnadel, die Manneporte sowie die Porte d’Amont. Ende 1883 unternahm Monet gemeinsam mit Renoir eine Erkundingsreise in den Süden (Bordighera). Nur zwei Gemälde lassen sich eindeutig damit in Verbindung bringen.
- 1884 Les Petites-Dalles und Etretat (Sommer)
- 1885 Les Petites-Dalles und Etretat (Sommer)
Angesichts der Naturschönheit der Normandie begann Claude Monet mit Varianten von ein und demselben Motiv zu experimentieren. Er kehrte für einzelne Bilder bis zu 20 Mal an ihren Entstehungsort zurück. Dabei arbeitete er mit abwechslungsreichen, vom japanischen Farbholzschnitt inspirierten Kompositionsmustern und legte die Landschaften mit flachen Plänen und bizarren Formen fest. Neben grandiosen Naturspektakeln wie die 100 Meter hohen Felsklippen entdeckte er auch einsame, kleine Häuser, die auf den Klippen über das Meer schauen, als Motive. Darin beobachteten einst Napoleons Zolbeamte den Schiffsverkehr an der Küste. In den 1880ern wurden sie von Fischern genutzt.
Die Konzentration auf einige wenige Ansichten und die Hängung von Varianten eines Motivs wurden erstmals im Mai 1881 bei Durand-Ruel umgesetzt. Der Galerist kaufte Monet - trotz eigener Geldprobleme - fast alle Küstenbilder ab und ermöglichte ihm damit auch seine Reisen in diesem Jahrzehnt. Der Kunstmarkt reagierte endlich wieder positiv auf die bekannten Landschaftsmotive, sodass Georges Petit und Boussod, Valadon & Cie ebenfalls mit der Vermarktung von Monets Bildern begannen. Um in Paris nicht allzusehr vergessen zu werden, rief Monet 1884 ein monatliches Treffen mit seinen alten Impressionistenfreunden im Café Riche ins Leben, an denen auch Pierre Puvis de Chavannes und die Schriftsteller Guy de Maupassant, Octave Mirbeau (ab 1884), Joris-Karl Huysmans und Gustave Geffroy (ab 1886) teilnahmen. Zudem frischte er 1884/1885 den Kontakt zu Emile Zola auf.
„Ich begleitete Claude Monet, als er sich auf die Suche nach Eindrücken begab. Tatsachlich war er nun nicht mehr Maler, sondern Jäger. Kinder folgten ihm, die seine Leinwände trugen, fünf oder sechs Leinwände, auf denen dasselbe Motiv zu unterschiedlichen Tageszeiten und mit verschiedenen Lichteffekten dargestellt war. Er nahm sie sich nacheinander vor und stellte sie wieder weg, je nachdem, wie sich der Himmel veränderte. Der Maler stand vor seinem Motiv und wartete, belauerte die Sonne und die Schatten, fing mit wenigen Pinselstrichen einen einfallenden Sonnenstrahl oder eine vorüberziehende Wolke ein und bannte sie mit einer solchen Geschwindigkeit auf die Leinwand, dass es schien, als setzte er sich verächtlich über Richtig und Falsch hinweg.“ (Guy de Maupassant)
An der Mittelmeerküste
„Die Sonne, das ist mein Geschäft!“ (Claude Monet an Alice Hoschedé, 28.10.1886)
Nach einer ersten Reise ans Mittelmeer gemeinsam mit Renoir Ende 1883 (Bordighera), hielt sich Claude Monet zwischen 1884 und 1888 jedes Jahr zum Malen im Süden auf. Die Cote d'Azur entwickelte sich in den 1880er Jahren rasant zu einer Ferienregion und inspirierte mit ihrer gänzlich anderen Vegetation und Lichtstimmung die impressionistischen und später auch neoimpressionistischen Künstler zu neuen Farbkompositionen (→ Postimpressionismus | Pointillismus | Divisionismus). Nach dem ersten Kennenlernen mit Renoir kehrte Claude Monet 1884 für nahezu drei Monate wieder zurück. Orte wie Bordighera an der italienischen Grenze (Jänner bis März 1884, viele Palmen), Menton, Sasso, Borghetto und Valbona ließen Monet 48 Gemälde schaffen, von denen 21 sofort von Paul Durand-Ruel gekauft wurden. Er versprach sich, die lieblichere Küste an internationale Kunden verkaufen zu können.
„Diese Palmen treiben mich in den Wahnsinn; und auch die Motive lassen sich extrem schwer wiedergeben und auf die Leinwand bannen, alles ist so üppig; […] aber wenn man nach Motiven sucht, ist es ohnehin sehr schwierig. Ich würde gerne Orangen- und Zitronenbäume vor dem Hintergrund des blauen Meers malen, aber ich kann keine finden, die so sind, wie ich es mir wünsche. Das Blau des Meers und des Himmels ist unglaublich.“2 (Claude Monet in einem Brief an Alice)
Weitere 38 Ansichten aus dem Jahr 1888 zeigen Antibes und Juan-les-Pins. Auf Anraten von Maupassant wohnte er im Château de la Pinède am Cap d’Antibes, das Zentrum einer Künstlerkolonie. Das Licht des Südens und Monets Wunsch, die Luft zu malen, führten zu einer neuen Art der Landschaftsmalerei, da sich Monet vom Motiv abwandte und sein Interesse immer mehr auf Farb- und Lichtstimmungen, auf Atmosphäre und farbige Nebel konzentrierte. Blauer Dunst zieht durch die Vegetation. Rosa, Orange, Ultramarin und Türkisblau ergänzen Monets Farbpalette. Die Gemälde unterscheiden sich von den Werken der 1870er Jahre durch eine starke Betonung von Vordergrundmotiven, die sich vor verschwommenen Hintergründen in farbigen Grauschattierungen effektvoll abheben. Mit Hilfe dieser Erfahrungen wandelte sich Claude Monet von einem Erfinder des Impressionismus zu einem Erforscher autonomer Qualitäten, d. h. es ging ihm um bildimmanente Fragestellungen (l'art pour l'art), die etwa zwanzig Jahre später zur Erfindung der Abstraktion durch Wassily Kandinsky führte (→ Claude Monet in der Fondation Beyeler).
Die Schönheit der Landschaft und des Lichts ließen den Maler in Antibes aber auch sorgenvoll schreiben:
„Es ist so schön hier, so klar und leuchtend! Wir schwimmen in blauer Luft, es ist alarmierend!“ (Claude Monet in einem Brief an Gustave Geffroy, 1888)
Belle-Île-en-Mer und Creuse (1886 & 1889)
Am 12. September 1886 kam Claude Monet in Belle-Île-en-Mer in der Bretagne an. Nach ersten Erkundungen rund um die Insel entschied er sich die Schönheit der Felsen und des sich daran brechenden Meeres von sechs Blickpunkten festzuhalten. Insgesamt 38 Gemälde sind Belle-Île-en-Mer gewidmet. Bei aufgewühlter See malte Monet den Löwenfelsen, der nur über unwegsames und gefährliches Gelände erreichbar war. Zwischen vier und sechs Stunden lang widmete sich der Künstler, wie er in einem Brief an Alice Hoschedé schrieb, dem Malen der rauen Wellen. Er wollte den „finsteren, tragischen Aspekt“ der Insel einfangen. Auf Belle-Île-en-Mer lernte er Gustave Geffroy, den Kritiker der Zeitschrift La Justice, kennen.
Drei Jahre später fand er in Fresselines, über dem Zusammenfluss der Quellen der Creuse im Massif Central, erneut einen Ort, der für Monet eine schwermütigen Charakter in der Landschaft ausdrückte. Er arbeitete wie auch schon auf der Belle-Île an drei bis vier Leinwänden gleichzeitig und verstärkte den Kontrast zwischen Bergen und der See. Für Monet wurde wichtig, dass er immer zur gleichen Uhrzeit an den Bildern weiterarbeiteten, um ähnlichen Wellengang und Sonnenstand vor sich zu haben. Zwischen März und Mai 1889 entstand so eine Serie von 24 Gemälden, davon zehn Bilder der Großen und drei Bilder der Kleinen
Creuse. Monet stellte die Gemälde der Creuse zusammen mit anderen seiner Werke und mit Rodins Skulpturen in der Galerie von Georges Petit aus. Wenn auch Auguste Rodin das meiste Kritikerlob zuteil wurde, so bedeutete der Dialog für Monet doch die Anerkennung seiner Zeitgenossen errungen zu haben.
Monets Serien (1890er)
„Ich bin und werde immer Impressionist sein [...], aber ich sehe meine Mitstreiter, Männer und Frauen, nur noch selten. Die kleine Gemeinde ist heute zu einer banalen Schule geworden, die ihre Pforten jedem erstbesten Schmierfinken öffnet.“ (Claude Monet über sein Fortbleiben von der Impressionisten-Ausstellung 1880, in: La Vie moderne)
Die Jahre des Reisens hatten ihre Spuren hinterlassen, und die Gruppe der Impressionisten sich entfremdet. Vor allem der Antagonismus zwischen Monet und Degas ließ sich nicht mehr verleugnen. Claude Monet stellte 1880 erneut am Salon aus und interessierte sich deutlich mehr für Einzelausstellungen in Galerien als an Gruppenausstellungen in mühsam angemieteten, teils baufälligen Räumen zu organisieren. Zudem wollte er den Impressionismus weiterentwickeln, indem er in den 1880er Jahren Bilder der Küsten Frankreichs malte. Er reduzierte die Blickpunkte und damit die Motive. Bereits in den Gemälden vom Bahnhof Saint-Lazare hatte sich das Arbeiten an mehreren Leinwänden, auf denen Monet unterschiedliche Stimmungen einfing, angekündigt. Um 1890 zog der Maler daraus seine Konsequenz und widmete sich konzeptuell der Serie.
Getreideschober
Nach der Ernte 1890/91 malte Monet die Serie der Getreideschober (auch Heuschober oder Kornschober genannt). Er fand sie fand er auf einem Grundstück, das Clos Morin genannt wurde und gleich im Westen an Le Pressoir grenzte. Er begab sich zu Fuß dorthin und führte seine Leinwände in einem Schubkarren mit. Diese Gemälde zeigen strohgedeckte Holzgerüste, in deren Innerem man das Korn lagerte zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten (2016 erzielte ein Gemälde aus der Serien einen Auktions-Weltrekord für Monets „Heuschober“). Die atmosphärischen Schilderungen sind von Monet im Atelier vollendet worden, worauf Pentimenti und übermalte Schattenformen hinweisen. Mitunter legte er bis zu 60 dünnflüssig aufgetragene Malschichten übereinander, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. In der Serie der Getreideschober realisierte Claude Monet die zwei zentralen Prämissen seines impressionistischen Spätwerks:
- das Ideal der subjektiven Naturbeobachtung: das Wechselspiel von impression (Eindruck) und sensation (Empfindung)
- die subtile Wiedergabe atmosphärischer Phänomene
In einer Einzelpräsentation im Mai 1891 zeigte Monet 15 Bilder aus der größeren Serie in der Galerie Paul Durand-Ruel. Sie hingen in einem einzigen Raum nebeneinander. Acht Werke erwarb Durand-Ruel selbst für den Weiterverkauf, zwei gingen an Privatsammler, fünf behielt Monet zunächst selbst. Pissarro berichtete seinem in London lebenden Sohn, dass die Schau nach ihrer Eröffnung sofort ausverkauft war. Pro Bild konnte Monets Galerist bereits drei- bis viertausend Francs verlangen.
„Für mich existiert eine Landschaft nicht an und für sich, weil ihre Erscheinung sich jeden Moment verändert; sie lebt durch das, was sie umhüllt – durch die Luft und das Licht, die ständig wechseln. […] Für mich erhält das Sujet erst durch seine Umgebung seinen wahren Wert.“3 (Claude Monet über die Getreideschober-Bilder)
Pappeln
Ein Jahr später folgten 15 Gemälde mit Pappeln, in denen sich schon erste Anklänge der späteren Bilder vom Teich in Giverny finden. Hierfür fuhr er mit dem Boot nach Limetz, das zwei Kilometer von Giverny entfernt lag. Wie schon in den 1880er Jahren begann der Maler, seine Umwelt zu verändern, um die seriellen Werke ausführen zu können. Im Juni 1891 beschloss der Bürgermeister des etwa zwei Kilometer von Giverny entfernten Ortes Limetz, eine Reihe hoher Pappeln entlang der Epte bei einer Auktion als Nutzholz versteigern zu lassen. Monet, der im Frühjahr an der „Pappelserie“ zu malen begonnen hatte, versuchte vergeblich, eine Aufschiebung der Versteigerung zu erwirken. Schließlich bat er einen an den Bäumen interessierten Holzhändler, bis zum letzten Gebot mitzugehen; er würde die Differenz zwischen dessen Ankaufslimit und dem erzielten Höchstgebot übernehmen. Es gelang, und Monet konnte die begonnen Arbeit bis 1893 fortsetzen. Dafür ankerte er mit seinem Malboot in der Epte, sodass er den schmalen Uferstreifen, die schmalen und hohen Pappeln sowie deren Spiegelung auf der Wasseroberfläche einfangen konnte.
Kathedrale von Rouen
Die 28-teilige Serie zur Kathedrale von Rouen entstand 1892 und 1893 (finalisiert im Atelier in Giverny und daher datiert 1894). Rouens gotische Kirche stammt aus dem 12. Jahrhundert und gehörte zu Frankreichs berühmtesten Bauten. Die unterschiedlichen Blickpunkte resultieren aus den drei verschiedenen Standorten, die er für seine Arbeit organisieren konnte. Auf eine leerstehende Wohnung folgte ein Mode- und Textilgeschäft mit einem Eckfenster (Tour Alban sichtbar) und ein weiteres Geschäftslokal. Die Leistung des Impressionisten liegt darin, die Architektur der gotischen Kathedrale in Licht und Farbe aufzulösen, während er die Strukturen linear und mittels pastosem Farbauftrag reliefhaft herausgearbeitete. Monet vollendete die Arbeiten im Atelier in Giverny und stimmte erst dort die einzelnen Bilder farblich und hinsichtlich ihrer Lichtwirkung aufeinander ab. Mit der Wahl eines architektonischen Sujets machte Monet deutlich, dass sich nicht nur die natürliche Umgebung einer Landschaft, sondern auch das Aussehen eines vermeintlich unveränderlichen Bauwerks aus Stein je nach Tageszeit und Witterungsverhältnissen dramatisch verändert.
Zwanzig Ansichten der Kathedrale von Rouen zeigte Monet 1895 in einer Ausstellung bei Durand-Ruel. Niemand konnte sich der Einfachheit der Sujets (v. a. der Getriedeschober) und der ständig sich verändernden Farbharmonie verschließen, die Ausstellung und die Bilder waren ein Riesenerfolg. Schon vor der Eröffnung waren einige Ansichten der Kathedrale von Rouen verkauft. Claude Monet versuchte nicht einmal (vielleicht konnte er es sich einfach nicht vorstellen), die Serie als Ganzes zu veräußern. Im Vergleich zu den Getreideschober-Bildern kosteten die Ansichten der Kathedrale von Rouen das Drei- bis Vierfache. Heute gehören sie zu den eigenwilligsten Werken des Impressionisten. Sie sind so ikonisch, dass der amerkanische Pop Art Künstler Roy Lichtenstein in den 1960er Jahren Reproduktionen der Kathedral-Bilder malte und druckte.
Claude Monet in London - Effekte des Nebels auf der Themse
Monet hatte sich 1870/71 in der englischen Metopole vor den Kriegsdienst geflüchtet. In den Jahren 1899, 1900 und 1901 kehrte er aus künstlerischen Überlegungen wieder nach London zurück. Er wollte, wie er dem Kritiker Duret 1887 erklärt hatte, „einige Effekte des Nebels auf der Themse“ malen. Er stellte seine Leinwand am späten Nachmittag und zu Sonnenuntergang auf der Terrasse des Saint Thomas’s Hospital auf. Diese Ansicht ähnelt jener, die bereits der englische Maler J. M. W. Turner (1775–1851) in seinem visionären Gemälde „The Burning of the House of Lords and Commons, 16th October, 1834“ (Philadelphia Museum of Art) eingenommen hatte. Claude Monet „antwortete“ auf den Poeten von Nebel und Dunst, gleichzeitig setzte sich Monet aber auch mit einem jüngeren Maler der Themse, nämlich dem Amerikaner James McNeill Whistler auseinander. Whistlers „Nocturnes“ der frühen 1870er bereiteten einen verlässlichen Grund für die späten Werke von Monet. In der Tate Britain überzeugen „Nocturne: Blue and Silver – Chelsea“ (1871) und „Nocturne: Blue and Silver – Cremorne Lights“ (1872, beide Tate) von den abstrahierenden Qualitäten der in taubengrau „gestrichenen“ Themse-Ansichten.
Schon während seines ersten Aufenthalts im September/Oktober 1899 konnte Monet das Parlament malen und die Luftverschmutzung studieren, die genau jene Effekte im Laufe eines Tages hervorbrachte, die Monet so sehr interessierten (→ Claude Monet: Houses of Parliament, Charing Cross Bridge und Waterloo Bridge). Er mietete sich mit seiner Frau Alice ein Zimmer im Hotel Savoy am Victoria Embankment, von wo aus er vor allem die Waterloo Bridge und die Charing Cross Bridge festhielt. Zurück in Giverny vollendete er die in London begonnen Leinwände. Auch während seines nächsten London-Aufenthalts 1900 logierte er im Hotel Savoy, allerdings bezog er ein Zimmer, das ein Stockwerk tiefer lag. Die zur Jahrhundertwende entstandenen Gemälde erinnern entfernt an Monets „Impression, Sonnenaufgang“ oder auch Landschaften aus Vethéuil um 1880. Bis 1904 arbeitete Monet an der Vollendung seiner 97 Nebelbilder aus London - allerdings in seinem Atelier in Givery. Eine Fotografie des Parlaments (heute: Musée Marmottan) hielt die Erinnerung an die englischen Wetterbedingungen lebendig. Erst 1904 zeigte Claude Monet 37 Themse-Ansichten bei Paul Durand-Ruel und überzeugte damit die Kritiker. Zum ersten Mal in seiner Karriere wurde eine Ausstellung enthusiastisch besprochen, die Preise der Bilder waren entsprechend hoch.
Venedig (1908)
Erst im Alter von 68 Jahren entdeckte Claude Monet Venedig (→ Venedig. Stadt der Künstler). Die Stadt im Wasser wurde von Ruskin, Proust, Manet, Turner und Whistler besungen und für Monet sein letzter Reiseort, bevor er sich aus gesundheitlichen Gründen nach Giverny zurückzog (Starerkrankung). Die Fassaden der Paläste, die Kirche San Giorgio Maggiore, der Canal Grande inspirierten ihn zu Bildern voller Wasser und Himmel. Ohne je einen Menschen zu malen, widmete sich Monet den Blautönen des Canal Grande. Seine Motive studierte er von Booten aus, wodurch er sich knapp über der Wasserfläche befand. In Venedig besichtigte er den Dogenpalast, um das Monumentalgemälde Das Paradies von Tintoretto zu sehen. Das gerade frisch gereinigte Bild faszinierte den Franzosen so, dass er sich Fotografien davon kaufte. Nach zehn Wochen in Venedig kehrten Claude und Alice Monet nach Giverny zurück. Auch diese Gemälde stellte Monet in Giverny aus der Erinnerung fertig.
Im Jahr 1911 verstarb Alice Monet, die zweite Ehefrau. Im Jahr darauf stellte er seine Venedig-Ansichten erstmals bei Bernheim-Jeune aus. Kollegen und Kritiker, darunter Apollinaire, bewunderten die Interpretationen von und über Venedig.
Giverny (1890–1926)
„Dort in diesem immerblühenden Augenschmaus, dort lebt Claude Monet. Und genau an diesem Ort stellt man sich den einzigartigen Maler der prächtig leuchtenden Farbenwelt, den einzigartigen Dichter des sanften Lichts und der verschleierten Formen vor, der Bilder malte, die man riechen und atmen kann, die die Sinne betören ...“ (Octave Mirbeau, 1891)
Bereits 1871 hatte Claude Monet mit Paul Durand-Ruel (1831-1922) seinen wichtigsten Kunsthändler gewinnen können. Der wachsende finanzielle Erfolg in den 1880er Jahren, den er hauptsächlich den amerikanischen Sammlern verdankte, ermöglichte dem ständig reisenden Künstler 1890 das bis dahin von ihm nur gemietete Haus Le Pressoir in Giverny zu erwerben. Bereits 1892 ließ er ein Glashaus für seine exotischen Pflanzen bauen. 1893 kaufte er noch ein Stück Land jenseits der Straße, die sein Grundstück begrenzte, dazu. Hier konnte er einen kleinen, flachen Teich von nur 30 bis 40 Zentimetern Tiefe ausheben und einen Wassergarten anlegen lassen, gespeist von der Epte. 1901 ließ er ihn vergrößern, wurde doch der Seerosenteich - vor allem auch im Vergleich zum seltener dargestellten Clos normand - zum wichtigsten Motiv seiner Malerei. Hier setzte er Seerosen an, Trauerweiden, Schwertlilien, Bambus und Pfingstrosen. So bezog er verschiedenfarbige Seerosen und Lotus von Joseph Bory Latour-Marliac, der auf der Weltausstellung 1889 seine neuen Züchtungen vorgestellt hatte. Mit Hilfe von bis zu sieben Gärtnern formte Claude Monet in fünf Jahren das Areal zu seinem persönlichen Paradies und wichtigsten Sujet des Spätwerks um.
Im Garten von Giverny entstanden im Lauf von 30 Jahren, Monet starb 1926, die berühmten Bilder von Seerosen, der Japanischen Brücke, den Glyzinien, in denen er sich genauso wie in den Venedig- und London-Ansichten der Jahrhundertwende über den Impressionismus hinwegsetzte und zu einem Bezugspunkt für die Maler der Abstraktion nach dem Zweiten Weltkrieg werden konnte. Er interessierte sich nicht für panoramaartige Ansichten des Gartens oder die Landschaft, sondern nur für Naturausschnitte, die er zuvor in seinem Sinne geformt hatte. Bilder, beginnend mit den Seerosen-Bildern der späten 1890er Jahre, sind mit offenem Pinselstrich gemalt. Manchmal bilden nur bunte Strichknäuel das Äquivalent zu den schimmenden Blüten. Mit Darstellungen der Brücke begann Monet unmittelbar nach ihrer Errichtung 1895; die Ausführung als Serie setzte um 1918 ein und erstreckte sich über mehrere Jahre. Etwa gleichzeitig interessierte ihn auch die Rosenallee.
„Ich weiß nur, dass ich im Hinblick auf die Natur alles tue, was in meiner Macht steht, um wiederzugeben, was ich empfinde, und dass ich meistens, wenn ich versuche, das wiederzugeben, was ich fühle, die grundlegenden Regeln der Malerei, sollten sie überhaupt existieren, vollkommen vergesse.“4 (Monet in einem Brief an Gustave Geffroy, 7.6.1912)
Monets Seerosen
Man könnte Claude Monets Seerosen-Bilder vielleicht auch als Serie bezeichnen. Immerhin widmete er sich zwischen 1903 und 1908 ausschließlich den von ihm in verschiedenen Farben gezogenen Seerosen im Wassergarten. Anfangs stellte er noch die Uferböschung dar. Zunehmen verschwindet jedoch dieses Motiv, und er konzentrierte sich auf die von den Blüten und Blättern aufgelockerten Spiegelungen des Himmels und der Natur auf der Wasseroberfläche. Sie wirken wie treibende Inseln im ruhigen, klaren Wasser. Ab 1905 nehmen die Spiegelungen der Bäume, der Wolken und des Himmels auf dem Wasser immer mehr Raum ein, um 1907 und 1908 zum eigentlichen Thema seiner Gemälde von nun langgestrecktem oder bisweilen auch rundem Format zu werden. Doch Monet war mit vielen dieser Werke nicht zufrieden. Kurz bevor er sie 1907 ausstellen wollte, zerstörte er mindestens 30 von ihnen. Sogar die internationale Presse berichtete 1908 über die Anspannung und die Selbstkritik des Künstlers - Monet war eine Berühmtheit. Als er Anfang Mai 1909 48 seiner Seerosen mit dem Untertitel Wasserlandschaften in der Galerie von Durand-Ruel präsentierte, fiel die Reaktion von Publikum und Kritik überaus positiv aus. Die Ausstellung wurde aufgrund des großen Interesses um eine Woche verlängert.
Wasserfläche ohne Horizont und ohne Ufer: Seerosen für den Staat
Zwischen seinem 75. und 86. Lebensjahr wandte sich Claude Monet großen Deokrationsbildern zu, den sogenannten Grandes Décorations, die er anlässlich des Ersten Weltkriegs dem französischen Staat schenken wollte. Ermutigt durch die positive Aufnahme seiner Seerosenbilder überlegte er bereits 1909, ein Seerosen-Panorama für eine Wanddekoration zu malen.
„Es gab einen Moment, in dem mich die Versuchung packte, das Thema der nymphéas für eine Wanddekoration einzusetzen. Über die ganze Länge der Wände hinweg, und durch seine Geschlossenheit den gesamten Innenraum einfassend, würde sie die Illusion einer Ganzheit ohne jede Abgrenzung hervorrufen, eine Wasserfläche ohne Horizont und ohne Ufer. Von der Arbeit überstrapazierte Nerven können sich dort entspannen, dem erholsamen Beispiel des stillen Wassers folgen, und wer immer auch dort wohnen würde, böte sie ihm inmitten eines blumigen Aquariums das Asyl friedlicher Meditation.“ (Claude Monet, 1909)
Persönliche Schicksalsschläge verhinderten die schnelle Ausführung der Gemälde: Im Mai 1911 verstarb Alice. Im Juli 1912 erhielt er die Diagnose, an beiden Augen ein Starleiden zu haben. Erst Anfang des Jahres 1914 hatte er genug Kraft wiedergewonnen, um die dem Projekt Seerosen zuzuwenden. Nur seine enge Freundschaft mit Clemenceau ermöglichte ihm während des Ersten Weltkriegs, Materialien und Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt zu bekommen, um im Juli 1915 ein neues, noch größeres Atelier dafür zu errichten: Es ist etwa 23 Meter lang, zwölf Meter breit und fast fünfzehn Meter hoch! Die großen Leinwände wurden mit einer Sondergenehmigung aus Paris herangeschafft. Wenn Monet auch im Frühjahr und Sommer vor den Seerosen malte, so konnte er im Atelier bis zu zwölf Leinwände nebeneinander aufstellen. Die Arbeit an den Seerosen-Dekorationen gestaltete sich als schwierig. Mal war das Wetter zu schlecht (Sommer 1917), mal arbeitete er an kleinformatigeren, aber deutlich expressiveren Darstellungen der Japanischen Brücke und der Trauerweide (für den Kunstmarkt?). Als der Erste Weltkrieg kurz vor dem Ende stand, entwickelte Claude Monet diese Monumentalwerke dem französischen Staat anzubieten. Die Kathedrale von Rouen, die er in den 1890er Jahren so intensiv gemalt hatte, war im Bombenhagel zerstört worden. Anlässlich des folgenden Besuchs durch Clemenceau schlug ihm dieser vor, seine komplette Speisezimmer-Dekorationen als ein Mahnmal des Friedens dem Staat zu stiften.
Die Niederlage Clemenceaus bei der Wahl vo 16. Januar 1920 ließ das Projekt einmal mehr ins Stocken geraten. Verschiedene andere Interessenten tauchten auf, und bekündeten Kaufabsichten, darunter der japanische Sammler Matsukata, ein weitere aus Chicago. Im Oktober 1920 willigte der französische Staat ein, Monets frühes Gemälde „Frauen im Garten“ (1967) für die hohe Summe von 200.000 Francs zu erwerben. Im Gegenzug „stiftete“ Claude Monet die aktuellsten Wandbilder der Allgemeinheit. Die folgenden Monate und Jahre gestalteten sich als wenig erfreulich, musste doch ein geeigneter Platz für die Aufstellung gefunden werden. Monet war anfgangs ein eigenes Rundgebäude im Garten von Hôtel Brion, dem Musée Rodin, versprochen worden. Da die wirtschaftliche Lage dies nicht zuließ, sollten die Bilder in der Orangerie präsentiert werden, die jedoch nur zwei miteinander verbundene Ovalräume hatte. Claude Monet musste daher die Bilder immer wieder umgestalten und das bereits Erzielte umarbeiten.
Der Schenkungsvertrag zwischen Monet und Kulturminister Léon wurde am 12. April 1922 unterzeichnet und verpflichtete den Maler, 19 Leinwände bis zum April 1924 zu vollenden und einzureichen. Das Ministerium wollte seinerseits den Umbau der Orangerie bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen haben. Bis zur Eröffnung des Calude Monet-Museums in der Orangerie malte Monet jedoch 22 Leinwände, einige der Bilder hatte er sogar drastisch verändert. Dahinter stand unter anderem die sich drastisch verschlechternde Starerkrankung, die zwischen Januar und Juli 1923 mehrere Operationen nötig machte. Im folgenden Sommer entstand eine Serie ungestümer, expressiver Gartenbilder, die zu den modernsten und abstraktesten Werken Monets zählen. Den Übergabetermin ließ der Maler araufhin unkommentiert verstreichen. Einmal mehr hatte er sich entschlossen, die Abfolge der Bilder zu ändern.
Tod
Claude Monet starb am 5. Dezember 1926, ohne die Bilder - in seinem Sinne gänzlich - abgeschlossen und übergeben zu haben. Nur noch einige Kleinigkeiten wollte er noch ändern, hatte er wieder einmal zu Protokoll gegeben. Außerdem fürchtete er um seinen Ruhm, den er sich so hart erarbeitete hätte, erzählte er einem Journalisten.
„Monet ist nur Auge – Aber, bei Gott, was für ein Auge!“ (Paul Cézanne)
Rezeption Claude Monets
Als am 16. Mai 1927 das Claude Monet-Museum eröffnet wurde, fanden die Seerosen und Weiden Monets nur wenige Liebhaber. Der Surrealist André Masson nanne die Orangerie die „Sixtinische Kapelle des Impressionismus“. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als Maler wie Jackson Pollock, Joan Mitchel expressiv-abstrakt malten, entdeckten sie den späten Monet. Vor allem US-amerikanische Maler wie Barnett Newman („Onement I“ bezieht sich auf „Vier Bäume“ von Monet im Metropolitan Museum, New York), Andy Warhol („Flowers“) und Roy Lichtenstein orientierten sich an den inzwischen ikonischen Motiven bzw. strukturellen Fragestellungen des Franzosen.
Literatur zu Claude Monet
- Monet. Orte, hg. von Angelica Daneo, Christoph Heinrich, Michael Philipp, Ortrud Westheider (Aust.-Kat. Museum Barberini, Potsdam, 27.2.2020), München 2020.
- Les Nymphéas de Claude Monet (Ausst.-Kat. Musée de l’Orangerie), Paris 1999.
- Daniel Wildenstein, Monet oder der Triumph des Impressionismus. Catalogue Raisonné. Werkverzeichnis, 4 Bde., Köln 1996.
- Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 5: Supplément aux peintures, dessins, pastels, index, Lausanne/Paris 1991.
- Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 4: 1899–1926. Peintures, Lausanne/Paris 1985.
- Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 3: 1887–1898. Peintures, Lausanne/Paris 1979.
- Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 2: 1882–1886. Peintures, Lausanne/Paris 1979.
- Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 1: 1840–1881. Peintures, Lausanne/Paris 1974.
- François Thiébault-Sisson: Claude Monet, les années d’épreuves, in: Le Temps, 26.11.1900.
- Willem G. C. Byvanck, Un Hollandais à Paris en 1891, Paris 1892.
Beiträge zu Claude Monet
Claude Monet: Werk und Leben
Werk und Leben von Claude Monet, dem Hauptvertreter des Impressionismus und Wegbreiter der Abstraktion. Von frühen Landschaften aus dem Wald von Fontainebleau hin zu den berühmten Seerosenbildern der späten Zeit in Giverny entwickelte er ein Werk vom Realismus der Schule von Barbizon zum Impressionismus und darüber hinaus.
Claude Monet: Biografie
Die Biografie von Claude Monet gibt beredt Auskunft über die Entwicklung des Impressionismus während der 1860er Jahre, dem langen Kampf um Anerkennung während der folgenden 1870er und den Durchbruch des französischen Malers - mit Hilfe seines Galeristen Paul Durand-Ruel und der amerikanischen Sammler - nach 1880. Nachdem er sich von den Impressionisten gelöst hatte, stellte Claude Monet wieder am Salon aus bzw. feierte zunehmend künstlerische und wirtschaftliche Erfolge in Einzelausstellungen. Dies ermöglichte ihm in den 1880er Jahren eine Reisen in den Süden Frankreichs zu unternehmen sowie ein Garten mit Haus in Giverny anzumieten und später auch zu erwerben. Monets Privatleben war von zwei Frauen geprägt, die ihm zwei (oder drei?) Kinder schenkten.
Alle Beiträge zu Claude Monet
Hier findest du alle Monet-Ausstellungen von 2023 → Monet: Ausstellungen 2023
Hier findest du alle Monet-Ausstellungen von 2020 → Monet: Ausstellungen 2020
- , o. S.
- Brief von Claude Monet an Alice Hoschedé, 26.1.1884, in: Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 2: 1882–1886. Peintures, Lausanne/Paris 1979, S. 233, Brief 394.
- Zit. n. Willem G. C. Byvanck, Un Hollandais à Paris en 1891, Paris 1892, S. 177.
- Brief von Claude Monet an Gustave Geffroy, 7.6.1912, in: Wildenstein 1985, S. 385, Brief 2015.
- , o. S.
- Brief von Claude Monet an Alice Hoschedé, 26.1.1884, in: Daniel Wildenstein, Claude Monet. Biographie et catalogue raisonné, Bd. 2: 1882–1886. Peintures, Lausanne/Paris 1979, S. 233, Brief 394.
- Zit. n. Willem G. C. Byvanck, Un Hollandais à Paris en 1891, Paris 1892, S. 177.
- Brief von Claude Monet an Gustave Geffroy, 7.6.1912, in: Wildenstein 1985, S. 385, Brief 2015.